
Neue Möglichkeiten der bronchoskopischen Diagnostik
Autor:
Prim. Dr. Martin Hackl
Leiter Pneumologie und interventionelle Endoskopie
Pneumologische Abteilung
Tirol Kliniken GmbH
Ö. LKH Hochzirl – Natters
(Klinik-Homepage: pneumo-natters.tirol-kliniken.at )
E-Mail: martin.hackl@tirol-kliniken.at
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Die rasante technische Entwicklung der letzten Jahre eröffnet der bronchoskopischen Diagnostik von Rundherden völlig neue Möglichkeiten. Durch eine Kombination von verschiedenen Techniken erhöht sich die Präzision der Trefferquote und ermöglicht es zukünftig, bei inoperablen Patienten Diagnostik und Therapie in einer Sitzung durchführen zu können.
Keypoints
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Bei Rundherden <2cm ist durch den Einsatz verschiedener Methoden und technischen Equipments eine Steigerung der Navigationserfolgsrate und der Trefferquote >90% möglich.
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Eine zentrale Rolle spielt hier die Anwendung der Cone-Beam-CT-Technik und der Navigation während der Untersuchung. Durch diese Methoden ist eine exakte „Tool in lesion“-Bestätigung möglich.
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Zukünftig wird die One-Stop Bronchoskopie (also Diagnostik und Therapie in einer Sitzung) durch Echtzeit-Bestätigung des Biopsie-Tools und des therapeutischen Katheters in der Läsion bei inoperablen Patienten das Feld der Möglichkeiten erweitern.
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Nie sollte außer Acht gelassen werden, dass für sehr gute Ergebnisse die Erfahrung des Untersuchers und das Zusammenspiel aller Disziplinen in der Endoskopieeinheit eine zentrale Rolle spielen.
Rundherdscreening und Bronchoskopie mit endobronchialem Ultraschall
Mit über 4000 Neuerkrankungen, Tendenz steigend, ist das Bronchuskarzinom auch in Österreich eine der am weitesten verbreiteten Krebserkrankungen. Lungenkrebs erfüllt damit alle Kriterien, die laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Implementierung eines Screenings gegeben sein müssen. In der europäischen NELSON-Studie wurde eindeutig die Sinnhaftigkeit eines Lungenkrebs-Screenings mit einer signifikant nachgewiesenen Mortalitätssenkung um 20% bewiesen. Nach Angaben der Austrian Lung Cancer Study Group (ALCG) werden in Österreich nur 24% der Lungenkrebserkrankungen in den Frühstadien (Stadium I und II) diagnostiziert. Mittels Low-Dose-CT-Screening (LD-CT) kann der Lungenkrebs wesentlich häufiger in früheren Stadien (Stadium I und II) entdeckt werden, in denen eine Heilung noch möglich ist. In verschiedenen europäischen Staaten wurden schon Screening-Projekte (Schweiz und Italien) und Screening-Programme (Polen und Kroatien) gestartet.
Für Tirol liegt bereits ein fertiges Konzept in der Schublade: das Tyro-Lung-Screening-Projekt, bei dem 500 Probanden aus Risikogruppen gescreent werden sollen. Es wartet derzeit noch auf die Umsetzung.
In den LDCT-Studien betrug die durchschnittliche Größe des entdeckten Rundherdes 1,3cm. Diese Größe des Rundherdes spielt natürlich für den Erfolg der bronchoskopischen Diagnostik eine zentrale Rolle. Mit abnehmender Größe der Rundherde sinkt auch die Trefferquote erheblich. Die Trefferquote liegt bei Rundherden kleiner als 2cm ohne Hilfsmittel nur bei ca. 30%, bei Verwendung des bronchialen Ultraschalls bei 50%, bei Verwendung der Navigation bei 50 bis 70%.
Ein wichtiger und zentraler Punkt bei der Diagnostik der Rundherde ist die Miniultraschallsonde mit radialem Ultraschallkopf, die einerseits das Aufsuchen der Rundherde erleichtert, andererseits immer als Bestätigung bei der Diagnostik der Rundherde zur Anwendung kommt. Bei im Ultraschall mittig getroffenen Herden können Trefferquoten bis 70% erreicht werden, bei nicht mittig getroffenen Herden sinkt die Trefferquote aber wieder unter 50%.
Bronchoskopie mit elektromagnetischer Navigation
Ein weiteres wichtiges Hilfsmittel, um die Trefferquote zu erhöhen, ist die elektromagnetische Navigationsbronchoskopie (ENB). Am Vortag der Untersuchung erfolgt die Anfertigung einesCT(Computertomografie)-Datensatzes zur Planung. Damit werden in der Planungssoftware mehrere Zugangswege zu den Rundherden definiert. Danach erfolgt die Auswahl des richtigen Navigationskatheters (45°, 90°, 180°). Am Untersuchungstag wird der Patient dann auf einer Magnetfeldmatte gelagert. Bei Untersuchungsbeginn erfolgt ein sogenanntes „Realtime Imaging“, das bedeutet, dass die Diskrepanz zwischen dem statischen CT-Scan und der dynamisch atmenden Lunge korrigiert wird. Nach Einbringen des Navigationskatheters erfolgt die lokale Registrierung der Läsion. Es ist eine Anpassung der Katheterausrichtung auch während der Prozedur möglich. Dadurch können Proben aus unterschiedlichen Stellen der Läsion entnommen werden. In der bisher größten Studie zur ENB, der NAVIGATE-Studie, wurden 1200 Patienten eingebracht. 50% der Rundherde lagen zwischen 1 und 2cm und es konnte eine Trefferquote von 73% erreicht werden.1
Eine weitere wichtige Entwicklung waren ultradünne Bronchoskope mit kleinem Außendurchmesser, aber großem Arbeitskanal. Dies ermöglicht dem Bronchologen, weiter in die Peripherie der Lunge zu gelangen, bringt einen signifikanten Unterschied bei Rundherden zwischen 1 und 2 cm sowie einen massiven Vorteil bei der Lokalisation der Rundherde sowohl im Unter- als auch im Oberlappen.
Ein Nachteil war aber der sehr kleine Arbeitskanal von nur 1,7 mm. Dies bedeutete, dass nur kleine Instrumente und Zangen verwendet werden konnten. Durch Entwicklung der neuen Mini-Kryo-Biopsiesonde mit 1,1mm Durchmesser ergeben sich nun neue Möglichkeiten, um eine weitere Verbesserung der Trefferquote zu erreichen. Einige Studien zu diesem Thema sind noch nicht abgeschlossen.
Hoffnungsträger Cone-Beam-CT
Neu innerhalb der letzten drei Jahren ist nun der Einsatz von Cone-Beam-CT-Technik beim Aufsuchen der Rundherde. Prinzipiell werden mit der Cone-Beam-CT-Technik 2D-Bilder von einem Punkt aus zu einer 3D-Rekonstruktion zusammengeführt. Insgesamt findet sich dazu derzeit noch eine sehr inhomogene Studienlage mit relativ wenigen Patienten, da die Vergleichbarkeit oft von der verwendeten Technik, den Zugangswegen und auch von den Biopsie-Tools abhängt.
In den meisten Studien erfolgt die Bronchoskopie aber im Einklang mit der Navigation. Mittels zusätzlicher Robotertechnik sind Trefferquoten von über 95% möglich.In einer rezenten Arbeit aus dem Jahr 2021 konnte bei einem Vergleich der Trefferquote in der Cone-Beam-CT-Gruppe im Vergleich mit der Cone-Beam-CT-Gruppe ohne Navigationeine Steigerung der Trefferquote von 22,6% erreicht werden.2
Der Vorteil der Cone-Beam-CT-Technik ist eine Echtzeit-Bestätigung des Biopsie-Tools im Operationssaal oder im Bronchoskopieeingriffsraum. In sämtlichen Studien wurde auch eine sehr sichere Anwendung mit niedriger Komplikationsrate berichtet. Die Pneumothoraxrate lag zwischen 2 und 5%, die Blutungsrate unter 5%. Mittels der Cone-Beam-CT-Technik wird wohl in Zukunft nachgewiesen werden können, dass die Trefferquote unabhängig von der Lage des Rundherdes, des Bronchuszeichens und der Größe der Distanz zur Pleura sein wird.
Seit Mai 2022 steht im Krankenhaus Natters in Tirol eine hochmoderne Kombination aus elektromagnetischer Navigation und einem mobilen 3D-Cone-Beam-C-Bogen zur Verfügung (Video 1). Das ermöglicht die ortsunabhängige Verwendung der Cone-Beam-Technik und eine deutlich einfachere Handhabung als bei fix verbauten Anlagen. Nach Lagerung des Patienten auf einem speziellen Carbontisch und anschließender elektromagnetischer Navigation erfolgt eine exakte „Toolin lesion“-Bestätigung der Biopsiezange mit einem drehbaren 3D-Würfel (Video 2). Damit wird die Lage des Biopsietools zum Rundherd exakt festgestellt und die Entfernung zum Rundherd gemessen. Bei Bedarf kann die Lage des Biopsietools korrigiert werden. Dies hilft unnötige Biopsien zu vermeiden und erhöht die Patientensicherheit wie auch die Trefferquote. Eine prospektive Studie dazu ist im Krankenhaus Natters geplant.
Video 1: Mobiles Cone-Beam-CT
Video 2: 3D-Cone-Beam-Rekonstruktion eines 8 mm großen Tumors (blau im Fadenkreuz), darunter die Kryrosondenspitze (orange eingefärbt) vor Biopsie (histologisch lepidisches Adenokarzinom)
Was nie vergessen werden sollte, ist, dass die Erfahrung des Untersuchers und das Zusammenspiel mit dem Endoskopie-Team und der Anästhesie von eminenter Bedeutung für die Qualität der Ergebnisse ist. Dies hat sich auch in den zwei größten Studien zur Cone-Beam-CT-Technik und -Navigation mit 226 respektive 90 Patienten gezeigt. Bei diesen Studien wurden alle Untersuchungen von nur einem Untersucher mit mehr als 10 Jahren Erfahrung in der Diagnostik von Rundherden durchgeführt.3
Die Anästhesie spielt mit der Verwendung einer Hochfrequenz-Jet-Ventilation während der Untersuchung eine sehr große Rolle, da durch die Beatmungsform die tatsächliche Lokalisation des Rundherdes präzisiert werden kann.
Zukünftig wird es in dieser Kombination auch möglich sein, in einer sogenannten One-Stop-Bronchoskopie Patienten in einer Sitzung zu diagnostizieren und auch zu therapieren. Dies macht natürlich nur Sinnfür Patienten, die inoperabel sind.
Literatur:
1 Folch EE et al.: Electromagnetic navigation bronchoscopy for peripheral pulmonary lesions: one-year results of the prospective, multicenter navigate study. J Thorac Oncol 2019; 14: 445-58 2 Verhoeven RL et al.: Cone-beam CT image guidance with and without electromagnetic navigation bronchoscopy for biopsy of peripheral pulmonary lesions. J Bronchol Interv Pulmonol 2021; 28: 60-9 3 Ching-Kai L et al.: Cone-beam computed tomography-derived augmented fluoroscopy improves the diagnostic yield of endobronchial ultrasound-guided transbronchial biopsy for peri-pheral pulmonary lesions. Diagnostics (Basel, Switzerland) 2021; 12: 41
Zusätzliche Literatur beim Verfasser
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