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Ethik in der Onkologie

Die Würde des Menschen hat oberste Priorität

<p class="article-intro">Der Fortschritt in der Medizin, besonders der Onkologie, wirft auch ethische Fragen auf. Dem Wunsch der Ärzte, neue Therapien möglichst allen Patienten zugutekommen zu lassen, stehen begrenzte Ressourcen und Kosten-Nutzen-Abwägungen entgegen. Mit diesem Spannungsfeld befasste sich ein Symposium im Rahmen der OeGHO-Frühjahrstagung, das nach dem „Wert des Menschen“ fragte.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Der medizinische Fortschritt ist rasant: Wo fr&uuml;her das Prinzip &bdquo;ein Medikament f&uuml;r alle Patienten&ldquo; herrschte, bieten heute personalisierte Therapien die M&ouml;glichkeit, Tumoren immer gezielter zu bek&auml;mpfen, erkl&auml;rte Dr. Andreas Klein, Wien, in seinem Vortrag. Unterst&uuml;tzt wird diese Entwicklung durch &bdquo;Big Data&ldquo;, das Sammeln und Auswerten riesiger Datenmengen.<br /> Das wirft auch ethische Fragen auf, z.B. danach, was ein Menschenleben wert ist. Klein beantwortete sie provokativ mit &bdquo;nichts&ldquo;. Der Mensch habe keinen Wert, der sich in Zahlen ausdr&uuml;cken l&auml;sst, sondern W&uuml;rde, betonte er. Die Frage m&uuml;sse daher lauten, was die Gesellschaft bereit ist, f&uuml;r die Behandlung von Krankheiten w&uuml;rdevoller Menschen auszugeben. Hier sei der Bedarf an gesellschaftlichem Diskurs hoch.</p> <h2>Innovationen in der Krebsmedizin</h2> <p>Speziell mit Neuerungen in der Onkologie besch&auml;ftigte sich Prof. Ulrich J&auml;ger, Wien. Die Sequenzierung des menschlichen Genoms, Tumorsequenzierung, funktionelle Diagnostik und die Fragmentierung der Krebsdiagnosen helfen, Therapieziele neu zu definieren, so J&auml;ger. Neben dem &Uuml;berleben spielt die Lebensqualit&auml;t eine immer gr&ouml;&szlig;ere Rolle. Dies ver&auml;ndert auch die Arbeit der &Auml;rzte, die zunehmend fach&uuml;bergreifend in Teams zusammenarbeiten, etwa in Tumorboards. Zudem verschiebt sich das Patientenmanagement vermehrt in den tagesklinischen oder ambulanten Bereich, da viele der neuen Medikamente auch ambulant verabreicht werden k&ouml;nnen. Eine gro&szlig;e Hilfe dabei ist die Telemedizin, die &Auml;rzten den Kontakt zum Patienten erlaubt, ohne ihn in die Klinik bestellen zu m&uuml;ssen.<br /> Gleichzeitig &auml;ndern sich die Therapiealgorithmen. W&auml;hrend die Ersttherapie in der Regel evidenzbasiert erfolgt, werden bei Hochrisikopatienten oder bei Nichtansprechen auf die First Line zunehmend Pr&auml;zisionsmedizin mit molekularbiologischer Diagnostik sowie personalisierte Therapien eingesetzt. J&auml;ger zeigte am Beispiel des multiplen Myeloms, dass seit der Einf&uuml;hrung der immunmodulierenden Medikamente und Proteasominhibitoren die Gesamt&uuml;berlebensrate gestiegen ist: Zwischen 1996 und 2014 habe sie sich nahezu verdoppelt, betonte er. In der EXALT-Studie wurde der Effekt des &bdquo;next-generation functional drug screening&ldquo; (ngFDS) bei Patienten mit aggressiven h&auml;matologischen Tumoren untersucht. Patienten, deren Therapie anhand des ngFDS gestaltet wurde, hatten ein signifikant l&auml;ngeres progressionsfreies &Uuml;berleben (22,6 Wochen vs. 5,7 Wochen; p=0,0075).<sup>1, 2</sup></p> <h2>Onkologische Rehabilitation hilft</h2> <p>Wie der sozio&ouml;konomische Status sich auf den Therapieerfolg auswirkt, zeigte Prof. Alexander Gaiger, Wien. In einer d&auml;nischen Studie hatten Non-Hodgkin-Lymphom-Patienten mit geringem Einkommen und weniger Bildung im Vergleich zu jenen mit hohem Einkommen und guter Bildung eine bis zu 60 % h&ouml;here Sterblichkeit.<sup>3</sup> Eine Ursache daf&uuml;r k&ouml;nnte sein, dass Patienten mit niedrigem sozio&ouml;konomischem Status einen h&ouml;heren Disstress-Level h&auml;tten und h&auml;ufiger an Depressionen litten, so Gaiger. Der Bedarf an psychologischer Betreuung sei in allen Einkommensgruppen gleich, aber gerade die, die sie am n&ouml;tigsten brauchten, erhielten sie am seltensten, kritisierte er. In diesem Zusammenhang wies er auf die positiven Wirkungen einer onkologischen Rehabilitation hin, die Symptome wie &Auml;ngste, Depressionen und Fatigue mindern und die Lebensqualit&auml;t verbessern k&ouml;nne.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Onko_1804_Weblinks_s28_tab1.jpg" alt="" width="600" height="193" /></p></p> <p class="article-quelle">Quelle: OeGHO-Frühjahrstagung, Symposium der Fa. Celgene: „Der Wert des Menschen – This is Axiom“, 20. April 2018, Villach </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Staber PB et al.: Next-generation functional drug screening for patients with aggressive hematologic malignancies. Blood 2017; 130: 855 <strong>2</strong> Snijder B et al.: Image-based ex-vivo drug screening for patients with aggressive haematological malignancies: interim results from a singlearm, open-label, pilot study. Lancet Haematol 2017; 4: e595-606 <strong>3</strong> Frederiksen BL et al.: Socioeconomic position, treatment, and survival of non-Hodgkin lymphoma in Denmark--a nationwide study. Br J Cancer 2012; 106: 988-95</p> </div> </p>
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