
New England Journal of Medicine bestätigt die Exzellenz klinischer Brustkrebsforschung in Österreich
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Die österreichische Studiengruppe ABCSG hat weltweit erstmals die optimale Dauer einer langjährigen Hormontherapie bei der Behandlung von postmenopausalem Brustkrebs in einer breit angelegten klinischen Studie untersucht. Die Ergebnisse der Studie ABCSG 16/S.A.L.S.A. wurden im New England Journal of Medicine veröffentlicht.1
Das luminale Mammakarzinom ist der bei Weitem häufigste molekulare Subtyp dieses bei Frauen am häufigsten auftretenden Malignoms.2 Trotz signifikanter Verbesserungen in der Behandlung von Patientinnen mit diesem Tumor durch die adjuvante endokrine Therapie3 bleibt das Risiko für ein Krankheitsrezidiv beim luminalen Mammakarzinom auf unbestimmte Zeit bestehen, wobei mehr als 50% der Rezidive nach den ersten 5 Jahren auftreten.4 Daher erscheint eine Verlängerung der Dauer der adjuvanten endokrinen Therapie zwingend erforderlich.5 Große klinische Studien haben dieses Konzept der Verlängerung der Behandlungsdauer sowohl mit Tamoxifen als auch mit Aromatasehemmern bereits untersucht.6 Generell gelten Aromatasehemmer in den ersten 5 Jahren der adjuvanten Therapie als wirksamer als Tamoxifen,7 eine Alternative stellt jedoch die Sequenzierung von Tamoxifen und Aromatasehemmern dar.8, 9 Es konnte bereits gezeigt werden, dass nach einer anfänglichen Behandlung mit Tamoxifen über 5 Jahre eine zusätzliche verlängerte Therapie das krankheitsfreie Überleben im Vergleich zu Placebo (keiner verlängerten Behandlung) um ca. 40 % verlängert.10–12 Im Gegensatz dazu ist der Nutzen einer Verlängerung der Aromatasehemmertherapie über 5 Jahre hinaus weniger gut belegt.13, 14 In der prospektiven Phase-III-Studie ABCSG 16/S.A.L.S.A. wurde die Wirksamkeit einer zusätzlichen Aromatasehemmertherapie über 2 oder 5 Jahre überprüft.1
In die Studie ABCSG 16/S.A.L.S.A. wurden postmenopausale Patientinnen mit hormonrezeptorpositivem Brustkrebs im Verhältnis 1:1 randomisiert, um entweder eine zusätzliche zwei- oder fünfjährige erweiterte adjuvante Anastrozol-Therapie nach den ersten fünf Jahren der adjuvanten endokrinen Therapie zu erhalten. Das krankheitsfreie Überleben war der primäre Endpunkt der Studie. Sekundäre Endpunkte waren das Gesamtüberleben, die Zeit bis zum Auftreten eines kontralateralen Brustkrebses, die Zeit bis zum Auftreten eines zweiten Primärkarzinoms und die Rate der klinischen Knochenbrüche. Die Studie wurde von 2004 bis 2017 durchgeführt und endete im Juni 2020. Die Ergebnisse wurden am 29. Juli 2021 im New England Journal of Medicine unter dem Titel „Duration of Adjuvant Aromatase-Inhibitor Therapy in Postmenopausal Breast Cancer“ veröffentlicht.1
Kein Unterschied im krankheitsfreien Überleben
In 75 Zentren in Österreich wurden insgesamt 3486 Frauen in die Studie eingeschlossen. Nach einem medianen Follow-up von 118 Monaten wurden 670 DFS-Events („Disease free survival“-Events) nach 7 Jahren verzeichnet, 335 in jedem Studienarm. Es wurde damit kein Unterschied im krankheitsfreien Überleben zwischen den beiden Behandlungsdauern gefunden (HR: 0,99; 95% CI: 0,85–1,15; p = 0,90). Es gab ebenfalls keinen Unterschied in Bezug auf sekundäre Endpunkte, und Subgruppenanalysen zeigten keinen Unterschied in einer bestimmten Untergruppe. Das Risiko für klinische Knochenfrakturen war in der 5-Jahres-Gruppe höher als in der 2-Jahres-Gruppe (HR: 1,35; 95% CI: 1,00–1,84; p=0,05), mit einer NNH („number needed to harm“) von 63 (95% CI: 32–953).
Patientinnen sollten von Nebenwirkungen und erhöhtem Frakturrisiko verschont werden
Coordinating Investigator Univ.-Prof. Dr. Michael Gnant konkludiert aus diesen Ergebnissen der Studie ABCSG 16: „Wir haben es geschafft, in einem kleinen Land wie Österreich fast 3500 Patientinnen in diese wichtige Studie einzuschließen, das war eine großartige Leistung. Mit diesem umfangreichen Patientenkollektiv konnten wir eindeutig zeigen, dass postmenopausale Patientinnen mit hormonrezeptorpositivem Brustkrebs mit durchschnittlichem Risiko nicht von einer verlängerten adjuvanten Hormontherapie mit Anastrozol über eine Gesamtbehandlungsdauer von 7 Jahren hinaus profitieren. Sie sollten daher von den Nebenwirkungen und dem Frakturrisiko verschont werden, die mit einer Verlängerung der Behandlung über diese Dauer hinaus einhergehen.“
Univ.-Prof. Dr. Christian Singer, Leiter des Brustgesundheitszentrums an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde der Medizinischen Universität Wien am AKH und Vorstandsmitglied der ABCSG, hebt die praktischen Auswirkungen der Studie hervor: „Die Ergebnisse unserer Brustkrebs-Studie werden eine optimale Therapie für Millionen von Frauen weltweit ermöglichen. Die ABCSG hat mit ihr den klinischen Nachweis erbracht, dass eine Behandlungsdauer von sieben Jahren das beste Ergebnis bringt – ein wichtiger Schritt für eine optimale Therapie mit maximaler individueller Anpassung im Rahmen verlässlicher Guidelines.“
Internationale Standards werden neu definiert
Prim. Univ.-Prof. Dr. Richard Greil von der III. Medizinischen Universitätsklinik Salzburg, Onkologisches Zentrum, Leiter des Salzburg Cancer Research Institute und des Cancer Cluster Salzburg, Vizepräsident der ABCSG: „Die (Krebs-)Forschung Österreichs ist im internationalen Vergleich durch eine Reihe struktureller Schwächen gekennzeichnet, und dies sowohl im basiswissenschaftlich und translationalen Bereich an der Schnittstelle zwischen Laborforschung und klinischen Studien als auch im klinischen Forschungsfeld. Diese Schwächen, wie etwa das völlige Fehlen öffentlicher Finanzierungsunterstützung für klinische Studien, sind nur zum Teil durch Innovationskraft, Geschwindigkeit und hohe Motivationslage kompensierbar. Daher freut es uns umso mehr, dass die Exzellenz unserer klinischen Brustkrebsforschung nun von internationalen Experten anerkannt und bestätigt wurde. Auf Basis der Studienergebnisse der ABCSG 16/S.A.L.S.A. wird es nicht nur in Österreich, sondern weltweit neue Guidelines für die Brustkrebstherapie geben und hoffentlich auch die öffentliche Haltung über die Bedeutung von klinischen Studien positiv beeinflussen.“
Literatur:
1 Gnant M, Fitzal F, Rinnerthaler G, Steger GG, Greil-Ressler S, Balic M, Heck D, Jakesz R, Thaler J, Egle D, Manfreda D, Bjelic-Radisic V, Wieder U, Singer CF, Melbinger-Zeinitzer E, Haslbauer F, Sevelda P, Trapl H, Wette V, Wimmer K, Gampenrieder SP, Bartsch R, Kacerovsky-Strobl S, Suppan C, Brunner C, Deutschmann C, Soelkner L, Fesl C, Greil R, on behalf of the Austrian Breast and Colorectal Cancer Study Group et al.: Duration of adjuvant aromatase-inhibitor therapy in postmenopausal breast cancer. N Engl J Med 2021; 385: 395-405. DOI: 10.1056/NEJMoa2104162
2 DeSantis C et al.: Breast cancer statistics, 2013. CA Cancer J Clin 2014; 64(1): 52-62
3 Allemani C et al.: Global surveillance of trends in cancer survival 2000-14 (CONCORD-3): analysis of individual records for 37 513 025 patients diagnosed with one of 18 cancers from 322 population-based registries in 71 countries. Lancet 2018; 391(10125): 1023-75
4 Pan H et al.: 20-year risks of breast-cancer recurrence after stopping endocrine therapy at 5 years. N Engl J Med 2017; 377(19): 1836-46
5 Krauss K, Stickeler E: Endocrine therapy in early breast cancer. Breast Care (Basel) 2020; 15(4): 337-46
6 Wimmer K et al.: Optimal duration of adjuvant endocrine therapy: how to apply the newest data. Ther Adv Med Oncol 2017; 9(11): 679-92
7 Early Breast Cancer Trialists' Collaborative G: Aromatase inhibitors versus tamoxifen in early breast cancer: patient-level meta-analysis of the randomised trials. Lancet 2015; 386(10001): 1341-52
8 Dubsky PC et al.: Tamoxifen and anastrozole as a sequencing strategy: a randomized controlled trial in postmenopausal patients with endocrine-responsive early breast cancer from the Austrian Breast and Colorectal Cancer Study Group. J Clin Oncol 2012; 30(7): 722-8
9 Ruhstaller T et al.: Adjuvant letrozole and tamoxifen alone or sequentially for postmenopausal women with hormone receptor-positive breast cancer: long-term follow-up of the BIG 1-98 trial. J Clin Oncol 2019; 37(2): 105-14
10 Jakesz R et al.: Extended adjuvant therapy with anastrozole among postmenopausal breast cancer patients: results from the randomized Austrian Breast and Colorectal Cancer Study Group Trial 6a. J Natl Cancer Inst 2007; 99(24): 1845-53
11 Goss PE et al.: A randomized trial of letrozole in postmenopausal women after five years of tamoxifen therapy for early-stage breast cancer. N Engl J Med 2003; 349(19): 1793-802
12 Mamounas EP et al.: Benefit from exemestane as extended adjuvant therapy after 5 years of adjuvant tamoxifen: intention-to-treat analysis of the National Surgical Adjuvant Breast And Bowel Project B-33 trial. J Clin Oncol 2008; 26(12): 1965-71
13 Mamounas EP et al.: Use of letrozole after aromatase inhibitor-based therapy in postmenopausal breast cancer (NRG Oncology/NSABP B-42): a randomised, double-blind, placebo-controlled, phase 3 trial. Lancet Oncol 2019; 20(1): 88-99
14 Goss PE et al.: Extending aromatase-inhibitor adjuvant therapy to 10 years. N Engl J Med 2016; 375(3): 209-19
Quelle: Presseaussendung der Austrian Breast & Colorectal Cancer Study Group (ABCSG) vom 29. Juli 2021
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