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Neue und bewährte Lipidtherapien

<p class="article-intro">Hochwirksame triglyzeridsenkende Therapien, welche gegen ApoC-III und ANGPTL3 gerichtet sind, stehen ante portas. PCSK9- Hemmer sind bei Kombinationen von manifester Atherosklerose, familiärer Hypercholesterinämie (FH) und Statinintoleranz (SAMS) bereits etabliert und unverzichtbar. Statine, Ezetimib und Fibrate werden ihren fixen Platz in der Atheroskleroseprävention dennoch nicht nur aus Kostengründen verteidigen.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Triglyzeridreiche Lipoproteine (&bdquo;remnants&ldquo;) verursachen Atherosklerose.</li> <li>LDL-Cholesterin verursacht Atherosklerose.</li> <li>Der offizielle LDL-C-Zielwert f&uuml;r Patienten mit klinisch manifester Atherosklerose (&lt;70mg/dl; EAS/ ESC 2016) ist seit FOURIER &uuml;berholt und muss f&uuml;r H&ouml;chstrisikopatienten weiter abgesenkt werden (&lt;50mg/dl? Oder &bdquo;lowest is best&ldquo;?).</li> </ul> </div> <h2>&bdquo;Wirklich neue&ldquo; Therapien</h2> <p><strong>Hemmung von ApoC-III und Angiopoietin-like Protein 3</strong><br /> Apolipoprotein ApoC-III erh&ouml;ht die Triglyzeride (TG) im Plasma aufgrund mehrerer Wirkungsweisen: ApoC-III hemmt die Lipoproteinlipase (LPL) und unabh&auml;ngig davon zus&auml;tzlich die Aufnahme der Abbauprodukte der TG-reichen Lipoproteine (&bdquo;remnants&ldquo;) in die Leber. In der Phase- III-Studie APPROACH wurden 66 Patienten mit famili&auml;rem Hyperchylomikron&auml;mie- Syndrom (FCS) mit einem mittleren Ausgangs-TG-Wert von 2219mg/dl in einem doppelblinden &bdquo;randomized controlled trial&ldquo; (RCT) &uuml;ber 1 Jahr hinweg entweder mit dem Antisense-RNA-Therapeutikum Volanesorsen 300mg s.c. w&ouml;chentlich oder Placebo behandelt. Die TGWerte am Tag 90 (= prim&auml;rer Endpunkt) wurden durch die Synthesehemmung von ApoC-III um 77 % (&ndash;1712mg/dl) abgesenkt, w&auml;hrend sie in der Placebogruppe um 18 % zunahmen. Auch direkt patientenbezogene Endpunkte des FCS wie abdominelle Schmerzen und Pankreatitisepisoden konnten reduziert werden (p=0,02). Schwerwiegende unerw&uuml;nschte Wirkungen der Therapie traten w&auml;hrend der Therapiedauer von einem Jahr nicht auf; insbesondere war die Zahl der im Vorfeld diskutierten Thrombopenien nicht erh&ouml;ht.<br /> Angiopoietin-like Protein 3 (ANGPTL3) ist ein sekretorisches hepatisches Protein, welches eine direkte Hemmung von LPL und endothelialer Lipase (EL), zweier endothelgebundener TG und PL-Hydrolasen mit Substratspezifit&auml;t f&uuml;r TGRLP und HDL-Cholesterin, vermittelt. Menschen mit homozygoter Defizienz von ANGPTL3 weisen niedrige Konzentrationen aller wesentlichen Lipoproteine (VLDL, LDL, HDL) im Plasma auf und zudem niedrige Spiegel freier Fetts&auml;uren (FFS). Der Mechanismus f&uuml;r die LDL-C-Absenkung bei ANGPTL3- Mangel ist noch nicht endg&uuml;ltig gekl&auml;rt; er k&ouml;nnte auf der stark reduzierten VLDLSynthese beruhen. In einer rezenten Studie wurde Evinacumab, ein monoklonaler AK gegen ANGPTL3 bei 9 Patienten mit homozygoter FH (hoFH) und einem Ausgangs- LDL-C von 322mg/dl unter maximaler Therapie mit Statinen, Ezetimib und Lomitapid gepr&uuml;ft. Der prim&auml;re Endpunkt dieser Phase-II-Studie, die LDL-CAbsenkung nach 4 Wochen, wurde erreicht (&ndash;50 % , p&lt;0,05). Die bei hoFH initial nicht erh&ouml;hten TG von 142mg/dl wurden ebenfalls um 40 % gesenkt, was f&uuml;r den weiteren Einsatz des AK bei gemischter HLP bedeutsam ist. Schwerwiegende unerw&uuml;nschte Wirkungen der kurzen Therapie traten nicht auf.<br /> Fazit: Gegen ApoC-III und ANGPTL3 gerichtete Strategien stehen bei &bdquo;Nischenindikationen&ldquo; wie FCS und hoFH kurz vor der Zulassung. Spannend wird sein, ob derartige Therapeutika bei gemischter Hyperlipoprotein&auml;mie bzw. diabetischer Dyslipoprotein&auml;mie eine zus&auml;tzliche Verringerung von kardiovaskul&auml;ren Endpunkten bei optimiertem LDL-C (&asymp;30mg/dl) bringen k&ouml;nnen.</p> <h2>Neue und schon bew&auml;hrte Therapien</h2> <p><strong>Hemmung von PCSK9</strong><br /> Auswirkung des PCSK9-Hemmers Evolocumab auf die koronare Atherogenese: In der doppelblinden, randomisierten GLAGOV-Studie wurden 968 KHKPatienten 1:1 zu Evolocumab und Placebo, jeweils zus&auml;tzlich zur Statintherapie, randomisiert. Der &uuml;ber den 76-w&ouml;chigen Therapiezeitraum gewichtete LDL-C-Wert lag in der Placebogruppe bei 93mg/dl, in der Evolocumab-Gruppe bei 37mg/dl. Der prim&auml;re Endpunkt, das prozentuelle Atheromvolumen (PAV) im intrakoronaren Ultraschall (IVUS), nahm in der Placebogruppe numerisch etwas zu und in der Evolocumab- Gruppe ab (Unterschied 1 % ; p&lt;0,001). Plaqueregression trat bei 64 % der Evolocumab-Statin-Patienten vs. 47 % der Placebo-Statin-Patienten auf (p&lt;0,001). Auswirkung des PCSK9-Hemmers Evolocumab auf klinische Atherosklerose-Endpunkte: In der doppelblinden, randomisierten Phase-III-Studie FOURIER wurden 27 564 Patienten mit klinisch manifester Atherosklerose (vorwiegend KHK, aber auch zervikale Atherosklerose und PAVK) und LDL-C &gt;70mg/dl unter Statintherapie, 1:1 zu Evolocumab und Placebo, jeweils zus&auml;tzlich zur Statintherapie randomisiert. 37 % der Patienten litten an Diabetes; 93 % erhielten Pl&auml;ttchenhemmer, 76 % Betablocker und 78 % ACE-I oder ARBs. 69,5 % wurden mit einem hochpotenten Statin behandelt, und der Ausgangs-LDLC- Wert wurde durch Evolocumab von 92mg/dl auf 30mg/ dl reduziert. Der prim&auml;re Endpunkt (kardiovaskul&auml;rer Tod, MCI, Schlaganfall, Hospitalisierung wegen instabiler Angina pectoris (IAP) und koronarer Revaskularisierung) wurde um 15 % (p&lt;0,001) gesenkt; der wichtige sekund&auml;re Endpunkt (kardiovaskul&auml;rer Tod, MCI, Schlaganfall) wurde um 20 % (p&lt;0,001) gesenkt. Ab dem 2. Behandlungsjahr betrug die Reduktion des relativen Risikos (RRR) 33 % , was f&uuml;r einen gr&ouml;&szlig;eren Therapienutzen in den sp&auml;teren Behandlungszeitr&auml;umen spricht (Konzept der Plaquestabilisierung). Die &bdquo;number needed to treat&ldquo; (NNT) &uuml;ber den kurzen Behandlungszeitraum von 2,2 Jahren betrug 74. Unerw&uuml;nschte Wirkungen waren minimal (2,1 % vs. 1,6 % Injektionsreaktionen); die im Vorfeld diskutierten neurokognitiven Ereignisse traten erfreulicherweise nicht auf. Fazit: Ein LDL-C-Wert von 70mg/dl stellt keine untere Grenze der Wirksamkeit der LDL-C-Senkung dar; mehrere klinische Endpunktstudien zeigen einen Zusatznutzen beim Erreichen niedrigerer LDL-C-Werte (IMPROVE-IT bei &asymp;54mg/dl; SPIRE und FOURIER bei &asymp;30mg/dl). Der PCSK9-Hemmer Evolocumab zeigte als Add-on zu Statinen einen klaren Zusatznutzen bez&uuml;glich der koronaren Atherosklerosebiologie und der Verhinderung vaskul&auml;rer Endpunkte. Dieser Nutzen wurde nicht durch unerw&uuml;nschte Wirkungen geschm&auml;lert. Die Tatsache, dass selbst unter maximal m&ouml;glicher LDL-C-Senkung mittels Statinen + PCSK9-Inhibitor ca. ein Drittel der Patienten bildgebend lediglich stabil oder sogar progredient waren und ca. 80 % der klinischen Ereignisse nicht vermieden werden konnten, belegt die Notwendigkeit einer m&ouml;glichst fr&uuml;hzeitigen Kontrolle aller Risikofaktoren, v.a. von LDL-C.</p> <h2>Gut etablierte und lang bew&auml;hrte Therapien</h2> <p><strong>Statine, Ezetimib, Fibrate</strong><br /> Statine sind mittlerweile die bestuntersuchte Medikamentenklasse und eine der wenigen mit einem unbestrittenen Vorteil f&uuml;r das Gesamt&uuml;berleben. F&uuml;r Patienten mit Diabetes ist immer noch die &bdquo;Cholesterol Treatment Trialists&ldquo;(CTT)-Metaanalyse aus dem Jahr 2005 ma&szlig;geblich f&uuml;r die Nutzeneinsch&auml;tzung. F&uuml;r diese Analyse wurden 14 randomisierte Studien von 18 686 Menschen mit Diabetes ausgewertet. Besonders wichtig sind die Daten der Pr&auml;ventionsstudie CARDS, welche exklusiv bei Patienten mit Diabetes durchgef&uuml;hrt wurde. Eine Reduktion des LDL-C um ca. 40mg/dl durch Statine f&uuml;hrte in der Metaanalyse zu einer 21 % igen Verminderung der Zahl vaskul&auml;rer Ereignisse (&ndash;22 % Myokardinfarkte, &ndash;25 % koronare Revaskularisation, &ndash;21 % &bdquo;stroke&ldquo;). Die Reduktion des LDL-C um ca. 40mg/dl durch Statine f&uuml;hrte zu einer 9 % igen Absenkung der Gesamtsterblichkeit (&ndash;13 % vaskul&auml;re Mortalit&auml;t). Diese Effekte waren homogen in den Subgruppen (DM Typ 2 und Typ 1; LDL-C-Ausgangswerte bis zu 140mg/dl) und st&auml;rker ab dem 2. Behandlungsjahr. Auch in IMPROVE-IT (Ezetimib) und FOURIER (Evolocumab) zeigt sich bedeutender Nutzen in der Subgruppe mit Diabetes.<br /> Fibrate aktivieren den PPAR-&alpha; und stimulieren die Aktivit&auml;t der LPL, die Sekretion von ApoA-I sowie ApoA-II und bewirken eine Remodellierung von sdLDL (und kleinen HDL-Partikeln) zu gr&ouml;&szlig;eren Lipoproteinen. Fibrate senken TG potent um 35 bis 50 % , erh&ouml;hen HDL-C moderat um 5 bis 20 % und haben einen variablen Effekt auf den LDL-C-Spiegel. In klinischen Endpunktstudien zeigten Fibrate bei Patienten mit oder ohne Diabetes mit normalen TG und normalem HDL-C keine g&uuml;nstige Wirkung. Bei Dyslipid&auml;mie, also hohen TG und/oder niedrigem HDL-C, zeigten Fibrate eine ca. 35 % ige Reduktion von MACE ohne Senkung der Gesamtmortalit&auml;t. Fibrate werden heute selten in Monotherapie, &ouml;fter in Kombination mit Statinen moderater Potenz (z.B. Simvastatin 40mg oder Fluvastatin 80mg MR) eingesetzt (Tab. 1).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Diabetes_1703_Weblinks_jatros_diab_1703_s22_tab1.jpg" alt="" width="686" height="637" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Diabetes_1703_Weblinks_jatros_diab_1703_s22_tab2.jpg" alt="" width="686" height="894" /></p> <div id="fazit"> <h2>Fazit: lipidsenkende Therapie 2017</h2> <p>Die lipidsenkende Therapie stellt sich mit derzeitigem Stand gem&auml;&szlig; Tabelle 2 dar.</p> </div></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>beim Verfasser</p> </div> </p>
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