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HER2-positiver Brustkrebs, Bisphosphonate und Prognosefaktoren beim frühen Mammakarzinom
Jatros
Autor:
Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Marija Balic
Klinische Abteilung für Onkologie<br> Medizinische Universitätsklinik Graz<br> E-Mail: marija.balic@medunigraz.at
30
Min. Lesezeit
06.04.2017
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<p class="article-intro">Entwicklungen der systemischen Therapie gegen frühen und metastasierten Brustkrebs konnten auch beim letzten San Antonio Breast Cancer Symposium 2016 mit neuen Studien belegt werden. Die umstrittene Frage der adjuvanten Bisphosphonate wurde mit einer weiteren Studie adressiert, klinisch wichtige Fragen des HER2/neu-positiven Brustkrebses wurden behandelt und neue prognostische Faktoren ganz früh in der Entwicklung von Brustkrebs und bei bereits nachgewiesener invasiver Erkrankung präsentiert. </p>
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<p class="article-content"><p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1702_Weblinks_web810x300_4.png" alt="" width="810" height="400" /></p> <h2>HER2-positive Brustkrebserkrankung</h2> <p>Es ist bereits aus den früheren neoadjuvanten Studien zu HER2/neu-positiven Brustkrebserkrankungen bekannt, dass eine duale Inhibition von HER2 immer mit einer erhöhten Rate an pathologisch kompletten Remissionen (pCR) einhergeht. In der sogenannten triple-positiven Erkrankung sind die Ansprechraten und die pCR niedriger.<br />Die NSABP-B52-Studie wurde mit HER2-positiven Patientinnen mit hormonrezeptorpositiver Erkrankung unter neoadjuvanter Therapie durchgeführt, um den Einfluss von Östrogendeprivation zusätzlich zur Chemotherapie mit Docetaxel, Carboplatin, Trastuzumab und Pertuzumab auf die pCR zu testen. Durch die Kombination der Hormontherapie mit der Chemotherapie waren ein synergistischer Effekt und die Erhöhung der pCR-Rate erwartet worden. Die Patientinnen wurden in zwei Gruppen randomisiert; im Behandlungsarm erhielten sie zusätzlich Östrogendeprivation. Prämenopausale Patientinnen erhielten die Kombination von LHRH-Agonisten mit Aromatasehemmern und postmenopausale Patientinnen Hormontherapie mit Aromatasehemmern.<br />In der Gruppe mit Chemotherapie alleine konnte eine pCR von 40,9 % erreicht werden und durch die gleichzeitige Östrogendeprivation eine pCR von 46,1 % (p=0,36). Obwohl die Kombination keine erhöhte Toxizität verursachte, erreichte die numerische Erhöhung der pCR keine statistische Signifikanz.<sup>1</sup><br />Die duale Blockade von HER2/neu mit Trastuzumab und Pertuzumab in der Erstlinientherapie des metastasierten HER2/neu-positiven Mammakarzinoms ist in der Kombination mit der Chemotherapie seit der CLEOPATRA-Studie Standard. Obwohl man von einem Benefit ausging, war bisher nicht ganz klar, ob die Zugabe von Pertuzumab zu Trastuzumab in der Kombination mit Aromatasehemmern einen Vorteil bringt. In der primären Analyse der PERTAIN-Studie, einer randomisierten, zweiarmigen, multizentrischen Studie an Patientinnen mit metastasiertem HER2/neu-positivem, hormonrezeptorpositivem Brustkrebs, wurden die Effektivität und Sicherheit der Kombination von Pertuzumab mit Trastuzumab und Aromatasehemmern untersucht. In einem komplizierten Design wurden diejenigen Patientinnen identifiziert, die zuerst mit der Kombination der Immuntherapie mit der Chemotherapie (Docetaxel oder Paclitaxel) behandelt werden sollten. Danach wurde ein Teil der Patientinnen mit Pertuzumab, Trastuzumab und Taxan, gefolgt von der Kombination mit Aromatasehemmer, behandelt. Ein weiterer Teil der Patientinnen wurde nur mit Aromatasehemmer in der Kombination mit Trastuzumab und Pertuzumab, also Immuntherapie kombiniert mit Hormontherapie, behandelt. Die andere Hälfte der Patientinnen erhielt die gleiche Therapie ohne Pertuzumab. Das mediane progressionsfreie Überleben der Patientinnen, welche mit der dualen Immuntherapie behandelt wurden, betrug 18,9 Monate, verglichen mit 15,8 Monaten der Patientinnen mit Trastuzumab in der Kombination (HR: 0,65; p=0,007), wie in Abbildung 1 dargestellt. Die Subgruppenanalysen waren konsistent und die Kombination wurde sehr gut toleriert.<sup>2</sup> Insgesamt wurde die Studie als positiv präsentiert, obwohl das Design der Studie auch kritisiert wurde, weil es teilweise die Frage der Erhaltung mit Hormontherapie nach erfolgter Chemotherapie und teilweise die Frage der primären Hormontherapie mit der dualen Immuntherapie addressierte. Für einen Teil der Patientinnen im klinischen Alltag wird diese Studie jedoch als nützlich betrachtet, weil die Evidenz zur alleinigen Hormontherapie in der Kombination bisher gefehlt hat.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1702_Weblinks_s71.jpg" alt="" width="1454" height="839" /></p> <h2>Adjuvante Bisphosphonate</h2> <p>Bisphosphonate wurden in randomisierten Studien zu frühen Stadien der Brustkrebserkrankung untersucht, um ihren Einfluss auf den mit der Krebserkrankung assoziierten Knochenschwund sowie die Metastasierung und die Verlängerung des krankheitsfreien Intervalls festzulegen. Einige Studien haben bisher einen Benefit in der adjuvanten Situtation gezeigt, insbesondere bei den eindeutig postmenopausalen Patientinnen. Dennoch haben die Bisphosphonate noch keine Zulassung für diese Indikationen bekommen. Europäische Experten empfehlen den Zusatz von Bisphosphonaten (i.v. Zole­dronsäure oder perorale Verabreichung von Clodronsäure) als eventuellen Bestandteil der adjuvanten Therapie von postmenopausalen Patientinnen mit hormonabhängigem Brustkrebs.<sup>3</sup><br />Dr. Vliek präsentierte im Dezember in San Antonio eine neue Studie mit adjuvanten Bisphosphonaten. In die TEAM-IIb-Studie wurden 1116 postmenopausale Frauen eingeschlossen; im Testarm bekamen die Patientinnen Ibandronat zusätzlich zur Hormontherapie. Die Rate einer beobachteten Verlängerung des krankheitsfreien Überlebens nach 3 Jahren betrug 94,3 % (versus 90,8 % ), womit keine statistische Signifikanz erreicht wurde. Die Limitationen der Studie waren langsame Rekrutierung und Anpassung der statistischen Erwartungen im weiteren Verlauf. Obwohl der erreichte Benefit vergleichbar mit den Ergebnissen früherer Studien war, wurde die Studie negativ bewertet, da sie den erwarteten Benefit nicht erbrachte.<sup>4</sup></p> <h2>Prognostische Faktoren</h2> <h2>DCIS</h2> <p>Das Risiko, dass sich aus einem duktalen Carcinoma in situ (DCIS) ein invasives Karzinom entwickelt, ist Thema einer anhaltenden Debatte. Derzeitiger Standard in der Behandlung von DCIS sind eine optimale Chirurgie mit Entfernung von mindestens 2mm im Gesunden und bei brusterhaltender Operation anschließende Bestrahlung. Eine Studie evaluierte nun eine biologische Risikosignatur, um das Risiko für ein Lokalrezidiv zu bestimmen. Die Patientinnen wurden in zwei Risikogruppen stratifiziert. Die Patientinnen, die basierend auf den biologischen Faktoren wie PR, HER2, Cox2, p16, FOX A1, palpabler Tumor, Alter, Ausdehnung des DCIS und Resektionsränder in die Gruppe mit erhöhtem Risiko stratifiziert wurden, hatten ohne anschließende Bestrahlung ein 30 % iges Risiko für ein Rezidiv, verglichen mit der Gruppe mit niedrigem Risiko, welche ein 10 % iges Risiko für ein Lokalrezidiv hatte. Die Studie war aber durch den kleinen Anteil der Patientinnen mit brusterhaltender Operation ohne anschließende Bestrahlung limitiert.<sup>5</sup></p> <h2>Zirkulierende Tumorzellen</h2> <p>Eine internationale Metaanalyse, die IMENEO-Studie, die an Patientinnen mit neoadjuvanter Chemotherapie durchgeführt wurde, wurde ebenfalls am SABCS 2016 präsentiert. <br />2156 Patientinnen aus 21 Studien und 16 Zentren wurden analysiert, primärer Endpunkt war das Gesamtüberleben (OS), weitere sekundäre Endpunkte beinhalteten die Zeit bis zur Fernmetastasierung (DDFS) und die Zeit bis zum Auftreten eines Lokalrezidivs (LRFI). Blutabnahmezeitpunkte waren vor der neoajduvanten Chemotherapie, 1–8 Wochen nach Beginn, 5 Wochen vor der Operation und im Verlauf. Der Nachweis von zirkulierenden Tumorzellen erfolgte mittels des Nachweises Zytokeratin-positiver Zellen nach EpCAM-Anreicherung mit CellSearch. Bereits in der univariaten Analyse war der Nachweis von ≥1 zirkulierenden Tumorzellen prognostischer Faktor für OS, DDFS und LRFI. Je mehr Zellen detektiert wurden, desto gröβer war der Einfluss auf das Gesamtüberleben, wie in der Abbildung 2 dargestellt wird. Auch in der multivariaten Analyse war der Baseline-Nachweis von zirkulierenden Tumorzellen unabhängiger Prognosefaktor für OS, DDFS und LRFI, gemeinsam mit pCR, cT, cN und Tumorsubtyp. Diese Studie zeigte mit hohem Evidenzlevel, dass zirkulierende Tumorzellen einen prognostischen Biomarker bei Patientinnen unter neoadjuvanter Therapie darstellen.<sup>6</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1702_Weblinks_s72.jpg" alt="" width="1454" height="839" /></p> <h2>TMEM-Score</h2> <p>Ein neuer Microenvironment-Score wurde von Dr. Sparano am SABCS 2016 vorgestellt und klinisch evaluiert. Dieser Score, als TMEM („tumor microenvironment of metastasis“) bezeichnet, beinhaltet den Nachweis von Einheiten, die aus Tumorzellen (nachgewiesen mit Tumorzell-Anti-Pan-MENA-Färbung), Blutge-<br />fäβen (nachgewiesen mit Anti-CD31-Antikörpern) und Makrophagen (nachgewiesen mit Anti-CD68-Antikörpern) bestehen. Der TMEM-Score wurde als neuer Biomarker von Metastasen bei ER-positivem Brustkrebs identifiziert. Mit der Darstellung der Interaktion der Tumorzellen mit dem Microenvironment agiert dieser Biomarker unabhängig von den Proliferationssignaturen und dem ER-Signaling. Es konnte gezeigt werden, dass der TMEM-Score mit dem Wiederauftreten der Erkrankung assoziiert und insbesondere in den ersten 5 Jahren nach Diagnosestellung prognostisch ist.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1702_Weblinks_s73.jpg" alt="" width="1456" height="1083" /></p></p>
<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Mothaffar F et al: A phase III trial evaluating pCR in patients with HR+, HER2-positive breast cancer treated with neoadjuvant docetaxel, carboplatin, trastuzumab, and pertuzumab (TCHP) +/- estrogen deprivation: NRG oncology/NSABP B-52. SABCS 2016, General Session 3 <strong>2</strong> Mothaffar F et al: Primary analyses of PERTAIN: A randomized, two arm, openlabel multicenter phase II trial assessing the efficacy and safety of pertuzumab given in combination with trastuzumab plus an aromatase inhibitor in first-line patients with Her2-positive and hormone receptor-positive metastatic or locally advanced breast cancer. SABCS 2016, General Session 3 <strong>3</strong> Hadji P et al: Adjuvant bisphosphonates in early breast cancer: consensus guidance for clinical practice from a European Panel. Ann Oncol 2016; 27(3): 379-90. doi: 10.1093/annonc/mdv617. Epub 2015 Dec 17 <strong>4</strong> Vliek SB et al: The efficacy and safety of the addition of ibandronate to adjuvant hormonal therapy in postmenopausal women with hormone-receptor positive early breast cancer. First results of the TEAM IIB trial (BOOG 2006-04). SABCS 2016, Abstract S6-02 <strong>5</strong> Bremer T et al: DCIS biological risk profile predicts risk of recurrence after breast conserving surgery in a Kaiser Permanente NW population. SABCS 2016, Abstract S5-01 <strong>6</strong> Bidard F-C et al: IMENEO: international meta-analysis of circulating tumor cell detection in early breast cancer patients treated by neoadjuvant chemotherapy. SABCS 2016, Abstract S3-01</p>
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