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14. Österreichischer Infektionskongress

Viren vor der Haustür

Nicht nur SARS-CoV-2 beschäftigt die Virologen. Es gibt auch viele andere Viren, von denen zumindest befürchtet werden kann, dass sie sich irgendwann relevant auf den Menschen ausbreiten und sogenannte „emerging infectious diseases“ verursachen. Die hier beschriebenen Erreger sind allerdings noch Exoten, wie der Infektiologe OA Dr. Michael Knappik, Wien, berichtete.

Emerging infectious diseases“, kurz EID,sind Erkrankungen, die neu in einer Population auftreten oder schon vorhanden waren, aber nun eine starke Inzidenz und/oder geografische Verbreitung zeigen. Zoonosen sind Infektionen, die auf natürlichem Weg von Wirbeltieren auf Menschen übertragen werden können. „Etwa 60 bis 70% aller EID sind Zoonosen, wie etwa Influenza, HIV, Ebola und auch Coronaerkrankungen wie SARS-CoV-1 und SARS-CoV-2“, erklärte der Infektiologe OA Dr. Michael Knappik, Klinik Penzing, Wien. „Ich möchte drei davon kurz erwähnen.“

Lloviu-Virus

Dieses Virus gehört zu den Filoviridae, wie auch das Ebola- und das Marburg-Virus. Es wurde 2002 in den Lloviu-Höhlen in Spanien entdeckt und führte 2013 zu einem Massensterben von Fledermäusen in Ungarn. 2021 wurde gezeigt, dass dieser Erreger imstande ist, Affen- und Menschenzellen zu infizieren. „Das Beunruhigende ist, dass man die Winterquartiere, die diese Fledermäuse aufsuchen, bis heute nicht kennt“, warnte Knappik.

Borna-Virus

Das Borna-Virus kann Erkrankungen mit neurologischen Symptomen bei Pferden auslösen und ist auf den Menschen übertragbar, wo es eine Enzephalitis verursachen kann. Dies wurde unter anderem bei einigen wenigen Organempfängern beschrieben.

Das natürliche Reservoir des Virus ist die Spitzmaus. Eine Übertragung ist möglicherweise durch Tierbisse, Kratzer oder auch Kontakt mit Urin oder Kot der Spitzmäuse möglich. Symptome sind Fieber, Kopfschmerzen, Gangunsicherheit, Verwirrtheit und schließlich Koma, Verlust von Hirnstammreflexen und Tod. Es wurden acht Patienten beschrieben, von denen sechs keine relevanten Vorerkrankungen aufwiesen.

Auch in Österreich wurde das Borna-Virus vereinzelt bereits gefunden. Allerdings sind bisher nur tierische Erkrankungen beschrieben, jedoch kein menschlicher Fall. „Die Diagnostik erfolgt mit einer PCR aus ZNS-Gewebe“, erklärte Knappik. Eine Therapie kann mit Ribavirin und Favipiravir versucht werden, die zumindest in der Kultur Wirksamkeit zeigen.

CCHF-Virus

Das hämorrhagische Krim-Kongo-Fieber (CCHF) wurde getrennt auf der Krim 1944 und im Kongo 1956 beschrieben. Erst 1970 erkannte man, dass es sich um denselben Erreger handelt. Vektor und Reservoir ist die Zecke Hyalomma marginatum. Das Reservoir der Zecke sind Nagetiere, Rinder, Ziegen und Schafe. Die Übertragung auf den Menschen kann entweder direkt von der Zecke oder über deren Wirte erfolgen. Auch eine nosokomiale Übertragung (Kontakt mit infizierten Körperflüssigkeiten) ist möglich.

Klinisch kommt es zu grippeähnlichen Symptomen, dann zu Hämorrhagien. Wenn der Patient überlebt, beginnt nach etwa zwei Wochen die Konvaleszenzphase. „Die Case-Fatality-Rate liegt jedoch bei 10 bis 40%“, so Knappik. Die Diagnostik erfolgt mittels PCR oder in der Spätphase auch serologisch. „Bei der Blutabnahme muss man vorsichtig sein, es besteht Ansteckungsgefahr“, warnte der Infektiologe. Eine supportive Therapie kann mit Ribavirin erfolgen. In der EU gibt es derzeit eine einstellige Zahl von Fällen pro Jahr.

„Viren vor der Haustür“, Vortrag im Rahmen von Symposium 9 des ÖIK am 25. März 2022, Saalfelden

beim Vortragenden

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