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Migration und Gesundheit: Was wissen wir? Was ist zu tun?
Jatros
30
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07.07.2016
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<p class="article-intro">Migration – ein großes Thema, das eine gewaltige gesellschaftliche Dynamik besitzt und große Herausforderungen mit sich bringt. Was dies für das Gesundheitssystem bedeutet, stellte Dr. Helmut Brand, Professor für Europäische Gesundheitswissenschaften an der Universität Maastricht und Präsident des European Health Forum Gastein, im Rahmen der Veranstaltungsreihe „PrimeTime“ von AstraZeneca in der britischen Botschaft in Wien vor. </p>
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<p class="article-content"><p>„Die Fakten zu kennen ist wichtig, um politische Entscheidungen unter dem üblichen Risiko treffen zu können und die zum Großteil unbegründeten Mythen und Ängste zu beseitigen. Eine oft geäußerte Sorge in gesundheitlicher Hinsicht ist, dass Flüchtlinge vermehrt Infektionskrankheiten mitbringen. Doch das stimmt nicht. Sie mögen aufgrund der Umstände unterernährt, dehydriert, trau­matisiert sein oder an chronischen Krankheiten leiden. Aber die Mehrheit der Flüchtlinge ist gesünder als die Bürger des Landes, in das sie kommen. Ihr Gesundheits­status passt sich schnell der Allgemeinbevölkerung an. Sie stellen keine Belastung für das Gesundheitssystem dar, wenn die allgemeine Integration gelingt – dies gilt insbesondere für die Sprach- und Gesundheitskompetenz sowie den Zugang zum Arbeitsmarkt.1 Die aktuelle Situation erfordert arbeitsteilige Vorgehensweisen in verzahnten Strukturen sowie den Austausch von Know-how und Erfahrungen“, so Dr. Helmut Brand.</p> <p>„Österreich hat im letzten Jahr bewiesen, dass die Erstversorgung der Flüchtlinge sehr gut klappt. Auch haben viele Österreicher, wie nach dem Balkankrieg, einmal mehr Zivilcourage gezeigt. Die Verschärfung der aktuellen politischen Situation darf diesen Zugang der Österreicher nicht beeinträchtigen. Aus gesundheitspolitischer Sicht ist es wichtig, dass Therapie- und Betreuungszentren wie ‚Hemayat‘ oder ‚Zebra‘ bestehen bleiben und gefördert werden“, fordert Brand auf. Ein Ende der Konflikte ist nicht absehbar. Brand zufolge werden sich daher viele der Flüchtlinge hier eine Existenz aufbauen und bleiben. Eine Prognose, welche Flüchtlinge in ihre Heimatländer zurückkehren werden und welche nicht, gibt es nicht. <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Diabetes_1603_Weblinks_Seite29_1.jpg" alt="" width="" height="" /> <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Diabetes_1603_Weblinks_Seite29_2.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>Präventive Leistungen: Restriktion oder Gleichbehandlung?</h2> <p>Es stellt sich also die Frage, ob es sinnvoll ist, Flüchtlingen nur bestimmte Basisleistungen des Gesundheitssystems anzubieten, oder ob es besser ist, diesen die gleichen Leistungen anzubieten, wie sie alle Bürger des Landes in Anspruch nehmen können. <br />„Gemäß einer Analyse der European Union Agency for Fundamental Rights (FRA, Wien)2 ist es wichtig, die Inanspruchnahme präventiver Leistungen zu ermöglichen, denn dieses Investment ist in Relation zum langfristigen Ergebnis gering. Oberste Aufgabe ist es, Hürden zu erkennen, diese abzubauen und Migrantinnen und ­Migranten aktiv in den Integrationsprozess von Flüchtlingen einzubinden“, so Brand. Als Beispiel erfolgreicher Inklusion im Gesundheitsbereich nennt er die Initiative „MiMi – Mit Migranten für Migranten“, die 2015 den Europäischen Gesundheitspreis für Projekte mit dem Ziel, die Volksgesundheit in Europa zu verbessern, erhielt. Im Rahmen dieser Initiative wurden im Gesundheitswesen geschulte Migrantinnen und Migranten in die Beratung von Neuankömmlingen integriert. Auch die Einbindung von zugewanderten Ärzten gilt als erfolgreiches Beispiel, ebenso Fortschritte einer erfolgreichen und geregelten Integration im Gesundheitssektor.</p> <p>„Dies zeigt, dass jeder einzelne Mensch – Migrant, Flüchtling oder europäischer Staatsbürger – vollen Zugang zum Gesundheitssystem erhalten muss. Als Präsident des International Health Forum Gastein freue ich mich darauf, diese gesundheitspolitische Agenda mit dem diesjährigen Thema ‚Demografie und Vielfalt in Europa – neue Lösungen für die Gesundheit‘ voranzutreiben“, so die abschließenden Worte von Dr. Helmut Brand.</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: AstraZeneca „PrimeTime“,
11. Mai 2016, Wien;
AstraZeneca News Release, 5/2016, ID 774507
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<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> OECD: Making Integration Work: Refugees and others in need of protection. Paris. European Centre for Disease Prevention and Control (2015): Scientific advice – expert opinion on the public health needs of irregular migrants, refugees or asylum seekers across the EU’s southern and south-eastern borders. Stockholm: 2016 <br /><strong>2</strong> European Union Agency for Fundamental Rights: Cost of exclusion from healthcare – the case of ­migrants in an irregular situation. Luxembourg: 2015</p>
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