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Erwachsenendiabetes im Jugendalter

MODY-Diabetes: richtig erkennen, behandeln und beraten

MODY, „Maturity Onset Diabetes of the Young“, ist zwar nicht häufig, wird allerdings häufig nicht als solcher erkannt. Der MODY-Diabetes erfordert eine spezielle Behandlung, die sich deutlich von jener bei Typ-2-Diabetes unterscheidet, vor allem initial. Ein erhöhter Blutzucker in jungen Jahren erfordert in jedem Fall eine exakte differenzialdiagnostische Zuordnung.

Keypoints

  • Der MODY-Diabetes ist verglichen mit anderen Diabetesformen selten. Die Diagnose Diabetes erfolgt häufig im jungen Alter.

  • Da bei Manifestation kein Insulin erforderlich ist (DD Typ-1-Diabetes), werden Betroffene häufig dem Typ-2- Diabetes zugeordnet. Aus einer derart fehlerhaften Zuordnung können relevante Fehlbehandlungen resultieren.

  • Der MODY-Diabetes ermöglicht eine „präzise“ Pharmakotherapie (nach zugrunde liegender Pathophysiologie) und gilt somit als Modell der personalisierten Medizin.

  • Die Diagnostik ist einfach und beruht auf einer sorgfältigen Anamnese, ergänzt durch eine Genotypisierung.

Die heute bekannten Diabetesformen unterscheiden sich nach der jeweilig dominant zugrunde liegenden Pathophysiologie (gestörte Insulinsekretion oder erhöhte Insulinresistenz). Demnach steht bei Typ-1-Diabetes und LADA (Autoimmundiabetes) sowie bei pankreoprivem Diabetes (Typ 3) Insulin als Therapie ganz im Vordergrund, während bei Typ-2-Diabetes pharmakologische Maßnahmen sowohl die erhöhte Insulinresistenz als auch die fortschreitende Betazell-Insuffizienz adressieren1 (Tab. 1). In jüngster Zeit gibt es Bemühungen, den Typ-2-Diabetes in weitere Subgruppen zu unterteilen, um dadurch eine noch „präzisere“ Behandlung zu ermöglichen.2

Tab. 1: Diabetestypen (aus Festa A: Diabetes v2.0)1

Nicht häufig, aber häufig verkannt

Eine Möglichkeit der Präzisionsmedizin entbietet der MODY-Diabetes, der einer speziellen Behandlung bedarf. Angaben zur Häufigkeit des MODY-Diabetes variieren. Es wird angenommen, dass etwa 2% aller Diabetesfälle einem MODY-Diabetes zuzuordnen sind.3 Robuste Daten hierzu finden sich in der Literatur allerdings nicht. Mein persönlicher Eindruck aus der Klinik und in Kenntnis der Literatur auch zu anderen Diabetesformen ist der, dass der MODY-Diabetes signifikant unterdiagnostiziert ist. Dafür gibt es zwei Gründe:

  1. Es sind in der Regel milde Verlaufsformen, sodass Betroffene selten, und wenn, dann spät im Krankheitsverlauf klinisch „auffällig“ werden (und mitunter dann erst beim Spezialisten landen).

  2. Die Behandlung ist pharmakologisch unspektakulär, Therapie der Wahl sind die „altmodischen“ Sulfonylharnstoffe. Jüngere Studien beschäftigen sich mit der Wirkung inkretinbasierter Therapien als Zweitlinienoption.4,5

Diesen grundsätzlichen Herausforderungen stehen Entwicklungen in der Genotypisierung gegenüber, die die Diagnostik vereinfacht haben.

Diagnose

Das wichtigste Instrument in der Diagnostik des MODY-Diabetes ist die Anamnese. Dem autosomal-dominanten Erbgang entsprechend findet sich ein Diabetes in direkter Linie (z.B. Vater und dessen Vater/Mutter), mit dem MODY-Diabetes entsprechenden klinischen Merkmalen (Tab. 2). Spontanmutationen sind möglich, eine gänzlich negative Familienanamnese schließt daher einen MODY-Diabetes nicht aus, macht ihn aber deutlich weniger wahrscheinlich.

Tab. 2: Wann an einen MODY-Diabetes gedacht werden sollte

Es besteht in der Regel bereits in jungen Jahren ein (meist nur milde) erhöhter Blutzucker, sodass die Diagnose Diabetes oft im Kindesalter oder im jungen Erwachsenenalter gestellt wird. Oft ist der erhöhte Blutzucker ein Zufallsbefund. Wird ein erhöhter Blutzucker in jungen Jahren festgestellt, ist eine weitere differenzialdiagnostische Abklärung unbedingt angezeigt. Am häufigsten ist in dieser Altersgruppe der Typ-1-Diabetes. Dieser ist aufgrund des klinischen Verlaufs (Antikörper, Notwendigkeit der Insulingabe) in der Regel recht einfach vom MODY-Diabetes abzugrenzen.

Häufig wird der MODY-Diabetes dem Typ-2-Diabetes zugerechnet, insbesondere bei begleitendem Übergewicht und weiteren Zeichen eines metabolischen Syndroms. Letztere können (konkomitant) auch bei MODY-Diabetes vorliegen. Besteht nun der klinische Verdacht auf das Vorliegen eines MODY-Diabetes, sollte eine Genotypisierung vorgenommen werden, um die Diagnose zu bestätigen. Diese erfolgt nach modernen Methoden mittels „next-generation sequencing“ (NGS). Es sind derzeit etwa 30 verschiedene MODY-Mutationen beschrieben, die mittels NGS diagnostiziert werden können.

Behandlung

Die Behandlung des MODY richtet sich zunächst nach der zugrunde liegenden Mutation. Die häufigste Mutation betrifft die Glukokinase (GCK); es wird angenommen, dass etwa 0,1% aller Menschen eine GCK-Mutation tragen. Mit der Einführung der Kostenerstattung für ein HbA1c-Screening in Österreich ist damit zu rechnen, dass die Detektion des MODY-Diabetes zunehmen wird.

GCK-Mutationen sind strikt asymptomatisch, imponieren in erster Linie durch einen erhöhten Nüchternblutzucker und bedürfen prinzipiell keiner bluzuckersenkenden Behandlung (Ausnahme Schwangerschaft).6 Hier ist die korrekte differenzialdiagnostische Zuordnung (Diagnose des MODY) entscheidend, um Überbehandlungen zu vermeiden.

Weitere häufige MODY-Mutationen betreffen Betazell-Transkriptionsfaktoren (z.B. HNF-1alpha und HNF-4alpha). Bei diesen Formen sind Sulfonlyharnstoffe Therapie der ersten Wahl. Des Weiteren werden GLP-1-Agonisten, DPP-4-Inhibitoren und schließlich Insulin empfohlen. Da bei diesen Formen die Insulinsekretion kompromittiert ist, wird von der Gabe von SGLT2-Hemmern abgeraten (Gefahr der Ketoazidose).7

Eine umfassende Darstellung der bei MODY betroffenen Gene, deren zugehörige Proteine sowie die daraus resultierenden pharmakotherapeutischen Empfehlungen finden Sie in aktueller Literatur.3

Aus der Praxis – für die Praxis

Das Erkennen eines MODY-Diabetes ist für Betroffene höchst relevant. Aktuelle Behandlungspfade für Typ-2-Diabetes (dem der MODY-Diabetes häufig zugeordnet wird) weichen von jenen bei MODY-Diabetes fundamental ab. Ist die Diagnose einmal gestellt, müssen Betroffene unbedingt ausreichend informiert werden und die Diagnose entsprechend dokumentiert, eventuell sogar als eigene Diabetesentität explizit erklärt und dargestellt werden. Es liegen Fälle vor, in denen – ungeachtet umfassender Aufklärung des Patienten, inklusive Dokumentation – die Diagnose MODY im weiteren Verlauf des Diabetes wieder in Vergessenheit geraten ist. Eine genetische Beratung (im Hinblick auf den autosomal-dominanten Erbgang) ist ebenfalls ein wichtiger Punkt in der Betreuung.

1 Festa A: Diabetes v2.0; Verlagshaus der Ärzte 2021 2 Slieker R et al.: Distinct molecular signatures of clinical clusters in people with type 2 diabetes: An IMI-Rhapsody Study. Diabetes 2021; 70(11): 2683-93 3 Broome DT et al.: Approach to the patient with MODY-monogenic diabetes; JCEM 106 2021; (1): 237-50 4 Christensen AS et al.: GIP and GLP-1 potentiate sulfonylurea-induced insulin secretion in HNF1-alpha mutation carriers. Diabetes 2020; 69(9): 1989-2002 5 Christensen AS et al.: Efficacy and safety of glimepiride with or without linagliptin treatment in patients with HNF1A diabetes: a randomized, double-blinded, placebo-controlled, crossover trial. Diabetes Care 2020; 43(9): 2025-33 6 Chakera AJ et al.: Recognition and management of individuals with hyperglycemia because of a heterozygous glukokinase mutation. Diabetes Care 2015; 38(7): 1383-92 7 Pruhova S et al.: Two cases of diabetic ketoacidosis in HNF-1A-MODY linked to severe dehydration. Diabetes Care 2013; 36(9): 2573-74

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