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„Tumor treating fields“

Neues in der Therapie des Glioblastoms

<p class="article-intro">„Tumor treating fields“ (TFF) stellen eine vielversprechende zusätzliche Therapie zur derzeit angebotenen Standardtherapie des neu diagnostizierten Glioblastoms dar. Aufgrund ihres physikalischen Therapiecharakters sind keine zusätzlichen Interferenzen mit Chemotherapien zu erwarten. Die hohen Kosten der Therapie erfordern eine strenge und klare Indikationsstellung.</p> <hr /> <p class="article-content"><div id="kepoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Hochfrequente Wechselstromfelder hemmen die Zellteilung durch Immobilisierung von elektrischen Dipolen. Dieser Umstand kann in der Therapie von malignen Tumoren genutzt werden.</li> <li>&bdquo;Tumor treating fields&ldquo; verl&auml;ngern das mediane OS und PFS beim neu diagnostizierten Glioblastom signifikant (OS: 20,5 Monate, PFS: 7,1 Monate).</li> <li>Die durchschnittliche Therapiedauer betr&auml;gt 9 Monate.</li> <li>Nebenwirkungen sind bislang nur im Sinne von Hautreaktionen beobachtet worden.</li> </ul> </div> <p>Die zunehmende Zahl an medikament&ouml;sen Phase-II- und Phase-III-Studien hat sich bislang nicht nachhaltig auf die Prognose des Glioblastoms niederschlagen k&ouml;nnen. Derzeit besteht die moderne Therapie eines Glioblastoms aus drei S&auml;ulen: 1. einer m&ouml;glichst radikalen chirurgischen Entfernung, 2. einer konkomitanten Radiochemotherapie und 3. einer adjuvanten Therapie mit Temozolomid f&uuml;r mindestens 6 Zyklen.<sup>1, 2</sup> Im Rahmen von Studien erfolgt die Kombination mit modernen Substanzen im Sinne einer &bdquo;targeted therapy&ldquo;. Trotz des gro&szlig;en wissenschaftlichen und finanziellen Einsatzes wurde dabei jedoch keine signifikante Verl&auml;ngerung des medianen Gesamt&uuml;berlebens erreicht. Es gilt weiterhin, dass durch eine kombinierte Radiochemotherapie das mediane &Uuml;berleben auf 14,8 Monate verl&auml;ngert werden konnte.&lt;sup&lt;2 Durch eine komplette oder sogar supramaximale Resektion (z.B. durch Zuhilfenahme von elektrophysiologischem Monitoring, intraoperativer Bildgebung oder Fluoreszenzfarbstoffen) lie&szlig; sich das &Uuml;berleben auf bis zu 18,5 Monate verl&auml;ngern.<sup>3</sup><br /> W&auml;hrend heute in Studien immuntherapeutischen Ans&auml;tzen in der medikament&ouml;sen Therapie der Vorrang gegeben wird, berichten wir &uuml;ber &bdquo;tumor treating fields&ldquo; (TTF), eine physikalische Therapiem&ouml;glichkeit unter Anwendung von hochfrequenten Wechselstromfeldern (Frequenz 200kHz, Amplitude 1&ndash;3V/cm), die mehrere Zelluntergangsszenarien ausl&ouml;sen. Zum einen kommt es zur mitotischen Katastrophe durch den fehlenden Zusammenbau von Mikrotubuli, zum anderen k&ouml;nnen Zellzyklusarreste und Apoptose beobachtet werden.<sup>4</sup> Die Wechselstromfelder werden &uuml;ber 4x9 Keramikelektroden appliziert, die auf den Kopf aufgeklebt werden. Durch die fehlende Abdeckung der hinteren Sch&auml;delgrube ist eine Therapie nur bei supratentoriellen L&auml;sionen m&ouml;glich.</p> <h2>Rezidivtherapie</h2> <p>Beim rezidivierten Glioblastom wurden TTF zun&auml;chst untersucht. Randomisiert wurden TTF gegen eine Vergleichsgruppe, in der dem Behandler die freie Wahl der Rezidivchemotherapie &uuml;berlassen wurde. Die Ergebnisse dieser Studie waren negativ, das mediane &Uuml;berleben in der Interventionsgruppe betrug 6,6 gegen&uuml;ber 6,0 Monaten in der Kontrollgruppe (p=0,27).<sup>5</sup> Die Auswertung erfolgte gesammelt f&uuml;r alle Patienten eines Studienarms, wobei hier auch Zweit- und Drittrezidive eingeschlossen worden waren. Es bleibt hypothetisch, ob die Therapie im ersten Rezidiv erfolgreicher gewesen w&auml;re. Die Post-hoc- Analyse der EF-14-Studie zeigte, dass bis zu 60 % der Studienpatienten eine Zweitlinienchemotherapie erhalten hatten. Die &Uuml;berlebensanalyse dieses Kollektivs zeigt eine Signifikanz bez&uuml;glich des medianen &Uuml;berlebens ab Rezidivdiagnose von 11,8 Monaten in der TTF-Gruppe gegen&uuml;ber 9,0 Monaten in der Chemotherapiegruppe (p=0,0428), sodass m&ouml;glicherweise der Kombinationseffekt entscheidend f&uuml;r die Effektivit&auml;t ist.<sup>6</sup></p> <h2>Therapie des neu diagnostizierten Glioblastoms</h2> <p>Die Therapie des neu diagnostizierten Glioblastoms wurde in der randomisierten Phase-III-Studie EF-14 ausf&uuml;hrlich untersucht. In einem multizentrischen, randomisierten Protokoll wurden Patienten mit einem Glioblastom nach erfolgter Radiatio in einen Kontrollarm und einen Interventionsarm (Standardtherapie plus TTF) aufgeteilt.<sup>2</sup> Die Zwischenanalyse nach Behandlung von 300 Patienten veranschaulichte bereits einen signifikanten &Uuml;berlebensvorteil und f&uuml;hrte zur sofortigen medizinischen Zulassung durch die FDA und EMEA. Die Interimsanalyse der EF-14-Studie zeigte ein medianes progressionsfreies Intervall von 7,1 Monaten (95 % CI: 5,9&ndash;8,2 Monate) gegen&uuml;ber 4,0 Monaten (95 % CI: 3,3&ndash;5,2 Monate; p=0,001) bei einem medianen Gesamt&uuml;berleben von 20,5 Monaten (95 % CI: 16,7&ndash;25,0 Monate) in der TTF-Gruppe gegen&uuml;ber 15,6 Monaten (p=0,004) in der Kontrollgruppe.<sup>7</sup> TTF k&ouml;nnen bei vielen Patienten zus&auml;tzlich zur Chemotherapie (1<sup>st</sup> und 2<sup>nd</sup> line) appliziert werden. In der erw&auml;hnten Studie wurden nur bei 2 % der Patienten moderate oder schwere Hautreaktionen (Grad 3 und 4) beobachtet.<sup>7</sup> Die &uuml;beraus positiven Studienergebnisse in der prim&auml;ren Therapie des neu diagnostizierten Glioblastoms f&uuml;hrten zur raschen Zulassung der Methode. Obwohl die signifikante Verl&auml;ngerung des medianen Gesamt&uuml;berlebens zweifelsfrei gezeigt werden konnte, sind die neuroonkologischen Fachgesellschaften gespalten. Derzeit fehlt in den deutschsprachigen L&auml;ndern noch die Kassenzulassung, eine Genehmigung erfolgt in Form von Einzelantr&auml;gen. Die Therapiekosten sind hoch, bedingt durch die fehlende M&ouml;glichkeit zur Wiederverwendung der Elektroden und den intensiven personellen Support. Zur besseren volkswirtschaftlichen Absch&auml;tzung der Therapiekosten wurde eine Kosten-Effektivit&auml;ts-Analyse mittels Markov-Modell durchgef&uuml;hrt, welche eine f&uuml;r Frankreich g&uuml;ltige Berechnung einer mangelnden Kosteneffektivit&auml;t zeigte.<sup>8</sup><br /> Ungeachtet der kontroversiellen Diskussion und der hohen Therapiekosten wurde die Behandlung mit TTF in den aktuellen Leitlinien des National Comprehensive Cancer Network (NCCN) als Kategorie-2a-Behandlung festgelegt.</p></p>
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