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Erbliches Ovarialkarzinom: gezielte Therapie jetzt möglich
Jatros
30
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23.07.2015
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<p class="article-intro">Ovarialkarzinome, die aufgrund einer BRCA1- oder BRCA2-Mutation entstehen, sprechen zwar gut auf Platin-hältige Chemotherapien an, oft tritt aber dennoch relativ bald ein Rezidiv auf. Der Einsatz von PARP-Inhibitoren hat hier Erfolge gezeigt.</p>
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<p class="article-content"><p>Rund 700-mal wird in Österreich jedes Jahr die Diagnose „Ovarialkarzinom“ gestellt. Das bedeutet, dass eine von 80 Frauen im Lauf ihres Lebens daran erkrankt. Rund 480 Patientinnen versterben jährlich an ihrer Erkrankung. „Eine Früherkennung des Ovarialkarzinoms ist bislang noch nicht möglich“, bedauerte Univ.-Prof. Dr. Chris- tian Marth, Vorstand der Universitätsklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe der Medizinischen Universität Innsbruck im Rahmen eines Pressegesprächs am 5. Mai 2015 in Wien. „Auch ein jährlich durchgeführter transvaginaler Ultraschall garantiert keine frühe Tumorerkennung.“</p> <h2>Erhöhtes Risiko bei BRCA1- oder BRCA2-Mutation</h2> <p>Rund 10 % aller Fälle von Eierstockkrebs beruhen auf einer genetischen Mutation von BRCA1 oder BRCA2. „Trägerinnen eines mutierten BRCA1-Gens erkranken mit einer Wahrscheinlichkeit zwischen 40 und 55 % an einem Ovarialkarzinom“, erläuterte Marth. „Bei Frauen mit einer Mutation an BRCA2 liegt das Risiko immer noch zwischen 10 und 20 % .“</p> <h2>Gezielte Behandlung des erblich bedingten Ovarialkarzinoms mit PARP-Inhibitor</h2> <p>Mit dem ersten auf dem Markt zugelassenen PARP-Inhibitor können gezielt ausschließlich jene Patientinnen behandelt werden, die an einer erblichen Form des Ovarialkarzinoms erkrankt sind. „Dieses Enzym erkennt defekte Stellen (Einzelstrangbrüche) in der DNA und repariert diese durch die sogenannte Basenexzisionsreparatur“, erklärte Univ.-Prof. Dr. Alexander Reinthaller von der Abteilung für Allgemeine Gynäkologie und Gynäkologische Onkologie an der Medizinischen Universität Wien.</p> <div id="rot"> <p>„Der Gentest auf BRCA1- und -2-Mutation wird nun allen Patientinnen mit Ovarialkarzinom angeboten. Damit kann ein erhöhtes Erkrankungsrisiko detektiert werden, das Testergebnis hat aber auch Einfluss auf die Therapieentscheidung, seit mit dem ersten zugelassenen PARP-Inhibitor eine neue Therapieoption für Mutationsträgerinnen zur Verfügung steht.“ - C. Singer, Wien</p> </div> <h2>Gentest für alle Eierstockkrebspatientinnen</h2> <p>Aufgrund der sehr guten Studienlage wurde der erste PARP-Inhibitor von der europäischen Arzneimittelbehörde EMA zur Behandlung von Patientinnen mit Platin-sensitivem rezidiviertem („high-grade“-serösem) Eierstockkrebs und einer BRCA1- oder BRCA2-Mutation zugelassen. „Dies wird auch die Praxis in der Gentestung auf BRCA1- oder BRCA2-Mutation ändern“, betonte Univ.-Prof. Dr. Christian Singer von der Klinischen Abteilung für Allgemeine Gynäkologie und Gynäkologische Onkologie an der Medizinischen Universität Wien. Besonders hervorzuheben ist die außerordentlich gute Verträglichkeit dieser Therapiemethode mit nur geringen Nebenwirkungen. „Bislang wurden nur jene Frauen getestet, die ein familiäres Risiko für erblichen Eierstockkrebs aufweisen“, so Singer. „Nun wird auch Frauen, bei denen bereits ein Ovarialkarzinom diagnostiziert wurde, die Testung angeboten.“ <br /> Die Arbeitsgemeinschaft für Gynäkologische Onkologie (AGO) empfiehlt – im Einklang mit anderen nationalen und internationalen Leitlinien – die Testung für alle Patientinnen, bei denen ein epithelialer Eierstockkrebs diagnostiziert worden ist. Es gibt momentan 50 Zentren in Österreich, die diesbezüglich eine umfassende Beratung anbieten. „Vor einem solchen Test muss eine ausführliche genetische Beratung durchgeführt werden“, so Singer. „Und es obliegt stets der Patientin, ob sie dem Gentest auch tatsächlich zustimmt.“ Diese genetische Testung kann aktuell an den Universitätskliniken in Wien, Linz, Graz und Innsbruck durchgeführt werden.</p> <h2>Vorreiterrolle Österreichs</h2> <p>Österreich ist eines der ersten Länder, in dem diese neue Therapiemöglichkeit zur Verfügung steht und erweist sich damit einmal mehr als Vorreiter, was die Behandlung von Krebserkrankungen mit innovativen Medikamenten betrifft. „Es ist nicht zuletzt Studiengruppen wie der AGO zu verdanken, dass Patientinnen in Österreich rasch von einer solchen neuartigen Therapieform profitieren“, zeigte sich Marth überzeugt. Soeben hat die AGO neue Leitlinien publiziert, die die State-of-the-Art-Vorgehensweise für die genetische Testung und die Behandlung mit PARP-Inhibitoren bei Patientinnen mit Ovarialkarzinom festschreiben. „Damit“, so Marth abschließend, „ist die personalisierte Medizin im klinischen Alltag angekommen.“ In Studien wird nun getestet, inwieweit dieser PARP-Inhibitor, auch in Kombination mit Angiogeneseinhibitoren, bei anderen Krebsentitäten wirksam ist.</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: Pressegespräch „Eierstockkrebs:
Erst Gentest, dann Therapie – Personalisierte
Krebstherapie im Alltag angekommen“,
5. Mai 2015, Wien
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