
Nur wer sein persönliches Diabetesrisiko kennt, kann gezielt gegensteuern
Das neue Vorstandsteam der Österreichischen Diabetes Gesellschaft (ÖDG) setzt in seiner Aufklärungsarbeit einen starken Fokus auf die Prävention und Früherkennung von Typ-2-Diabetes. Die Gefahr der Erkrankung könnte in den meisten Fällen schon Jahre vor der Manifestation entdeckt werden. In diesem Zeitfenster kann durch eine intensivierte Lebensstiltherapie eine Erkrankung verhindert oder verzögert werden.
Ungesunder Lebensstil für manche noch gefährlicher
Noch immer wird Typ-2-Diabetes spät und als Zufallsdiagnose gestellt, wenn bereits Folgeerkrankungen aufgetreten sind. „Das Tückische am Diabetes ist, dass er lange keine Beschwerden verursacht. Wir gehen davon aus, dass jeder vierte Betroffene nichts von seiner Diabeteserkrankung weiß“, betont Prim. Univ.-Prof. Dr. Martin Clodi, Vorstand der Abteilung für Innere Medizin im Konventhospital Barmherzige Brüder Linz und Präsident der ÖDG, und er führt aus: „Dabei kann uns der HbA1c-Test bereits Jahre vor der eigentlichen Diabeteserkrankung anzeigen, dass die Glukosetoleranz gestört ist und ein erhöhtes Erkrankungsrisiko besteht.“
„Der Typ-2-Diabetes hat eine genetische Komponente. Diese führt dazu, dass es in unserer Gesellschaft Menschen gibt, für die unser generell ungesunder Lebensstil individuell noch viel ungesünder ist. Sie bekommen bei einem ungesunden Lebensstil besonders leicht und früh eine gestörte Glukosetoleranz, können Zucker somit nicht mehr so rasch und effizient verarbeiten wie andere Menschen und schädigen durch den erhöhten Blutzuckerspiegel ihre Gefäße. Diese Menschen könnten geschützt werden, indem ihnen ihr persönliches Risiko veranschaulicht wird“, sagt OA Dr. Michael Resl, ebenfalls aus dem Konventhospital Barmherzige Brüder Linz und Erster Sekretär der ÖDG.
Wer sollte sein Diabetesrisiko bestimmen lassen?
Ab dem 45. Lebensjahr empfiehlt die ÖDG allen Menschen, ihr Diabetesrisiko anhand des HbA1c-Werts oder eines oralen Glukosetoleranztests bestimmen zu lassen. Bereits vor dem 45. Lebensjahr sollte bei Vorliegen folgender Risikokonstellation eine Untersuchung mittels HbA1c erfolgen:
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Wenn erstgradig Verwandte (Eltern, Geschwister) an Diabetes erkrankt sind
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Bei Übergewicht
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Bei körperlicher Inaktivität
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Bei Vorliegen eines metabolischen Syndroms
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Bei Bluthochdruck
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Bei Fettstoffwechselstörungen, vor allem bei einem niedrigen HDL-Wert
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Wenn eine Fettlebererkrankung diagnostiziert wurde
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Wenn Frauen bereits einen Schwangerschaftsdiabetes hatten
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Bei Vorliegen eines polyzystischen Ovarialsyndroms
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Bei chronischem Tabakkonsum
Der HbA1c-Weckruf
„Die HbA1c-Bestimmung wird von der Gesundheitskasse flächendeckend in ganz Österreich refundiert. Jede Ärztin und jeder Arzt ist aufgerufen, diese Möglichkeit zu nützen, denn würden alle Menschen, bei denen eine gestörte Glukosetoleranz vorliegt, dies erfahren, würde dies wie ein Weckruf funktionieren. Sie erhalten die Chance, das Ruder herumzureißen, können die Lebensstilmaßnahmen mit der nötigen Ernsthaftigkeit umsetzen und so das Risiko für einen manifesten Diabetes mit all seinen Komplikationen wie zum Beispiel Niereninsuffizienz und Herzinfarkt senken“, betont Clodi.
Die Lebensstiltherapie
Die Lebensstiltherapie basiert auf einer gesunden Lebensführung: regelmäßiger Bewegung, gesunder Ernährung, Gewichtsreduktion und Rauchstopp. Für die Blutzuckerkontrolle sind bei gestörter Glukosetoleranz meistens noch keine Medikamente notwendig. „Gerade in der heutigen Zeit mit unterschiedlichsten GesundheitsApps am Smartphone ist es eigentlich ganz leicht, regelmäßig an seine Gesundheit erinnert zu werden. Zum Beispiel, dass man täglich 10000 Schritte gehen sollte. Es ist auch so einfach wie noch nie, gesündere Nahrungsmittelalternativen zu finden und zu bekommen. Was fehlt, ist die persönliche Motivation, die durch eine klare medizinische Aussage zum individuellen Risiko erreicht werden kann“, erklärt Resl abschließend.
Informationen über die Aktivitäten der ÖDG finden Sie unter www.oedg.at .
Quelle:
Presseaussendung der ÖDG, 16. Februar 2022
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