© Getty Images/iStockphoto

Gynäkologische Onkologie: praxisrelevante Aspekte vom ASCO 2017

<p class="article-intro">Auf der diesjährigen Jahrestagung der ASCO gab es bei den gynäkologischen Tumoren neue Ergebnisse zu unterschiedlichen Therapien beim Ovarial- und Endometriumkarzinom. Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über vier ausgewählte Studien und erläutert die Konsequenzen für den klinischen Alltag.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2>Neoadjuvante Chemotherapie mit oder ohne Bevacizumab beim fortgeschrittenen Ovarialkarzinom (GEICO 1205)</h2> <p>Yolanda Garc&iacute;a pr&auml;sentierte die Ergebnisse einer Studie an 71 Patientinnen mit &bdquo;high-grade&ldquo;-ser&ouml;sem und endometrioidem Ovarialkarzinom in Stadium III&ndash;IV.<sup>1</sup> Die Patientinnen mussten einen ECOG 0&ndash;2 aufweisen. Es durften keine Ileus/Subileus-Zeichen vorliegen und keine Kontraindikation gegen Bevacizumab (BEV). Die Chemotherapie entsprach dem klinischen Standard Carboplatin und Paclitaxel und alle Patientinnen erhielten adjuvant BEV &uuml;ber insgesamt 15 Zyklen. Prim&auml;rer Endpunkt der Studie war die Rate des kompletten makroskopischen Ansprechens zum Zeitpunkt des Intervall-Debulkings. Zwei Drittel der Patientinnen wiesen einen ECOG 0&ndash;1 auf, 66 % waren im Stadium IIIc und 34 % im Stadium IV. Im Durchschnitt wurden vier pr&auml;operative Zyklen verabreicht, wobei BEV in den ersten drei Zyklen zus&auml;tzlich gegeben wurde. Die Rate der makroskopischen Remissionen lag im BEV-Arm bei 7 % und im Nicht-BEV-Arm bei 8 % (kein statistisch signifikanter Unterschied, n.s.). In der BEV-Gruppe war ein Intervall-Debulking signifikant h&auml;ufiger m&ouml;glich als im Arm ohne BEV (89 % vs. 67 % ; p=0,029). Bei der R0-Resektionsrate fand sich kein Unterschied. Dasselbe galt f&uuml;r das progressionsfreie &Uuml;berleben (PFS). Nebenwirkungen von Grad &ge;3 w&auml;hrend der neoadjuvanten Chemotherapie waren im BEV-Arm geringer (29 % vs. 61 % , p=0,008). W&auml;hrend der gesamten systemischen Therapiephase zeigte sich ein &auml;hnliches Bild (54 % vs. 79 % ; p=0,033). Insbesondere war die Rate an Darmobstruktionen und Grad-3-Bauchschmerzen nicht erh&ouml;ht. Grad-4/5-Nebenwirkungen &le;1 Monat nach der Operation traten bei 2 Patientinnen ohne BEV und bei 5 Patientinnen mit BEV auf. <br />Konsequenzen f&uuml;r den klinischen Alltag: BEV ist neoadjuvant gut administrierbar. Die Rate des kompletten Ansprechens und Nebenwirkungen von Grad 3&ndash;5 sind durch BEV nicht erh&ouml;ht.</p> <h2>Wertigkeit einer sekund&auml;ren zytoreduktiven Chirurgie bei Rezidiv des Ovarialkarzinoms (DESKTOP III)</h2> <p>Die Studien DESKTOP I und II haben auf der Basis von retrospektiven Analysen den sog. AGO-Score entwickelt. Dieser beinhaltet drei Faktoren, die mit einer kompletten Resektion zum Zeitpunkt der Operation des Rezidivs assoziiert sind: guter Karnofsky-Status, komplette Tumorresektion bei der Erstoperation und geringer Aszites (&lt;500ml) beim Rezidiv. Prim&auml;res Studienziel war das Gesamt&uuml;berleben (OS). Es waren 408 Patientinnen mit platinsensitivem Erstrezidiv und positivem AGO-Score randomisiert worden.<sup>2</sup> Alle Patientinnen erhielten nach der Randomisierung eine Platin-basierte Chemotherapie. Die Histologie G2/G3-ser&ouml;s war im OP-Arm 84 % versus 77 % im Nicht-OP-Arm (n.s.). 94 % versus 90 % hatten adjuvant Platin plus Taxan erhalten (n.s.). Das mediane Platin-freie Intervall betrug 21 vs. 19 Monate (n.s.). Nach Randomisierung erhielten 89 % versus 91 % neuerlich eine Platin-haltige Therapie. In der OP-Gruppe wurde bei 33 % der Patientinnen der Darm reseziert, 3,5 % erhielten ein Stoma, 1 % hatten Thrombosen, 3 % wurden einer Relaparotomie unterzogen und bei 73 % der Patientinnen wurde eine R0-Resektion erreicht. Die 2-Jahres-Gesamt&uuml;berlebensrate betrug 83 % und war viel h&ouml;her als die angenommene &Uuml;berlebensrate in der Gesamtpopulation. Das PFS war im OP-Arm signifikant l&auml;nger als im Nicht-OP-Arm (20 vs. 14 Monate; p&lt;0,001) (Abb. 1). Bei Patientinnen mit kompletter Resektion des Rezidivs war das mediane PFS um 7,2 Monate l&auml;nger (21 vs. 14 Monate; p&lt;0,0001). In der OP-Gruppe belief sich ebenso wie in der Nicht-OP-Gruppe die 90-Tages-Mortalit&auml;t auf 0,5 % und die Mortalit&auml;t nach 6 Monaten betrug in der OP-Gruppe 0,5 % versus 2,5 % in der Nicht-OP-Gruppe. Ein Ileus trat bei 0,5 % vs. 1 % der Patientinnen auf.<br />Konsequenzen f&uuml;r den klinischen Alltag: Der pr&auml;diktive Wert des AGO-Scores ist best&auml;tigt worden. Bei 33 % der Patientinnen erfolgte anl&auml;sslich der Rezidivoperation eine Darmresektion. Von einer Rezidivresektion profitieren vor allem Patientinnen, bei denen die komplette Resektion an einem Zentrum durchgef&uuml;hrt wird.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1705_Weblinks_s72.jpg" alt="" width="1457" height="835" /></p> <h2>Wertigkeit der Lymphadenektomie beim fortgeschrittenen Ovarialkarzinom (LION)</h2> <p>F&uuml;r die Rekrutierung der Teilnehmerinnen der LION-Studie war eine Pr&auml;selektion von Zentren auf der Basis von Operationsberichten und Pathologiebefunden erfolgt.<sup>3</sup> Bei der systematischen Lymphadenektomie (LA) mussten mindestens 20 pelvine und 10 paraaortale Lymphknoten entfernt werden. In der Studie wurden 647 Patientinnen mit einem Ovarialkarzinom in Stadium IIb&ndash;IV, die einen ECOG-Status 0&ndash;1 aufwiesen und bei denen eine R0-Resektion intraoperativ m&ouml;glich erschien, intraoperativ randomisiert. Alle wiesen klinisch negative pelvine bzw. paraaortale Lymphknoten auf. Der mediane CA-125-Wert vor der Operation betrug in der LA-Gruppe versus die Nicht-LA-Gruppe 416 versus 347E/ml (n.s.). Ein FIGO-Stadium III&ndash;IV wurde bei 81 % versus 75 % der Patientinnen diagnostiziert (n.s.). Darmresektionen erfolgten bei 52 % versus 51 % . Bei &gt;99 % erfolgte eine R0-Resektion. Lymphknotenmetastasen wurden in der LA-Gruppe bei 56 % der Patientinnen nachgewiesen. Die OP-Dauer war in der LA-Gruppe signifikant l&auml;nger als in der Nicht-LA-Gruppe (p&lt;0,001), die Bluttransfusionsrate signifikant h&ouml;her, die Rate an Aufnahmen auf die Intensivstation ebenso. Weiters zeigten Patientinnen mit LA signifikant h&ouml;here Raten an Infektionen und Lymphzysten. Die Rate an Relaparotomien lag in der LA-Gruppe bei 12 % versus 7 % und die 60-Tages-Mortalit&auml;t bei 3 % versus 1 % (jeweils signifikant). Weder das OS noch das PFS unterschied sich in den beiden Studiengruppen.<br />Konsequenzen f&uuml;r den klinischen Alltag: Das OS und das PFS wurden durch die systematische Lymphadenektomie insuspekter Lymphknoten nicht verl&auml;ngert, w&auml;hrend die Rate an Komplikationen und die Mortalit&auml;t durch die LA signifikant erh&ouml;ht waren. Erfolgt eine R0-Resektion in Stadium IIb&ndash;IV, so ver&auml;ndert eine Entfernung subklinischer Lymphknotenmetastasen durch eine systematische Lymphadenektomie die Prognose nicht.</p> <h2>Radiotherapie allein versus adjuvante Chemoradiotherapie beim fortgeschrittenen Endometriumkarzinom (PORTEC-3)</h2> <p>Patientinnen mit Hochrisiko-Endometriumkarzinom haben ein erh&ouml;htes Risiko f&uuml;r Fernmetastasen und ein h&ouml;heres Risiko zu sterben. In der PORTEC-3-Studie<sup>4</sup> waren Patientinnen mit FIGO-Stadium I Grad 3 mit tiefer myometraner Invasion und/oder LVSI oder Patientinnen mit FIGO II&ndash;III oder Patientinnen mit ser&ouml;ser bzw. klarzelliger Histologie in zwei Studiengruppen randomisiert worden: in eine mit Radiotherapie (RT; 48,6Gy in Fraktionen zu 1,8Gy) und eine mit Chemoradiotherapie (CTRT). In Letzterer wurden 2 Zyklen Cisplatin 50mg/m<sup>2</sup> w&ouml;chentlich x 4 w&auml;hrend der Chemotherapie, gefolgt von 4 Zyklen Carboplatin AUC 5 und Paclitaxel 175mg/m<sup>2</sup> in 3-w&ouml;chentlichen Intervallen appliziert. 686 Patientinnen waren in die Studie einbezogen worden, die mittlere Nachbeobachtungsdauer betrug 60 Monate. Die 3- und die 5-Jahres-&Uuml;berlebensraten beliefen sich f&uuml;r die CTRT- versus die RT-Gruppe auf 85 % und 84 % (n.s.) versus 82 % und 77 % (n.s.). Bei Patientinnen im Stadium III nach CTRT war die Rate des rezidivfreien 5-Jahres-&Uuml;berlebens signifikant h&ouml;her als bei jenen mit RT allein (75 % vs. 63 % ; p=0,0292). <br />Konsequenzen f&uuml;r den klinischen Alltag: Die Reduktion des absoluten bzw. des relativen Risikos betrug in der Gesamtgruppe der Patientinnen mit CTRT 9 % bzw. 30 % . Bei Patientinnen mit einem Endometriumkarzinom im Stadium III sollte w&auml;hrend und nach der pelvinen RT auch eine Chemotherapie erfolgen.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Garc&iacute;a Y et al.: Phase II randomized trial of neoadjuvant chemotherapy with or without bevacizumab in advanced ovarian cancer (GEICO 1205/NOVA trial). J Clin Oncol 2017; 35(15 Suppl); Abstr. 5508 <strong>2</strong> Du Bois A et al.: Randomized controlled phase III study evaluating the impact of secondary cytoreductive surgery in recurrent ovarian cancer (AGO Desktop III/ENGOT ov20). J Clin Oncol 2017; 35(15 Suppl); Abstr. 5501 <strong>3</strong> Harter P et al.: LION: Lymphadenectomy in ovarian neoplasms &ndash; a prospective randomized AGO study group led gynecologic cancer intergroup trial. J Clin Oncol 2017; 35(15 Suppl); Abstr. 5500 <strong>4</strong> DeBoer S et al.: Final results of the international randomized PORTEC-3 trial of adjuvant chemotherapy and radiation therapy (RT) versus RT alone for women with high-risk endometrial cancer. J Clin Oncol 2017; 35(15 Suppl); Abstr. 5502</p> </div> </p>
Back to top