Radon – Risiko und Schutz in Österreich
Autor:
Dr. Wolfgang Ringer
Leiter Abteilung Radon und Radioökologie Österreichische Fachstelle für Radon
Geschäftsfeld Strahlenschutz
AGES – Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH
Linz
E-Mail: wolfgang.ringer@ages.at
Web: https://www.ages.at
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Die WHO weist Radon als ein Karzinogen der Klasse 1 (nachweislich krebserregend) und die zweithäufigste Ursache für Lungenkrebs aus.1 In Österreich werden etwa 10% der Lungenkrebssterbefälle durch Radon verursacht. Die Messung von Radon in Gebäuden ist einfach und kostengünstig; bei hohen Radonwerten sind erprobte Maßnahmen zur Senkung der Radonbelastung verfügbar. Gut informierte Mediziner:innen sind wichtige Multiplikator:innen betreffend Risiko und Schutz vor Radon.
Keypoints
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Radon ist die zweithäufigste Ursache für Lungenkrebs.
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Die jährliche Lungen-Äquivalentdosis bei einer Radonkonzentration von 300Bq/m³ (Referenzwert) zu Hause ist etwa so hoch wie bei 1000 Thoraxröntgen.
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Etwa 500000 Personen leben in Österreich in Haushalten mit einer Radonkonzentration über dem Referenzwert.
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Nur eine Messung schafft Gewissheit über die Radonbelastung in einem Gebäude.
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Es gibt erprobte Maßnahmen, um die Radonbelastung zu senken.
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Gut informierte Mediziner tragen wesentlich zur Aufklärung und Bewusstseinsbildung bei.
Radon ist ein radioaktives Edelgas und kommt in allen Böden vor. Es kann aus dem Boden in Gebäude eindringen und sich dort anreichern (Abb.1); die Radonkonzentrationen im Freien sind sehr gering. Radon und seine ebenfalls radioaktiven Folgeprodukte gelangen durch die Atmung in die Lunge. Radon wird großteils wieder ausgeatmet. Die Folgeprodukte (Polonium, Blei, Wismut) bleiben jedoch in den Atemwegen haften und durch den radioaktiven Zerfall mit Alphastrahlung wird das Zellgewebe in den Bronchien geschädigt. Die Akkumulierung von Mutationen führt zu einem erhöhten Lungenkrebsrisiko. Es gibt keine belastbaren Hinweise, dass andere Karzinome als Lungenkrebs verursacht werden.
Risikofaktor Radon
Der kausale Zusammenhang von Radonexposition und Lungenkrebs ist aufgrund epidemiologischer Studien bei Bergarbeitern und der Bevölkerung gesichert. 1988 wurde Radon von der WHO (IARC) als Karzinogen der Klasse 1 (nachweislich krebserregend, wie z.B. Tabak und Asbest) eingestuft und ist die zweithäufigste Ursache für Lungenkrebs. Es gilt ein linearer Exposition-Wirkungs-Zusammenhang ohne Schwellenwert; die relative Risikoerhöhung wird mit 16% pro 100 Becquerel pro Kubikmeter Luft (Bq/m3) Radonkonzentration abgeschätzt.2 Das Lungenkrebsrisiko durch eine langjährige Radonexposition bei 100 Bq/m3 (das entspricht in etwa der mittleren Radonkonzentration in den Haushalten in Österreich) ist vergleichbar mit dem Risiko durch Passivrauch-Exposition.3 Die jährliche Lungenäquivalentdosis bei einer Radonkonzentration von 300 Bq/m3 (entspricht dem Referenzwert in Österreich) ist etwa so hoch wie bei 1000 Thoraxröntgen.3
Radonschutz in Österreich – rechtlicher Rahmen
Der Radonschutz wird in Österreich durch das Strahlenschutzgesetz 2020 (StrSchG) und die Radonschutzverordnung (RnV) geregelt. Darüber hinaus werden im Nationalen Radon-Maßnahmenplan4 Strategien und Maßnahmen zur Senkung des Lungenkrebsrisikos durch Radon festgelegt.
Die Eckpunkte des rechtlichen Rahmens sind:
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Referenzwert von 300 Bq/m3 für Innenräume von Gebäuden (Privathaushalte, öffentliche Gebäude, Arbeitsplätze)
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Festlegung von Radonschutz- und Radonvorsorgegebieten
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Verbindliche Radonvorsorgemaßnahmen bei Neubauten in Radonvorsorgegebieten (gemäß Baugesetzgebung der Bundesländer)
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Verpflichtung zu Radonmessungen an Arbeitsplätzen:
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in Erdgeschoß und Keller in Radonschutzgebieten
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an bestimmten Arten von Arbeitsplätzen in ganz Österreich (untertägige AP, Wasserversorgungsanlagen, Schauberg-werke/-höhlen, Radonkuranstalten)
Radonkarte und Radongebiete
Österreich weist aufgrund der geologischen Gegebenheiten eine der höchsten Radonbelastungen weltweit auf. In einigen Gebieten Österreichs muss aufgrund der Beschaffenheit des Untergrundes mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit mit hohen Radonkonzentrationen in Gebäuden gerechnet werden. Im Sinne des Gesundheitsschutzes ist es daher sinnvoll, solche Gebiete zu identifizieren und dort entsprechende Maßnahmen zu treffen. Basierend auf mehr als 50000 Radonmessungen in Wohngebäuden in ganz Österreich unter Berücksichtigung von Einflussfaktoren wie Geologie und Gebäudefaktoren wurde eine Radonkarte für Österreich erstellt (Abb.2).5 Darin sind alle Gemeinden klassifiziert in:
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Radonschutz- und Radonvorsorgegebiet (104 Gemeinden)
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Radonvorsorgegebiet, kein Radonschutzgebiet (beinahe 90% der Gemeinden)
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Kein Radonvorsorgegebiet, kein Radonschutzgebiet
In Radonschutzgebieten sind Maßnahmen zum Gesundheitsschutz von Arbeit-nehmer:innen verpflichtend vorgeschrieben, insbesondere die Messung von Radon an Arbeitsplätzen im Erdgeschoß und in Kellergeschoßen. In Radonvorsorgegebieten sind vorbeugende Radonschutzmaßnahmen bei allen Neubauten vorzusehen.
Die Messung von Radon
Erhöhte Radonbelastungen in Innenräumen können grundsätzlich überall in Österreich auftreten. Kein Haus gleicht dem anderen, deshalb kann die Radonkonzentration in einem Haushalt nicht aus der Radonkarte abgeleitet werden, sondern muss mit einer Messung bestimmt werden. Aufgrund der starken jahreszeitlichen Schwankung der Radonkonzentration in Gebäuden (höhere Werte in der kalten Jahreszeit, niedrigere Werte in der warmen Jahreszeit) muss über einen Zeitraum von sechs Monaten gemessen werden, wobei mindestens die Hälfte der Messzeit im Winterhalbjahr liegen muss. Die Messung der Radonkonzentration erfolgt in den beiden meistgenutzten Wohnräumen mit einfachen Messgeräten aus Kunststoff (Größe: 5x5x2cm). Die Radondetektoren werden per Post zugesandt und sind nach Messende zur Auswertung zurückzusenden.
Bauliche Schutzmaßnahmen
Wird der Referenzwert von 300Bq/m3 überschritten, sind Maßnahmen zur Reduktion der Radonkonzentration dringend empfohlen. Der Umfang der Maßnahmen hängt von der Höhe der Radonkonzentration ab. Einfache Radonsanierungen in Wohngebäuden mit ein bis zwei Wohneinheiten kosten meist wenige hundert Euro. Für aufwendigere Sanierungsmaßnahmen ist mit Gesamtkosten von circa 2000 bis 15000 Euro zu rechnen.
Die Rolle der Mediziner:innen im Radonschutz
Der Wissensstand zu Radonrisiko und Radonschutz in der österreichischen Bevölkerung ist gering. Auch sind die Kenntnisse über die gesundheitlichen Auswirkungen gering bzw. falsch (Übelkeit, Schwindel, Schilddrüse, Haut, Herz als betroffene Organe). Deshalb haben die Mediziner:innen im Radonschutz eine sehr wichtige Rolle:
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Aufklärung der Patient:innen, dass Radon nach dem Rauchen die zweithäufigste Ursache für Lungenkrebs ist (bei Nichtraucher:innen die häufigste Ursache).
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Empfehlung zur Durchführung einer Radonmessung: Radonmessungen sind in allen Haushalten angebracht, um die tatsächliche Radonbelastung zu bestimmen; besonders sollen Radonmessungen bei Lungenkrebspatient:innen durchgeführt werden, um Radon als Risikofaktor für die Mitbewohner:innen ausschließen zu können.
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Hinweis, dass bei hohen Radonwerten erprobte, bauliche Schutzmaßnahmen zur Verfügung stehen
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Hinweis auf weitere Informationsmöglichkeiten, insbesondere bei der Fachstelle für Radon
Die nationale Fachstelle für Radon
Die Fachstelle für Radon ( www.radon.gv.at ) agiert im Auftrag des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft (BMLUK) und ist bei der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) in Linz angesiedelt. Sie ist die zentrale Anlaufstelle für alle Anliegen und Fragen rund um Radon in Österreich und bündelt Kompetenzen im Bereich der Beratung, Messung und Forschung.
Wesentliche Tätigkeitsfelder sind:
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Umsetzung des nationalen Radon-Maßnahmenplanes,
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Informationsbereitstellung und Beratung zu den Themen Radon, Radonmessungen, Radonschutz in Neubauten und Radonsanierungen bei bestehenden Gebäuden, Informationsveranstaltungen, Webinare, Schulungen,
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Expert:innenleistungen und Forschung,
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Mitarbeit in nationalen und internationalen Gremien.
Literatur:
1 Zeeb H, Shannoun F: WHO handbook on indoor radon: a public health perspective. World Health Organization 2009. https://www.who.int/publications/i/item/9789241547673 ; zuletzt aufgerufen am 29.10. 2025 2 Darby S et al.: Radon in homes and risk of lung cancer: collaborative analysis of individual data from 13 European case-control studies. BMJ 2005; 330: 223-8 3 Heinzl F et al.: Bewertung von Radonrisikovergleichen. BfS-44/22; 2022. http://doris.bfs.de/jspui/handle/urn:nbn:de:0221-2022111835224 ; zuletzt aufgerufen am 29.10.2025 4 Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie: Nationaler Radon-Maßnahmenplan. Wien 2022. https://www.bmluk.gv.at/service/publikationen/klima-und-umwelt/nationaler-radon-massnahmenplan.html ; zuletzt aufgerufen am 29.10.2025 5 Gruber V et al.: Radon in Österreich, Messkampagne, Radonkartierung, Bevölkerungsexposition, Expertenbericht. 2022. https://www.radon.gv.at/rund-um-radon/wo-kommt-radon-vor ; zuletzt aufgerufen am 29.10.2025
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