
Lebensqualität erhalten – adäquate Schmerztherapie sicherstellen
Bericht:
Dr. Kassandra Settele
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Die Lebensqualität von Krebspatienten wird maßgeblich durch eine adäquate Schmerztherapie beeinflusst. Es gilt, chronische Schmerzen bestmöglich in den Griff zu bekommen und Durchbruchschmerzen effektiv zu behandeln. Dennoch ist eine nicht ausreichende Analgesie auch heute noch ein häufiges Problem.
Hindernisse für die Tumorschmerztherapie
Ein großer Teil der Patienten mit Krebs leidet an Schmerzen, was die Schmerztherapie zu einem integralen Bestandteil der onkologischen Therapie macht. Dennoch erhalten nicht alle Krebspatienten eine angemessene Behandlung für ihre Schmerzen und eine Unterdosierung der Schmerzmedikation kommt häufig vor.
Ein systematischer Review versuchte, die häufigsten Hindernisse für eine adäquate Schmerztherapie zu ermitteln. Barrieren fanden sich hierbei sowohl auf Patientenseite als auch seitens des Gesundheitspersonals und lagen vor allem in Ängsten vor einer Medikamentenabhängigkeit bzw. Toleranzentwicklung sowie in Bedenken in Bezug auf die Nebenwirkungen von Opioiden. Die Autoren schlussfolgerten, dass diese Einstellungen das Management von Tumorschmerzen weltweit negativ beeinträchtigen. Vonseiten des Gesundheitspersonals bestehen dabei die größten Hürden in einem schlechten Schmerzassessment sowie mangelndem Wissen über Tumorschmerzmanagement. Aber auch beim Gesundheitspersonal kann die Angst vor hohen Opioiddosen und Nebenwirkungen die optimale Therapie negativ beeinflussen.1 So wird in der Klinik z.B. häufig Paracetamol als primäres Analgetikum verabreicht, da das Nebenwirkungsprofil günstig ist. Seine Wirkung wird dabei überschätzt, denn als Monotherapie stellt es selten eine ausreichende Behandlung dar.2
Aktualisierte Leitlinien internationaler Gesellschaften
Leitlinien zur Tumorschmerztherapie, wie das Stufenschema der Weltgesundheitsorganisation (WHO), sind seit vielen Jahren etabliert. Allerdings leiden auch bei korrekter Anwendung des Stufenschemas etwa 10% der Patienten weiterhin an starken Schmerzen. Insgesamt sollte sorgfältig geprüft werden, ob eine Opioidtherapie indiziert ist und welche alternativen Maßnahmen wie lokoregionäre Therapien, Physiotherapien und Koanalgetika (supportiv) wirksam sein können.2
Sowohl die WHO als auch die European Society of Medical Oncology haben daher in den letzten Jahren ihre Leitlinien aktualisiert. Von den WHO-Leitlinien abgedeckt werden nun nicht nur Analgetika, sondern auch die unterstützende Therapie mit Steroiden, Antidepressiva und Antikonvulsiva sowie die Behandlung von Knochenschmerzen bei Metastasen mittels Bisphosphonaten und Radiotherapie.3 Die European Society of Medical Oncology empfiehlt u.a. folgende generelle Leitsätze:
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Die Patienten sollten über das mögliche Auftreten von Schmerzen in jedem Krankheitsstadium sowie über das Schmerzmanagement informiert werden und ermutigt werden, eine aktive Rolle einzunehmen.
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Das Auftreten von Schmerzen sollte durch eine ganztägige Applikation der Schmerzmedikation verhindert werden, wobei Halbwertszeit, Bioverfügbarkeit und Wirkungsdauer unterschiedlicher Medikamente beachtet werden sollten.
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Analgetische Medikamente für chronische Schmerzen sollten nicht nach Bedarf verschrieben werden, sondern auf regulärer Basis.
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Die orale Administration von Schmerzmitteln sollte als erste Wahl empfohlen werden. Es ist wichtig, eine Therapie zu verordnen, die von Patienten leicht selbst gehandhabt werden kann.
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Durchbruchschmerzen, definiert als „vorübergehendes Aufflackern von Schmerzen, das vor dem Hintergrund eines relativ gut kontrollierten Grundschmerzes auftritt“, erfordern eine sorgfältige Beurteilung und angemessene Behandlung.
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Proaktiv sollte eine Bedarfstherapie zur Linderung von Durchbruchschmerzen und zur Überwindung von „end-of-dose failure“ verordnet werden.4
Effektive Behandlung von Durchbruchschmerzen
Durchbruchschmerzen können die Lebensqualität von Patienten der Onkologie sehr stark beeinträchtigen. Nicht immer werden sie optimal behandelt, obwohl es gute Therapiemöglichkeiten gibt.
Eine norwegische Publikation betont die Wichtigkeit der Unterscheidung von Dauer- und Durchbruchschmerz: Durchbruchschmerzen könnten nur effektiv behandelt werden, wenn der Dauerschmerz unter Kontrolle ist. Zur genauen Unterscheidung benötigt es daher validierte Methoden.5
Behandlungshindernisse bestehen u.a. in einer unzureichenden Definition des Durchbruchschmerzes, im Fehlen spezifischer Protokolle/Assessmentwerkzeuge, in einer nicht ausreichenden Schulung des Gesundheitspersonals und der Patienten sowie einer mangelnden multidisziplinären Herangehensweise. Die Autoren einer spanischen Studie zu diesem Thema kommen zum Schluss, dass über die Lösung dieser Probleme hinaus eine individuelle Herangehensweise das Outcome verbessern könnte.6
Eine besonders gute Therapieoption stellen transmukosale Fentanylpräparate dar. Der Wirkeintritt erfolgt rasch bei kurzer Halbwertszeit. In einer italienischen Studie konnten Durchbruchschmerzen damit deutlich reduziert und die Lebensqualität der Patienten verbessert werden.7 In Österreich stellt sich allerdings das Problem der Chefarztbewilligung; rasch wirksame Fentanylpräparate werden nicht immer problemlos genehmigt.8
Frühe palliative Therapie
Da Tumorschmerzen in jedem Krebsstadium auftreten können, kann eine frühe Integration palliativer Maßnahmen bessere Resultate in Hinblick auf die Symptomkontrolle erzielen.Aus diesem Grund untersuchte die Cochrane-Gesellschaft in einem systematischen Review die Einflüsse einer frühen palliativen Therapie im Vergleich zur standardisierten onkologischen Therapie bei Patienten mit fortgeschrittener Krebserkrankung.
Eine frühe palliative Behandlung war mit verminderter Symptomstärke und besserer Lebensqualität assoziiert, ohne dass sich ein Einfluss auf das Gesamtüberleben oder Depression fand. Die Autoren geben allerdings den niedrigen Evidenzgrad der zugrunde liegenden Studien zu bedenken, sodass sich bisher keine definitiven Schlüsse ziehen lassen. Erst die Resultate weiterer Studien werden darüber Aufschluss geben. Da sich das Feld der frühen palliativen Therapie noch in der Entwicklungsphase befindet, braucht es noch Studien von hoher methodischer Qualität, die die Komponenten der frühen palliativen Behandlung genau festlegen und einen doppelt verblindeten Vegleich mit einer Kontrolltherapie aufstellen, um mögliche unerwünschte Wirkungen feststellen zu können.9
Literatur:
1 Makhlouf SM et al.: Managing pain in people with cancer-a systematic review of the attitudes and knowledge of professionals, patients, caregivers and public. J Cancer Edu 2020; 35(2): 214-40 2 Ruppen W, Schneider T: Moderne Schmerztherapie in der Onkologie. Wien Klin Mag 2020; 23(3): 142-7 3 WHO guidelines for the pharmacological and radiotherapeutic management of cancer pain inadults and adolescents. Geneva: World Health Organization; 2018. Online unter: https://www.who.int/publications/i/item/9789241550390 4 Fallon M et al.: Management of cancer pain in adult patients: ESMO Clinical Practice Guidelines. Ann Oncol 2018; 29(Suppl 4): iv166-91 5 Løhre ET et al.: Breakthrough cancer pain in 2020. Curr Opin Support Palliat Care 2020; 14(2): 94-9 6Camps Herrero C et al.: Breakthrough cancer pain: review and calls to action to improve its management. Clin Transl Oncol 2020; 22(8): 1216-26 7 Cuomo A et al: Careful breakthrough cancer pain treatment through rapid-onset transmucosal fentanyl improves the quality of life in cancer patients: results from the BEST multicenter study. JClin Med 2020; 9(4): 1003 8 Österreichische Schmerzgesellschaft: Pressemitteilung zu den 20. Österreichischen Schmerzwochen, 2. Februar 2021. Online unter: https://www.oesg.at/upload/presse/schmerzwochen_2021/15_sw_durchbruchschmerzen_kress_final.pdf 9 Haun MW et al.: Early palliative care for adults with advanced cancer. Cochrane Database Syst Rev 2017; 6(6): CD011129
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