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Onkologische Rehabilitation

Rehabilitation bei Krebs: Update und Blick in die Praxis

Die onkologische Rehabilitation ist eine relativ junge Disziplin: Alseigenständige Indikation gibt es sie seit ca. 15 Jahren. Allerdings ist das Bewusstsein für eine gezielte Rehabilitation bei Krebspatient:innen in der Rehabilitationslandschaft noch nicht so gegeben wie bei anderen Indikationen (z.B. Stütz- und Bewegungsapparat). Nur ein geringer Teil der onkologischen Patient:innen wird einer Rehabilitation zugewiesen. Das Ziel muss also lauten, allen onkologischen Patient:innen einen regelhaften Zugang zu einer gezielten Rehabilitation zu ermöglichen, um Behandlungserfolge langfristig zu sichern, die Lebensqualität nachhaltig zu verbessern sowie die Teilhabe am Berufs- und Sozialleben (wieder) zu ermöglichen.

Keypoints

  • Ziel ist, die onkologische Rehabilitation als fixen Bestandteil eines modernen onkologischen Gesamtbetreuungskonzepts im Bewusstsein der medizinischen Community zu verankern.

  • Onkologischen Patient:innen soll ein regelhafter Zugang zu einer gezielten Rehabilitation ermöglicht werden.

  • Die onkologische Rehabilitation kann die Lebensqualität der Patient:innen verbessern, berufliche und soziale Teilhabe (wieder) ermöglichen und Pflegebedürftigkeit hinauszögern.

Neues medizinisches Leistungsprofil

Seit Anfang 2024 findet die onkologische Rehabilitation nach dem neuen medizinischen Leistungsprofil (MLP) statt, das nun alle Indikationen unter einem Dach vereint. Das zentrale Element bildet das ICF-basierte,* teilhabeorientierte Rehabilitationsprogramm. Ebenfalls ein wesentlicher Baustein ist das Erkennen einer besonderen beruflichen Problemlage.

Zu Beginn werden ein oder mehrere Teilhabeziele vereinbart

Mit den Rehabilitand:innen werden zu Beginn ein oder mehrere individuelle Teilhabeziele vereinbart. Aus den – auf dieser Zielsetzung basierenden – Einschränkungen und den entsprechenden ICF-Domänen ergeben sich die für Einzeltherapien einsetzbaren Therapeut:innen und je nach Schweregrad der Einschränkung die Mindestanzahl an Einzeltherapien während des Heilverfahrens.

Abhängig von der Leistungskategorie (1–3) verändert sich die prozentuelle Zusammensetzung des Rehabilitationsprogramms aus aktiven Therapien, Schulungen und passiven Therapiemaßnahmen. Diese Kategorisierung findet am Aufnahmetag anhand von Barthel-Index, 6-Minuten-Gehtest, ICF-Funktionseinschränkung sowie klinischer Einschätzung durch die Medizin statt.

In der Praxis lässt sich so das Therapieprogramm individuell und gezielt gestalten, was gerade im Bereich der onkologischen Rehabilitation mit einem breiten Patient:innenspektrum und zum Teil sehr unterschiedlichen Problemen, Belastungen und Einschränkungen äußerst positiv ist. So lässt sich zum Beispiel der Fokus des Rehabilitationsaufenthalts je nach Bedarf mehr auf körperliche Probleme oder mehr auf psychische Belastungen ausrichten.

Onkologische Rehabilitation im Lebens.Med Zentrum Bad Erlach

An der Abteilung für Onkologische Rehabilitation im Lebens.Med Zentrum Bad Erlach stehen hundert Betten in Einzelzimmern zur Verfügung. Bei einer regulären Aufenthaltsdauer von drei Wochen entspricht das in etwa 1700 rehabilitierten onkologischen Patient:innen pro Jahr. Es werden Patient:innen des gesamten hämatoonkologischen Krankheitsspektrums ab 18 Jahren aus ganz Österreich betreut. Die häufigsten Indikationen sind der Inzidenz entsprechend bei Frauen das Mammakarzinom, bei Männern das Prostatakarzinom.

Die Betreuung erfolgt durch ein multiprofessionelles Team aus Medizin, Pflege, Therapie und Sozialarbeit. Die meiste Zeit verbringen die Patient:innen mit dem therapeutischen Team, das sich aus Physiotherapie, Sportwissenschaft, Psychoonkologie, Diätologie, Ergotherapie, Logopädie sowie Massage und Elektrotherapie zusammensetzt.

Auch die Pflege spielt eine wichtige Rolle: Sie ist die primäre Anlaufstelle für alle Patient:innen. Hier wird ausschließlich diplomiertes Pflegepersonal – großteils mit onkologischer Zusatzausbildung – eingesetzt, das auch beratende Tätigkeiten übernimmt (z.B. Fatigueberatung, Wundmanagement, nach MKÖ-Kriterien zertifizierte Kontinenz- und Stomaberatung). Das neue MLP ermöglicht auch, aktivierende Rehapflege bei den Leistungskategorien 2 und 3 durchzuführen (z.B. das Erlernen einer Stomaversorgung).

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Auch Heilgymnastik kann helfen, das Vertrauen in den eigenen Körper zurückzugewinnen

Das medizinische Team besteht aus Allgemein- und Fachärzt:innen. Neben medizinischer Allgemein- und Notfallversorgung sind die Kernaufgaben die Beurteilung der Rehabilitationsfähigkeit, das Vereinbaren von Therapiezielen, darauf basierend die Erstellung eines adäquaten Therapieprogramms sowie das Monitoring des Therapiefortschritts und letztendlich auch das Aussprechen von weiterführenden therapeutischen und diagnostischen Maßnahmen. Das Rehabilitationssetting bietet weiters die nötige Zeit, um Fragen zur Krankheitssituation, onkologischen Therapie oder dem Nebenwirkungsmanagement zu beantworten und Lebensstilberatung oder sexualmedizinische Beratung durchzuführen.

Onkologische Rehabilitation:für wen und wann?

Grundsätzlich können Patient:innen mit sämtlichen Krankheiten des hämatoonkologischen Formenkreises und nach allen Therapiemodalitäten (Operation, Bestrahlung, Systemtherapie wie Chemotherapie, zielgerichtete Therapie oder Immuntherapie) zur onkologischen Rehabilitation zugewiesen werden. Bei kurativen Therapieansätzen hat sich die Phase nach Abschluss der Primärbehandlung als günstiger Zeitpunkt bewährt. Zu größeren chirurgischen Eingriffen sollte ein zeitlicher Abstand von mindestens acht Wochen eingehalten werden.

Die Patient:innen sollten so mobil sein, dass Wege im Zentrum selbstständig zurückgelegt werden können. Die Körperpflege sollten die Patient:innen großteils selbstständig durchführen. Kognitiv müssen Patient:innen so belastbar sein, dass das Therapieprogramm umgesetzt werden kann. Auch Patient:innen, die mit Hilfsmitteln wie Rollator oder Rollstuhl selbstständig mobil sind, können gut profitieren. Weiters besteht die Möglichkeit, eine Begleitperson zur Rehabilitation mitzunehmen.

Laufende Erhaltungstherapien wie Antikörper- oder Immuntherapie sowie laufende orale zielgerichtete Therapien stellen keinen Grund dar, eine onkologische Rehabilitation nicht zu absolvieren. Auch in palliativen Situationen können Patient:innen gut von einer Rehabilitation profitieren.

Inhalte der onkologischen Rehabilitation

Die drei tragenden Säulen sind die medizinische Bewegungstherapie, die psychoonkologische Betreuung sowie die Patient:innenedukation in Form von Vorträgen/Seminaren, Schulungen und Beratungen, um die persönliche Gesundheitskompetenz der Patient:innen zu fördern.

Zusätzlich zu den Einzeltherapien finden Therapien in (Klein-)Gruppen statt. Je nach Bedarf kommen Module wie z.B. Beckenbodentraining oder Sensomotorik-Training (u.a. bei Polyneuropathie) hinzu. Im Mittelpunkt der psychologischen Betreuung stehen Einzelgespräche. Darüber hinaus finden Impulsvorträge zu Themen wie Krankheitsverarbeitung statt und es werden Entspannungstechniken unterrichtet. In den ergotherapeutischen Gruppen kommen u.a. kreativtherapeutische Ansätze zur Anwendung.

Das Bewegungsprogamm zielt auf die sportmotorischen Kernelemente wie Ausdauer, Kraft, Beweglichkeit und Koordination ab und wird an die jeweilige Belastbarkeit und Fähigkeit individuell angepasst. Hier bietet die Rehabilitation einen guten Rahmen, um wieder die Sicherheit und das Vertrauen in den eigenen Körper zurückzugewinnen. Weiters werden Strategien zur langfristigen Aufrechterhaltung einer regelmäßigen gezielten körperlichen Bewegung erarbeitet. Nicht nur kann damit der Therapieerfolg gefestigt werden, Studien zeigen auch, dass sich so das Rückfallrisiko senken lässt.

Im Ausdauerbereich finden klassisches Ergometer-Training sowie Nordic Walking statt. Neben angeleitetem Krafttraining an Geräten wird auch mit Hanteln, Thera-Band, mit Körper-Eigengewicht oder im therapeutischen Becken im Hallenbad trainiert. In Schulungen und Seminaren werden bei Bedarf ernährungsmedizinische und soziale Themen aufgegriffen.

Ziele & Zusammenfassung

Die Rehabilitation soll onkologische Patient:innen bestmöglich auf das Leben nach bzw. mit einer Krebserkrankung vorbereiten. Die durch eine Erkrankung selbst und/oder deren Behandlung eingeschränkte Lebensqualität (Therapienebenwirkungen, psychische Belastungen, Spätfolgen u.v.m.) gilt es individuell zu verbessern und langfristig zu fördern. Ein zentrales Ziel der Rehabilitation liegt in der erfolgreichen Wiedereingliederung von Betroffenen. Erwerbsfähigen Patient:innen soll es mittelfristig wieder möglich sein, aktiv am Berufsleben teilzunehmen. Aber auch soziale Integration und das Vermeiden einer Pflegebedürftigkeit bzw. die möglichst langfristige Erhaltung der Selbstständigkeit sind wesentliche Aspekte.

Zusammenfassend gesagt sollte die onkologische Rehabilitation als fixer Bestandteil eines modernen onkologischen Gesamtbetreuungskonzepts stärker in den Fokus rücken, um langfristig die Lebensqualität der onkologischen Patient:innen zu erhalten und letztendlich auch die onkologische Prognose zu verbessern.

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