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Brustkrebs-Monat Oktober

Der Brustkrebs-Monat Oktober gibt jährlich weltweit Anlass, die Vorbeugung, Erforschung und Behandlung von Brustkrebs in das öffentliche Bewusstsein zu rücken und die Bedeutung der Prävention und Früherkennung sowie den aktuellen Stand der Forschung und der daraus resultierenden Therapien zu thematisieren.

Wir sind im Brustkrebs-Monat Oktober und es dreht sich viel um Früherkennung und Prävention. Wie erfahre ich in Österreich überhaupt, ob ich ein erhöhtes Risiko für eine Brustkrebserkrankung aufweise?

Christian Singer: Brustkrebs ist eine sehr häufige Erkrankung: die häufigste Krebserkrankung der Frau. Wenn man aus einer Familie kommt, in der viele Brustkrebsfälle auftreten, kann es sein, dass eine genetische Disposition besteht. Das kann man im Rahmen eines Beratungsgesprächs bei einem niedergelassenen praktischen Arzt oder bei einem Spezialisten besprechen. Diese evaluieren, ob die Möglichkeit besteht, einen Gentest durchzuführen. Und wenn dieser Gentest zeigt, dass eine Disposition für Brust- oder Eierstockkrebs besteht, Stichwort BRCA1- oder BRCA2-Mutation, können Frauen an einem speziellen Hochrisiko-Programm teilnehmen.

Welche Optionen gibt es derzeit bezüglich Krebsprävention, wenn eine BRCA1- oder BRCA2-Mutation nachgewiesen wurde?

C. Singer: Wir wissen, dass Frauen mit diesen Mutationen ein besonders hohes Risiko haben, an Brust- und/oder Eierstockkrebs zu erkranken. Die Wahrscheinlichkeit für eine BRCA1-Mutationsträgerin, im Laufe ihres Lebens zu erkranken, liegt bei fast 80%. Essenziell ist hier die Früherkennung. Ein Früherkennungs-MRT ab dem 25. Lebensjahr wird empfohlen. Ab dem 35. Lebensjahr kommt die Mammografie hinzu.

Auch die Prävention ist wichtig, denn man möchte natürlich, dass Frauen gar nicht erst erkranken. Und da gibt es bislang eigentlich nur eine etablierte sichere Technik, nämlich, das möglicherweise zu erkrankende Organ operativ zu entfernen. Bei Brustkrebs gibt es also die Option, beide Brüste zu entfernen und zu rekonstruieren, so wie es Angelina Jolie vorgemacht hat. Aber die Mastektomie ist eine große und risikobehaftete Operation. Bis zu einem Viertel der Frauen, die sich dieser Operation unterziehen, haben danach Komplikationen oder Langzeitfolgen wie zum Beispiel chronische Schmerzen oder Kapselfibrosen. Das kosmetische Ergebnis ist auch nicht immer so schön, wie sie es sich wünschen würden.

Daher versuchen wir schon seit Jahren, Alternativen zu evaluieren. Eine Alternative ist die medikamentöse Prävention. In der Vergangenheit wurden Aromatasehemmer oder Tamoxifen in der Vorbeugung von Brustkrebs mit BRCA1-Mutation getestet. Aber das sind nebenwirkungsreiche Therapien, die darüber hinaus bei jungen Frauen nicht angewendet werden können, da man Aromatasehemmer erst nach der Menopause einnehmen kann.

Seit Kurzem wird ein Konzept in Erwägung gezogen, das wir schon seit Jahren für eine andere Indikation verwenden, und von dem wir wissen, dass es sehr sicher ist. Das ist eine Spritze mit einer Knochensubstanz namens Denosumab, die man alle sechs Monate gibt. Bei einer früheren ABCSG-Studie bei Frauen mit Brustkrebs (ABCSG18) konnten wir zeigen, dass Denosumab vor Osteoporose schützt. Jetzt gibt es beeindruckende Daten, die darauf hindeuten, dass Denosumab auch vor Brustkrebs schützen könnte. Das evaluieren wir gerade in einer großen, internationalen Präventionsstudie, der ABCSG50/BRCA-P-Studie.

Momentan läuft diese Präventionsstudie in sieben Ländern und wird von Österreich aus organisiert, wo sie am AKH Wien unter Ihrer Leitung durchgeführt wird. Bislang gab es – auch stark bedingt durch die Covid-19-Pandemie – weniger Teilnehmer:innen als geplant. Wer sind die klassischen Kandidat:innen für diese Studie? Und gibt es Barrieren in der Einbringung weiterer Teilnehmer:innen?

C. Singer: Die klassische Teilnehmerin ist die gesunde, junge Frau im reproduktiven Alter, da es möglich ist, die Studie für Schwangerschaften zu unterbrechen. Adressiert werden auch jene Frauen, die überlegen, sich in Zukunft die Brüste entfernen zu lassen. Denn durch die Studie kann bis zur prophylaktischen Operation Zeit gewonnen werden.

Eine Barriere zur Teilnahme ist die Placebokontrolle. Viele Frauen fürchten, dass sie in den Placeboarm randomisiert werden. Das ist eben das Wesen klinischer Studien. Diesem Argument kann man aber entgegnen, dass die Studienteilnehmerinnen auch im Placebarm eine besonders rigorose Beobachtung und somit intensive Früherkennung erhalten. Die laufenden Kontrollen sind viel genauer als bei jeder anderen Frau, die nicht an einer Studie teilnimmt. Das alleine ist schon ein Mehrwert.

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