
Wer sollte bei der Abklärung ins Zentrum?
Autorin:
Ap. Prof. PD. Dr. Stefanie Aust, PhD
Univ.-Klinik für Frauenheilkunde
Abteilung für allgemeine Gynäkologie und gynäkologische Onkologie
Medizinische Universität Wien
E-Mail: stefanie.aust@meduniwien.ac.at
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Wenn Adnexbefunde bestehen bleiben, an Größe zunehmen und spezifische Merkmale im transvaginalen Ultraschall aufweisen, ist eine weitere Abklärung erforderlich. Malignome und malignomsuspekte Veränderungen sollten im Zuge dessen erkannt und an ein gynäkoonkologisches Zentrum zur weiteren Betreuung überwiesen werden.
Ein „Adnexbefund“ kann entweder vom Ovar, von der Tube oder von paratubaren oder extragenitalen Strukturen ausgehen. Primär können Befunde am Ovar einer funktionellen Zyste (Follikelzyste oder Gelbkörperzyste) oder einer organischen Zyste (Endometriom) entsprechen bzw. einen benignen, Borderline- (BOT oder LMP; „low malignant potential“) oder malignen Tumor darstellen. Weitere Befunde tubaren oder paratubaren Ursprungs können folgenden Veränderungen entsprechen: embryonale Reste, Hydatide, Extrauteringravidität, Sactosalpinx oder Abszess. Ein parauteriner Befund im Bereich der Adnexloge entspricht oft einem gestielten Myom.
Die Abklärung von Adnexbefunden beginnt mit der Anamnese, wobei das Risiko für einen malignen Befund mit dem Alter ansteigt. Bestehen Schmerzen, Zunahme des Bauchumfanges (Aszites?) oder Appetitverlust, sind das wichtige Zusatzinformationen, ebenso wie die onkologische Familienanamnese. Funktionelle Zysten treten häufig bei Frauen vor der Menopause auf, sie entstehen durch hormonelle Veränderungen im Zusammenhang mit dem Menstruationszyklus und der Produktion von Follikeln und verschwinden meist spontan nach einigen Menstruationszyklen.
Abklärung von Adnexbefunden
Das wichtigste bildgebende Verfahren in der Abklärung von Adnexbefunden und der weiteren Einteilung in „suspekt“ (oder „komplex“) vs. „benigne“ ist der (transvaginale) gynäkologische Ultraschall.
Die Anwendung sonomorphologischer Kriterien erlaubt es, die weiterführende Triagierung in Observanz, chirurgische Therapie oder Einweisung in ein Zentrum durchzuführen. Erschwerend kommt hier jedoch hinzu, dass es kein österreichweites Ausbildungskonzept für das Erlernen spezifischer Ultraschallkenntnisse und deren Überprüfung gibt. Umso wichtiger ist es, Befunde einordnen und interpretieren zu können.
Unter den unterschiedlichen Hilfestellungen der präoperativen Dignitätseinschätzung sind der Sassone- und der Mainz-Score1, 2 ältere Modelle, die Anfang der 1990er-Jahre publiziert wurden. Diese haben sich jedoch (wie viele andere Modelle auch) nicht im klinischen Alltag durchgesetzt. Die Scoringsysteme der International Ovarian Tumor Analysis Group (IOTA) sind die aktuellsten und am weitesten verbreiteten Modelle. Es wurden von dieser Arbeitsgruppe verschiedene IOTA-Modelle unterschiedlichster Komplexität publiziert und validiert.3, 4 Sonomorphologische Parameter, die klassisch in die Risikoeinschätzung eingehen, sind der Tumordurchmesser, das Vorliegen zystischer, solider oder zystisch-solider Befunde, Septen, (papilläre) Binnenstrukturen, Aszites und Vaskularisation (nicht vorhanden vs. sehr stark).
Eine einfache und im klinischen Alltag rasch online am Computer durchführbare präoperative Berechnung des Risikos für das Vorliegen eines malignen Befundes kann durch die „Simple Rules risk (SRrisk) calculation“ (adaptiert 2016)3 unter dem Link https://homes.esat.kuleuven.be/~sistawww/biomed/ssrisk/ durchgeführt werden. Anhand dieser Risikoberechnung sollte ab einem Risiko für Malignität von 10% die Entscheidung für eine Überweisung an ein Zentrum zwecks weiterführender Abklärung und Therapie getroffen werden.
Ein noch besseres Modell zur präoperativen Risikostratifizierung bei persistenten komplexen Adnexbefunden, insbesondere wenn zusätzlich bereits der Serum-CA-125-Wert bestimmt wurde, ist das „ADNEX risk model“5, ein etwas aufwendigeres Modell, das die Wahrscheinlichkeiten für ein frühes Ovarialkarzinom, für ein fortgeschrittenes Ovarialkarzinom oder für Borderline-Tumoren sowie für sekundäre Malignome/ovarielle Metastasen berechnet. Auch hier sollte ab einem Risiko für Malignität von 10% die Entscheidung für eine Überweisung an ein Zentrum getroffen werden. Der Serum-CA-125-Wert ist ein Zusatzkriterium, jedoch ist dieser Wert gerade bei frühen Ovarialkarzinomen in ca. der Hälfte der Fälle nicht erhöht und er kann außerdem bei benignen Erkrankungen wie Endometriose, pelvinen Infektionen oder gastrointestinalen Erkrankungen ebenso erhöht sein. Daher darf er nicht als alleiniges Testkriterium verwendet werden. Auch wenn im klinischen Alltag die Zeit oft knapp ist, lohnt sich die kostenlose online (oder per App) durchgeführte Risikokalkulation unter https://www.iotagroup.org/iota-models-software/adnex-risk-model .
Ziel einer chirurgischen Therapie bei suspekten Adnexbefunden ist unter anderem die (frühzeitige) Detektion eines Ovarialkarzinoms. Insbesondere Frühstadien sind oft Zufallsbefunde im Rahmen einer Operation sonografisch „komplexer“ Adnexbefunde, wobei es prognostisch für die Patientin von Bedeutung ist, dass es zu keinem intraoperativen Spillage kommt und die Patientin nach Einlangen des histologischen Befundes zur anschließenden Staging-Operation an ein entsprechendes gynäkoonkologisches Zentrum überwiesen wird (sofern dies nicht bereits vorab erfolgt ist).
Fazit
Der suspekte Adnexbefund ist in der klinischen Routine nach wie vor eine diagnostische Herausforderung. Standardisierte Scoringsysteme wie die IOTA-Kriterien können eine gute Hilfestellung zur weiteren präoperativen Triagierung und rechtzeitigen Zuweisung an ein gynäko-onkologisches Zentrum bieten.
Literatur:
1 Sassone AM et al.: Obstet Gynecol 1991; 78: 70-5 2 Weber G et al.: Ultraschall Med 1999; 20: 2-8 3 Timmerman D et al.: Am J Obstet Gynecol 2016; 214: 424-37 4 Kaijser et al.: Hum Reprod Update 2014; 20 (3): 449 5 Van Calster B et al.: BMJ 2014; 349: g5920
Weiterführende Links:
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