
„Die HIV-2-PCR ist der wegweisende Schritt in der Diagnostik“
Unser Gesprächspartner:
OA Dr. Michael Knappik
Tuberkulose- und Infektionsstation
Abteilung für Atemwegs- und Lungenkrankheiten, Klinik Penzing, Wien
E-Mail: michael.knappik @gesundheitsverbund.at
Das Interview führte
Mag. Birgit Leichsenring
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In Österreich sind nur sehr wenige Fälle einer HIV-2-Infektion bekannt. Die Auseinandersetzung im klinischen Alltag mit diesem speziellen Virustyp ist demnach äußerst selten. Heuer kam es in der Wiener Klinik Penzing allerdings bereits zu zwei HIV-2-Diagnosen. OA Dr. Michael Knappik berichtete über die besonderen Aspekte, die für ihn als behandelnder Arzt zu beachten waren.
Herr Dr. Knappik, Sie sind seit 2020 in der Klinik Penzing tätig. Wie lange beschäftigen Sie sich mit HIV?
Grundsätzlich bin ich seit 2015 regelmäßig im HIV-Bereich tätig, initial im afrikanischen Kontext (Südafrika/Mosambik). Anschließend war ich in Berlin und seit etwa zwei Jahren bin ich nun in Österreich. Hier leite ich die Tuberkulose- und Infektionsstation der Klinik Penzing. Dort betreuen wir z.B. auch Patienten mit Tuberkulose/HIV-Koinfektion, wie in einem der beiden aktuellen HIV-2-Fälle.
Haben Sie bereits öfter Menschen mit HIV-2-Infektionen medizinisch betreut?
Ja, in Afrika hat man schon hin und wieder mit HIV-2 zu tun. In seltenen Fällen sogar mit HIV-1/HIV-2-Koinfektionen. Hier in Österreich ist das einfach sehr selten – wobei wir seit Jahresbeginn eben tatsächlich bei zwei Personen HIV-2 diagnostiziert haben.
Sie sprechen das Thema der Diagnose an. Wie wird die HIV-2-Infektion diagnostiziert?
Die heutzutage eingesetzten Suchtests erkennen sowohl HIV-1 als auch HIV-2. Es handelt sich um Antikörper/Antigen-(AK/Ag)(p24)-Kombinationstests der 4. Generation, welche beide Infektionen detektieren können. Zur weiteren Differenzierung werden dann serologische Verfahren oder aber eine PCR auf HIV-2 durchgeführt. Letztere wird jedoch nur in virologischen Speziallaboren angeboten.
Was ist die Besonderheit?Worauf ist bei der Diagnosestellung zu achten?
Es ist vor allem wichtig, daran zu denken,dass dieser sehr seltene HIV-2-Typ existiert!Denn eine Gefahr besteht tatsächlich darin, die Infektion zu übersehen. Bei einem positiven HIV-Suchtest und dann folgender negativer HIV-1-PCRkann der vorangegangene AK/Ag-Test eventuell als „falsch positiver“ HIV-Test abgetan werden. Die spezifische HIV-2-PCR ist in dem Fall der wegweisende Schritt in der Diagnose.
Gibt es Unterschiede zwischen HIV-1 und 2, die für Sie im klinischen Alltag eine Rolle spielen?
HIV-2 schreitet häufig langsamer voran und hat meist eine niedrigere Virämie. Dennoch können Patienten mit HIV-2 auch an Aids-definierenden opportunistischen Infektionen erkranken und sterben. So wurde bei einem unserer aktuellen Fälle von HIV-2 eine disseminierte Tuberkulose bei sehr niedriger CD4-Zellzahl diagnostiziert.
Welche Aspekte zur antiretroviralen HIV-Therapie sind bei HIV-2 zu beachten? Und wie sieht es hier mit der Resistenztestung aus?
Der Zeitpunkt,zu dem eine antiretrovirale Therapie (ART) bei Patienten mit HIV-2 gestartet werden sollte, wurde bisher nicht in randomisierten Studien ermittelt. Analog zu einer HIV-1-Infektion würde man jedoch die Einleitung einer ART allen Patienten mit HIV-2 empfehlen. Dabei würde man primär eine Therapie mit zwei nukleosidischen Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTI) und einem Integraseinhibitor (INSTI) verwenden. Nichtnukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NNRTI) sind gegenüber HIV-2 nicht wirksam und bei den Proteaseinhibitoren (PI) gibt es abhängig von der eingesetzten Substanz Unterschiede in der Effektivität. Die Therapieoptionen sind somit etwas anders gelagert als bei HIV-1. Auch bei der Resistenztestung verhält es sich etwas anders, da keine standardisierten Verfahren zur Resistenztestung existieren. Genotypische Testungen werden daher nur in Ausnahmefällen (z.B. bei Therapieversagen) von virologischen Speziallaboren durchgeführt.
Wie geht es dem von Ihnen erwähnten Patienten?
Unser Patient mit der HIV-2-Infektion und der disseminierten Tuberkulose hat sich seit Therapieeinleitung klinisch bereits deutlich gebessert und die Behandlung konnte im ambulanten Rahmen weitergeführt werden. Auch in Zusammenhang mit HIV-2 also ein schöner Therapieerfolg.
Vielen Dank für das Gespräch!
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