
Das neue Sterbeverfügungsgesetz
Rechtsanwalt, Lochau<br> E-Mail: lechnermarkus@aon.at
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An dieser Stelle wurde berichtet, dass der Verfassungsgerichtshof in §78StGB die Wortfolge „oder ihm dazu (bei der Selbsttötung) Hilfe leistet“ mit Wirksamkeit 31.12.2021 aufgehoben hat. Damit wurde eine Neuregelung der Sterbehilfe notwendig. Die Bundesregierung hat Ende Oktober 2021 den Entwurf eines Sterbeverfügungsgesetzes (StVfG) vorgelegt, der nun näher vorgestellt werden soll.
Sterbeverfügungsgesetz
Im Sterbeverfügungsgesetz hat sich der Gesetzgeber für ein bereits aus dem Bereich der Patientenverfügungen oder der Vorsorgevollmachten bekanntes Rechtsinstrumentarium entschieden, die sogenannte Sterbeverfügung. Im Sterbeverfügungsgesetz werden die „Voraussetzungen und die Wirksamkeit von Sterbeverfügungen zum Nachweis eines dauerhaften, freien und selbstbestimmten Entschlusses zur Selbsttötung“ geregelt. Eine solche Sterbeverfügung soll in Österreich nur wirksam sein, wenn die sterbewillige Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hat oder österreichischer Staatsangehöriger ist.
Frei und selbstbestimmt
In der Sterbeverfügung muss die sterbewillige Person festhalten, dass sie entschlossen ist, ihr Leben zu beenden. Die Sterbeverfügung hat auch die ausdrückliche Erklärung zu enthalten, dass dieser Entschluss frei und selbstbestimmt nach ausführlicher Aufklärung gefasst wurde. Es können auch bereits Hilfe leistende Personen angegeben werden. Die sterbewillige Person muss sowohl im Zeitpunkt der Aufklärung als auch im Zeitpunkt der Errichtung der Sterbeverfügung volljährig und entscheidungsfähig sein. Die Entscheidungsfähigkeit muss zweifelsfrei gegeben sein.
Eine Sterbeverfügung kann nur von einer Person errichtet werden, die an einer unheilbaren, zum Tod führenden Krankheit oder an einer schweren, dauerhaften Krankheit mit anhaltenden Symptomen leidet, deren Folgen die betroffene Person in ihrer gesamten Lebensführung dauerhaft beeinträchtigen. Die Krankheit muss für die sterbewillige Person einen Leidenszustand verursachen, der nicht anders als durch Selbsttötung abgewendet werden kann.
Aufklärung erforderlich
Der Errichtung einer Sterbeverfügung hat eine Aufklärung durch zwei ärztliche Personen voranzugehen, von denen eine eine palliativmedizinische Qualifikation aufzuweisen hat und die unabhängig voneinander bestätigen, dass die sterbewillige Person entscheidungsfähig ist und einen freien und selbstbestimmten Entschluss geäußert hat.
Der Inhalt und Umfang der Aufklärung werden im StVfG detailliert geregelt; die Aufklärung ist schriftlich zu dokumentieren und von allen beteiligten Personen zu unterschreiben. Wenn sich im Rahmen der ärztlichen Aufklärung ein Hinweis darauf ergibt, dass bei der sterbewilligen Person eine krankheitswertige psychische Störung vorliegt, deren Folge der Wunsch zur Beendigung ihres Lebens sein könnte, hat die ärztliche Person eine Abklärung dieser Störung einschließlich einer Beratung durch eine Fachärztin bzw. einen Facharzt für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin oder eine klinische Psychologin bzw. einen klinischen Psychologen zu veranlassen.
Zeitlicher Abstand
Die Sterbeverfügung kann frühestens zwölf Wochen nach der ärztlichen Belehrung errichtet werden. Hat eine ärztliche Person bestätigt, dass die sterbewillige Person an einer unheilbaren, zum Tod führenden Erkrankung leidet und in die terminale Phase eingetreten ist, so ist eine Errichtung nach zwei Wochen zulässig. Die Sterbeverfügung ist schriftlich vor einem Notar oder einer Notarin oder vor einem Patientenanwalt oder einer Patientenanwältin zu errichten und in ein Sterbeverfügungsregister einzutragen.
Widerruf
Eine Sterbeverfügung kann jederzeit widerrufen werden und verliert ihre Wirksamkeit außer bei Gesetzwidrigkeit oder Widerruf spätestens ein Jahr nach deren Errichtung.
Abgabe des letalen Präparats
Nach Vorlage einer wirksamen Sterbeverfügung darf (nicht muss) jede öffentliche Apotheke an die sterbewillige oder eine in der Sterbeverfügung namentlich genannte Hilfe leistende Person ein letales Präparat abgeben. Dieses ist für andere Personen als die sterbewillige oder Hilfe leistende Personen unerreichbar aufzubewahren und im Falle der Aufgabe des Wunsches zu sterben zurückzugeben. Es kann auch nur einmal bezogen werden.
Freiwilligkeit
Ausdrücklich festgehalten wird im StVfG, dass niemand dazu gezwungen werden kann, an der Errichtung einer Sterbeverfügung, an der gebotenen Aufklärung oder gar an der Selbsttötung mitzuwirken, sohin auch nicht Ärzte. Umgekehrt darf auch niemandem ein Nachteil aus einer allfälligen Mitwirkung erwachsen.
Verhinderung der Geschäftemacherei
Ein striktes Werbeverbot und das Verbot der Annahme eines über den Ersatz des tatsächlichen Aufwandes hinausgehenden wirtschaftlichen Vorteils sollen Geschäftemacherei verhindern. Verstöße gegen das StVfG sind mit Verwaltungsstrafen bis zu EUR 30000,–, im Wiederholungsfall mit bis zu EUR 60000,– strafbar.
Noch nicht beschlossen
Darauf hinzuweisen ist, dass im Begutachtungsverfahren zahlreiche Stellungnahmen eingegangen sind, die die Bundesregierung oder später allenfalls auch der Gesetzgeber noch berücksichtigen kann. Änderungen im Gesetzwerdungsprozess sind daher noch möglich; bei Redaktionsschluss war das Sterbeverfügungsgesetz jedenfalls noch nicht beschlossen. Maßgeblich wird der endgültige Gesetzestext sein.
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