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Reha für alle Diabetes-Betroffenen sinnvoll?

Der generelle Stellenwert der Rehabilitation in der Stoffwechselmedizinsteigt durch die stetig wachsende Anzahl an Betroffenen und die Ressourcenknappheit. Sowohl der Faktor Zeit als auch ein gut ausgebildetes, versiertes medizinisches Personal sind für eine vertiefte Ausbildung in immer komplexer werdenden Behandlungsmöglichkeiten (AID, CGM) erforderlich. Beide Faktoren sind in spezialisierten Stoffwechselhäusern gegeben.

Keypoints

  • Die stationäre Rehabilitation hat eine wichtige Funktion im Netzwerk der kardiometabolischen Prävention und Diabetesbetreuung.

  • Sie kann bei optimaler Ressourcennutzung ambulante Engpässe teilweise ausgleichen und stationäre Akutkrankenhausaufenthalte ersetzen.

  • Bei entsprechendem Schnittstellenmanagement kann die Nachhaltigkeit verbessert werden.

Der Begriff Rehabilitation wird üblicherweise verknüpftmit der Wiederherstellung orthopädischer oder auch neurologischer Defizite bzw. dem Erhalt einer alltagstauglichen Funktionalität des Körpers. Das Ziel ist der Erhalt oder die Wiederherstellung einer Erwerbsfähigkeit bzw. soll Pflegebedürftigkeit verhindert werden. Die Stoffwechselrehabilitation stellt im Gegensatz dazu eine Präventivmaßnahme dar, die Menschen mit Diabetes erst gar nicht aus dem System fallen lassen soll, Spätkomplikationen verhindern und ein gutes Selbstmanagement ermöglichen soll. Dabei istdie Wissensvermittlung über Schulungen, aber auch eine entsprechende praktische Anwendung des Gelernten von besonderer Bedeutung. In Kombination mit einer leitliniengerechten medikamentösen Optimierung der Stoffwechseleinstellung sind die Voraussetzungen für die Erreichung oben genannter Ziele gegeben.

Aber es gibt gerade bei Menschen mit Diabetes auch einige Faktoren, die den Erfolg einer Reha gefährden. Der wichtigste ist mangelnde Krankheitseinsicht, sprich Akzeptanz. Bedingt durch den zumeist fehlenden Leidensdruck ist es oft schwer für die Betroffenen, die Tragweite ihrer Erkrankung mit allen möglichen Folgen zu erkennen und zu akzeptieren. Dies führt naturgemäß dazu, dass Veränderungen des eigenen Lebensstils zumeist wenig motiviert angegangen werden und als vorrangiges Ziel die Verringerung der Medikation im Fokus steht. Befeuert wird diese Einstellung leider häufig durch Zuweiser, die sich eine Steigerung der Motivation durch falsche Versprechen der Heilung nach ein paar Kilo Gewichtsreduktion und vermehrter Bewegung versprechen. Dank der psychologischen Betreuung im Rehasetting ist dieser Irrglaube zumeist umkehrbar.

Wer profitiert von einer Stoffwechselrehabilitation?

Vereinfacht gesagt profitiert jeder Patient, egal in welcher Phase der Krankheit:

  • beiDe-novo-Typ-1- & Typ-2-Diabetes

  • bei Insulineinstellung/-umstellung

  • bei Pumpeneinstellung

  • durch berufliche Rehabilitation

  • durch Motivationsschub (bei rezidivierender Lifestyle-Intervention)

Im Rahmen einer Rehabilitation werden in unterschiedlichen Settings sowohl theoretisch als auch praktische Inhalte vermittelt:

  • Die Schulung, der Lebensstil und die Anpassung der optimalen medikamentösen Therapie bzw. die Entlassung sollen alltagstauglich sein.

  • Anstrengungen, Ängste zu nehmen; Sicherheit durch stationäres Ambiente und dennoch alltagsähnliche Bedingungen werden simuliert.

  • Zeit, sämtliche Szenarien durchzuspielen (Essen, Sport etc.) und technische Features (AIDs, Sensoren etc.) nützen zu lernen, steht zur Verfügung.

  • Unvereinbarkeit von Anforderungen/Komplikationen und Beruf bedingt durch den Diabetes aufdecken und Reha-Beratung/Umschulung einleiten.

Dabei wirken in der Rehabilitation unterschiedliche Berufsgruppen synergistisch zusammen, sodass gleiche Inhalte mehrfach gehört, aber mit unterschiedlichem Zusammenhang besser abgespeichert werden können und nachhaltiger zur Umsetzung kommen. Ein weiterer Benefit ist die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch mit Menschen, die gleichermaßen betroffen sind.

Die Möglichkeiten einer Zuweisung bestehen durch den Rehaantrag eines niedergelassenen Arzt, bei Anschlussheilverfahren durch eine Krankenanstalt und bei Wiederholungsaufenthalt beantragt durch das Rehazentrum.

Ein wesentlicher Beitrag zum Erfolg einer Stoffwechselrehabilitation sind die richtige Erwartungshaltung des Patienten und die korrekte und wahrheitsgemäße Information betreffend Diagnose, Therapie und Zusatzerkrankungen bei Zuweisung.

Demenz, Immobilität und insuffiziente Kommunikationsvoraussetzungen limitieren den Erfolg bzw. stellen Kontraindikationen für eine Reha dar, da sie die Grenzen des Machbaren übersteigen. Genauso wichtig wie die richtige Zuweisung ist die gelungene Überleitung in den Alltag nach Beendigung des Aufenthaltes. Die Information des Patienten über notwendige weitere Schritte bzw. Anbindung an eine entsprechende Weiterbetreuung im niedergelassenen Bereich ist essenziell für die Nachhaltigkeit, hier gibt es mit Sicherheit noch Verbesserungspotenzial.

bei der Verfasserin

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