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ASH-Highlights zum Thema GvHD
Jatros
Autor:
Univ.-Prof. Dr. Hildegard T. Greinix
Klinische Abteilung für Hämatologie<br> Medizinische Universität Graz<br> E-Mail: hildegard.greinix@klinikum-graz.at
30
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01.03.2018
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<p class="article-intro">Bei der Jahrestagung der Amerikanischen Gesellschaft für Hämatologie 2017 in Atlanta, die von ca. 26 000 Teilnehmern besucht wurde, gab es ausgezeichnete Präsentationen im Bereich der Prophylaxe und Therapie der Graft-versus-Host-Erkrankung (GvHD), die im folgenden Beitrag zusammengefasst werden.</p>
<hr />
<p class="article-content"><h2>Prophylaxe der GvHD</h2> <p><strong>Anti-T-Zell-Lymphozyten-Globulin (ATG)</strong><br /> Dr. Francesca Bonifazi vom Universitätsklinikum Bologna gab ein Update zu einer prospektiv randomisierten klinischen Studie zur Verwendung von Anti- T-Zell-Lymphozyten-Globulin (ATG) in einer Dosierung von 10mg/kg pro Tag vom Tag –3 bis Tag –1 in Kombination mit Standard-GvHD-Prophylaxe mit Cyclosporin A und Methotrexat nach myeloablativer Konditionierung und Transplantation von Blutstammzellen eines HLA-identen Geschwisterspenders bei Patienten mit akuter Leukämie in kompletter Remission. Nach 5,2 bzw. 6 Jahren medianer Nachbeobachtungszeit im Studien- und im Kontrollarm betrug die kumulative Inzidenz einer chronischen GvHD 31,3 % im ATGArm verglichen mit 69,1 % im Kontrollarm (p<0,001), die Rezidivraten lagen bei 36,6 % vs. 23.9 % (p=0,09) und die 5-Jahres- Überlebensraten bei 61,8 % vs. 67,1 % (p=0,564). Weiters war die Rate des chronischen GvHD/rezidivfreien Überlebens mit 40,4 % im ATG-Arm verglichen mit 18,1 % im Kontrollarm signifikant besser (p=0,001).</p> <p><strong>Verwendung von Post-Transplant-Cyclophosphamid (CY)</strong><br /> Während des Meetings wurden zahlreiche Studien und Auswertungen zur Verwendung von Post-Transplant-Cyclophosphamid (CY) als GvHD-Prophylaxe nicht nur nach haploidenter, sondern auch nach HLA-identer hämatopoetischer Stammzelltransplantation (HSCT) mit einem verwandten oder unverwandten Stammzellspender präsentiert, die eine niedrige Inzidenz an akuter und chronischer GvHD ergaben. Eindrucksvollerweise konnte Dr. Clio E. Franklin von der Johns-Hopkins- Universität in Baltimore zeigen, dass nach nicht myeloablativer Konditionierung, Verwendung des Knochenmarks eines haploidenten Spenders und von Post-Transplant- CY das Outcome der Patienten umso besser war, je jünger die Spender waren. So betrug die kumulative Inzidenz an Nonrelaps-Mortalität (NRM) nach 3 Jahren 6 % , wenn der Spender unter 30 Jahre alt war, 16 % bei Spendern im Alter von 30 bis 45 Jahren und 15 % bei Spendern älter als 45 Jahre (p=0,02).<br /> Die Autoren schlussfolgerten, dass jüngere Spender daher zu bevorzugen seien und jüngere haploidente Spender den älteren HLA-identen Spendern vorgezogen werden könnten.</p> <h2>Therapie der akuten und chronischen GvHD</h2> <p><strong>Doppelblindstudie zur Anwendung des aGvHD_MS17-Proteom-Profils</strong><br /> In der oralen Session zu akuter und chronischer GvHD präsentierte Dr. Eva M. Weissinger vom Universitätsklinikum Hannover die Ergebnisse einer multizentrischen, placebokontrollierten Doppelblindstudie zur Anwendung des aGv- HD_MS17-Proteom-Profils, das aus 17 unterschiedlichen im Harn sezernierten Peptiden besteht und zur Prädiktion und präemptiven Therapie der akuten GvHD eingesetzt wurde.<br /> Von den 267 eingeschlossenen Patienten wurden 92 entsprechend einem positiven aGvHD_MS17-Nachweis randomisiert, um entweder Prednisolon oder Placebo für 5 Tage zu erhalten. Wenn keine akute GvHD auftrat, wurde die Therapie in den folgenden 19 Tagen reduziert und schließlich abgesetzt. Die anderen 167 Patienten stellten die Beobachtungskohorte dar and hatten ein negatives Proteomprofil. Die Patienten, deren Harn am Tag 7 nach HSCT für aGvHD_MS17 positiv waren, hatten ein 21-fach höheres Risiko, eine akute GvHD Grad 2 oder höher zu erleiden. Patienten mit einer für aGvHD_ MS17 positiven Probe hatten ein 3-fach höheres Risiko, bis zum Tag 500 nach HSCT zu versterben.<br /> Die Auswertung der präemptiven Therapie ergab, dass die Inzidenz und der Schweregrad der akuten GvHD zwischen der Placebo- und der Prednisolon-Kohorte nicht signifikant unterschiedlich waren, woraus geschlossen wurde, dass Prednisolon in einer Dosierung von 2–2,5mg/kg in Hinblick auf die Prävention einer akuten GvHD insuffizient war.</p> <p><strong>Anti-CD3/CD7-Immuntoxin- Kombination (T-Guard™)</strong><br /> Dr. Christoph Groth vom Universitätsklinikum Münster präsentierte die ersten Ergebnisse einer prospektiven Phase-I/ II-Studie mit einer Anti-CD3/CD7-Immuntoxin- Kombination (T-Guard™) zur Therapie von 20 erwachsenen Patienten mit Kortikosteroid-refraktärer akuter GvHD. T-Guard™ wurde als intravenöse Infusion über 4 Stunden alle 48 Stunden in insgesamt 4 Dosen zu je 4mg/m<sup>2</sup> gegeben. Am Tag 28 hatten 12 Patienten (60 % ) ein klinisches Ansprechen mit 10 kompletten Remissionen (CR) (50 % ). Bei Patienten mit Hochrisiko-Biomarker-Profil nach Ann Arbor war die CR-Rate 50 % .<br /> Nach einer Mindestnachbeobachtung von 6 Monaten waren 12 Patienten am Leben (6-Monats-Überlebensrate von 60 % ). Diese Ergebnisse waren sehr vorteilhaft verglichen mit historischen Kontrollen, die entweder Infliximab oder Inolimomab/ Etanercept erhalten hatten und bei denen Ansprechraten von 52 % mit 6-Monats-Überlebensraten von 29 % erzielt worden waren. Es traten keine signifikanten Infusionsreaktionen auf. Die Rate an Infektionen und Nebenwirkungen war jedoch hoch, wobei Hypoalbuminämien, Mikroangiopathien, Thrombozytopenien und vaskuläres Leak-Syndrom auftraten.<br /> Eine multizentrische, kontrollierte internationale Studie, die T-Guard™ mit der besten zur Verfügung stehenden Therapie vergleicht, wird in den kommenden Monaten bei Patienten mit Steroid-refraktärer akuter GvHD beginnen.</p> <p><strong>Infusion von mit frisch isolierten, regulatorischen T-Zellen (Treg) angereicherten Spenderlymphozyten?</strong><br /> In der gleichen Sitzung präsentierte Dr. Sarah Nikiforow vom Dana-Farber Cancer Institute in Boston Ergebnisse einer prospektiven Phase-I-Studie mit Infusionen von mit frisch isolierten, regulatorischen TZellen (Treg) angereicherten Spenderlymphozyten, wobei diese Zellen weder in vitro stimuliert noch expandiert wurden und die Patienten mit Kortikosteroid-refraktärer chronischer GvHD zusätzlich täglich niedrig dosiertes Interleukin 2 (IL-2) subkutan erhielten. Die Leukaphereseprodukte wurden CD8/CD19-kodepletiert und im Anschluss daran für CD25<sup>+</sup>-Tregs via CliniMACS-System positiv selektioniert, wobei eine 24,8-fache Anreicherung an Treg-Zellen erzielt wurde. Die freigegebenen Produkte enthielten im Median 92,6 % CD4<sup>+</sup>CD25<sup>++</sup>-Zellen und 88,2 % CD4<sup>+</sup>CD25<sup>+</sup>CD27<sup>low</sup> Treg-Zellen und wurden im Rahmen der Studie dosiseskalierend infundiert.<br /> Insgesamt wurden 24 Patienten mit Steroid-refraktärer chronischer GvHD im Median 26 (7–84) Monate nach Diagnose der chronischen GvHD mit im Median 3 GvHD-Manifestationen in die Studie aufgenommen. Die Ansprechrate (CR und partielles Ansprechen, PR) lag bei 33 % und die Rate an klinischem Benefit (CR+PR+-stabile Erkrankung mit minimaler Response) bei 67 % . Nach einer medianen Nachbeobachtung von 26 Monaten waren 17 Patienten am Leben. Die 2-Jahres- Überlebenswahrscheinlichkeit war 82 % . Eine höhere Treg/Tcon-Ratio bei Studieneinschluss und 2 Wochen nach Therapiebeginn war signifikant mit klinischem Ansprechen assoziiert. Die Infusion frisch isolierter Treg-Zellen war sicher und wurde sehr gut toleriert.<br /> Da die Ansprechraten mit dieser kombinierten Zelltherapie höher waren als mit IL-2 allein und sich auch die Immundysfunktion der Patienten unter Therapie normalisierte, sind weitere Studien mit dieser kombinierten Therapiemodalität bei Patienten mit chronischer GvHD geplant.</p> <p><strong>Extrakorporale Photopherese (ECP) und niedrig dosiertes IL-2</strong><br /> Aus derselben Forschungsgruppe präsentierte Dr. John Koreth die Ergebnisse einer einarmigen Phase-II-Studie mit wöchentlicher extrakorporaler Photopherese (ECP) von Woche 1–16, gefolgt von zusätzlicher Gabe von niedrig dosiertem IL-2 in Woche 9–16 als Therapie der Kortikosteroid- refraktären chronischen GvHD. In diese Studie wurden 25 Patienten im Median 524 (58–2697) Tage nach Beginn der chronischen GvHD mit im Median 3 (2–5) Organmanifestationen der chronischen GvHD eingeschlossen. In Woche 16 hatten 14 von 21 auswertbaren Patienten (67 % ) ein partielles Ansprechen. Response wurde bei Manifestationen der Haut (n=9/18), von Gelenken/Faszien/Muskulatur (n=7/16), Leber (n=1/1), Lunge (n=2/9) und des Gastrointestinaltrakts (n=3/5) erzielt. 18 Patienten mit klinischem Benefit (PR und stabile Erkrankung mit minimalem Ansprechen) erhielten eine verlängerte Therapie mit ECP plus IL-2. Während der ersten 8 Wochen unter alleiniger ECP-Therapie fielen im peripheren Blut die CD8<sup>+</sup>-, CD4<sup>+</sup>- und Treg-Zellen/μl ab und es wurden keine Änderungen bei den NK- oder B-Zellen oder der Treg-/Tcon-Ratio beobachtet. Die darauffolgende IL-2-Therapie induzierte eine mehr als um das 5-fache Erhöhung der medianen Treg-Zellzahl/μl und die mediane Treg-/Tcon-Ratio erhöhte sich um das 4-Fache. Die Anzahl der Treg-Zellen und die Treg-/Tcon-Ratio blieben bei respondierenden Patienten während der verlängerten ECP-plus-IL-2-Therapie erhöht. Therapieresponder hatten signifikant höhere mediane Treg-Zellzahlen/μl verglichen mit Non-Respondern 1 und 6 Wochen nach Beginn der IL-2-Therapie.<br /> Wie zuvor von dieser Forschungsgruppe publiziert, war eine Treg-/Tcon-Ratio ≥0,2 eine Woche nach Beginn der IL-2-Therapie prädiktiv für das klinische Ansprechen (p=0,05). Die Forschungsgruppe schlussfolgerte, dass die Ansprechraten bei der kombinierten ECP-plus-IL-2-Therapie nicht bedeutend höher waren als mit niedrig dosierter IL-2-Therapie allein.</p> <p><strong>Verwendung von ECP bei neu diagnostizierter moderater oder schwerer chronischer GvHD</strong><br /> Dr. Madan Jagasia vom Vanderbilt-Ingram Cancer Center in Nashville präsentierte Ergebnisse der ersten prospektiv randomisierten, kontrollierten Multicenterstudie zur Verwendung von ECP („extracorporeal photopheresis“) bei 60 Patienten mit gemäß den Kriterien der National Institutes of Health (NIH) definierter neu diagnostizierter moderater oder schwerer chronischer GvHD, an der auch Patienten aus meiner früheren Abteilung am AKH Wien teilnahmen. Die Patienten erhielten Kortikosteroide und Cyclosporin A oder Tacrolimus als Standarderstlinientherapie und im Studienarm zusätzlich ECP. Diese wurde in der ersten Woche dreimal, danach zweimal wöchentlich von Woche 2 bis Woche 10, danach zweimal alle 2 Wochen in den Wochen 11 bis 18 und dann zweimal pro Monat in den Wochen 19 bis 26 mittels eines Therakos-Systems verabreicht. Das Ansprechen auf die Therapie wurde alle 2–4 Wochen sowohl vom Kliniker als auch von einem ausgebildeten verblindeten Experten beurteilt.<br /> Das primäre Studienziel war die Gesamtansprechrate zu Woche 28, die komplettes und partielles Ansprechen nach NIH-Kriterien inkludierte. Die Gesamtansprechrate lag bei 74,1 % im ECP-Arm und bei 60,9 % im Standard-Arm entsprechend der Beurteilung durch den verblindeten Experten zu Woche 28. Entsprechend der Beurteilung durch die Kliniker lag die Gesamtansprechrate bei 56 % im ECP-Arm und und 66,7 % im Standard-Arm. Die Gesamtansprechraten waren für moderate (75 % vs. 50 % ) und schwere chronische GvHD (72,7 % vs. 69,2 % ) entsprechend der Beurteilung des verblindeten Experten nicht signifikant unterschiedlich.<br /> Interessanterweise waren die Gesamtansprechraten entsprechend der Beurteilung durch die Kliniker sowohl bei moderater (66,7 % vs. 60 % ) als auch bei schwerer chronischer GvHD (40 % vs. 72,7 % ) deutlich unterschiedlich. 96,6 % der Patienten im ECP-Arm und und 90,3 % im Standardarm hatten Therapienebenwirkungen, wobei im ECP-Arm am häufigsten Hypertension, Husten, Dyspnoe und Müdigkeit und im Standardarm am häufigsten Rückenschmerzen berichtet wurden. Keine schwere Nebenwirkung war ECP-assoziiert. Die Studienautoren schlussfolgerten, dass ECP eine sichere und effiziente Therapie für Patienten mit neu diagnostizierter chronischer GvHD darstellt und dass eine längere Nachbeobachtung erforderlich ist, um beurteilen zu können, wie nachhaltig die Ansprechraten in den beiden Therapiearmen sind bzw. ob Unterschiede in der Lebensqualität der Patienten bestehen und die Zeit bis zum vollständigen Absetzen aller Immunsuppressiva zwischen den Studienarmen unterschiedlich ist.</p> <p><strong>Ruxolitinib im Rahmen eines „Compassionate use“-Programms</strong><br /> Dr. Virginia Escamilla Gomez vom Hospital Universitario Virgen del Rocio in Sevilla präsentierte Ergebnisse von 79 Patienten mit refraktärer akuter (n=22) und chronischer GvHD (n=57), die Ruxolitinib im Rahmen eines „Compassionate use“-Programms erhielten. Die Gesamtansprechrate war bei akuter GvHD 68,2 % einschließlich 18,2 % kompletter Remissionen. Cytomegalovirus-Reaktivierung wurde bei 54,5 % der Patienten beobachtet und das 1-Jahres-Überleben lag bei 43 % . Bei chronischer GvHD war das Gesamtansprechen 57,9 % mit 5,3 % kompletten Remissionen und einem 1-Jahres-Überleben von 81 % . 26 Patienten (32,9 % ) beendeten die Therapie mit Ruxolitinib frühzeitig aufgrund von fehlendem Ansprechen, Zytopenien oder Medikamententoxizitäten.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Onko_1801_Weblinks_jatros_onko_1801_s21_bild.jpg" alt="" width="1457" height="1779" /></p></p>
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