Chronischer Husten und Lebensqualität – eine globale Analyse
Autor:
Dr. Hazim Abozid1,2
1Ludwig-Boltzmann Institut für Lungengesundheit
Wien
2Abteilung für Atemwegs- und Lungenkrankheiten
Standort Penzing der Klinik Ottakring
Wien
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In Österreich ist ca. jede zehnte Person von chronischem Husten betroffen. Die Ergebnisse der BOLD-Studie liefern Evidenz dafür, dass chronischer Husten im globalen Kontext die Lebensqualität unabhängig von anderen Risikofaktoren signifikant beeinträchtigt.
Keypoints
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Chronischer Husten beeinträchtigt die Lebensqualität unabhängig von Geschlecht und Einkommen.
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Die negativen Effekte auf die körperliche Gesundheit sind stärker ausgeprägt.
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Aus globaler Sicht findet sich keine stärkere Beeinträchtigung von Frauen, was Ergebnisse aus „High-income“-Ländern relativiert.
Chronischer Husten als Belastung
In den letzten Jahren hat sich die Sichtweise in Bezug auf den chronischen Husten deutlich gewandelt: Dieser wird nicht mehr ausschließlich als Symptom betrachtet, sondern als eigenständiges Krankheitsbild verstanden, das durch pathophysiologische Gemeinsamkeiten und unterschiedliche Phänotypen gekennzeichnet ist. Trotz dieser Neubewertung ist weiterhin unklar, in welchem Ausmaß sich die Auswirkungen des Hustens auf die Betroffenen unterscheiden, denn während die Dauer des chronischen Hustens gemäß Leitlinien zwar als über mindestens acht Wochen einheitlich definiert ist, zeigt sich in vielen Populationen sowie in der klinischen Praxis, dass dieser oft deutlich länger anhält und oft über Jahre fortbesteht.
Auch die Prävalenz variiert erheblich: In Österreich leidet etwa jede zehnte Person an chronischem Husten, in den USA bis zu fast doppelt so viele. Diese Spannbreite spiegelt daher die Vielfalt der Risikofaktoren, Expositionen und Rahmenbedingungen in unterschiedlichen Ländern wider: Während beispielsweise die Exposition gegenüber Staub global betrachtet als relevanter Risikofaktor in einigen Regionen gilt, findet sich in anderen Teilen der Welt hierfür nur eine untergeordnete Rolle.
Dass chronischer Husten das tägliche Leben der Betroffenen beeinträchtigt ist bekannt und wird in vielen Studienpopulationen mehrfach berichtet, die Studien bedienten sich jedoch verschiedener Methodiken und Tools zur Beurteilung und das erschwert einen Vergleich dieser Beeinträchtigung. Unbeantwortet blieb daher bislang die Frage, ob und – wenn ja – in welchem Ausmaß es globale Unterschiede in der Beeinträchtigung der Lebensqualität gibt und ob globale Unterschiede in Geschlecht oder ökonomischem Status zu verzeichnen sind.
Kürzlich wurde eine weitere groß angelegte Arbeit der multinationalen Studie Burden of Obstructive Lung Disease (BOLD) publiziert, welche den chronischen Husten weltweit nach einheitlichen Kriterien erfasst und den Zusammenhang mit der gesundheitsbezogenen Lebensqualität systematisch analysiert und vergleicht.
Studiendesign und Methodik
Für die Studie wurden Daten von fast 20000 Erwachsenen (ab 40 Jahren) aus insgesamt 31 Studienzentren in 25 Ländern erhoben. Alle Teilnehmenden wurden nach einem standardisierten Protokoll mittels Fragebögen zu Symptomen, Begleiterkrankungen und Risikofaktoren befragt; die Einteilung hinsichtlich des ökonomischen Status erfolgte in Länder mit hohem Einkommen („high-income“) und jene mit niedrigem/mittlerem Einkommen („low- and middle-income countries“; LMIC) anhand des Bruttonationaleinkommens gemäß den Daten der World Bank Group. Die Lebensqualität wurde anhand des international validierten SF-12-Gesundheitsfragebogens (12-item Short Form Health Survey) erfasst, der eine körperliche und eine psychische Komponente umfasst (Abb.1).
Abb. 1: Assoziation zwischen SF-12-Scores (körperlich und psychisch) und chronischem Husten; die Effektstärke gibt die adjustierte Odds-Ratio mit 95%-Konfidenzintervall an (modifiziert nach Abozid H et al. 2025)
Um entsprechend körperliche Einschränkungen und psychische Belastungen besser zu quantifizieren, erfolgte für jede Komponente die Errechnung von Summenscores reichend von 0 bis 100, wobei höhere Werte eine bessere Lebensqualität bedeuten. Zur Auswertung dienten lineare Regressionsmodelle, die Ergebnisse wurden in einer Metaanalyse zusammengeführt und für relevante Confounder adjustiert.
Ergebnisse der Arbeit
Die Prävalenz des chronischen Hustens schwankte wie in einer zuvorpublizierten Arbeit der BOLD-Studie erheblich zwischen den Ländern und reichte von lediglich 0,4% in Nigeria bis zu 18% in den USA. Trotz dieser regionalen Unterschiede wurde in den primären Outcome-Analysen signifikant deutlich, dass der negative Einfluss auf die Lebensqualität weltweit konsistent nachweisbar war. Betroffene wiesen im Durchschnitt signifikant niedrigere Werte sowohl im körperlichen als auch im psychischen SF-12-Score auf, besonders deutlich waren die Einbußen in der körperlichen Komponente mit –2,59 Punkten (95% CI: –3,22 bis –1,96), während die psychische Komponente mit –1,42 Punkten (95% CI: –2,11 bis –0,73) etwas geringer betroffen war. Diese negativen Effekte blieben auch nach Adjustierungen für Atemwegsobstruktion, respiratorische Symptome oder kardiometabolische Begleiterkrankungen bestehen.
Geschlechtsspezifisch zeigte sich interessanterweise ein einheitliches Bild, denn Frauen und Männer waren in der Reduktion der gesundheitsbezogenen Lebensqualität in ähnlichem Ausmaß betroffen. Dies widerspricht bisherigen Annahmen, wonach der negative Effekt bei Frauen aufgrund erhöhter Hustensensitivität als stärker zu erwarten war. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass viele der uns vorliegenden Daten aus europäischen Studienkollektiven stammen. Daher legt nun die aktuelle Arbeit nahe, dass global betrachtet wohl doch beide Geschlechter in ähnlichem Ausmaß belastet sind.
In der Bewertung nach ökonomischem Status ergab sich hingegen kein klares Muster, das auf eine stärkere Beeinträchtigung bestimmter WHO-Einkommensgruppen hinweisen würde. Allerdings zeigte sich, wenn auch statistisch nicht signifikant, ein Trend im Sinne eines geschlechtsspezifischen Unterschiedes innerhalb von Ländern mit niedrigem/mittlerem Einkommen (LMIC), wo Männer niedrigere körperliche Scores aufwiesen, während Frauen stärker in ihrer psychischen Lebensqualität eingeschränkt waren.
Fazit
Die Ergebnisse der BOLD-Studie liefern Evidenz dafür, dass chronischer Husten im globalen Kontext die Lebensqualität unabhängig von anderen Risikofaktoren signifikant beeinträchtigt. Zwar handelt es sich umeine Querschnittsanalyse, bei welcher keineKausalitäten abgeleitet werden können, dochweisen die Ergebnisse auf potenziell zusätzliche Belastungen hin, die durch soziale und gesundheitssystemische Unterschiede verstärkt werden können. Auch Unterschiede in der Prävalenz sind ein Indiz dafür, dass chronischer Husten in verschiedenen Regionen und Kulturen unterschiedlich wahrgenommen und interpretiert werden kann und eine entsprechende Sensibilisierung und Berücksichtigung in diversen Studiensettings notwendig ist.
Literatur:
● Abozid H et al.: Quality of life associated with chronic cough in the multinational burden of obstructive lung disease (BOLD) study: a cross-sectional study. ERJ Open Res 2025; 00453-2025 ● Abozid H et al.: Prevalence of chronic cough, its risk factors and population attributable risk in the Burden of Obstructive Lung Disease (BOLD) study: a multinational cross-sectional study. eClinicalMedicine 2024; 68: 102423 ● Abozid H et al.: Distribution of chronic cough phenotypes in the general population: a cross-sectional analysis of the LEAD cohort in Austria. Respir Med 2022; 192: 106726 ● Amaral AFS et al.: Cohort Profile: Burden of Obstructive Lung Disease (BOLD) study. Int J Epidemiol 2023; 52(6): e364-73 ● Chamberlain SAF et al.: The impact of chronic cough: a cross-sectional European survey. Lung 2015; 193: 401-8 ● French CT et al.: Gender differences in health-related quality of life in patients complaining of chronic cough. Chest 2004; 125: 482-8 ● Kastelik JA et al.: Sex-related differences in cough reflex sensitivity in patients with chronic cough. Am J Respir Crit Care Med 2002; 166: 961-4 ● Morice AH et al.: ERS guidelines on the diagnosis and treatment of chronic cough in adults and children. Eur Respir J 2020; 55(1): 1901136 ● Yang X et al.: Worldwide prevalence, risk factors and burden of chronic cough in the general population: a narrative review. J Thorac Dis 2023; 15: 2300-13
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