<p class="article-intro">Beim 39. internationalen Breast Cancer Symposium in San Antonio (Texas) wurden einige interessante Phase-II- und Phase-III-Studien zum metastasierten Mammakarzinom präsentiert. Der Schwerpunkt lag bei der Überwindung von Resistenzen und in der Biomarkerforschung für spezifische Therapien wie Platine, Anthrazykline oder PI3-Kinase- Inhibitoren. Die Unterteilung des Mammakarzinoms nicht nur in intrinsische Subtypen, sondern auch auf Basis von Biomarkern wie BRCA- oder PIK3CA-Mutations-, Topoisomeraseoder PD-L1-Expressionsstatus erfordert neue Studiendesigns, welche dieser Aufteilung Rechnung tragen. Auch wenn wir vom Ideal einer personalisierten Therapie noch weit entfernt sind, sind solche oft kleinen Studien notwendig, um unser Verständnis für das Mammakarzinom zu vertiefen und therapeutischen Fortschritt zu erzielen.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>S1-02: Everolimus bestätigt seine hohe Wirksamkeit in der Behandlung des metastasierten ER+-Mammakarzinoms nach Versagen eines Aromatasehemmers auch in Kombination mit Fulvestrant in der randomisierten doppelblinden Phase-II-Studie PrECOG 0102 (PFS 10,4 vs. 5,1 Monate; HR: 0,60).</li> <li>S4-07: Der Pan-PI3K-Inhibitor Buparlisib in Kombination mit Fulvestrant verlängert das PFS im Vergleich zu Fulvestrant plus Placebo nach Versagen von Everolimus in der BELLE-3-Studie (3,9 vs. 1,8 Monate; HR: 0,67; p<0,001). Der absolute Benefit ist allerdings gering und um den Preis hoher Toxizität.</li> <li>P4-22: Das Postprogressionsansprechen in der PALOMA-3-Studie war im Kontrollarm ca. 1 Monat länger als im Palbociclib-Arm, die Zeit vom Studienstart bis zum Ende der Folgetherapie war im Palbociclib-Arm trotzdem deutlich länger (17,9 vs. 12,8 Monate; HR: 0,62; p=0,0001).</li> <li>S6-01: Der Methylierungsstatus und die mRNA-Expression von BRCA1 sowie der HRD-Score waren keine prädiktiven Marker für das Ansprechen auf Carboplatin beim tripelnegativen Mammakarzinom in der TNT-Studie.</li> <li>P6-10-3: Ein kleiner Prozentsatz von Patientinnen mit PD-L1-positivem metastasiertem tripelnegativem Mammakarzinom zeigt ein lang anhaltendes Ansprechen auf den Anti-PD-1-Antikörper Pembrolizumab (3 von 25 Patientinnen) in der KEYNOTE-012-Studie.</li> <li>S6-03: Bei HER2-negativen Tumoren mit normaler Topoisomerase II ist die Kombination Docetaxel/Cyclophosphamid einer anthrazyklinhältigen sequenziellen Therapie nicht unterlegen (READ-Studie).</li> </ul> </div> <h2>ER<sup>+</sup>-metastasiertes Mammakarzinom</h2> <p><strong>S1-02: PrECOG 0102: Fulvestrant plus Everolimus/Placebo nach Versagen eines Aromatasehemmers</strong><br /> In dieser randomisierten Phase-II-Studie wurden die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Fulvestrant in Kombination mit Everolimus oder Placebo nach dem Versagen eines Aromatasehemmers untersucht. Es wurden 129 postmenopausale Patientinnen mit hormonrezeptorpositivem, HER2-negativem, lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Mammakarzinom eingeschlossen. Alle Patientinnen hatten zuvor eine adjuvante oder palliative Therapie mit einem Aromatasehemmer erhalten und einen Progress der Erkrankung unter laufender Therapie erlitten. Erwartungsgemäß traten im Everolimus-Arm mehr Nebenwirkungen auf, allerdings wurde keine neuartige Toxizität berichtet. Die häufigsten Nebenwirkungen, die mit Everolimus in Zusammenhang standen, waren Stomatitis (52 % der Patientinnen, 9 % Grad 3), Fatigue (42 % , 6 % G3), Anämie (28 % , 3 % G3), Hyperglykämie (21 % , 5 % G3) und Hypertriglyzeridämie (32 % , 3 % G3). Die Hinzunahme von Everolimus zu Fulvestrant verlängerte das progressionsfreie Überleben (PFS) signifikant von 5,1 Monate auf 10,4 Monate (HR: 0,60; 95 % CI 0,40–0,92; p=0,02). Ein Unterschied im Gesamtüberleben (OS) konnte nicht detektiert werden (HR: 1,11), allerdings war die Nachbeobachtungszeit kurz und die Studie war nicht gepowert, einen Überlebensunterschied festzustellen. Zusammengefasst erwies sich die Kombination aus Fulvestrant und Everolimus als effektiv mit einem moderaten Toxizitätsprofil und kann als Alternative zu Exemestan plus Everolimus gesehen werden. Die Zulassung für diese Kombination fehlt allerdings noch.<br /><br /><strong> S4-07: BELLE-3: Buparlisib (pan PI3Ki) plus Fulvestrant nach Versagen von Everolimus</strong> <br />Die Inhibition von mTORC1 durch Everolimus kann zu einer Reaktivierung von PI3-Kinase (PI3K) über Rückkoppelungsschleifen führen. PI3K ist mTOR im PI3K/ AKT/mTOR-Signalweg vorgelagert und kann zu Resistenz gegenüber Everolimus führen. Deshalb scheint die medikamentöse Inhibition von PI3K nach Versagen eines mTOR-Inhibitors sinnvoll. In der Phase-III-Studie BELLE-3 wurde der Pan- PI3K-Inhibitor Buparlisib (BKM120) in Kombination mit Fulvestrant mit Placebo plus Fulvestrant verglichen. Es wurden 432 postmenopausale Frauen mit hormonrezeptorpositivem, HER2-negativem, lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Mammakarzinom eingeschlossen, welche einen Progress unter oder nach mTOR-Inhibition als letzter Therapielinie erlitten hatten. Zwei Drittel der Patientinnen hatten viszerale Metastasen und waren mit zumindest zwei palliativen Linien endokriner Therapie vorbehandelt. Die mediane Zeit der vorhergehenden mTOR-Inhibition (zu 99 % Everolimus und zu 1 % Ridaforolimus) betrug 8,0 Monate im experimentellen Arm und 8,6 Monate im Kontrollarm. Buparlisib führte zu einer statistisch signifikanten Verlängerung des medianen PFS, allerdings auf niedrigem Niveau (3,9 vs. 1,8 Monate; HR: 0,67; 95 % CI 0,53–0,84; p<0,001). Die Ansprechrate (ORR) betrug 7,6 % mit dem PI3K-Inhibitor und 2,1 % mit Fulvestrant alleine. Leider war Buparlisib mit einer deutlich höheren Rate an Nebenwirkungen assoziiert wie Hyperglyzinämie, Übelkeit, Diarrhö, Fatigue und erhöhten Leberwerten. Zudem traten psychiatrische Nebenwirkungen wie Depression und Angstzustände auf und es wurden 3 Fälle von Selbstmordversuchen berichtet. Eine Subgruppenanalyse zeigte, dass nur Patientinnen mit viszeraler Metastasierung vom PI3K-Inhibitor profitierten, allerdings müssen solche Analysen mit Vorsicht interpretiert werden. Vielversprechend waren die Biomarkeruntersuchungen: Eine Mutation im PIK- 3CA-Gen, welches das Protein PI3K kodiert, war prädiktiv für ein verlängertes PFS durch die Hinzunahme von Buparlisib. Dieser Effekt wurde sowohl bei Mutationsbestimmung im Primärtumor gesehen (HR: 0,39; 95 % CI 0,23–0,65; p<0,01) als auch bei Bestimmung aus zirkulierender Tumor-DNA (ctDNA; HR: 0,46; 95 % CI 0,29–0,73; p<0,01) (Abb. 1). Ein ähnlicher Effekt wurde bereits in der BELLE-2-Studie beschrieben, in der Buparlisib plus Fulvestrant nach dem Versagen eines Aromatasehemmers untersucht worden war. Die BELLE-3-Studie kann somit als „proof of principle“ der Wirksamkeit einer PI3K-Inhibition nach Versagen einer mTOR-Inhibition angesehen werden. Die Hoffnung ist, dass alphaspezifische PI3K-Inhibitoren, welche zurzeit in Studien untersucht werden, einen günstigeren therapeutischen Index aufweisen.<br /><br /> <strong>P4-22-6: PALOMA-3: Postprogressionsansprechen nach Versagen von Palbociclib</strong><br /> In Posterform wurde die Dauer des Ansprechens auf die Folgetherapie bei Patientinnen, die an der PALOMA-3-Studie teilgenommen hatten, präsentiert.<br /> In der PALOMA-3-Studie wurde der CDK4/6-Inhibitor Palbociclib in Kombination mit Fulvestrant mit Placebo plus Fulvestrant verglichen, wobei Palbociclib zu einer signifikanten Verlängerung des medianen PFS von 3,8 Monaten auf 9,2 Monate geführt hatte (HR: 0,42; 95 % CI 0,32–0,56; p<0,001; Turner NC et al: N Engl J Med 2015). Aufgrund von präklinischen Modellen und des Eingriffs von CDK4/6-Inhibitoren in die Zellzykluskontrolle besteht die Befürchtung, dass Tumorzellen nach Versagen einer CDK4/6- Inhibition schlechter auf Folgetherapien ansprechen könnten. Diese Annahme bestätigte sich zum Teil in dieser Posthoc- Analyse: Die Dauer der nachfolgenden Therapie war bei Patientinnen im Palbociclib-Arm um 1,4 Monate kürzer als bei Patientinnen im Kontrollarm (4,3 Monate vs. 5,7 Monate). Dieser Unterschied wurde unabhängig von der Art der Therapie beobachtet (endokrine Therapie, Chemotherapie oder zielgerichtete Therapie). Wurde allerdings die gesamte Zeit vom Therapiestart innerhalb der PALOMA-Studie bis zum Ende der Folgetherapie zusammengefasst, war die Zeitspanne bei Patientinnen im Palbociclib- Arm signifikant länger als bei Patientinnen im Kontrollarm (17,9 vs. 12,8 Monate; HR: 0,62; 95 % CI: 0,48–0,81; p=0,0001). Ob der deutliche Zugewinn an progressionsfreiem Überleben in der Erst- oder Zweitlinie durch CDK4/6-Inhibitoren sich in einen Vorteil im Gesamtüberleben übersetzt, bleibt abzuwarten, da keine der Phase-III-Studien bisher Daten dazu geliefert hat.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1702_Weblinks_s66_abb1.jpg" alt="" width="2187" height="870" /></p> <h2>Tripelnegatives metastasiertes Mammakarzinom</h2> <p><strong>S6-01: TNT: sekundäre Endpunkte (BRCA1-Methylierung, mRNA, HRD-Score)</strong><br /> Die TNT-Studie randomisierte 376 Patientinnen mit tripelnegativem metastasiertem oder lokal fortgeschrittenem Mammakarzinom zu je 6 Zyklen Docetaxel 100mg/m<sup>2</sup> oder Carboplatin AUC6. In der Gesamtpopulation sowie bei Patientinnen ohne BRCA1/2-Keimbahnmutation konnte kein Unterschied bezüglich der Ansprechrate (ORR) zwischen den beiden Therapien gefunden werden (31,4 % für Carboplatin vs. 35,6 % für Docetaxel; p=0,44). Bei Patientinnen mit BRCA1- oder BRCA2-Keimbahnmutation führte Carboplatin allerdings zu einer statistisch signifikant höheren ORR im Vergleich zu Docetaxel (68,0 % vs. 33,3 % ; p=0,03). Diese Daten wurden bereits 2 Jahre zuvor präsentiert (Tutt A et al: SABCS 2014, Abstract S3-01). Dieses Jahr wurden weitere potenzielle Biomarker für Carboplatin vorgestellt: Methylierung von BRCA1, „BRCA1-Silencing“ auf mRNA-Ebene und der HRD(Homologous Recombination Deficiency)-Score. Anders als erwartet zeigte jedoch keiner dieser Marker einen prädiktiven Wert für das Ansprechen auf Carboplatin. In allen 3 Patientengruppen führte Docetaxel zu einer numerisch höheren ORR (42,1 % vs. 21,4 % für BRCA1- Methylierung; 64,7 % vs. 28,6 % für BRCA1-Silencing und 42,6 % vs. 38,2 % für hohen HRD-Score). Erklärungsversuche für dieses Phänomen bleiben spekulativ. Da alle Biomarker im Primärtumor untersucht worden waren, postulierten die Autoren, dass eine Methylierung von BRCA1 im Rahmen einer adjuvanten Therapie oder des Metastasierungsprozesses verloren gehen könnte.<br /><br /> <strong>P6-10-3: KEYNOTE-012: Update der Pembrolizumab-Phase-I-Studie</strong><br /> Beim San Antonio Breast Cancer Symposium 2014 wurden mit der KEYNOTE- 012-Studie die ersten Daten für Checkpoint- Inhibitoren beim metastasierten Mammakarzinom präsentiert (Nanda R et al: SABCS 2014, Abstract S1-09). In dieser Studie wurden 32 Patientinnen mit tripelnegativem und PD-L1-positivem (=1 % der Tumorzellen oder jegliche Färbung im Stroma) metastasiertem Mammakarzinom mit dem Anti-PD-1-Antikörper Pembrolizumab behandelt (10mg/kg alle 3 Wochen). Nun wurden die aktualisierten Daten mit längerer Nachbeobachtungszeit als Poster präsentiert. Die ORR lag bei 18,5 % mit einem Fall von kompletter Remission und 4 partiellen Remissionen. Die Clinical Benefit Rate (CBR) lag bei 20,2 % . Das Ansprechen war unabhängig von der Therapielinie und die mediane Zeit bis zum Ansprechen betrug 4,5 Monate. 3 der 5 Patientinnen mit Ansprechen auf Pembrolizumab erfuhren eine Tumorkontrolle von über 6 Monaten, 2 davon waren über 2 Jahre progressionsfrei (Abb. 2). Basierend auf diesen Daten rekrutieren zurzeit vier Phase-III-Studien mit Pembrolizumab Patientinnen mit tripelnegativem Mammakarzinom in unterschiedlichen Therapiesituationen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1702_Weblinks_s66_abb2.jpg" alt="" width="1457" height="1257" /></p> <h2>Chemotherapie</h2> <p><strong>S6-03: READ: Docetaxel + Cyclophosphamid vs. EC ? Docetaxel bei normaler Topoisomerase II</strong><br /> Die dänische READ-Studie untersuchte, ob Anthrazykline bei Patientinnen mit normaler Topoisomerase II (TOP2A) einen Stellenwert in der adjuvanten Therapie haben. Subgruppenanalysen von Vorstudien hatten gezeigt, dass lediglich Patientinnen mit entweder einer Deletion oder einer Amplifikation des TOP2A-Gens von einer Anthrazyklin-hältigen Therapie zu profitieren scheinen (Ejlertsen B et al: J Clin Oncol 2010 und Di Leo A et al: Lancet Oncol 2011). Diese Beobachtung wurde nun in der READ-Studie prospektiv untersucht. 5.160 Patientinnen wurden für diese Studie gescreent und 2.012 Patientinnen mit HER2-negativem frühem Mammakarzinom und normaler TOP2A schließlich randomisiert. Die Patientinnen erhielten entweder 3 Zyklen Epirubicin/ Cyclophosphamid (EC) gefolgt von 3 Zyklen Docetaxel oder 6 Zyklen Docetaxel/Cyclophosphamid. Zwischen den beiden Therapien zeigte sich kein Unterschied in Bezug auf das krankheitsfreie Überleben (DFS; HR: 1,00; 95 % CI 0,78–1,28; p=1,00) oder das Gesamtüberleben (OS; HR: 1,15; 95 % CI 0,83–1,59; p=0,41) (Abb. 3). Das Nebenwirkungsprofil des Anthrazyklin-freien Therapieschemas war günstiger als jenes der Standardtherapie (Polyneuropathie: 68 % vs. 73 % , Grad 3: 8 % vs. 12 % ; Übelkeit: 22 % vs. 40 % , Erbrechen: 75 % vs. 90 % ). Aufgrund der fehlenden Überlegenheit des Anthrazyklin-freien Regimes in Bezug auf DFS und OS wird dieses Studienergebnis die klinische Praxis allerdings wohl nur im Einzelfall beeinflussen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1702_Weblinks_s66_abb3.jpg" alt="" width="2187" height="791" /></p></p>