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„Sicherstellung der Patientensicherheit auf höchstem Niveau“

Prof. Peter Husslein kritisiert, die Ärztekammer würde sich „mit Händen und Füßen“ gegen die Anerkennung von Spezialausbildungen in der Gynäkologie wehren. Wir haben Prof. Dr. Thomas Szekeres, den Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer, um eine Stellungnahme gebeten.

Herr Prof. Szekeres, Herr Prof. Husslein wirft der Ärztekammer vor, sie würde im Curriculum keine Spezialisierungen im Fach Gynäkologie vorsehen.

T. Szekeres: Es ist richtig, dass eine Spezialisierung im Fachgebiet der Frauenheilkunde und Geburtshilfe bis dato nicht etabliert wurde.

Und warum nicht?

T. Szekeres:Eine neue Spezialisierung muss zunächst hinsichtlich einiger Punkte geprüft werden: Ist sie versorgungsrelevant? Ist sie ohnehin schon in der vorhandenen Ausbildung vorhanden? Zudem muss die Einführung einer neuen Spezialisierung stets in enger Abstimmung mit dem Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK) unter Prüfung der genannten Punkte erfolgen. Die Ärztekammer kann also nicht beliebig eigenständig Spezialisierungen schaffen.

Prof. Husslein kritisiert weiter, Sie würden sich „mit Händen und Füßen“ dagegen wehren, die Spezialausbildungen zu akkreditieren, die in der Gynäkologie am AKH Wien angeboten werden. Was sagen Sie dazu?

T. Szekeres:Bei solchen Ausbildungen wird von der Ärztekammer geprüft, wo und in welchem Ausmaß sie angerechnet werden können. Zudem ist es so, dass einzelne Veranstalter von Fortbildungen wie auch Unikliniken zur Sicherung einer objektivierten und unabhängigen Fortbildungsstruktur um Akkreditierung ansuchen könnten. Dann könnten sie Fortbildungen auch selbst approbieren.

Also erkennen Sie Spezialausbildungen aus dem Ausland an – zum Beispiel in gynäkologischer Onkologie oder fetomaternaler Medizin –, obwohl es die hierzulande gar nicht gibt?

T. Szekeres: Auch Inhalte ausländischer Ausbildungen werden von der Ärztekammer geprüft, inwieweit sie in unser Ausbildungssystem passen und wo sie angerechnet werden können.

Prof. Husslein wirft der Kammer vor, sie würde das Gros ihrer Mitglieder schützen, nämlich die vielen niedergelassenen Kollegen, die keine Spezialisierung haben. Das Interesse der Kammer sei es, so Husslein, oft leider nicht, die Qualität der Medizin zu verbessern, sondern sie schütze immer wieder in allen möglichen Belangen die Annehmlichkeiten ihrer Mitglieder. Was sagen Sie dazu?

T. Szekeres: Die Österreichische Ärztekammer bekennt sich im Namen der von ihr vertretenen Ärztinnen und Ärzte zur kontinuierlichen fachlichen Fortbildung, nicht zuletzt da auch Patienten und die Öffentlichkeit großes Vertrauen in das aktuelle Fachwissen und Können der Ärzteschaft bei der medizinischen Betreuung der Patienten setzen. Anträge auf Einführung von Spezialisierungen unterliegen strengen Prüfkriterien. Neben der Versorgungsrelevanz und der bereits vorhandenen Abbildung von Inhalten im Ausbildungscurriculum wird darauf Bedacht genommen, dass die Einführung einer Spezialisierung keine neuen Strukturmaßnahmen, die Kosten verursachen würden, nach sich zieht. Spezialisierungen, wie auch alle anderen Formen von Weiterbildungen, erweitern grundsätzlich auch nicht den Kompetenzumfang eines Sonderfaches.

Die Kammer müsse viel stärker die Interessen der Patienten vertreten, fordert Prof. Husslein. Diese hätten ein Recht auf eine hochqualifizierte Behandlung vom Spezialisten. Wie kommentieren Sie das?

T. Szekeres: Die Sicherstellung der Patientensicherheit auf höchstem Niveau ist eine der wichtigsten Aufgaben, denen sich die Österreichische Ärztekammer verpflichtet fühlt. Nicht umsonst gibt es eine gesetzlich verankerte Fortbildungsverpflichtung, die von Österreichs Ärztinnen und Ärzten sehr ernst genommen wird. Nur weil eine Spezialisierung nicht vorgesehen ist, heißt das keinesfalls, dass Kompetenz fehlen würde.

Prof. Husslein möchte auch einen neuen Ausbildungskatalog im Fach Gynäkologie. Ist das notwendig?

T. Szekeres: Erst 2015 wurde das Ausbildungscurriculum des Sonderfachs Frauenheilkunde und Geburtshilfe adaptiert. Die inhaltlichen Anpassungen sollen zu einer nachhaltigen Qualitätssicherung in der Ausbildung beitragen, wobei sich diese insbesondere durch den medizinischen Fortschritt und die fachlich-medizinische Weiterentwicklung von Leistungen sowie durch geänderte organisatorische Rahmenbedingungen in den letzten Jahren ergaben. Die inhaltlichen Änderungen betrafen unter anderem die Zusammenführung der kleineren laparoskopischen Eingriffe mit der diagnostischen Laparoskopie, eine Aufnahme der fehlenden „diagnostischen Hysteroskopie“ sowie die Aufnahme von „ersten Assistenzen“ und „angeleiteten Eingriffen“ bei Operationen bei Gebärmuttersenkung sowie Harninkontinenz. In der Sonderfach-Schwerpunktausbildung im Modul 3 „Gynäkologische Onkologie“ erfolgt eine Anpassung der „Operationen bei onkologischen Krankheitsbildern“ an die Abbildung im Spezialgebiet „Chirurgische Onkologie“ im Sonderfach Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie.

Die Anzahl an Hysterektomien sei dort viel zu hoch, kritisiert Prof. Husslein, und viele Gynäkologen bräuchten das gar nicht, weil sie sich später in anderen Bereichen spezialisieren wollen. Was sagen Sie dazu?

T. Szekeres: Die Anzahl der vorzunehmenden Eingriffe, beispielsweise wie oben angeführt, werden von den wissenschaftlichen Fachgesellschaften vorgeschlagen und nach Abstimmung mit dem BMSGPK übernommen.

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Unser Gesprächspartner:

Prof. Dr. Thomas Szekeres
Präsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK)

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