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Metabolic Associated Fatty Liver Disease

Neuer Name für ein bekanntes Problem: Wird aus der NAFLD einfach MAFLD?

Die Zahl der Patienten mit nichtalkoholischer Fettlebererkrankung (NAFLD) steigt stetig. Es besteht eine besonders starke Assoziation der NAFLD mit Adipositas und Typ-2-Diabetes. Kürzlich wurde eine neue Klassifikation der Erkrankung, unter der Bezeichnung Metabolic Associated Fatty Liver Disease (MAFLD), vorgeschlagen. Was sagt die Klassifikation aus und wie hilfreich ist sie im Alltag?

Keypoints

  • Die frühzeitige Identifikation von Risikopatienten und Diagnose einer Steatosis hepatis ist aufgrund des Potenzials einer Progression in Richtung Steatohepatitis und Zirrhose von großer klinischer Bedeutung.

  • Die vorgeschlagene neue Klassifizierung der MAFLD legt den Fokus auf die starke Assoziation mit Adipositas und Typ-2-Diabetes.

  • Die Zukunft wird zeigen, ob diese neue Klassifizierung und Umbenennung auch Vorteile für die klinische Praxis bringen wird.

Ektope Lipidablagerungen, insbesondere eine übermäßige Lipidablagerung in der Leber, sind mit weitreichenden metabolischen Konsequenzen verbunden. Die simple Ablagerung von Lipiden in der Leber wird als Steatosis hepatis bezeichnet und stellt das Anfangsstadium eines potenziell progredienten Prozesses dar. Dieser Prozess kann von einer simplen Steatose über eine Steatohepatitis bis hin zu einer Fibrose fortschreiten. Eine Leberfibrose stellt eine substanzielle Schädigung der Leber dar, welche auch mit einer erhöhten Gefahr der Entwicklung eines hepatozellulären Karzinoms einhergeht. Die Anzahl der betroffenen Patienten ist in den letzten Jahren stetig gestiegen und die Fettleberzirrhose stellt in den westlichen Ländern eine der häufigsten Ursachen für eine Lebertransplantation dar.1 Das Interesse an Pathomechanismen und Risikofaktoren für die Entwicklung und Progression der Erkrankung hat dementsprechend in den letzten Jahren stark zugenommen.

Ursachen für die ektope Lipidablagerung

Grundsätzlich sind zahlreiche Ursachen für eine vermehrte ektope Lipidablagerung in der Leber beschrieben: Hierzu zählen übermäßiger Alkoholkonsum, Medikamente und Toxine, aber auch Infektionen wie zum Beispiel Hepatitis C und genetische Lebererkrankungen. Die häufigste Ursache für eine Steatosis hepatis stellt die sogenannte nichtalkoholische Fettleber (NAFLD) dar.2 Hierunter versteht man eine vermehrte Lipidablagerung in der Leber, welche histologisch oder bildgebend bestimmt wurde, unter Ausschluss von anderen signifikanten Leberpathologien wie zum Beispiel übermäßigem Alkoholkonsum.3

Eine übermäßige Ablagerung von Lipiden in der Leber wurde schon 1936 als „fatty liver“ beschrieben. Etwa 10 Jahre später wurde die Assoziation einer übermäßigen Lipidablagerung in der Leber mit der Entwicklung einer Zirrhose bei Patienten mit Typ-2-Diabetes (T2D) erkannt. 1986 wurde schließlich der Begriff NAFLD geprägt.4

Es wurden zahlreiche Faktoren beschrieben, die Entstehung und Progression einer NAFLD begünstigen können. Neben Geschlecht, Ethnie und Alter spielen hier auch zahlreiche metabolische, inflammatorische und immunologische Veränderungen eine Rolle.

Metabolische Veränderungen

Besonders hervorzuheben sind metabolische Veränderungen. Die starke Assoziation von Adipositas mit der Entwicklung einer NAFLD spiegelt sich auch in der immensen Anzahl der betroffenen Personen wider.1 Die Prävalenz einer NAFLD bei adipösen Patienten wird mit bis zu 80% angegeben. Es ist anzunehmen, dass die steigende Anzahl der von Adipositas betroffenen Patienten auch mit den stark steigenden Zahlen der Patienten mit NAFLD in Verbindung steht.5

Ein entscheidender Faktor in der Pathophysiologie der NAFLD und deren weitreichenden Folgen scheint die enge Assoziation einer NAFLD mit der Entwicklung einer Insulinresistenz zu sein. Zusätzlich stellt T2D einen starken Risikofaktor für die Entwicklung einer NAFLD dar. Ursächlich für die starke Assoziation der NAFLD mit T2D scheinen, neben vielen anderen Faktoren, Störungen des Lipidmetabolismus, mitochondriale Dysfunktionen und auch eine gesteigerte Inflammation zu sein. Wobei das Zusammenspiel dieser verschiedenen Faktoren im Rahmen der Entwicklung und Progression von Steatosis zu Zirrhose immer noch nicht vollkommen geklärt ist.6

Metabolic Associated Fatty Liver Disease – MAFLD

Um der engen Verbindung von metabolischen Störungen und der Entwicklung sowie Progression einer NAFLD Rechnung zu tragen, wurde vor Kurzem eine neue Klassifizierung, die „Metabolic Associated Fatty Liver Disease“ (MAFLD), angeregt.7

Neben der Namensänderung wurden auch Diagnosekriterien für die MAFLD vorgeschlagen. Abbildung 1 zeigt eine adaptierte Form dieser Diagnosekriterien. Patienten mit Steatosis hepatis sollen demnach hinsichtlich Adipositas und T2D untersucht werden. Zeigt sich entweder eine Adipositas oder ein T2D bei Patienten mit Steatosis hepatis, kann, laut diesem Vorschlag, die Diagnose einer MAFLD gestellt werden. Zusätzlich wurden aber auch schlanke bzw. normalgewichtige Patienten berücksichtigt. Hier kommen für die Diagnose einer MAFLD verschiedene weitere Parameter zur Anwendung. Dazu zählen neben weiteren Parametern der Bauchumfang, die arterielle Hypertonie, verschiedene Lipidstoffwechselparameter und ein Prädiabetes. Sind mindestens zwei der metabolischen Risikofaktoren vorhanden, kann auch bei schlanken/normalgewichtigen Patienten ohne T2DM die Diagnose MAFLD gestellt werden. Die einzelnen metabolischen Risikofaktoren, die hier berücksichtigt werden, sind in der Abbildung 2 ersichtlich.8

Abb. 1: Überblick über die Diagnosekriterien einer MAFLD (adaptiert nach Eslam M et al.8)

Abb. 2: Aufstellung der für die Diagnose einer MAFLD wichtigen metabolischen Risikofaktoren (adaptiert nach Eslam M et al.8)

Mögliche Vorteile und Nachteile der neuen Klassifikation

Die vorgeschlagene Umbenennung und Kategorisierung in MAFLD könnte einige Vorteile mit sich bringen. Darunter fällt zum Beispiel die Verdeutlichung der starken Assoziation ektoper Lipidablagerungen in der Leber mit metabolischen Störungen. Dies könnte die Aufmerksamkeit erhöhen und dadurch Patienten früher einer Diagnose und dadurch auch einer entsprechenden Überwachung zuführen. Durch den progredienten Charakter der Erkrankung wäre hier ein entscheidender Schritt getan. Zusätzlich verdeutlicht der Begriff MAFLD die enge Vernetzung hepatischer und metabolischer Faktoren in diesem Zusammenhang und unterstreicht auch die Notwendigkeit einer interdisziplinären Betreuung durch Hepatologen und Stoffwechselspezialisten.8

Praxistipp
Mehr Awareness in der täglichen Praxis für die Erkrankung, die sich hinter der neuen MAFLD-Klassifi­kation verbirgt, ist auf jeden Fall wichtig.

In einer 2021 veröffentlichten Studie wurden die Definitionen NAFLD und MAFLD in einer prospektiven Kohortenstudie untersucht. Hier zeigte sich im Wesentlichen eine Überlappung der mit NAFLD und mit MAFLD diagnostizierten Patienten. Es gab aber auch Unterschiede. So zeigte sich zum Beispiel, dass jene Patienten, welche bislang zur Gruppe von schlanken Patienten mit NAFLD zählten, in der MAFLD-Klassifikation nicht zur Gänze abgebildet waren.9

Ein wesentlicher Unterschied zwischen den Klassifikationen NAFLD und MAFLD stellt der Ausschluss spezifischer Erkrankungen in der NAFLD-Klassifikation dar, wohingegen die MAFLD-Klassifikation durch die Inklusion von metabolischen Veränderungen ohne Berücksichtigung von spezifischen Erkrankungen getragen wird. Die Heterogenität der unter der MAFLD-Klassifikation subsumierten Entitäten könnte auch einen Nachteil darstellen und die Zukunft wird erst noch zeigen, ob die angeregte Änderung von Name und Klassifikation einen Vorteil für die Betreuung betroffener Patienten darstellt.

Die immense klinische Bedeutung ektoper Lipidablagerungen in der Leber ist – unabhängig von Name und Klassifikation – nicht von der Hand zu weisen. Die steigende Anzahl der betroffenen Patienten, nicht zuletzt wohl auch getrieben durch die stetig steigende Prävalenz von Adipositas und T2D, wird in Zukunft noch mehr Einsatz durch die behandelnden Ärzte fordern. Unabhängig davon, wie und ob sich die angeregte Änderung der Klassifikation in Zukunft bewähren wird, kann die Diskussion um die MAFLD-Klassifikation auf jeden Fall einen Beitrag leisten, dass diesem wichtigen Krankheitsbild mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird.

1 Lindenmeyer CC, McCullough AJ: The natural history of nonalcoholic fatty liver disease-an evolving view. Clin Liver Dis 2018; 22(1): 11-21 2 Ress C, Kaser S: Mechanisms of intrahepatic triglyceride accumulation. World J Gastroenterol 2016; 22(4): 1664-73 3 European Association for the Study of the Liver (EASL), European Association for the Study of Diabetes (EASD), European Association for the Study of Obesity (EASO): EASL-EASD-EASO Clinical Practice Guidelines for the management of non-alcoholic fatty liver disease. J Hepatol 2016; 64(6): 1388-402 4 Fouad Y et al.: What’s in a name? Renaming “NAFLD” to “MAFLD.” Liver Int Off J Int Assoc Study Liver 2020; 40(6): 1254-61 5 Soresi M et al.: The prevalence of NAFLD and fibrosis in bariatric surgery patients and the reliability of noninvasive diagnostic methods. Biomed Res Int 2020; 2020: 5023157 6 Tilg H et al.: NAFLD and diabetes mellitus. Nat Rev Gastroenterol Hepatol 2017; 14(1): 32-42 7 Eslam M et al.; International Consensus Panel: MAFLD: a consensus-driven proposed nomenclature for metabolic associated fatty liver disease. Gastroenterology 2020; 158(7): 1999-2014.e1 8 Eslam M et al.: A new definition for metabolic dysfunction-associated fatty liver disease: an international expert consensus statement. J Hepatol 2020; 73(1): 202-9 9 Baratta F et al.: Open issues in the transition from NAFLD to MAFLD: the experience of the Plinio Study. Int J Environ Res Public Health 2021; 18(17): 8993

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