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Pharmakologie: Messungen und ihre Interpretation
Jatros
30
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20.12.2018
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<p class="article-intro">Messen lässt sich heute vieles, aber eine Messung ergibt nur dann einen Sinn, wenn sie auch eindeutig interpretiert werden kann. Dies gilt natürlich auch für das therapeutische Drug-Monitoring von Antiinfektiva.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Pharmakologische Messungen haben nur dann einen Sinn, wenn man weiß, was man misst und wie es zu interpretieren ist“, sagte Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Markus Zeitlinger, Universitätsklinik für klinische Pharmakologie, MedUni Wien. Die Pharmakokinetik (PK) eines Medikaments muss in Relation zur Pharmakodynamik (PD) gesetzt werden, und zwar sowohl im Hinblick auf die Wirksamkeit als auch auf die Nebenwirkungen.</p> <h2>PK/PD-Indizes</h2> <p>Was Antibiotika angeht, so gibt es drei wesentliche PK/PD-Indizes, die je nach Wirkweise der jeweiligen Substanzgruppe von Bedeutung sind (Abb. 1).</p> <p>„In der Realität ist die Sache aus zwei Gründen nicht so einfach“, fuhr der Pharmakologe fort, „weil sowohl die Empfindlichkeit der Erreger als auch die Pharmakokinetik ein gewisses Verteilungsmuster aufweisen.“ Um diesem Problem zu begegnen, werden sogenannte Monte-Carlo-Simulationen, die im Grunde statistische Näherungsverfahren sind, verwendet. So kann man für einen bestimmten Applikationsmodus, zum Beispiel die Infusion eines Antibiotikums über drei Stunden, in Abhängigkeit von der Dosis und der MHK (minimale Hemmkonzentration) die Wahrscheinlichkeit errechnen, ein bestimmtes PK/PD-Ziel (wie etwa T>MHK) zu erreichen. „Es ist genau diese Art von Berechnungen, mit der man auch zur Bestimmung von Empfindlichkeits-Breakpoints kommt“, erläuterte Zeitlinger. <br />Die Wahrscheinlichkeit für eine Wirkung lässt sich in Relation zur Wahrscheinlichkeit einer Nebenwirkung setzen – daraus ergibt sich die therapeutische Breite einer Substanz. Durch therapeutisches Drug-Monitoring ist es möglich, diesen Bereich, der für eine zuverlässig ausreichende Wirkung nötig ist, in dem aber gleichzeitig möglichst wenige Nebenwirkungen auftreten, klinisch zu überprüfen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Infekt_1804_Weblinks_s18_abb1.jpg" alt="" width="1417" height="892" /></p> <h2>Blut vs. Gewebe</h2> <p>Eine bestimmte Plasmakonzentration einer Substanz erlaubt noch keine sichere Aussage über deren Konzentration in einem anderen Gewebe. Erstens gibt es gewebsspezifische Unterschiede in der Penetration. Zweitens sind die interindividuellen Unterschiede schon bei Plasmakonzentrationen erheblich, in manchen Geweben, etwa der Muskulatur, jedoch noch viel größer. Drittens kann es durchaus sein, dass eine Gewebskonzentration beim Gesunden nahezu identisch mit der Plasmakonzentration ist, während sie zum Beispiel beim septischen Patienten stark davon abweicht. Auch die Streubreite einer Gewebskonzentration, beispielsweise in der Lunge, kann bei kritisch Kranken erheblich größer sein als bei Gesunden. Im zeitlichen Verlauf einer Erkrankung können sich zudem Gewebsspiegel aufgrund schwankender Organfunktionen dynamisch ändern. <br />„Ein therapeutisches Drug-Monitoring ist dann sinnvoll und sogar lebensrettend, wenn es klar definierte Schwellenwerte gibt. Die gibt es leider in vielen Bereichen noch nicht“, so Zeitlinger abschließend.</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: „Wir messen. Aber wie sollen wir interpretieren? Der Versuch
einer Anleitung“, Vortrag von Assoc. Prof. Priv.-Doz.
Dr. Markus Zeitlinger, Universitätsklinik für klinische Pharmakologie,
MedUni Wien, im Rahmen der 26. Jahrestagung
der Paul-Ehrlich-Gesellschaft, 5. Oktober 2018,
Wien
</p>
<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p>beim Vortragenden</p>
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