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Alte Kombinationen, neue Antikörper und Immuntherapien
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Autor:
Dr. med. Christian Rothermundt
Klinik für Onkologie und Hämatologie<br/> Kantonsspital St. Gallen<br/> E-Mail: christian.rothermundt@kssg.ch<br/> Quelle: 51. Meeting der ASCO, 29. Mai bis 2. Juni 2015, Chicago
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17.09.2015
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<p class="article-intro">Während Doxorubicin vorerst weiter die Standard-Erstlinienchemotherapie bei Weichteilsarkomen bleiben wird, wurden vielversprechende Ergebnisse zur Kombination des Antikörpers Olaratumab in dieser Indikation präsentiert. Bei Liposarkomen und Leiomyosarkomen konnte mit Eribulin und Trabectedin eine Verlängerung des Gesamt- bzw. des progressionsfreien Überlebens erzielt werden. Daten zu Immuncheckpoint-Inhibitoren sind noch ausständig.</p>
<hr />
<p class="article-content"><h2>Doxorubicin weiter Standarderstlinie bei Weichteilsarkomen</h2> <p>Aus der Perspektive der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Klinische Krebsforschung (SAKK) waren die Beteiligung an der GeDDiS-Studie<sup>1</sup> von Cancer Research UK und der Einschluss von 8 Patienten mit metastasiertem Weichteilsarkom in diese Studie ein Erfolg. Im Rahmen dieser randomisierten Studie wurde die Standard-Erstlinientherapie Doxorubicin als Monosubstanz mit einer Kombination bestehend aus Gemcitabin und Docetaxel bei Patienten mit fortgeschrittenen und metastasierten Weichteilsarkomen verglichen. Im Vorfeld waren immer wieder Versuche unternommen worden, die Standardbehandlung mit Doxorubicin, welche seit den Siebzigerjahren etabliert ist,<sup>2</sup> zu verbessern. Zuletzt wurde von 2003–2010 durch die EORTC (European Organisation for Research and Treatment of Cancer) eine grosse randomisierte Studie mit Doxorubicin vs. Doxorubicin/Ifosfamid durchgeführt (EORTC 62012), in der unter der Kombination zwar eine bessere Ansprechrate (ORR) und ein besseres progressionsfreies Überleben (PFS), aber kein verbessertes Gesamtüberleben (OS) gezeigt werden konnte. Die Autoren resümierten deshalb damals, dass ihre Resultate den Einsatz einer intensivierten Therapie mit Doxorubicin/Ifosfamid nicht unterstützen – ausser wenn die Schrumpfung des Tumors ein wichtiges Therapieziel darstellt.<sup>3</sup><br /> Die Kombination Gemcitabin und Docetaxel ist in mehreren Phase-II-Studien geprüft worden. Es gibt eine randomisierte Studie mit Gemcitabin/Docetaxel vs. eine Gemcitabin-Monotherapie bei verschiedenen Weichteilsarkomsubtypen.<sup>4</sup> Spezifisch bei Leiomyosarkomen oder uterinen Leiomyosarkomen wurde Gemcitabin/Docetaxel mehrfach evaluiert<sup>5, 6, 7</sup> und hat sich in manchen Kliniken wegen der positiven Ergebnisse bereits als Standard etabliert. Überraschend bei den Studienresultaten von GeDDiS<sup>1</sup> waren die hohe Rate an Therapieabbrüchen und die tiefe Dosisintensität aufgrund von Toxizitäten unter der Kombinationsbehandlung. Es zeigte sich bezüglich des primären Endpunkts – PFS nach 24 Wochen – kein Unterschied zwischen Doxorubicin und Gemcitabin/Docetaxel. Die Hazard-Ratio (HR) von 1,28 könnte sogar eher auf einen Vorteil von Doxorubicin gegenüber Gemcitabin/Docetaxel hindeuten. In keiner der histologischen Subgruppen konnten Vorteile der Kombinationstherapie nachgewiesen werden und somit bleibt die Doxorubicin-Monotherapie auch weiterhin die Standard-Erstlinientherapie des Weichteilsarkoms.</p> <h2>Olaratumab – eine vielversprechende Substanz</h2> <p>Vielversprechend waren aber die Ergebnisse einer randomisierten Phase-Ib/II-Studie mit dem selektiv gegen PDGFR(„platelet derived growth factor receptor“)-α gerichteten monoklonalen Antikörper Olaratumab in Kombination mit Doxorubicin.<sup>8</sup> Patienten mit metastasiertem Weichteilsarkom erhielten bis zu 8 Zyklen Olaratumab + Doxorubicin oder Doxorubicin + Placebo. Die Patienten im Placeboarm hatten die Möglichkeit, bei Eintritt einer Krankheitsprogredienz Olaratumab als Monosubstanz zu erhalten. Bei akzeptabler Toxizität, insbesondere bei gewährleisteter kardialer Sicherheit, zeigte sich zwar weder bezüglich der ORR (18,2 vs. 11,9 % ) noch des PFS (6,6 vs. 4,1 Monate) ein signifikanter Unterschied, erstaunlicherweise jedoch bezüglich des OS (25,0 vs. 14,7 Monate) im Olaratumab-Arm. Der auch klinisch relevante Überlebensvorteil erklärt sich nicht durch die Folgetherapien: Diese wurden dokumentiert und analysiert und sind in beiden Studienarmen ähnlich. Eine PDGFR-α-Negativität im Tumorgewebe erwies sich nicht als negativer Prädiktor für die Wirksamkeit der Kombinationsbehandlung. Olaratumab hat aufgrund der beim ASCO-Kongress präsentierten Daten „breakthrough therapy designation“ durch die FDA (Food and Drug Administration) erhalten. Die randomisierte Phase-III-Studie mit Olaratumab wird ab Herbst 2015 u.a. auch am Inselspital Bern und am Kantonsspital St. Gallen eröffnet und für die Teilnahme können geeignete Patienten gerne zugewiesen werden.</p> <h2>Liposarkome und Leiomyosarkome</h2> <p>Gleich zwei Präsentationen beschäftigten sich mit der Behandlung fortgeschrittener Liposarkome oder Leiomyosarkome. In beiden Studien wurde eine aus einem Meeresorganismus (Ecteinascidia turbinata bzw. Halichondria okadai) synthetisierte Substanz geprüft. Eribulin, ein neuer Inhibitor der Mikrotubulus-Dynamik, erwies sich bei Patienten mit ≥2 Vortherapien bezüglich des OS als wirksamer als Dacarbazin.<sup>9</sup> Mit dem an die DNA bindenden Zytostatikum Trabectedin wurde bei Patienten mit ≥1 Therapie ein besseres PFS als mit Dacarbazin erzielt.<sup>10</sup> <br /> Wie im Rahmen einer randomisierten Phase-III-Studie bei metastasiertem Mammakarzinom (Eribulin vs. Behandlung nach Wahl des Arztes)<sup>11</sup> führte Eribulin auch bei Liposarkomen und Leiomyosarkomen zwar nicht zu einem besseren PFS, aber zu einem statistisch signifikant besseren OS (13,5 vs. 11,5 Monate; HR: 0,77; 95 % CI: 0,62–0,95). Trabectedin, das bislang in Phase-II-Studien geprüft worden war,<sup>12–15</sup> wurde erstmalig mit einer aktiven Substanz (Dacarbazin) verglichen und war bezüglich des PFS überlegen (4,2 vs. 1,6 Monate; HR: 0,55; 95 % CI: 0,439–0,696). Unklar ist, warum in beiden Studien Dacarbazin als Vergleichstherapie gewählt worden ist, zumal dieses Medikament nur selten als Monosubstanz eingesetzt wird. Es gibt eine randomisierte Phase-II-Studie, in der Gemcitabin/Dacarbazin und Dacarbazin alleine untersucht worden sind – der Kombinationsarm hat sich als wirksamer erwiesen.<sup>16</sup><br /> Bedauerlicherweise liegen bislang keine klinischen Studienergebnisse zu den neuen Immuncheckpoint-Inhibitoren bei Weichteilsarkomen vor. In den Phase-I-Studien mit Anti-PD („programmed death“)-1- und Anti-PD-L1-Antikörpern waren jedoch auch keine Sarkompatienten vertreten.<sup>17, 18</sup> In einem Abstract<sup>19</sup> wurde die PD-L1-Expression im Gewebe von 43 % der 82 evaluierten Weichteilsarkompatienten beschrieben und auch, dass die PD-L1-Expression einen unabhängigen negativen prognostischen Faktor für das OS darstellt.</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: Klinik für Onkologie und Hämatologie<br/>
Kantonsspital St. Gallen<br/>
E-Mail: christian.rothermundt@kssg.ch<br/>
Quelle: 51. Meeting der ASCO,
29. Mai bis 2. Juni 2015, Chicago
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<p><strong>1</strong> Seddon BM et al: GeDDiS: a prospective randomised controlled phase III trial of gemcitabine and docetaxel compared with doxorubicin as first-line treatment in previously untreated advanced unresectable or metastatic soft tissue sarcomas (EudraCT 2009-014907-29). ASCO 2015; Abstract #10500<br /><strong>2</strong> O'Bryan RM et al: Phase II evaluation of adriamycin in human neoplasia. Cancer 1973; 32: 1-8<br /><strong>3</strong> Judson I et al: Doxorubicin alone versus intensified doxorubicin plus ifosfamide for first-line treatment of advanced or metastatic soft-tissue sarcoma: a randomised controlled phase 3 trial. Lancet Oncol 2014; 15: 415-423<br /><strong>4</strong> Maki RG et al: Randomized phase II study of gemcitabine and docetaxel compared with gemcitabine alone in patients with metastatic soft tissue sarcomas: results of sarcoma alliance for research through collaboration study 002 [corrected]. J Clin Oncol 2007; 25: 2755-2763<br /><strong>5</strong> Hensley ML et al: Gemcitabine and docetaxel in patients with unresectable leiomyosarcoma: results of a phase II trial. J Clin Oncol 2002; 20: 2824-2831<br /><strong>6</strong> Hensley ML et al: Fixed-dose rate gemcitabine plus docetaxel as first-line therapy for metastatic uterine leiomyosarcoma: a Gynecologic Oncology Group phase II trial. Gynecol Oncol 2008; 109: 329-334<br /><strong>7</strong> Hensley ML et al: Fixed-dose rate gemcitabine plus docetaxel as second-line therapy for metastatic uterine leiomyosarcoma: a Gynecologic Oncology Group phase II study. Gynecol Oncol 2008; 109: 323-328<br /><strong>8</strong> Tap WD et al: A randomized phase Ib/II study evaluating the safety and efficacy of olaratumab (IMC-3G3), a human anti-platelet-derived growth factor α (PDGFRα) monoclonal antibody, with or without doxo­rubicin (Dox), in advanced soft tissue sarcoma (STS). ASCO 2015; Abstract #10501<br /><strong>9</strong> Schöffski P et al: Randomized, open-label, multicenter, phase III study of eribulin versus dacarbazine in patients (pts) with leiomyosarcoma (LMS) and adipocytic sarcoma (ADI). ASCO 2015; Abstract #10502<br /><strong>10</strong> Demetri GD et al: A randomized phase III study of trabectedin (T) or dacarbazine (D) for the treatment of patients (pts) with advanced liposarcoma (LPS) or leiomyosarcoma (LMS). ASCO 2015; Abstract #10503<br /><strong>11</strong> Cortes J et al: Eribulin monotherapy versus treatment of physician's choice in patients with metastatic breast cancer (EMBRACE): a phase 3 open-label randomised study. Lancet 2011; 377: 914-923<br /><strong>12</strong> Yovine A et al: Phase II study of ecteinascidin-743 in advanced pretreated soft tissue sarcoma patients. J Clin Oncol 2004; 22: 880-889<br /><strong>13</strong> Garcia-Carbonero R et al: Phase II and pharmacokinetic study of ecteinascidin 743 in patients with progressive sarcomas of soft tissues refractory to chemotherapy. J Clin Oncol 2004; 22: 1480-1490<br /><strong>14</strong> Le Cesne A et al: Phase II study of ET-743 in advanced soft tissue sarcomas: a European Organisation for the Research and Treatment of Cancer (EORTC) soft tissue and bone sarcoma group trial. J Clin Oncol 2005; 23: 576-584<br /><strong>15</strong> Demetri GD et al: Efficacy and safety of trabectedin in patients with advanced or metastatic liposarcoma or leiomyosarcoma after failure of prior anthracyclines and ifosfamide: results of a randomized phase II study of two different schedules. J Clin Oncol 2009; 27: 4188-4196<br /><strong>16</strong> García-Del-Muro X et al: Randomized phase II study comparing gemcitabine plus dacarbazine versus <br />dacarbazine alone in patients with previously treated soft tissue sarcoma: a Spanish Group for Research on Sarcomas study. J Clin Oncol 2011; 29: 2528-2533<br /><strong>17</strong> Topalian SL et al: Safety, activity, and immune correlates of anti-PD-1 antibody in cancer. N Engl J Med 2012; 366: 2443-2454<br /><strong>18</strong> Brahmer JR et al: Safety and activity of anti-PD-L1 antibody in patients with advanced cancer. N Engl J Med 2012; 366: 2455-2465<br /><strong>19</strong> Kim C et al: Clinical pattern and implication of PD-L1 expression in soft-tissue sarcoma. ASCO 2015; Abstract #10565</p>
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