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Pleuramesotheliom – eine diagnostische Herausforderung
Jatros
Autor:
Martin Zacharias
Institut für Pathologie<br>Medizinische Universität Graz
Autor:
DDr. Luka Brcic
Institut für Pathologie<br>Medizinische Universität Graz<br>E-Mail: luka.brcic@medunigraz.at
30
Min. Lesezeit
23.11.2017
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<p class="article-intro">Das Pleuramesotheliom ist ein sehr seltener maligner Tumor, dessen höchste Inzidenz in den nächsten fünf Jahren erwartet wird. Seine Diagnose kann manchmal Probleme bereiten, histologisch kann es jeden anderen malignen Tumor imitieren. Die beste Therapieoption ist ein multimodaler Ansatz, wobei die Prognose nach wie vor schlecht ist. Es werden einige neue prognostische Marker vorgeschlagen, die auf rein histologischen Befunden basieren. Aufgrund der Seltenheit, der diagnostischen Schwierigkeiten und der Wichtigkeit histologischer Elemente wäre es sinnvoll, eine Online-Plattform für routinemäßige und problematische Fälle in Österreich aufzustellen, in der Gewebsschnitte betrachtet und Meinungen ausgetauscht werden können.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints" class="Kasten-umflie-end"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Der histologische Typ bleibt der wichtigste prognostische Faktor für das maligne Pleuramesotheliom.</li> <li>Die Diagnose ist oft schwierig und erfordert eine enge Zusammenarbeit mit Klinikern und Radiologen.</li> <li>Eine Zuweisung zu Pathologen großer Zentren, die eine angemessene Erfahrung in der Beurteilung maligner Pleuramesotheliome haben, ist noch immer die beste Option, wenn Unsicherheiten bezüglich Diagnose und/oder histologischer Subklassifikation bestehen.</li> <li>Eine Online-Plattform, die Raum für Zweitmeinungen, für Unterstützung in der Routinediagnostik und für die Lehre bietet, wäre hilfreich.</li> </ul> </div> <h2>Einführung</h2> <p>Das Mesotheliom ist ein sehr seltener, aus Mesothelzellen hervorgehender Tumor, der meistens in der Pleura entsteht, aber auch im Perikard, im Peritoneum sowie in der Tunica vaginalis testis auftreten kann.<sup>1</sup> Es ist der häufigste primäre maligne Pleuratumor mit einer sehr schlechten Prognose. Typischerweise sind die auftretenden Fälle mit einer Asbestexposition assoziiert, wobei meist eine lange Latenzzeit gegeben ist. Durch eine vorangegangene Regulierung der Asbestnutzung konnte in den USA die Inzidenz von Mesotheliomen verringert werden. In vielen anderen Ländern, in denen die Kontrolle der Asbestnutzung erst später erfolgte, wird die höchste Inzidenz in den nächsten fünf bis acht Jahren erwartet.<sup>2</sup> Pleuramesotheliome sind sehr aggressiv, eine Diagnose erfolgt meistens erst in fortgeschrittenen Stadien. Trotz multimodaler Therapieprotokolle beträgt die mittlere Überlebenszeit nur bis zu 12 Monate,<sup>3–5</sup> wobei gelegentlich über Patienten berichtet wird, die ab der Diagnosestellung mehr als fünf Jahre überleben.<sup>6, 7</sup> Aufgrund dieser schlechten Prognose konzentriert sich ein Teil der Forschung auf die Stratifizierung von Patienten, basierend auf prognostischen Faktoren, wodurch das weitere Vorgehen an den jeweiligen Patienten angepasst werden kann. Beispielsweise könnte bei Patienten mit besserer Prognose eventuell eine aggressivere Therapie gewählt werden. Dennoch sind die Ergebnisse zu prognostischen Markern als kontroversiell einzustufen. Die histologische Typisierung ist nach wie vor die wichtigste prognostische Variable und bildet zusammen mit der TNM-Klassifikation die Basis für weitere Therapieentscheidungen.</p> <h2>WHO-Klassifikation</h2> <p>Die Einteilung der Pleuramesotheliome richtet sich, wie bei allen anderen Malignitäten auch, nach der WHO-Klassifikation, wodurch sich einheitliche Diagnosen mit weltweit einheitlichen diagnostischen Kriterien ergeben. Die derzeitige WHO-Klassifikation aus dem Jahr 2015 differenziert zwischen diffusen Mesotheliomen, lokalisierten malignen Mesotheliomen und gut differenzierten papillären Mesotheliomen.<sup>8</sup> Es gibt drei große histologische Typen von Mesotheliomen: epithel­oid (umfasst 60–80 % ), biphasisch (10–15 % ) und sarkomatoid (<10 % ). Histologisch betrachtet sind Mesotheliome hervorragende „Imitatoren“ und können sich mit sehr unterschiedlichen histologischen Mustern präsentieren. Das trifft insbesondere für den epitheloiden Typ zu. Muster, die unterschieden werden können, sind solide, tubulopapillär, trabekulär, mikropapillär, adenomatoid, klarzellig, transitional, deziduoid und pleomorph.<sup>8</sup> In der 2012 überarbeiteten Fassung ihres Konsensus-Statements empfahl die International Mesothelioma Interest Group, diese unterschiedlichen Muster, wenn möglich, in die histologische Beschreibung miteinzubeziehen.<sup>9</sup> Als Folge von weiteren Publikationen,<sup>10–12</sup> in denen der prognostische Wert der unterschiedlichen Subtypen gezeigt worden war, wurde diese Empfehlung in die WHO-Klassifikation 2015 und in das 2017 überarbeitete Statement der International Mesothelioma Interest Group aufgenommen.<sup>8–13</sup> Während schon seit längerer Zeit bekannt ist, dass der epitheloide Typ die beste Prognose aufweist, haben weitere Studien gezeigt, dass der pleomorphe Subtyp eine ähnliche Prognose wie das sarkomatoide Mesotheliom hat. Kadota et al. konnten für trabekuläre oder tubulopapilläre Muster eine bessere Prognose im Vergleich mit anderen epitheloiden Mesotheliom-Subtypen nachweisen.<sup>10</sup> Es kann also gesagt werden, dass eine (adäquate) histologische Klassifikation mit Subtypisierung von epitheloiden Mesotheliomen ein potenziell nützliches Hilfsmittel zur prognostischen Stratifizierung von Patienten ist. Aus diesem Grund sind klare diagnostische Kriterien für jedes dieser Muster unentbehrlich. Außerdem braucht es weitere (Validierungs-)Studien: Einerseits sollte die Diagnostik dieser Muster zwischen verschiedenen Befundern reproduzierbar sein, andererseits braucht es auch Validierungsstudien über die Korrelation zwischen vorherrschenden Mustern und klinischen Daten.</p> <h2>Diagnostik</h2> <p>Obwohl das Mesotheliom den häufigsten primären malignen Pleuratumor darstellt, kann seine Diagnostik Schwierigkeiten bereiten. Eine angemessene Biopsie ist nach wie vor der Goldstandard zur Diagnostik des Mesothelioms, wobei klinische, radiologische und chirurgische Befunde miteinbezogen werden sollten.<sup>13</sup> Auch die Größe der entnommenen Probe ist wichtig: Die Diagnose in den Operationspräparaten kann von der in den initialen Biopsien abweichen.<sup>14, 15</sup><br />Eine Diagnosestellung, die ausschließlich auf Zytologie basiert, ist bei Mesotheliomen noch umstritten.<sup>16</sup> Diese scheint aber eine zunehmend wichtige Rolle zu spielen, vor allem durch neue Marker wie BRCA1-assoziiertes Protein 1 (BAP-1) und die In-situ-Hybridisierung bei homozygoten p16-Deletionen.<sup>17, 18</sup><br />Auch bei adäquaten Biopsien sind einige Probleme zu überwinden: Zuerst muss bestätigt werden, dass es sich um Mesothelzellproliferationen handelt, anschließend muss zwischen reaktiven/regenerativen Prozessen und einer Malignität unterschieden werden. Details zur immunhistochemischen Diagnostik würden den Umfang dieses Artikels überschreiten. Dennoch ist wichtig zu betonen, dass zumindest zwei postitive mesotheliale Marker und zwei negative epitheliale Marker benötigt werden, um den mesothelialen Ursprung der Tumorzellen sicherzustellen. Eine Metastase muss, durch richtig gewählte Antikörper, immer ausgeschlossen werden. Das Adenokarzinom der Lunge ist die wichtigste Differenzialdiagnose, vor allem beim epitheloiden Mesotheliom. Im Allgemeinen ist die Immunhistochemie bei epitheloiden Mesotheliomen eine große Hilfe, bei sarkomatoiden und biphasischen Mesotheliomen dagegen weniger. Eine Differenzierung zwischen sarkomatoiden Mesotheliomen und Sarkomen kann Probleme bereiten, ebenso kann ein reaktives Stroma bei epitheloiden Mesotheliomen eine Abgrenzung zu biphasischen Mesotheliomen schwierig machen. Ein Verlust der BAP1-Expression kann in Kombination mit einer durch FISH detektierten homozygoten p16-Deletion als ziemlich sichere Methode zur Mesotheliomdiagnostik verwendet werden.<sup>19</sup> Sogar eine Differenzierung zwischen biphasischen und epitheloiden Mesotheliomen mit desmoplastischem Stroma ist auf diese Weise möglich.<sup>20</sup> <br />Fehlt im Probenmaterial eine eindeutige Tumormasse, so stellt die Invasion ins Stroma und ins umliegende Gewebe das wichtigste Kriterium zur Diagnose eines malignen Prozesses dar. Zur Unterscheidung zwischen Mesotheliomen und organisierenden/reaktiven Prozessen der Pleura gibt es einige hilfreiche Unterscheidungsmerkmale. Diese Kriterien sind aber, je nach Probengröße (kleine Biopsie vs. Operationspräparat), teilweise nicht anwendbar. Ein irreführendes Phänomen ist das sogenannte „falsche Fett“, ein Zug-Artefakt bei bioptischen Eingriffen, das durch längliche Räume parallel zur Pleuraoberfläche charakterisiert ist. Immunhistochemisch sind diese, im Gegensatz zu echtem Fettgewebe, negativ für S-100 und Calretinin.<br />Interessant ist auch, dass es keine Definitionen und/oder Kriterien für ein In-situ-Mesotheliom gibt und diese Diagnose deshalb auch nicht empfohlen wird, obwohl aus biologischer Sicht ein solches eigentlich existieren müsste.<sup>21</sup></p> <h2>Online-Plattform zum Austausch</h2> <p>Die Diagnostik eines Mesothelioms mit seinen unterschiedlichen histologischen Typen und vorgeschlagenen Subtypen, mit der breiten Differenzialdiagnose und mit etwaigen diagnostischen Fallen in der Differenzierung zwischen reaktiven und malignen Veränderungen ist ein komplexer Prozess. Folglich wäre es vorteilhaft, eine zweite Meinung parat zu haben und das Material im Zweifel an ein großes Zentrum mit angemessener Erfahrung zu senden. In einigen Ländern gibt es Panels bzw. Register für Mesotheliome. Diese sind meist in einer Art organisiert, dass alle Mesotheliomdiagnosen in dem betreffenden Land bestätigt werden. Das beste Beispiel ist Frankreich mit der Organisation „Mesopath“, das von der exzellenten Pathologin Françoise Galateau-Sallé betrieben wird. Dieses Fachgremium besteht jetzt seit fast 20 Jahren. Alle in Frankreich diagnostizierten Mesotheliome werden von Experten eines Kernausschusses dieser Gruppe bestätigt. Klinische Daten und Gewebe werden gesammelt, was eine hervorragende Daten- und Biobank zur Folge hat. Diese Infrastruktur bietet ideale Bedingungen für die Forschung, für die Testung immunhistochemischer Färbungen und Biomarker sowie für epidemiologische Analysen. <br />In Österreich gibt es die Austrian Mesothelioma Interest Group (www.amig.at), die ebenfalls mit dem Ziel gegründet wurde, Daten von Mesotheliompatienten, deren Diagnose histologisch bestätigt wurde, in Österreich zu sammeln. Allerdings sind nicht alle Zentren in diese Gruppe involviert, insbesondere Pathologen wissen darüber oft nicht Bescheid. Deshalb wurde vorgeschlagen, ein virtuelles Mesotheliom-Referenzzentrum für Pathologen in Österreich zu organisieren. Objektträger aller Mesotheliomfälle, insbesondere schwieriger bzw. unklarer Fälle, würden lokal eingescannt und auf einem Server gespeichert werden. Zugang zu diesen Fällen würde allen spezialisierten Pathologen, aber auch anderen Pathologen, die sich für diese Plattform interessieren oder diese brauchen, gewährt werden. Nach dem Upload der Objektträger würde eine E-Mail mit einer kurzen Fallpräsentation an spezialisierte Pathologen gesendet, die daraufhin den Fall begutachten sollten und folglich ihre Meinung äußern bzw. weitere Analysen anfordern können. Für alle gespeicherten Fälle würden auch die dazugehörigen klinischen Daten gesammelt. Auf diese Weise hätten wir ein hervorragendes Hilfsmittel zur Lehre, eine Online-Plattform zum Meinungsaustausch und eine großartige Datenbank (neben einer virtuellen Biobank) für mögliche Forschungsprojekte. Eine derartige Plattform ist die einzige Möglichkeit, eine ausreichend hohe Anzahl an Fällen mit verfügbarem Gewebe zu sammeln und so (epidemiologische oder wissenschaftliche) Studien durchzuführen. Diese Idee wurde während der Herbsttagung 2017 der Österreichischen Gesellschaft für Pathologie (ÖGPath) präsentiert und diskutiert. Dabei einigte man sich darauf, die Vorbereitungen zu dieser Plattform fortzusetzen, am besten im Rahmen der bereits bestehenden Austrian Mesothelioma Interest Group. Nur im gemeinsamen Vorgehen können wir hier ein sinnvolles Ergebnis erreichen.</p></p>
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<p><strong>1</strong> Chekol SS, Sun C-C: Malignant mesothelioma of the tunica vaginalis testis: diagnostic studies and differential diagnosis. Arch Pathol Lab Med 2012; 136: 113-7 <strong>2</strong> Robinson BWS, Lake RA: Advances in malignant mesothelioma. N Engl J Med 2005; 353: 1591-603 <strong>3</strong> Bille A et al.: Induction chemotherapy, extrapleural pneumonectomy, and adjuvant radiotherapy for malignant pleural mesothelioma: experience of Guy’s and St Thomas’ hospitals. Gen Thorac Cardiovasc Surg 2012; 60: 289-96 <strong>4</strong> Gill RR et al.: Epithelial malignant pleural mesothelioma after extrapleural pneumonectomy: stratification of survival with CT-de­rived tumor volume. Am J Roentgenol 2012; 198: 359-63 <strong>5</strong> Beebe-Dimmer JL et al.: Mesothelioma in the United States: a surveillance, epidemiology, and end results (SEER)–medicare investigation of treatment patterns and overall survival. Clin Epidemiol 2016; 8: 743-50 <strong>6</strong> Neumann V et al.: Malignant mesothelioma - German mesothelioma register 1987-1999. Int Arch Occup Environ Health 2001; 74: 383-95 <strong>7</strong> Tracey E et al.: Cancer in NSW: Incidence and Mortality Report 2008. Sidney: 2010 <strong>8</strong> Travis WD et al.: WHO classification of tumours of the lung, pleura, thymus, and heart. Lyon: IARC Press, 2015 <strong>9</strong> Husain AN et al.: Guidelines for pathologic diagnosis of malignant mesothelioma: 2012 update of the consensus statement from the International Mesothelioma Interest Group. Arch Pathol Lab Med 2013; 137: 647-67 <strong>10</strong> Kadota K et al.: Pleomorphic epithelioid diffuse malignant pleural mesothelioma: a clinicopathological review and conceptual proposal to reclassify as biphasic or sarcomatoid mesothelioma. J Thorac Oncol 2011; 6: 896-904 <strong>11</strong> Ordóñez NG: Pleomorphic mesothelioma: report of 10 cases. Mod Pathol 2012; 25: 1011-22 <strong>12</strong> Brčić L et al.: Reproducibility of histological subtyping of malignant pleural mesothelioma. Virchows Arch 2014; 465: 679-85 <strong>13</strong> Husain AN et al.: Guidelines for pathologic diagnosis of malignant mesothelioma: 2017 update of the Consensus Statement from the International Mesothelioma Interest Group. Arch Pathol Lab Med 2017; doi: 10.5858/arpa.2017-0124-RA. [Epub ahead of print] <strong>14</strong> Greillier L et al.: Accuracy of pleural biopsy using thoracoscopy for the diagnosis of histologic subtype in patients with malignant pleural mesothelioma. Cancer 2007; 110: 2248-52 <strong>15</strong> Arrossi AV et al.: Histologic assessment and prognostic factors of malignant pleural mesothelioma treated with extrapleural pneumonectomy. Am J Clin Pathol 2008; 130: 754-64 <strong>16</strong> Sheaff M: Should cytology be an acceptable means of diagnosing malignant mesothelioma? Cytopathology 2011; 22: 3-4 <strong>17</strong> Cigognetti M et al.: BAP1 (BRCA1-associated protein 1) is a highly specific marker for differentiating mesothelioma from reactive mesothelial proliferations. Mod Pathol 2015; 28: 1043-57 <strong>18</strong> Monaco SE et al.: The diagnostic utility of p16 FISH and GLUT-1 immunohistochemical analysis in mesothelial proliferations. Am J Clin Pathol 2011; 135: 619-27 <strong>19</strong> Sheffield BS et al.: BAP1 immunohistochemistry and p16 FISH to separate benign from malignant mesothelial proliferations. Am J Surg Pathol 2015; 39: 977-82 <strong>20</strong> Righi L et al.: BRCA1-associated protein 1 (BAP1) immunohistochemical expression as a diagnostic tool in malignant pleural mesothelioma classification: A large retrospective study. J Thorac Oncol 2016; 11: 2006-17 <strong>21</strong> Galateau-Sallé F et al.: The 2015 World Health Organization Classification of Tumors of the Pleura: Advances since the 2004 Classification. J Thorac Oncol 2016; 11: 142-54</p>
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