
Onkopedia-Leitlinie hepatozelluläres Karzinom
Autorin:
Prim. Univ.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Birgit Grünberger
Leitung klinische Abteilung für Innere Medizin III, Hämatologie und internistische Onkologie
Universitätsklinikum Wiener Neustadt
E-Mail: birgit.gruenberger@wienerneustadt.lknoe.at
Bericht:
Ingeborg Morawetz, MA
Die erste HCC-Leitlinie
Die Onkopedia-Leitlinie zum hepatozellulären Karzinom ist ganz frisch – sie ist im Jahr 2024 erstmals veröffentlicht worden. Obwohl sie lange auf sich hat warten lassen, ist ihre Existenz essenziell.
Gerade beim hepatozellulären Karzinom ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit besonders wichtig. Im Tumorboard zur Besprechung des besten Vorgehens ist die Teilnahme von Vertreter:innen der Gastroenterologie aufgrund der oft zugrunde liegenden Lebererkrankung wichtig, weiters ist die Teilnahme von Expert:innen im Bereich der Leberchirurgie, der interventionellen Radiologie, der Radioonkologie sowie der internistischen Onkologie unabdingbar.
Insofern ist es auch wichtig, dass diese Fächer bei der Erstellung der Leitlinien mitwirken, um hier alle Optionen gut darzustellen. Daraus resultiert aber auch, dass die Erstellung etwas länger gedauert hat.
Aktualisierungen
Die Aktualisierung aus diesem Jahr, 2025, wurde vorgenommen, da es neue Studiendaten im Bereich der Systemtherapie gibt, die bisher noch nicht inkludiert waren. Ab jetzt soll auch versucht werden, immer dann ein Update der Leitlinien zu machen, wenn es Ergebnisse gibt, die „practice changing“ sind – und das gilt nicht nur für aktuelle Studiendaten, sondern für alles, was direkt im klinischen Alltag umgesetzt werden kann.
Die Leitlinie als Leitfaden
In der Leitlinie wird von den wissenschaftlichen Grundlagen über die Prophylaxe, die Diagnostik, die Therapie und die Rehabilitation bis hin zur Nachsorge auf alles eingegangen. Es gibt auch eine englischsprachige Version und Verlinkungen zu allen relevanten Dokumenten.
Die Leitlinie enthält hervorragende Informationen für Kolleg:innen, die sich Fragen zum hepatozellulären Karzinom stellen: Was brauche ich für die Diagnose? Magnetresonanz oder Ultraschall? Welche Disziplinen benötige ich nach einer erfolgreichen Diagnose, welche Informationen habe ich und wie gehe ich auf Basis dessen weiter vor? Welche Komplikationen gibt es bei welcher Therapie und wie handhabe ich sie richtig?
Die Leitlinie ist auch ein Leitfaden, an dem man sich „entlanghangeln“ kann. Je nach Situation bietet sie auch Auswahlmöglichkeiten. Vor einem Vierteljahrhundert gab es nur wenige medizinische Optionen beim hepatozellulären Karzinom, und nun kann man zwischen Immuntherapien und TKI, parenteralen und oralen Therapien entscheiden. Diese großartige Entwicklung zeigt auch der Therapiebaum, der in der Leitlinie enthalten ist.
Neue Möglichkeiten
Seit diesem Update, das heuer im März stattgefunden hat, ist als weitere Therapieoption in der Erstlinie neben der Kombination von Atezolizumab mit Bevacizumab sowie Durvalumab und Tremelimumab die Kombination von Nivolumab mit Ipilimumab hinzugekommen. Die Kombination von Nivolumab plus Ipilimumab (CheckMate-9DW-Studie), getestet gegen Lenvatinib oder Sorafenib, zeigte eine Ansprechrate von 36% vs. 13% und ein Gesamtüberleben von 23,7 Monaten vs. 20,6 Monate (HR: 0,79; p=0,018). Somit stehen nur drei Optionen mit Immuntherapeutika in der Erstlinienbehandlung zur Verfügung.
Weiters wurde auch das Literaturverzeichnis der Leitlinie aktualisiert.
Blick in die Zukunft
Gegenstand derzeitiger Untersuchungen ist der frühere Einsatz von Systemtherapeutika. Der adjuvante Einsatz einer Immun-Monotherapie hat nicht den gewünschten Erfolg gezeigt. Hier bedarf es weiterer Studien, z.B. mit Kombinationstherapien, sowie eines neoadjuvanten Ansatzes. Eine besondere Patient:innengruppe sind weiters Patient:innen mit Lebertransplantation. Diese sind derzeit von allen Immuntherapie-studien ausgeschlossen.
Neue Daten hinsichtlich lokaler Ablationsverfahren werden ebenfalls erwartet.
Die Quintessenz der Leitlinie
Beim hepatozellulären Karzinom wird eine herausfordernde Patient:innenpopulation behandelt, deren zugrunde liegende Lebererkrankung berücksichtigt werden muss. Eine optimale Betreuung ist nur im interdisziplinären Team möglich, am besten in spezialisierten Zentren. In der Leitlinie ist das die wichtigste Botschaft.
Quelle:
Onkopedia-Leitlinie hepatozelluläres Karzinom (HCC), März 2025
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