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Neue Entwicklungen in der Behandlung myeloproliferativer Neoplasien

Das Meeting der American Society of Hematology (ASH) 2020 stand ganz im Zeichen der aktuellen Coronakrise. Wie viele andere wissenschaftliche Großveranstaltungen wurde das konventionelle ASH-Meeting, das dieses Jahr in San Diego hätte stattfinden sollen, durch ein virtuelles Meeting ersetzt. Der allosterische BCR-ABL-Inhibitor Asciminib bei chronischer myeloischer Leukämie, neue Aspekte der Interferontherapie bei Polycythaemia vera und innovative Behandlungskonzepte bei Patienten mit fortgeschrittener Myelofibrose gehörten zu den Höhepunkten dieser Veranstaltung.

Keypoints
  • Der allosterische Inhibitor Asciminib scheint beim Management von Patienten mit chronischer myeloischer Leukämie eine wichtige Rolle zu spielen.

  • Bei der Polycythaemia vera wird das krankheitsmodifizierende Potenzial einer Interferontherapie durch weitere Daten untermauert und die Möglichkeit einer Beendigung dieser Therapie bei Patienten mit hämatologischer Remission und tiefem molekularem Ansprechen erstmals thematisiert.

  • Mehrere neue Therapiekonzepte und/oder Therapiekombinationen zeigen bei Patienten mit fortgeschrittener Myelofibrose vielversprechende Effekte.

Chronische myeloische Leukämie

In der Sitzung zur chronischen myeloischen Leukämie (CML) wurden die Ergebnisse einer Studie präsentiert, in der der allosterische Inhibitor Asciminib im Rahmen einer multizentrischen, offenen Phase-III-Studie mit Bosutinib bei Patienten verglichen wurde, die mit mindestens 2 Tyrosinkinaseinhibitoren (TKI) vorbehandelt wurden.1 Asciminib ist ein neuer, spezifischer Inhibitor von BCR-ABL, der das Onkoprotein im Bereich der Myristol-bindenden Tasche beeinflusst. Dieser einzigartige Wirkmechanismus begründet die Hoffnung auf ein gegenüber den derzeit verfügbaren ATP-bindenden TKI verbessertes Sicherheitsprofil. Asciminib wurde in einer Dosis von 40mg zweimal täglich und Bosutinib in einer Dosis von 500mg täglich verabreicht. CCML-Patienten in der chronischen Phase, die intolerant gegenüber dem zuletzt verabreichten TKI waren und einen BCR-ABL-Wert >0,1% hatten, konnten in die Studie eingeschlossen werden. Patienten unter Bosutinib mit einem Behandlungsversagen entsprechend den Kriterien der LeukemiaNet-Empfehlungen konnten nach Entscheidung des Behandlers in den Asciminib-Arm eingeschlossen werden. Primärer Endpunkt der Studie war eine „major molecular response“ (MMR=MR3) nach 24 Wochen. Insgesamt waren zum Zeitpunkt der Präsentation 233 Patienten in die Studie eingebracht worden, davon 157 Patienten in den Asciminib-Arm und 76 Patienten in den Bosutinib-Arm. Die MMR-Rate in Woche 24 betrug 25,5% mit Asciminib und 13,2% mit Bosutinib (p=0,029). Die medianen Zeiten bis zur Erreichung eines MMR im Asciminib- und Bosutinib-Arm waren 12,7 bzw. 14,3 Wochen. „Adverse events“ (AE) Grad >3 wurden bei 50,6% der Asciminib-behandelten und 60,5% der Bosutinib-behandelten Patienten berichtet. Die am häufigsten dokumentierten Nebenwirkungen in den beiden Behandlungsgruppen waren Thrombopenie (17,3% vs. 6,6%), Neutropenie (14,7% vs. 11,8%), Durchfall (0% vs. 10,5%) und Anstieg der Alaninaminotransferase (0,6% vs. 14,5%). Zusammenfassend konnte also durch diese erste kontrollierte Studie bei Patienten mit resistenter/intoleranter CML eine statistisch signifikante und klinisch relevante Überlegenheit des allosterischen BCR-ABL-Inhibitors Asciminib gegenüber Bosutinib im Hinblick auf Raten tieferer MR bei günstigem Nebenwirkungsprofil bestätigt werden.

Philadelphia-negative myeloproliferative Neoplasien

Bei der Polycythaemia vera (PV) wurden neue Erkenntnisse vor allem durch Studien generiert, die das „disease modifying potential“ von Interferon (IFN) untersuchten und erstmals eine Therapieunterbrechung bei Patienten mit myeloproliferativen Neoplasien (MPN) und kompletter hämatologischer Remission unter IFN analysierten.

In einer großen monozentrischen retrospektiven Studie am Weill Cornell Medical Center wurden zwischen 1974 und 2007 insgesamt 470 Patienten mit PV erfasst und ihr Verlauf ausgewertet.2 Die Primärbehandlung bei diesen Patienten erfolgte dabei mit IFN bei 20%, mit Hydroxyurea (HU) bei 40%, mit anderen Medikamenten oder Medikamentenkombinationen bei 12% und mit alleiniger Aderlasstherapie (PHL-O) bei 28%. Das mediane Myelofibrose(MF)-freie Überleben betrug dabei 32,5 Jahre für IFN, 22,6 Jahre für HU und 20,5 Jahre für PHL-O. Die entsprechenden medianen Überlebenszeiten für die drei Arme lagen bei 27,7 vs. 25,9 vs. 21,3 Jahren (p<0,01). In einer multivariaten Analyse zeigte sich, dass die IFN-behandelten Patienten gegenüber HU- und PHL-O-Patienten ein geringeres Risiko für die Entwicklung einer Myelofibrose und Tod hatten, unabhängig vom Alter. Die HU-Gruppe hatte gegenüber der PHL-O-Gruppe ein geringeres MF-Risiko, aber keinen Überlebensvorteil. Insgesamt senkte eine IFN-Therapie das jährliche MF-Risiko um 6% und die Gesamtmortalität um 8% unabhängig von anderen Risikofaktoren wie Alter, Thromboseanamnese, kardiovaskuläre Risikofaktoren oder andere Behandlungen. Die Ergebnisse dieser retrospektiven Studie unterstützen den frühen Einsatz von IFN als sichere, krankheitsmodifizierende Behandlung bei Patienten mit PV, um die Entwicklung einer MF zu verzögern und das Gesamtüberleben zu verlängern.

In einer weiteren großen retrospektiven Studie, in die zwischen Jänner 2000 und Mai 2020 MPN-Patienten eingeschlossen wurden, die zumindest 3 Monate IFN erhielten, wurde mithilfe einer logistischen Regressionsanalyse versucht, jene Faktoren zu identifizieren, die mit einer kompletten hämatologischen Langzeitremission nach Absetzen von IFN assoziiert waren.3 381 Patienten wurden in diese Studie eingeschlossen, 171 mit PV, 169 mit essenzieller Thrombozytopenie (ET) und 34 mit primärer MF. Eine JAK2-Mutation lag bei 78,8% der Patienten vor, eine CALR- bzw. MPL-Mutation bei 15,5% und 2,9%. Eine komplette hämatologische Remission wurde mit IFN bei 77% der Patienten erzielt. Nach einer medianen Follow-up-Zeit von 72,4 Monaten nach Beginn der IFN-Therapie waren 131 Patienten noch immer unter IFN während bei 250 Patienten die IFN-Therapie abgesetzt wurde. Beide Gruppen waren im Hinblick auf die MPN-Subgruppe sowie klinische, biologische und molekulare Charakteristika zum Diagnosezeitpunkt nicht unterschiedlich. Varianten-Allel-Frequenz(VAF)-Werte der Treibermutation waren bei 117 Patienten verfügbar, 53 davon (45,3%) hatten eine VAF <10%. In der statistischen Analyse zeigte sich, dass eine VAF >10% zum Zeitpunkt der IFN-Beendigung mit einer höheren kumulativen Inzidenz von Rezidiven als bei Patienten mit einer VAF <10% assoziiert war (Abb.1). Insgesamt also zeigte die Studie, dass eine Unterbrechung der IFN-Therapie eine sichere Vorgangsweise bei MPN-Patienten ist, die eine komplette hämatologische Remission erreichen, speziell bei Patienten mit einer VAF <10%.

Abb. 1: Kumulative Inzidenz von Rezidiven nach Absetzen von IFN bei Patienten mit einer VAF ≥ 10% zum Zeitpunkt des Absetzens verglichen mit MPN-Patienten mit einer VAF < 10%. Zum Vergleich der Gruppen wurde eine COX-Regressionsanalyse verwendet (nach De Oliveira RD et al.)3

Die 5-Jahres-Daten der randomisierten PROUD-PV-Studie, bei der eine Behandlung mit Ropeginterferon mit zytoreduktiver Standardtherapie verglichen wurde, wurden von H. Gisslinger vorgetragen.4 95 Patienten wurden in den Ropeginterferon-Arm und 76 Patienten in den Kontrollarm eingeschlossen. Nach5 Jahren betrug der Anteil von Patienten mit Hämatokrit(HK)-Werten <45% ohne Phlebotomie 81,8% vs. 63,2% im Kontrollarm. Schwere thromboembolische Komplikationen ereigneten sich bei 4,2% im IFN-Arm und 6,6% im Kontrollarm. Der mediane Allel-Burden der JAK2-Mutation verminderte sich im IFN-Arm von 37,7% bei Diagnose auf 7% nach 5 Jahren, im Kontrollarm kam es hingegen zu einer leichten Steigerung von 38,1% auf 42,6%. Der Anteil molekularer Remissionen nach 5 Jahren war im IFN-Arm signifikant höher als im Kontrollarm (69,1 vs. 21,6%) wobei ein anhaltendes molekulares Ansprechen mit einem sehr geringen Risiko für eine Krankheitsprogression verbunden war: 1 Patient entwickelte eine MF, keiner der Patienten machte eine Transformation in eine akute myeloische Leukämie durch. Die Raten an behandlungsassoziierten Nebenwirkungen waren in beiden Gruppen vergleichbar (25,6% vs. 24,2%). In diesem randomisierten Setting konnte also gezeigt werden, dass Ropeginterferon wirksam war in der Hinsicht, dass der HK kontrolliert und die Entwicklung thromboembolischer Komplikationen minimiert wurde. Das überaus seltene Auftreten einer Krankheitsprogression unter einer IFN-Dauertherapie lässt eine Beeinflussung des natürlichen Krankheitsverlaufes der PV durch IFN vermuten, speziell bei Patienten mit tiefem und dauerhaftem molekularem Ansprechen.

Neue Therapiekonzepte bei Myelofibrose

Im Bereich der MF gab es neben der Präsentation von Langzeitdaten bekannter Projekte eine Fülle von frühen Studien, die neue Therapiekonzepte und/oder Therapiekombinationen zum Thema hatten.

Momelotinib ist ein potenter Inhibitor von JAK1, JAK2 und dem Activin-Rezeptor 1 (ACVR1), der bei Patienten mit fortgeschrittener MF bereits klinisch bedeutsame Verbesserungen von Milzgröße und Symptomlast gezeigt hat (SIMPLIFY-Studien). In der SIMPLIFY-1-Studie wurden JAK-Inhibitor-naive Patienten eingeschlossen und in der SIMPLIFY-2-Studie Patienten, bei denen sich unter einer vorangegangenen Ruxolitinib Therapie eine hämatologische Toxizität gezeigt hatte.5 Patienten, die in diese Studien eingeschlossen wurden, hatten die Möglichkeit, im Rahmen eines „Extended access“-Protokolls weiterbehandelt zu werden (XAP). In dieser Präsentation wurden nun die Langzeitdaten der beiden Studien vorgestellt. 137 Patienten wurden in XAP eingeschlossen, 105 blieben aufeiner Therapie mit Momelotinib bis zu einem Beobachtungszeitraum von 10 Jahren. 69% der 215 JAK-Inhibitor-naiven Patienten blieben für mindestens 48 Wochen auf Therapie und 30% für mindestens 144 Wochen. In der Gruppe der 104 JAK-Inhibitor-vorbehandelten Patienten lagen diese Werte bei 47% und 17%. Die Überlebenskurven der beiden Patientengruppen sind in Abb. 2 dargestellt. Insgesamt zeigen die Daten von 550 vorbehandelten und nicht vorbehandelten Patienten eine anhaltende Wirksamkeit und unterstreichen das Potenzial dieser Substanz, die unbefriedigende Situation dieser schwierig zu behandelnden Patienten zu verbessern.

Abb. 2: Gesamtüberleben in der S1- und S2-Studie (nach Verstovsek S et al.)5

CPI-0610 ist ein oraler Inhibitor von „Bromodomain and external domain“-(BET)-Proteinen, der mit dem Ziel entwickelt wurde, eine krankheitsmodifizierende Aktivität durch Beeinflussung der Genregulation onkogener, fibrotischer und inflammatorischer Faktoren zu bewirken. Im Rahmen der MANIFEST-Studien wurde der Nutzen einer Add-on-Therapie mit diesem Medikament bei mit Ruxolitinib vorbehandelten Patienten (n=44)6 bzw. bei fortgeschrittener MF und nicht vorbehandelten Patienten (n=64)7 geprüft. Endpunkte der Studien waren die Reduktion der Milzgröße >35% (SVR35) und eine mindestens 50%ige Verbesserung des Symptomscores (TSS50) in Woche 24. Präsentiert wurden sowohl die Daten der Studie der Patienten mit suboptimalem Response auf Ruxolitinib als auch die Daten der Studie mit unbehandelten Patienten. Bei vorbehandelten MF-Patienten, die transfusionsabhängig waren, betrug der Anteil von Respondern für SVR35 20,8% und für TSS50 46,2%, bei transfusionsunabhängigen Patienten lag dieser Anteil bei 22,2% und 36,8%. Nicht unerwartet lagen diese Werte in der Studie mit nicht vorbehandelten MF-Patienten mit 63,3% und 58,6% wesentlich höher.

Lysin-spezifische Demethylase-1 (LSD1) ist eine Histon-H3K4-Demethylase, welche Selbsterneuerung und Differenzierung myeloischer Zellen und Progenitorzellen reguliert. Es wurden die Ergebnisse einer Phase-II-Studie präsentiert, bei der der orale LSD1-Inhibitor IMG7289 (Bomedemstat) bei Patienten mit fortgeschrittener MF eingesetzt wurde, die eine Resistenz gegenüber zugelassenen Therapien entwickelten.8 Pharmakokinetische Daten der Phase-I/IIa-Studie sprachen für eine Verabreichung des Medikaments einmal täglich. Von allen Patienten, deren Daten in Woche 24 auswertbar waren (n=14), zeigten 86% eine Verminderung des Total-Symptom-Scores (30% TSS50), von den Phase-IIb-Patienten, die in Woche 12 beurteilt werden konnten (n=19), zeigten 100% eine Verminderung der Milzgröße (20% SVR35). Zusätzlich zeigte sich bei Patienten mit erhöhten Spiegeln von IL-8, S100A9 oder RANTES (CCL5) eine signifikante Verminderung der Serumkonzentrationen. Bei 45% der Patienten nahm die VAF der Treibermutation ab, bei 41% blieb sie stabil. Klone mit einer ASXL1-Mutation zeigten die höchste Sensitivität gegenüber IMG-7289. Zusammenfassend verbesserte dieser neue LSD1-Inhibitor Symptomlast und Milzgröße bei gleichzeitiger günstiger Beeinflussung von biologischen und molekularen Charakteristika.

In einer weiteren Präsentation wurden die Ergebnisse einer Studie präsentiert, in der eine Add-on-Therapie mit dem BCL2-Inhibitor Navitoclax bei Patienten mit MF untersucht wurde, die nicht länger auf Ruxolitinib ansprachen.9 34 Patienten erhielten mindestens 1 Dosis von Navitoclax + Ruxolitinib, Navitoclax wurde beginnend mit 50mg täglich auf 300mg Dosis eskaliert. In der molekularen Analyse hatten 58% der Patienten Mutationen in zumindest einem der High-Risk(HR)-Gene, 52% der Patienten hatten mindestens 3 unterschiedliche Mutationen. In Woche 24 hatten von den auswertbaren Patienten 27% eine Reduktion der Milzgröße >35% (SVR35), 30% eine mindestens 50%ige Verbesserung des Symptomscores (TSS50), 21% eine Verbesserung der Knochenmarkfibrose und 46% eine mehr als 10%igeReduktion der Allelfrequenz der Treibermutation. Diese Ergebnisse waren unabhängig von HR-Mutationen und Anzahl mutierter Gene. Insgesamt zeigten Patienten mit MF, die zusätzlich Navitoclax erhielten, klinisch bedeutsame Verbesserungen in Milzgröße, Symptomlast, Knochenmarkfibrose und Allellast ihrer Treibermutation, unabhängig vom Vorliegen eines Hochrisiko-Mutationsprofils oder der Anzahl von molekularen Aberrationen.

Imetelstat ist ein Telomeraseinhibitor, der bei Patienten mit fortgeschrittener MF, die unter einer JAK-Inhibitor-Therapie rezidivierten oder ein primäres Nichtansprechen zeigten, in früheren Studien einen klinischen Nutzen zeigte. In der präsentierten Studie wurden mit 9,4mg/kg und 4,7mg/kg 2 Dosisstufen verglichen.10 Außerdem wurden mögliche Assoziationen zwischen dem Gesamtüberleben einerseits und dem Eintreten einer SVR35, einer TSS50 und einer Verbesserung der Knochenmarkfibrose andererseits untersucht. Bei einer medianen Beobachtungszeit von 41,7 Monaten lag das Gesamtüberleben in der Gruppe mit 9,4mg/kg bei 28,1 Monaten und in der Gruppe mit 4,7mg/kg bei 19,9 Monaten. Einen Trend zu einem verlängerten Gesamtüberleben zeigten Patienten mit SVR35 und TSS50, während eine Verbesserung der Knochenmarkfibrose mit einem signifikanten Überlebensvorteil assoziiert war. Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse einen dosisabhängigen Benefit der Imetelstat-Therapie bei dieser schwierig zu behandelnden Patientengruppe, während die prädiktive Bedeutung klinischer Parameter noch in weiteren Studien untersucht werden muss.

Late Breaking Session

Die Ergebnisse einer Studie, die in der „Late Breaking Abstracts“-Sitzung präsentiert wurde,11 werfen ein völlig neues Licht auf die Entstehung und Entwicklung Ph-negativer Neoplasien beim Menschen. Obwohl MPN gelegentlich auch bei jungen Erwachsenen diagnostiziert werden, ging man bisher davon aus, dass MPN-Erkrankungen des Erwachsenenalters sind, da sie bei Kindern in der Regel kaum diagnostiziert werden. Die Sequenzierung des gesamten Genoms Einzelzell-abgeleiteter hämatopoetischer Zellkolonien und die zielgerichtete Resequenzierung longitudinaler Blutproben von 10 Patienten mit einer MPN, die sich im Alter zwischen 20 und 76 Jahren manifestierte, lieferten Hinweise darauf, dass die Entstehung der Treibermutation bis in einen Zeitbereich bereits wenige Wochen nach der Empfängnis bis wenige Jahre nach der Geburt zurückverfolgt werden kann. Die Entstehung der Treibermutation erfolgt also bereits im frühen Leben, teilweise sogar vor der Geburt, und unterliegt einer Expansion und Evolution in den folgenden Jahren bzw. Jahrzehnten. Die mittlere Latenz zwischen Entstehung der Mutation und klinischer Manifestation betrug in dieser Studie 34 Jahre. Dieses neue Verständnis führt zu einem Paradigmenwechsel, der die Entstehung von Krankheiten aus dieser Gruppe bereits in das Kindesalter rückt und damit bei Menschen mit nachgewiesener molekularer Veränderung, aber fehlender Krankheitsmanifestation die Möglichkeit einer frühen, prophylaktischen Intervention eröffnet – mit dem Ziel, den mutationstragenden Klon zielgerichtet zu beeinflussen und das Thromboserisiko im späteren Leben zu verringern.

1 Hochhaus et al.: Efficacy and safety results from ASCEMBL, a multicenter, open-label, phase 3 study of asciminib, a first-in-class stamp inhibitor, vs bosutinib (BOS) in patients (pts) with chronic myeloid leukemia in chronic phase (CML-CP) previously treated with ≥2 tyrosine kinase inhibitors (TKIs). ASH-Meeting 2020; Abstr. #LBA-4 2 Abu-Zeinah G et al.: Interferon in polycythemia vera (PV) yields improved myelofibrosis-free and overall survival. ASH-Meeting 2020; Abstr. #480 3 De Oliveira RD et al.: Interferon-alpha (IFN) therapy discontinuation is feasible in myeloproliferative neoplasm (MPN) patients with complete hematological remission. ASH-Meeting 2020; Abstr. #483 4 Gisslinger H et al.: Long-term use of ropeginterferon alpha-2b in polycythemia vera: 5-year results from a randomized controlled study and its extension. ASH-Meeting 2020; Abstr. #481 5 Verstovsek S et al.: Robust overall survival and sustained efficacy outcomes during long term exposure to momelotinib in jak inhibitor naïve and previously jak inhibitor treated intermediate/high risk myelofibrosis patients. ASH-Meeting 2020; Abstr.#54 6 Verstovsek S et al.: CPI-0610, bromodomain and extraterminal domain protein (BET) inhibitor, as “add-on” to ruxolitinib, in advanced myelofibrosis patients with suboptimal response: update of MANIFEST phase 2 study. ASH-Meeting 2020; Abstr.#56 7 Mascarenhas J et al.: CPI-0610, a bromodomain and extraterminal domain protein (BET) inhibitor, in combination with ruxolitinib, in JAK-inhibitor-naïve myelofibrosis patients: update of MANIFEST phase 2 study. ASH-Meeting 2020; Abstr.#55 8 Yacoub A et al.: A phase 2 study of the LSD1 inhibitor IMG7289 (bomedemstat) for the treatment of advanced myelofibrosis. ASH-Meeting 2020; Abstr.#51 9 Pemmaraju N et al.: The addition of navitoclax to ruxolitinib demonstrates efficacy within different high-risk populations in patients with relapsed/refractory myelofibrosis. ASH-Meeting 2020; Abstr. #52 10 Mascarenhas J et al.: favorable overall survival with imetelstat treatment correlates with other clinical benefits in intermediate 2 or high risk myelofibrosis relapsed/refractory to janus kinase inhibitor. ASH-Meeting 2020; Abstr. #53 11 Williams N et al.: driver mutation acquisition in utero and childhood followed by lifelong clonal evolution underlie myeloproliferative neoplasms. ASH-Meeting 2020; Abstr. #LBA-1

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