
„Wir arbeiten auf einem extrem hohen Level!“
Unser Gesprächspartner:
Univ.-Prof. Dr. Alexander Zoufaly
Infektionsambulanz
4. Medizinische Abteilung mit Infektions- und Tropenmedizin
Klinik Favoriten, Wien
E-Mail: alexander.zoufaly@gesundheitsverbund.at
Das Interview führte
Mag. Birgit Leichsenring
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Neue Substanzen und Daten aus aktuellen Studien – wir haben mit Univ.-Prof. Dr. Alexander Zoufaly, Wien, über seine persönlichen Highlights der Conference on Retroviruses and Opportunistic Infections (CROI) 2022 gesprochen.
CROI 2022 – wie war die Konferenz für Sie?
A. Zoufaly: Leider konnte die CROI wieder nur online stattfinden, das ist anstrengend und nimmt auch viel. Mir persönlich fehlt z.B. vor allem die Poster-Ausstellung. Die Inspiration durch die vielen unterschiedlichen Arbeiten der Kolleginnen und Kollegen, das geht online einfach nicht. Aber natürlich hat das Format auch Vorteile, etwa durch die Möglichkeit, Sessions hinterher anzuschauen.
Waren Sessions dabei, die direkten Einfluss auf Ihre Arbeit mit HIV-Patienten nehmen werden?
A. Zoufaly: Ich denke, hier ist der Fall der geheilten Frau zu nennen. Es ist wichtig, unseren Patientinnen und Patienten zu vermitteln, dass diese Heilungserfolge extrem aufwendig und nicht in der Masse umsetzbar sind. Und sie gleichzeitig darin zu bestärken, dass die heutige HIV-Therapie ausgezeichnet ist.
Was war in Bezug auf die HIV-Therapie spannend?
A. Zoufaly: Hier gab es einiges. Natürlich wurde z.B. über Islatravir geredet. Das ist ein neuer Nukleosid-analoger reverser Transkriptase-Translokationsinhibitor (NRTTI), der durch seine lange Halbwertszeit viel Aufmerksamkeit erhalten hat. Wegen einer beobachteten Verringerung der Lymphozyten sind jedoch alle Studien derzeit gestoppt. Die CROI lieferte dafür keine Erklärung, aber eine interessante Spekulation. Der Effekt erinnert an Publikationen über die Kombination Tenofovir, Disoproxilfumarat undDidanosin aus dem Jahr 2005. Eine Gemeinsamkeit wäre, dass die Substanzen Adenosin-Analoga sind. Noch ist aber alles unklar. Islatravir hatte sich als sehr vielversprechend gezeigt, wir hoffen daher auf klärende Daten.
Hier wurden Phase-II- und -III-Studien angehalten, ist das nicht unüblich?
A. Zoufaly: Unüblich ja, aber das tritt immer wieder auf. Es zeigt, wie wichtig Langzeitdaten sind. Und da wurden auf der CROI schöne Daten gezeigt, z.B. von der ATLAS-Studie oder den 54-Wochen-Daten bei CALIBRATE.
Um welche Substanzen geht es in diesen beiden Studien und welches Outcome wurde präsentiert?
A. Zoufaly: ATLAS-2M vergleicht monatliche versus 2-monatliche Injektionsintervalle des „long-acting“ Regimes aus Cabotegravir und Rilpivirin bei virologisch supprimierten Patienten. Das längere Injektionsintervall zeigt sich nach 152 Wochen der monatlichen Therapie nicht unterlegen. In beiden Studienarmen ist mit 86% und 87% virologischem Ansprechen eine hohe Effektivität zu sehen. Das befürwortet dieses besondere Regime, immerhin ist es die erste zugelassene HIV-Therapie als „long-acting injectable“.
CALIBRATE hingegen befasst sich mit einer ganz neuen Substanz, mit Lenacapavir. Für Patienten mit Multiresistenzen ist die Substanz bereits in Zulassung und wird neue Therapieoptionen bieten. CALIBRATE evaluiert Lenacapavir im therapienaiven Setting und auf der CROI wurden aktuelle 54-Wochen-Daten dazu präsentiert. Die subkutane Injektion in Kombination mit Tenofovir-Alafenamid (TAF) oder Bictegravir hat mit 85% und 90% virologischer Suppression ebenso hohe Wirksamkeit wie als Tablettenform in Kombination mit Emtricitabin/TDF. Die Therapien wurden zudem gut vertragen.
Das klingt so, als wären „long-acting injectables“ die Zukunft?
A. Zoufaly: Sie sind auf jeden Fall innovativ und werden nicht nur die HIV-Therapie bereichern, sondern könnten auch die Prävention revolutionieren. Es wurde bereits die erste PrEP als Injektion zugelassen und weitere „long-acting“ Substanzen befinden sich in Studien. Alles zusammen eine spannende Entwicklung, es tut sich enorm viel.
Allerdings ist es für alle neuen Optionen wirklich schwierig, bei den verfügbaren Therapieoptionen einen realen Vorteil zu erreichen. Man darf nicht vergessen: Wir arbeiten in der HIV-Therapie auf einem extrem hohen Level.
Vielen Dank für das Gespräch!
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