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Auf dem Holzweg in die Sackgasse

<p class="article-intro">Über eine Schande, die sich endlich nicht mehr wegreden lässt.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>In der ersten H&auml;lfte des Jahres 2010 trat der Haus&auml;rzteverband mit drei Veranstaltungen im Radiokulturhaus an die &Ouml;ffentlichkeit. Die &bdquo;Auf dem Holzweg in die Sackgasse&ldquo; benannte Trilogie machte f&uuml;r uns vorhersehbare soziale, wissenschaftliche und datenrechtliche Folgen der Gesundheitsreform zum Thema. Hochkar&auml;tige und vor allem unabh&auml;ngige bis &auml;rztekritische Experten waren unsere G&auml;ste. Es ist alles andere als ein Erfolgserlebnis, zu sehen, wie berechtigt unsere Bedenken waren.<br /> <br /> Erster Abend: Sozialabbau durch Gesundheitsreform. G&auml;ste: Martin R&uuml;mmele, Mag. Martin Schenk. Die Zweiklassenmedizin, Zuzahlungs- und Wahlarztmedizin sind in der Tagespresse angekommen. Nicht thematisiert werden bisher die durch das Forcieren der Gesundheitselektronik Zur&uuml;ckgelassenen. Es sind vor allem die &auml;lteren Menschen, denen man mehr und mehr ihre gewohnten Kommunikationsm&ouml;glichkeiten entzieht und die man daf&uuml;r mit M&ouml;glichkeiten entsch&auml;digt, die ihnen noch nie abgegangen sind. Der renommierte Sozialwissenschaftler Prof. Ernst Gehmacher, oft Gast unserer Veranstaltungen, nennt die Voraus&shy;setzungen f&uuml;r ein als sicher empfundenes Leben &bdquo;Sozialkapital&ldquo; und sieht die Haus&auml;rzteschaft als wesentlichen Teil davon. Je &auml;lter der Mensch, desto wichtiger sei dies f&uuml;r ihn. Diese eine Vertrauensperson kann ihm keine Institution jemals ersetzen.<br /> <br /> Zweiter Abend: medizinische Erkenntnisse &ndash; erforscht oder erkauft. G&auml;ste: Doz.in Claudia Wild, Dr.in Susanne Rabady. Die von den medizinisch ahnungslosen Gesundheitsreformern so kritiklos forcierte evidenzbasierte Medizin ist in Kritik geraten. Die Leitlinien- und &bdquo;Best practice&ldquo;-Manie &uuml;bersieht geflissentlich die &ouml;konomische Bedeutung dieser Vorgaben. Der um evidenzbasierte Medizin (EBM) seit Jahrzehnten engagiert bem&uuml;hte Prof. Dr. John P. Ioannidis schreibt fast resignierend, dass die evidenzbasierte von der &bdquo;finance&ldquo;-basierten Medizin abgel&ouml;st wurde. Auch auf diesem Auge blieb die Sehkraft der Reformer in all den Jahren schwach. Daf&uuml;r beschert uns der Umgang des Hauptverbandes mit der Pharmaindustrie Medikamentenkontingentierungen, Lieferengp&auml;sse, zunehmende ganz konkrete Mangelversorgung.<br /><br /> <br /> Dritter Abend: E-Medikation. Ein Schritt zu mehr Transparenz und Sicherheit oder in die &Uuml;berwachungsmedizin. G&auml;ste: Mag.a pharm Martina Anditsch, Mag. jur. Markus Lechner. Seit der v&ouml;llig substanzlose Arzneimittelsicherheitsgurt 2009 in Salzburg von allen und jedem, der sich als Reformkraft profilieren wollte, in bedauernswerter Ahnungslosigkeit hochgejubelt worden ist, geistert die E-Medikation durch die Medien. Bei diesem Geisterdasein ist es bis heute geblieben. Im Echtversuch konnte dieses &bdquo;Reformliebkind&ldquo; bisher keine Bew&auml;hrungsprobe bestehen. Wenn auch, wie ich selbst im Rahmen einer Diskussionsveranstaltung h&ouml;ren konnte, der 2013 gescheiterte Pilotversuch rund um das SMZ Ost in Wien in der verkl&auml;renden Erinnerung der schon damals Mitverantwortlichen als Erfolg kommuniziert wird, war er doch ein Totalflop. Nach einer 3-j&auml;hrigen Nachdenkpause l&auml;uft derzeit der Probebetrieb in und um Deutschlandsberg und wieder zeichnet sich ein Totalschaden ab. Aber: Wenn einmal ein Weg eingeschlagen wurde, dann wird er starrsinnig gegangen &ndash; auch wenn er in eine Sackgasse f&uuml;hrt. Wohlgesinnte, freiwillige Teilnehmer an diesem Probebetrieb steigen aus, auch teilnehmende Apotheken best&auml;tigen den dringenden Verbesserungsbedarf, die Verantwortlichen vermelden &uuml;ber Medien positive R&uuml;ckmeldungen. Interessenvertreter von Seniorenbund bis Arbeiterkammer werden vergattert eine Pro-E-Medikation-Stellungnahme abzugeben, durch jeden Satz blitzt ihre Ahnungslosigkeit. Oberfl&auml;chlich &bdquo;gebrieft&ldquo; durch das Akzeptanzmanagement fordern justament Seniorenvertreter nachdr&uuml;cklich ein, was ihrer Klientel zum Schaden gereichen wird.<br /> <br /> Die Wirklichkeit holt die leeren Versprechungen ein. Zuzahlungsmedizin, Medikamentenlieferengp&auml;sse, unbesetzte Hausarztstellen sind die Realit&auml;t, ELGA, im Beson&shy;deren E-Medikation und Prim&auml;rversorgungszentren, sind das Rezept dagegen. Trotz lauter Lobpreisungen durch Patientenanwaltschaft und andere politisch Erm&auml;chtigte nimmt nichts davon Gestalt an. Der Mut und der Wille fehlen, die dringend n&ouml;tigen Reformschritte des Gesundheitssystems jene planen und durchf&uuml;hren zu lassen, die dieses System tragen. Und sie tragen es nach wie vor, allerdings unter immer schwierigeren Rahmenbedin&shy;gungen.</p></p>
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