<p class="article-intro">Die Transvaginalsonografie (TVS) ermöglicht die rasche und akkurate Darstellung der ovariellen und tief infiltrierenden Endometriose (TIE) in der klinischen Praxis. Sie ist Voraussetzung für eine individualisierte und optimale konservative oder chirurgische Therapie. Diese sollte im fortgeschrittenen Stadium durch Operateure mit entsprechender Erfahrung hinsichtlich der bevorzugten Operationstechnik, der interdisziplinären Zusammenarbeit und des Managements von Komplikationen erfolgen, um ein optimales Ergebnis zu erzielen.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Die TVS ist die „First line“- Untersuchungsmethode zur Abklärung der Endometriose.</li> <li>Die operative Therapie der ausgedehnten kolorektalen Endometriose benötigt ein akkurates präoperatives Staging.</li> <li>Ausgedehnte chirurgische Eingriffe sollten durch erfahrene Operateure interdisziplinär geplant und durchgeführt werden, um ein optimales Ergebnis zu erzielen.</li> </ul> </div> <p>Von Endometriose sind 2–8 % der prämenopausalen Frauen betroffen, bei etwa 20 % liegen TIE vor. Endometriose gilt als wesentlicher kausaler Faktor für Subfertilität und chronische Schmerzsymptome. Die exakte Diagnosestellung und in vielen Fällen die sinnvolle adaptierte operative Therapie können speziell bei organüberschreitender Erkrankung die Lebensqualität deutlich verbessern und die Fertilität optimieren. Klassische Symptome sind Dys- und/oder Hämatochezie, Subfertilität, ausgeprägte Dyspareunie, zyklische Dysurie und Dysmenorrhö, wobei eine aktuelle Publikation der Autoren im Gegensatz zu früheren Studien eine direkte Korrelation zwischen Ausprägungsgrad der TIE und Symtomatik nachweisen konnte.</p> <h2>Diagnostik</h2> <p>Obwohl manche tief infiltrierende Endometrioseknoten im Rahmen der klassischen bimanuellen Untersuchung diagnostiziert werden, sind über 50 % der Läsionen nicht tastbar, können jedoch bei entsprechender Erfahrung transvaginalsonografisch dargestellt werden. Vorbedingung für die Anwendung der TVS ist die Kenntnis der normalen als auch pathologisch veränderten Sonoanatomie des Rektosigmoids und der Harnblase. Die Rektumwand – Lamina muscularis, Submukosa und Mukosa – gelangen als echoarme und echoreiche Linien zur Darstellung (Abb. 1). Die TIE des Rektosigmoids führt typischerweise zu einer Störung dieser Struktur im Sinne einer deutlichen echoarmen Verbreiterung des Muskularisechos als sonografisches Korrelat (Abb. 1), während sich die TIE der Blase meist als isoechogener Knoten im Bereich der vesikouterinen Umschlagsfalte zeigt (Abb. 2).<br /> Die Aussagekraft dieser Kriterien in Bezug auf die histologisch verifizierte Prävalenz der Darmendometriose wurde in zwei Metaanalysen untersucht. Positive und negative Vorhersagewerte (NPV, PPV) lagen bei 98 % bzw. 96 % für Darmendometrioseherde innerhalb des kleinen Beckens, während die Darstellung von Blasenendometrioseknoten etwas niedrigere Werte erzielen konnte (gepoolte Sensitivität und Spezifität von 66 % bzw. 100 %). Somit liegt durch die TVS ein für die kolorektale Endometriose einfach verfügbarer und hoch aussagekräftiger diagnostischer Test vor. Die Magnetresonanztomografie (MRT) ist nach aktuellen Studien bei erfahrenem Befunder der TVS gleichwertig, jedoch teurer und schwieriger verfügbar.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Gyn_1904_Weblinks_jatros_gyn_1904_s8_abb1.jpg" alt="" width="300" height="229" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Gyn_1904_Weblinks_jatros_gyn_1904_s8_abb2.jpg" alt="" width="300" height="217" /></p> <h2>Operationstechnik bei kolorektaler Endometriose</h2> <p>Prinzipiell existieren drei mögliche chirurgische Behandlungsmethoden bei kolorektaler Endometriose: „rectal shaving“ (RS), „disc resection“ (DR) und Segmentresektion des Rektums (SR). Ziel der chirurgischen Therapie ist die Resektion der TIE mit Erhalt der reproduktiven Organe im Sterilitätsfall. Operationsart und Technik hängen prinzipiell von der Erfahrung und Präferenz des interdisziplinären gynäkologisch-chirurgischen Teams ab. Mehrere Studien belegen klar den Vorteil minimal invasiver Techniken gegenüber der Laparotomie hinsichtlich Blutverlust, postoperativer Komplikationen, Liegedauer und postoperativer Schwangerschaftsraten.<br /> Unter Shaving wird die oberflächliche, schichtweise Entfernung der TIE verstanden, mit dem Ziel „gesundes“ nicht betroffenes Gewebe zu schonen und somit die Darmmukosa und die luminale Struktur des Rektosigmoids zu erhalten. Nach einer Übersichtsarbeit von Donnez et al. und bis dato 4470 publizierten Fällen werden meist Läsionen zwischen 2 und 3 cm Durchmesser reseziert. Die Komplikationsraten des Shavings variieren stark und sind in manchen Studien nicht angegeben. Jene Publikationen mit detailliertem Follow-up berichten eine intraoperative Perforation bzw. Eröffnung des Lumens in 1,74 % (83 / 4470) mit konsekutiver komplikationsloser Übernähung im Rahmen des Ersteingriffs. Postoperative Dehiszenzen und Fistelbildung berichten Studien zwischen 0,03 % und 3,3 %. Die Darmfunktion (Entleerungsfrequenz, Obstipation und Kontinenz) scheint im bis dato selten publizierten Langzeit-Follow-up durch das Belassen des nerven- und gefäßführenden pararektalen Fettgewebes nicht negativ beeinträchtigt bzw. sogar teilweise verbessert zu sein. Die Rezidivraten nach Rektum-Shaving hinsichtlich Schmerzsymptomen betragen etwa 10 % , wobei nicht klar ist, ob die wiederkehrende Schmerzsymptomatik direkt mit der Operationstechnik assoziiert ist. Die bis jetzt publizierten Reinterventionsraten schwanken zwischen 2,4 % und 27 % nach bereits 20 Monaten, was eine klinisch relevante Persistenz der kolorektalen TIE im Rahmen des Ersteingriffs nahelegt.<br /> Eine weitere chirurgische Option stellt die DR dar, welche sich zu einer Standardmethode bei mittelgroßen (2–3 cm Durchmesser) Darmläsionen etabliert hat. Dabei wird der entstehende Wanddefekt nach Invagination oder Exzision der TIE vernäht oder mittels Stapler, welcher meistens transanal eingebracht wird, verschlossen. Vorbedingung ist prinzipiell eine unifokale Erkrankung, welche in der Praxis weniger als 2–4 cm Infiltrationsstrecke und weniger als 50 % der Gesamtzirkumferenz betrifft. Die Komplikationen der DR scheinen jene der RS zu übertreffen – Leakage bzw. Rektovaginalfistelbildung werden bei 371 publizierten Fällen in 3,6 % berichtet, wobei die Rate an Rektovaginalfisteln begünstigt bei Eröffnung der Vagina (82 %) bis zu 7,2 % betragen kann. In einer prospektiven Kohortenstudie der Autoren wies keine der 32 Patientinnen nach DR eine Leckageoder Fistelbildung auf, wobei die Vagina in der Hälfte der Fälle reseziert wurde. Im Gegensatz zu der von Roman et al. publizierten Serie werden an unserem Zentrum nur Läsionen bis 3 cm Durchmesser mittels DR behandelt, größere Knoten mit SR.<br /> Klassische Indikation der SR ist die ausgedehnte, in der Regel über 4–6 cm infiltrierende und multifokale TIE mit bis dato über 4000 publizierten Fällen. Die Extraktion des Darmsegments erfolgt über eine erweiterte suprasymphysäre oder paraspinale Inzision, die kolorektale Anastomose wird in der Regel End-End oder End-Seit mit Zirkulärstapler durchgeführt. Ein von einigen Autoren eingebrachtes Argument gegen die SR ist die erweiterte Radikalität der Operation, die mögliche Irritation der Gefäß- und Nervenversorgung des Rektums und angrenzender Beckenorgane und die damit verbundene Erhöhung der postoperativen Morbidität. Die publizierten Raten an Rektovaginalfisteln und Anastomoseninsuffizienzen (AI) schwanken zwischen 0 % und 18 %, wobei die Höhe der Anastomose (unter 5 cm ab ano Verdreifachung der AI-Rate bzw. Rate an AI / Fistel bei Anastomose unter 8 cm bis 13 %) eine wesentliche Rolle spielt. Weiters wird die postoperative Stenosierung des Anastomosenbereichs in bis zu 15 % der Fälle beschrieben sowie eine mögliche Funktionsstörung des Rektums („lower anterior resection syndrome“, LARS) häufiger nach SR im Gegensatz zu RS und DR berichtet. Hier ist anzumerken, dass die SR per se je nach Arbeitsgruppe sehr unterschiedliche Ergebnisse, Komplikationsraten und Operationsvarianten (limitierte nerven- und gefäßsparende Variante versus klassische TMR – totale mesorektale Resektion) aufweist. Die von den Autoren praktizierte „nerve-vessel sparing tubular resection“, bei welcher das gesamte mesorektale nerven- und gefäßführende Fettgewebe belassen wird (Abb. 3), zeigt in einer rezenten Publikation der Autoren niedrige Raten an AI und Fistelbildung (1,9 % bzw. 1 %) sowie im Vergleich zur DR keinen signifikanten Unterschied hinsichtlich der postoperativen Funktionalität (minor und major LARS in 5 % bzw. 1 %) und postoperative Anastomosenstenose in 1,2 %. Weiters konnte die bis jetzt einzige prospektiv-randomisierte Studie zum Vergleich DR versus SR keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich Komplikationsraten und Funktionalität nachweisen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Gyn_1904_Weblinks_jatros_gyn_1904_s9_abb3.jpg" alt="" width="300" height="275" /></p> <h2>Ergebnisse und Komplikationen</h2> <p>Bis dato existiert nur eine prospektivrandomisierte Studie zum Vergleich der Operationstechniken nach Resektion der kolorektalen TIE zur Verbesserung der Fertilität, welche keine signifikanten Unterschiede zwischen DR und SR aufzeigen konnte (spontane SS-Raten 66,7 % vs. 72,7 %). Eine signifikante Reduktion der Schmerzsymptome wird in bis zu 93 % der Fälle nach RS beschrieben mit kumulativer postoperativer Schwangerschaftsrate bei infertilen Patientinnen für RS und DR zwischen 65 % und 85 %. Die SR ist effektiv im Bezug auf Symptomreduktion, niedrige Rezidiv- und assoziierte Reinterventionsraten (unter 1 %) und hohe postoperative Schwangerschaftsraten (SSR) bei infertilen Patientinnen.<br /> In einem Review von 1889 Patientinnen nach SR betrug die Rate an vollständiger postoperativer Beschwerdefreiheit nach einem Jahr in Studien mit publiziertem Follow-up 81,5 % (111 /135); Verbesserung der Symptome 17 % (19 /112) und fehlende Veränderung nur 2,7 % (3 / 112).<br /> Eine rezente Analyse zur Fertilitätsverbesserung nach SR bei TIE berichtet eine kumulative SSR von 48 %–69 %, wobei die spontanen Konzeptionsraten zwischen 21 % und 61 % stark variieren. In einer Gruppe von 102 Patientinnen nach SR beobachteten die Autoren ebenso eine signifikante Reduktion der Schmerzsymptome (NAS-Scores Dysmenorrhö, Dyspareunie, Dyschezie) von im Mittel 8,3 auf 2,1, 3,5 auf 0,7 und 4,2 auf 0,7 mit einer kumulativen postoperativen SS-Rate von 64 % mit 40 % spontaner Konzeptionsrate.</p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Die Transvaginalsonografie ermöglicht die rasche und akkurate Darstellung der ovariellen und tief infiltrierenden Endometriose (TIE) in der klinischen Praxis.<br /> Die chirurgische Therapie der kolorektalen TIE beinhaltet drei mögliche Operationsmethoden: RS, DR und SR. Die zahlenmäßig größte Evidenz zur postoperativen Schmerzreduktion, Verbesserung der Fertilität und Komplikationsraten liegt mit über 4000 publizierten Fällen für die SR vor. RS und DR sind ebenso etablierte Techniken, wobei das RS geringere Komplikationsraten, jedoch möglicherweise höhere Rezidiv- und Reinterventionsraten verglichen mit DR und SR aufweist. Große prospektiv-randomisierte Studien zum Vergleich der drei Methoden fehlen jedoch bis jetzt. Angesichts der Tatsache, dass auch die Erfahrung des interdisziplinären Teams und die damit verbundene Fallzahl an Operationen („volume activity per center and year“) einen wesentlichen Einfluss auf das Outcome haben – mit einer Verdoppelung der Komplikationsraten bei Einheiten unter 20 Fällen pro Jahr –, sollte die chirurgische Therapie der kolorektalen TIE primär an Zentren mit entsprechender Erfahrung hinsichtlich der bevorzugten Operationstechnik, der interdisziplinären Zusammenarbeit und des Managements von Komplikationen erfolgen, um ein optimales Ergebnis zu erzielen.<br /> Die Verbesserung der Fertilität ist bei Patientinnen mit kolorektaler TIE und chirurgischer Therapie bewiesen, variiert jedoch nach vorliegenden Studien beträchtlich. Die Indikation zur operativen Resektion ist prinzipiell bei der symptomatischen Patientin, speziell bei additiver Infertilität gegeben.</p> </div></p>
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