
©
Getty Images/iStockphoto
Multiples Myelom – Behandlungsergebnisse verbessern sich laufend
Leading Opinions
30
Min. Lesezeit
08.03.2018
Weiterempfehlen
<p class="article-intro">Am ASH Meeting 2017 Anfang Dezember vorgestellte Studien verbessern erneut die klinische Praxis. Dr. med. Christian Taverna, Münsterlingen, resümiert die wichtigsten Ergebnisse zur Therapie des multiplen Myeloms. An einer am ASH-Kongress vorgestellten Studie war auch die SAKK aktiv beteiligt.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Wie jedes Jahr war die ASH-Jahrestagung auch dieses Mal für Dr. med. Christian Taverna, Leitender Arzt Onkologie, Kantonsspital Münsterlingen, ein inspirierendes Meeting mit vielen Neuigkeiten. Bei der Behandlung der jüngeren Patienten gibt es bei der Induktion seines Erachtens keine wesentlichen Änderungen. Es handelt sich immer noch um eine Dreierkombination mit einem Proteasomen- Inhibitor, häufig VRD, in der Schweiz häufig auch noch VCD mit Endoxan. Insbesondere für Patienten mit einer Hochrisiko- Zytogenetik wird gemäss Taverna in den USA häufig eine primäre Induktion mit Carfilzomib + Lenalidomid und Dexamethason (KRD) eingesetzt. «Hier fehlen uns allerdings die grossen prospektiven Phase-III-Studien», so Taverna.</p> <h2>BUMEL mit Vorteil beim PFS</h2> <p>Nachdem die Hochdosistherapie über viele Jahre eigentlich kaum untersucht worden war, wurden am ASH 2017 zwei Abstracts zur eigentlichen Hochdosischemotherapie vorgestellt: Bei der einen Arbeit handelt es sich um eine «Single center»-Studie des MD-Anderson-Cancer- Zentrums in Houston. Standard-Melphalan wurde kombiniert mit Busulfan (BUMEL) und erstaunlicherweise konnte ein Vorteil im progressionsfreien Überleben (PFS) festgestellt werden.<sup>1</sup> Bei gleichen Ansprechraten wie unter herkömmlichen Behandlungen bestand allerdings eine erhöhte Toxizität unter BUMEL. Für Taverna bleibt es abzuwarten, ob diese Studienresultate bestätigt werden können.<br /> Eine französische Studiengruppe hat die Kombination von Bortezomib mit Melphalan im Rahmen einer Phase-II-Studie untersucht. Diese Arbeit zeigte, dass die Bortezomib-Gabe unmittelbar vor und nach dem hoch dosierten Melphalan (200mg/m<sup>2</sup>) einen zusätzlichen Vorteil bringt. Laut Taverna konnte dies enttäuschenderweise in der Phase-III-Studie nicht bestätigt werden,<sup>2</sup> sodass weiterhin der Standard Melphalan (200mg/m<sup>2</sup>) für die Hochdosistherapie gilt.</p> <h2>Tandemtransplantation mit Vorteil bezüglich PFS und OS</h2> <p>Michele Cavo aus Bologna stellte die Resultate der EMN02/HO95-Studie vor, an welcher auch die Schweiz in Rahmen einer SAKK-Studie teilgenommen hatte.<sup>3</sup> Es handelt sich um die dritte randomisierte Phase-II-Studie, die bestätigt, dass die Hochdosischemotherapie mit autologer Stammzelltransplantation nach wie vor ihren Stellenwert hat. Hier wurde mit konventionellen Zyklen VMP verglichen und es zeigte sich ein signifikant längeres PFS unter Hochdosischemotherapie. Eine zweite Fragestellung dieser Studie war, ob eine «single»- oder doppelautologe Stammzelltransplantation besser sei. Die Studie belegt, dass die Tandemtransplantation einen Vorteil bezüglich des PFS und des Gesamtüberlebens (OS) bringt. Am meisten scheinen davon Patienten mit einer Hochrisiko-Zytogenetik zu profitieren.<sup>4</sup> Hier stellt sich für Taverna somit die Frage, «ob wir künftig unsere Patienten mit Hochrisiko-Zytogenetik mit einer Tandemtransplantation behandeln sollten». «Wahrscheinlich geht die Tendenz in diese Richtung», so Taverna.</p> <h2>Dauer der Konsolidation bleibt kontrovers</h2> <p>Nach dem bisherigen Wissen aus einigen Studien verlängert die Konsolidationsbehandlung das PFS, doch hat dies keinen Einfluss auf das OS. Dazu wurden am ASH-Kongress keine wesentlichen neuen Daten vorgestellt. Die Erhaltungstherapie, insbesondere mit Lenalidomid, ist ein fester Bestandteil der Myelombehandlung geworden. Die Dauer ist gemäss Taverna kontrovers: ein Jahr, zwei Jahre, bis zur Progression? «Für ein pragmatisches Vorgehen setzen viele eine zweijährige Therapie ein. Als Alternative, insbesondere bei einer Hochrisiko-Zytogenetik, kommen auch die Proteasomen-Inhibitoren infrage. Die Daten von Bortezomib sind bekannt und auch Ixazomib wird in dieser Indikation untersucht», so Taverna.</p> <h2>Anti-CD38 top – «low-cost» Flop</h2> <p>Zur Behandlung der älteren Patienten stellte die spanische Studiengruppe um Maria-Victoria Mateos aus Salamanca Daten vor: In der Studie wurde der in Spanien etablierte Standard VMP mit der Viererkombination Daratumumab + VMP (D + VMP) verglichen.<sup>5</sup> Es konnte gezeigt werden, dass mit der Viererkombination die Gesamtansprechrate sowie die Rate an Komplettremissionen mit über 40 % signifikant höher sind als mit VMP. Die MRDNegativität (1:10<sup>5</sup>) beträgt ebenfalls über 20 % . Das PFS wurde für den experimentellen Arm noch nicht erreicht, bei VMP beträgt es 18 Monate. Hier scheint sich für Taverna zu zeigen, dass in der First-Line- Behandlung gerade bei älteren Patienten die Hinzunahme des monoklonalen Anti- CD38-Antikörpers zu VMP eine deutliche Verbesserung der Behandlungsresultate bringt.<br /> Eine Phase-II-Studie der niederländischen Gruppe HOVON prüfte die Induktionstherapie für ältere Patienten mit Ixazomib (4mg an Tag 1, 8, 15) und Thalidomid (100mg/täglich, 28 Tage) sowie Dexamethason für neun Zyklen, gefolgt von einer randomisierten Erhaltungstherapie mit und ohne Ixazomib.<sup>6</sup> Überraschenderweise – laut Taverna vermutlich aufgrund der Toxizität des niedrig dosierten Thalidomids – mussten 45 % der Patienten die Behandlung vorzeitig abbrechen. «Hier hat sich einmal der Einsatz eines ‹Low-cost›-Regimes nicht bewährt. Es wäre interessant zu wissen, ob die Behandlung mit dem Ersatz von Thalidomid durch Lenalidomid bei einem grösseren Anteil der Patienten zu Ende geführt hätte werden können», so Taverna.<br /> Eine japanische Arbeitsgruppe hat eine Studie vorgestellt, worin in der ersten Linie Elotuzumab, Lenalidomid und Dexamethason (LEN/DEX) versus LEN/DEX untersucht wurden. Die Gesamtansprechrate als primärer Endpunkt war mit der Dreierkombination mit 88 % signifikant besser als mit der Doppelkombination.<sup>7</sup></p> <h2>Rezidivbehandlung: LEN/DEX als Rückgrat – CAR-T-Zellen im Kommen</h2> <p>Für die Rezidivbehandlung stehen gemäss Taverna zahlreiche Optionen zur Verfügung. Die meisten bauen auf dem Rückgrat von LEN/DEX auf, also beispielsweise in Kombination mit Ixazomib oder Carfilzomib (CRD) oder Daratumumab. Hinzu kommt noch die Kombination von Daratumumab mit Bortezomib und Dexamethason. «Hier ist interessant zu sehen, dass mit der Kombination LEN/DEX plus Daratumumab und auch durch Daratumumab kombiniert mit Bortezomib und Dexamethason hohe Raten an MRD-Negativität erreicht werden können, und es erfordert etwa 12–15 Monate Therapie, bis dieses Resultat gezeigt werden kann», so Taverna.<sup>8, 9</sup><br /> In der Rezidivbehandlung sind für Taverna die CAR-T-Zellen sehr interessant. Hier wurden am ASH Meeting zwei Abstracts mit vielversprechenden Ergebnissen vorgestellt:<sup>10, 11</sup> Wichtig zu beachten sind laut Taverna die Nebenwirkungen bei der Zytokinfreisetzung sowie die neurologischen Nebenwirkungen, deren Ätiologie derzeit noch unbekannt ist.<br /> «Insgesamt kann gesagt werden, dass sich nach wie vor sehr viel bewegt auf dem Gebiet des multiplen Myeloms, und es bleibt spannend, die Behandlungsergebnisse werden sich auch weiterhin verbessern », so Taverna abschliessend.</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: 59<sup>th</sup> Annual Meeting of the American Society of Hematology
(ASH), Interview mit Dr. med. Christian Taverna, Leitender
Arzt Onkologie, Kantonsspital Münsterlingen, sowie
Abstracts vom ASH-Kongress (https://ash.confex.
com/ash/2017/webprogram/start.html), 9.–12. Dezember
2017, Atlanta
</p>
<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Muzaffar H et al.: A randomized phase III trial of busulfan + melphalan vs melphalan alone for multiple myeloma. ASH 2017; Oral Abstract 399; Session 731 (https:// ash.confex.com/ash/2017/webprogram/Paper104453.html) <strong>2</strong> Roussel M et al.: Bortezomib and high-dose melphalan vs. high-dose melphalan as conditioning regimen before autologous stem cell transplantation in de novo multiple myeloma patients: a phase 3 study of the Intergroupe Francophone du Myelome (IFM 2014-02). ASH 2017; Oral Abstract 398; Session 731 (https://ash.confex.com/ ash/2017/webprogram/Paper100867.html) <strong>3</strong> Cavo M et al.: Autologous stem cell transplantation versus bortezomibmelphalan- prednisone for newly diagnosed multiple myeloma: second interim analysis of the phase 3 EMN02/HO95 study. ASH 2017; Oral Abstract 397; Session 731 (https:// ash.confex.com/ash/2017/webprogram/Paper102335.html) <strong>4</strong> Cavo M et al.: Double autologous stem cell transplantation significantly prolongs progression-free survival and overall survival in comparison with single autotransplantation in newly diagnosed multiple myeloma: an analysis of phase 3 EMN02/HO95 study. ASH 2017; Oral Abstract 401; Session 731 (https://ash.confex.com/ash/2017/webprogram/ Paper102360.html) <strong>5</strong> Mateos M-V et al.: Phase 3 randomized study of daratumumab plus bortezomib, melphalan, and prednisone (D-VMP) versus bortezomib, melphalan, and prednisone (VMP) in newly diagnosed multiple myeloma (NDMM) patients (Pts) ineligible for transplant (ALCYONE). ASH 2017; Oral Abstract LBA-4; Late- Breaking Abstract Session <strong>6</strong> Zweegman S et al.: Ixazomib-thalidomide-low dose dexamethasone (ITd) induction followed by maintenance therapy with ixazomib or placebo in newly diagnosed multiple myeloma patients not eligible for autologous stem cell transplantation; initial results from the randomized phase II HOVON-126/ Nmsg 21.13 Trial. ASH 2017; Oral Abstract 433; Session 653 (https://ash.confex.com/ash/2017/webprogram/Paper103756. html) <strong>7</strong> Takezako N et al.: Elotuzumab plus lenalidomide/ dexamethasone (ELd) vs Ld in patients with newly diagnosed multiple myeloma: phase 2, randomized, open-label study in Japan. ASH 2017; Oral Abstract 434; Session 653 (https://ash.confex.com/ash/2017/webprogram/ Paper101163.html) <strong>8</strong> Dimopoulos MA et al.: Daratumumab, lenalidomide, and dexamethasone (DRd) versus lenalidomide and dexamethasone (Rd) in relapsed or refractory multiple myeloma (RRMM): updated efficacy and safety analysis of Pollux. ASH 2017; Oral Abstract 739; Session 653 <strong>9</strong> Spencer A et al.: Daratumumab, bortezomib, and dexamethasone (DVd) versus bortezomib and dexamethasone (Vd) in relapsed or refractory multiple myeloma (RRMM): updated efficacy and safety analysis of Castor. ASH 2017; Abstract 3145; Session 653; Poster II (https:// ash.confex.com/ash/2017/webprogram/Paper104182.html) <strong>10</strong> Berdeja JG et al.: Durable clinical responses in heavily pretreated patients with relapsed/refractory multiple myeloma: updated results from a multicenter study of bb2121 anti-Bcma CAR T cell therapy. ASH 2017; Oral Abstract 740; Session 653 (https://ash.confex.com/ash/2017/webprogram/ Paper107984.html) <strong>11</strong> Cohen AD et al.: Safety and efficacy of B-cell maturation antigen (BCMA)-specific chimeric antigen receptor T cells (CART-BCMA) with cyclophosphamide conditioning for refractory multiple myeloma (MM). ASH 2017; Oral Abstract 505; Session 653</p>
</div>
</p>
Das könnte Sie auch interessieren:
Highlights zu Lymphomen
Assoc.Prof. Dr. Thomas Melchardt, PhD zu diesjährigen Highlights des ASCO und EHA im Bereich der Lymphome, darunter die Ergebnisse der Studien SHINE und ECHELON-1
ASH 2020 – Highlights zu den aggressiven Lymphomen
Highlight-Themen der virtuellen ASH-Jahrestagung im Dezember 2020 waren an erster Stelle die Immunonkologika in all ihren Variationen, aber auch Beispiele für innovative Sequenztherapien ...
Aktualisierte Ergebnisse für Blinatumomab bei neu diagnostizierten Patienten
Die Ergebnisse der D-ALBA-Studie bestätigen die Chemotherapie-freie Induktions- und Konsolidierungsstrategie bei erwachsenen Patienten mit Ph+ ALL. Mit einer 3-jährigen ...