Innovative Immuntherapie bei Hautkrebs: von lokal zu systemisch
Das Interview führte
Ingeborg Morawetz, MA
Philipp Novoszel, MSc, PhD, untersucht im Sibilia Labor der MedUni Wien den Immunmodulator Imiquimod. Seine Doktorarbeit schloss er im Jahr 2018 zu dem Thema „Therole of AP-1 proteins in skin inflammation and tumor immunity“ ab. Er hofft längerfristig darauf, Immuntherapien noch gezielter und effektiver zu gestalten.
Wie würden Sie Ihre Forschung indrei Sätzen beschreiben?
Ein großes Anliegen unserer Forschung ist es, bessere Therapiemöglichkeiten für Menschen mit aggressiven Formen des Hautkrebses, wie dem malignen Melanom, zu ermöglichen. Vielversprechend ist hierbei eine neuartige Behandlungsmöglichkeit, bei der das körpereigene Immunsystem aktiviert wird, um gegen den Krebs vorzugehen. Vor Kurzem gelang uns hierbei ein Durchbruch, als wir im Tiermodell zeigen konnten, dass das immunstimulierende Medikament Imiquimod nicht nur im Tumor selbst, sondern im ganzen Körper wirken muss, um einen starken, gegen den Krebs gerichteten Effekt zu erzielen.
Was ist das bestmögliche Ergebnis, das Sie sich für Ihre Forschung vorstellen können?
Unser Wissen über die molekularen Prozesse im Tumormilieu ist noch immer sehr begrenzt, vor allem im Hinblick auf das Verhalten der Immunzellen, wenn sie auf eine Krebszelle treffen. Die Tumorzellen nutzen viele „Tricks“, um sich vor dem Immunsystem zu verstecken. Wegweisend wäre es, einen bisher unbekannten Schalter zu finden, den man mit einem Medikament gezielt anknipsen kann, um die körpereigene Immunabwehr im Kampf gegen Krebs noch besser zu unterstützen.
Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?
Moderne Wissenschaft ist nicht mehr nur auf die Arbeit im Labor begrenzt. Experimente müssen zuerst geplant, Studierende betreut, Forschungsanträge geschrieben und Kooperationen gestartet werden. Zusätzlich fällt immer mehr Bürokratie an. Das macht es mitunter auch schwer, sich auf die eigentliche Forschung zu fokussieren. Die Arbeitstage sind meistens intensiv, und mitunter fällt auch am Wochenende etwas zu tun an. Trotzdem ist es eine sehr abwechslungsreiche und schöne Arbeit am Puls der Zeit.
Welche Erkenntnis hat Sie am meisten überrascht?
Imiquimod ist ein in der Klinik seit Jahren verwendetes Therapeutikum und auch bei uns in der Forschungsgruppe wurden schon viele Experimente damit durchgeführt. Trotzdem ist es uns erst vor Kurzem aufgefallen, dass das Medikament im Tiermodell viel wirksamer ist als beim Menschen, weil es zwar lokal auf die Haut aufgetragen wird, von den Mäusen bei der eigenen Körperpflege aber auch oral aufgenommen wird: ein Heureka-Moment, da wir in Folgeversuchen zeigen konnten, dass die Immunzellen nur dann maximal aktiviert werden, wenn Imiquimod sowohl lokal als auch oral verabreicht wird.
Was ist Ihrer Einschätzung nach dasaktuelle Forschungshighlight inder Hämatologie/Onkologie?
Im Bereich der Onkologie tut sich gerade einiges. Diagnose und Behandlung vieler Krebsarten werden immer präziser, das erlaubt eine auf individuelle Patient:innen abgestimmte Therapie. Eine Blutabnahme reicht oft schon, um zirkulierende Tumorzellen zu analysieren („liquid biopsy“) und daraus abzuleiten, welche Behandlung sinnvoll ist. Auf den Tumor abgestimmt wird es in Zukunft auch maßgeschneiderte Immunzellen geben. Diese Immunzellen werden von zu behandelnden Patient:innen gewonnen und dann im Labor so verändert, dass sie gezielt gegen Proteine, die sich nur auf den Tumorzellen befinden, wirken (CAR-T-Zell-Therapie).
Heureka-Moment:
Junge Forschende stellen sich vor
Philipp Novoszel, MSc, PhD
Sibilia Labor
Zentrum für Krebsforschung
MedUni Wien
philipp.novoszel@meduniwien.ac.at
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