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Weitere klinisch bedeutsame Studiendaten vom SABCS
Jatros
Autor:
Univ.-Prof. Dr. Edgar Petru
Univ.-Klinik für Frauenheilkunde<br> Klinische Abteilung für Gynäkologie<br> Medizinische Universität Graz<br> E-Mail: edgar.petru@medunigraz.at
30
Min. Lesezeit
01.03.2018
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<p class="article-intro">Auch abseits von dosisdichter Chemotherapie, Hormontherapie und Immuntherapie gab es auf dem SABCS 2017 wieder spannende Beiträge wie etwa zum Scalp Cooling, zum Schwangerschafts-assoziierten Mammakarzinom oder zur Leptomeningeosis. Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über die präsentierten Daten.</p>
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<p class="article-content"><h2>Scalp Cooling bei der Prävention von Chemotherapie-induziertem Haarausfall</h2> <p>Adjuvante Chemotherapien beim Mammakarzinom sind in einem hohen Prozentsatz mit Haarverlust verbunden. Obwohl dieser vorübergehend ist, stellt er ein signifikantes und belastendes Symptom für viele Patientinnen dar. Ca. 7 % der Patientinnen erleiden während/nach einer Docetaxel-Therapie permanenten Haarverlust. Scalp Cooling hat in randomisierten Studien bereits bewiesen, dass es den Haarverlust während der Chemotherapie zu reduzieren vermag. Viele Patientinnen teilen ihre Erfahrungen in Online-Foren. Ein automatisiertes System, das System „Voice of cancer patients“, hat die in Online-Foren mitgeteilten insgesamt 15,13 Mio. einzelnen Erfahrungen von Patientinnen in 37 Krebsforen systematisch analysiert.<sup>1</sup> Relevante Informationen von insgesamt 17 966 Beiträgen von 4258 Patientinnen zur Anwendung von Scalp Cooling während der Chemotherapie wurden extrahiert. 817 Beiträge beschäftigten sich mit Scalp Cooling während der Docetaxel-Therapie, 1470 während der Therapie mit FEC/AC und 517 sind Beiträge von Patientinnen, die AC/ Paclitaxel erhielten. In 1439 Beiträgen wurde erklärt, dass 50–75 % der Patientinnen ihr Haar erhalten konnten, aber eine signifikante Verdünnung ihrer Haare erfuhren. Die meisten Anwenderinnen waren mit ihrem Scalp Cooling zufrieden und gaben an, dass ihnen dieser Zustand wesentlich lieber war, als ihr Haarkleid komplett zu verlieren. Hinsichtlich Nebenwirkungen gab es folgende Stellungnahmen und Hindernisse: Kopfschmerzen, Frösteln, Schweregefühl, Beschwerden im Nacken- und Schulterbereich, Kältegefühl des Gehirns, Schmerzen der Kopfhaut, Migräne und Benommenheit. Die eingesetzten Begleitmedikamente waren Lorazepam, Ibuprofen und Acetaminophen. Viele Patientinnen wandten Handschuhe, Schals und wärmende Decken sowie Auflagen an, um den Körper warm zu halten sowie Zittern zu vermeiden. Kühlkappen mit unterschiedlicher Intensität der Kälteanwendung, insbesondere mit wärmeren Partien im Frontalbereich sowie im Bereich der Ohren, und das Kürzen von langem Haar vor der Anwendung können hilfreich sein.</p> <p><strong>Klinische Interpretation und Konsequenzen:</strong> Trotz signifikanten Aufwands und Unannehmlichkeiten sowie Kosten sind viele Patientinnen mit der Anwendung von Scalp-Cooling-Methoden zur Prävention von Haarausfall zufrieden. Stellungnahmen zu den Erfahrungen in Online-Foren geben wertvolle Einblicke in Probleme und Lösungsansätze von Patientinnen in der Anwendung dieser Hilfsmittel im Alltag.</p> <h2>Schwangerschafts-assoziiertes Mammakarzinom</h2> <p>Ein Schwangerschafts-assoziiertes Mammakarzinom („pregnancy-associated breast cancer“, PABC) ist definiert als Karzinom während der Schwangerschaft bis ein Jahr nach der Geburt. Eine irische Arbeitsgruppe hat ihre Erfahrungen auf der Basis eines retrospektiven und prospektiven Registers von 2001 bis 2017 berichtet.<sup>2</sup> 54 % der PABC wurden in der Schwangerschaft und 46 % danach diagnostiziert. Das mediane Alter der Betroffenen betrug 36 Jahre. Es ergaben sich keine Unterschiede hinsichtlich der Tumorcharakteristika und Behandlungsformen mit einer Ausnahme: Anthrazykline wurden mehr in der Schwangerschaft als post partum eingesetzt (36 vs. 19 % ; p=0,03). Zwei Drittel der Patientinnen wiesen Lymphknotenpositivität und G3- Tumoren auf, 37 % waren hormonrezeptornegativ, 32 % HER2/neu-positiv. Bei 22 % handelte es sich um tripelnegative Karzinome und 6 % der Frauen wiesen eine BRCA-Mutation auf. Das mediane Gesamtüberleben war 107 Monate und das krankheitsfreie Überleben 94 Monate. Es bestand hier kein Unterschied zwischen Karzinomen während der Schwangerschaft und jenen post partum. Die 5-Jahres- DFS-Rate und die OS-Rate betrugen jeweils 69 % . Beim Vergleich von nicht schwangeren Patientinnen in der gleichen Alterskategorie anhand des irischen National Cancer Registry zeigten sich ungünstigere Überlebensraten in der Mammakarzinom- Gruppe mit Schwangerschaft. Variablen, die mit besonders kurzem Überleben in der Gruppe mit PABC assoziiert waren, waren jüngeres Lebensalter, größerer Tumor, Lymphknotenpositivität und das Fehlen von Hormonrezeptoren.</p> <p><strong>Klinische Interpretation und Konsequenzen:</strong> PABC ist häufiger tripelnegativ oder HER2-positiv. Patientinnen mit PABC haben eine ungünstigere Prognose, unabhängig davon, ob die Diagnose während der Schwangerschaft oder nach der Geburt gestellt wird.</p> <h2>Leptomeningeosis carcinomatosa bei hormonrezeptorpositivem, HER2-negativem Mammakarzinom</h2> <p>Leptomeningeosis stellt ein relevantes klinisches Problem im Behandlungsalltag dar. 369 Patientinnen mit metastasiertem hormonrezeptorpositivem und HER2-negativem Mammakarzinom wurden analysiert.<sup>3</sup> 28 % entwickelten Metastasen des ZNS. Leptomeningeosis wurde bei 32 Frauen diagnostiziert, in 88 % der Fälle war sie mit Knochenmetastasen v.a. des Schädels assoziiert. 13 Patientinnen wiesen begleitende Gehirnmetastasen auf. 78 % berichteten Symptome, bei 84 % wurde eine palliative Bestrahlung durchgeführt. Eine intrathekale Applikation von Methotrexat erfolgte bei einer Patientin. Das mediane Gesamtüberleben ab Diagnose der Leptomeningeosis betrug 104 Tage. Bei Patientinnen ohne begleitende Gehirnmetastasen waren es 146 Tage. Die meisten Patientinnen starben an den Folgen der Progression der ZNS-Läsion (31 % ), 28 % an Kachexie, 25 % an pulmonaler Insuffizienz, 13 % an Leberinsuffizienz und 3 % an Infektionen.</p> <p><strong>Klinische Interpretation:</strong> Die Prognose von Patientinnen mit Leptomeningeosis carcinomatosa nach Mammakarzinom ist weiterhin extrem ungünstig und das Gesamtüberleben liegt nur zwischen 3 und 4 Monaten.</p></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Aggarwal S et al.: Voice of cancer patients: analysis of patient concerns regarding scalp cooling devices for prevention of chemotherapy induced alopecia. SABCS 2017, P6-11-02 <strong>2</strong> Prior L et al.: Pregnancy-associated breast cancer: evaluating maternal outcomes. A multicenter study. SABCS 2017, P6-08-17 <strong>3</strong> Watanabe J et al.: Leptomeningeal disease in ER+Her2- metastatic breast cancer patients: a review of the cases in a single institute over a 14-year period. SABCS 2017, P1-17-09</p>
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