
Onkopedia-Leitlinie Magenkarzinom
Unser Gesprächspartner:
Prim. Univ.-Prof. Dr. Ewald Wöll
Ärztlicher Direktor/Ärztlicher Leiter
Innere Medizin
Krankenhaus St. Vinzenz, Zams
E-Mail: ewald.woell@krankenhaus-zams.at
Bericht:
Ingeborg Morawetz, MA
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Die Onkopedia-Leitlinien sind praxisrelevante Guidelines. Sie sind ein gemeinsames Projekt der schweizerischen, deutschen und österreichischen hämatologischen und onkologischen Gesellschaften. Die Leitlinie zum Magenkarzinom enthält Informationen zur Genese der Magenkrebserkrankung, zur Diagnostik und Symptomatik bis hin zu den Therapieoptionen und Nachsorgeempfehlungen. Hervorgehoben werden auch die optimale Patient:innenkommunikation, die Patient:innenaufklärung und, in Hinsicht auf die Ressourcenknappheit, das Einbringen anderer Berufsgruppen, z.B. Onko-Nurses.
Molekulare Testung
Eine wesentliche Neuerung im Vergleich zu 2024 ist, dass die molekulare Diagnostik als Grundvoraussetzung für die Therapie nach vorne gerückt wurde. Sie wird auch für die kurativen Stadien als relevant angesehen. Bei Magenkarzinomen in allen Stadien wird empfohlen, den HER2-Status und die Mikrosatelliteninstabilität zu testen. In fortgeschrittenen, inoperablen Stadien sollten außerdem auch der Combined-Positivity-Score (CPS), der TAP-Score („tumor area positivity“) und der Claudin-18.2-Status ermittelt werden.
Kuratives Setting
Äußerst praxisrelevant ist auch, dass es nun ein Statement zur perioperativen Systemtherapie bei HER2-positiven oder mikrosatelliteninstabilen Magenkarzinomen gibt. Das ist wichtig, weil zwei der drei Therapieempfehlungen derzeit keine Zulassung haben, die Entscheidung dafür oder dagegen in der Praxis aber häufig zu treffen ist. Nach wie vor gilt, dass in den Stadien Ib–III in allen Fällen, in denen es möglich ist, eine perioperative Chemotherapie nach dem FLOT-Protokoll durchgeführt werden sollte. Bei HER2-Positivität gibt es formal keine Zulassung. Wir haben uns aber dennoch dazu durchgerungen, bei diesen Patient:innen FLOT+HER2-gezielte Therapie, also Trastuzumab, als Kann-Empfehlung anzubringen. Bei Mikrosatelliteninstabilität wurde die Kombination aus Chemotherapie+Immuncheckpoint-Inhibitor mit einer Sollte-Empfehlung versehen, mit dem Hinweis, dass sowohl Trastuzumab als auch Checkpoint-Inhibitoren in dieser Indikation keine Zulassung haben.
Ebenfalls im kurativen Setting wurden zwei Studien dazu implementiert, ob eine peri- oder postoperative Radiotherapie bei Übergangs- oder Magenkarzinomen von Vorteil ist. Das ist zum einen die ESOPEC-Studie, die perioperative Radiochemotherapie mit Chemotherapie verglichen hat, zum anderen die TOPGEAR-Studie, die den zusätzlichen Effekt von Strahlentherapie postoperativ bei peri- oder postoperativer Chemotherapie untersucht hat. Beide Studien waren negativ. Daher gibt es formal keine Empfehlung und keine gesicherte Indikation für die Hinzunahme einer peri- oder postoperativen Strahlentherapie bei R0-resezierten Magenkarzinomen.
Inoperable Karzinome
Für inoperable Karzinome gibt es ebenfalls mehrere Aktualisierungen. Die neue Immuntherapie Tislelizumab zeigte in der Studie Rationale-305, dass in der Erstlinie eine Kombination mit Chemotherapie möglich ist. Ein wichtiges Kriterium ist hier der TAP-Score. Auf Basis der Claudin-18.2-Testung wurden zudem Daten des monoklonalen Antikörpers Zolbetuximab als Erstlinientherapie in die Empfehlungen aufgenommen. Zolbetuximab zeigt bei Claudin-18.2-Überexpression Effizienz. Die GLOW- und die Spotlight-Studie zu dem Antikörper waren positiv. Auch die gemeinsame Auswertung beider Studien zeigt einen Effekt.
In der Praxis ist die Toxizitätskontrolle bei Zolbetuximab wichtig. Es verursacht vor allem im ersten Zyklus Emesis und Nausea und wird daher als hoch emetogen eingestuft. Eine dreifache antiemetische Therapie wird empfohlen. Der Rat zur Vigilanzerhöhung und zur Berücksichtigung dieser Nebenwirkung in der Patient:innenaufklärung wurde in die Leitlinie aufgenommen. Zur Aufklärung zählt auch die nötige Adhärenz wegen der Effizienz der Substanz, da Emesis und Nausea in späteren Zyklen deutlich abflauen. Die frühe Toxizität kann Kontrollen notwendig machen, nachdem die Patient:innen die Klinik verlassen haben, z.B. mit Telefonvisiten. Beim optimalen Toxizitätsmanagement haben auch Onko-Nurses einen großen Stellenwert.
Oligometastasierung
Bei Oligometastasierung wird darauf hingewiesen, dass in der Studie RENAISSANCE durch Resektion im Gesamtkollektiv kein Überlebensvorteil erzielt werden konnte. Eine Empfehlung bleibt damit aus.
Für lokal ablative Maßnahmen, wie z.B. stereotaktische Radiofrequenzablation oder stereotaktische Bestrahlung, liegen derzeit hinsichtlich des Gesamtüberlebens keine Daten vor. Daher kann über das Management von Oligometastasen durch andere lokal ablative Maßnahmen kein Analogschluss gezogen werden.
Updates
Die Onkopedia-Leitlinie zum Magenkarzinom wird regelmäßig aktualisiert. Sie ist keine „Living Guideline“, aber der Anspruch ist, aktuell zu bleiben. Das nächste Update ist Ende 2025, Anfang 2026 zu erwarten.
Quelle:
Onkopedia-Leitlinie Magenkarzinom, Februar 2025
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