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Diabetes mellitus (DM)

Intermittierendes Fasten bei Diabetes?

Welche Personengruppen könnten besonders vom intermittierenden Fasten profitieren? Neue Studien und Reviews geben nun Einblicke, ob sich intermittierendes Fasten bei Menschen mit Diabetes mellitus umsetzen lässt.

Keypoints

  • Intermittierendes Fasten kann bei Menschen mit Diabetes den HbA1c senken, das Gewicht reduzieren und den Insulinbedarf verringern.

  • Auch bei insulinbehandeltem T2D mit Basisbolustherapieschema ist intermittierendes Fasten möglich, wenn der Blutzucker dabei zuverlässig kontrolliert wird.

  • Das Einbeziehen der Essenszeiten bei intermittierendem Fasten kann bei Menschen mit T2Dzu einer stärkeren Verbesserung des postprandialen Glukosestoffwechsels führen.

Intermittierendes Fasten erfreut sich großer Beliebtheit, da es eine Option für eine klinisch signifikante Gewichtsabnahme durch die Abwechslung von Fasten- und Essenszeiten ist. Ob das Fastenmodell 16/8 mit 16 Stunden fasten, 5:2 mit 2 Fastentagen an nicht aufeinanderfolgenden Tagen in der Woche oder „alternate day fasting“, bei dem sich Essens- und Fastentage abwechseln, viele Menschen empfinden diese Art der Ernährungsmodifikation als einfacher durchzuführen als kontinuierliche Kalorienrestriktion. An den Fastentagen ist die Kalorienzufuhr dabei meistens auf bis zu 500kcal beschränkt, zu den Essenszeiten bzw. -tagen ist oft uneingeschränkte Zufuhr erlaubt.1–3 In einem ausführlichen Review von Varady et al. zum Thema „Klinische Anwendung des intermittierenden Fastens zur Gewichtsabnahme“ werden Informationen aus den bisher durchgeführten Patient:innen-basierten Studien zusammengefasst, und er gibt einen Ausblick für Menschen mit Diabetes mellitus.1

Korrekte Durchführung des intermittierenden Fastens

Empfehlungen für einen guten Start des Fastens, regelmäßige Kontrollen sowie ein kontrolliertes Beenden des intermittierenden Fastens entsprechen dabei häufig generellen Ernährungsempfehlungen, die auch von Personen mit Diabetes mellitus umgesetzt werden können. Eine Eingewöhnungszeit von etwa 1–2 Wochen sollte für die Umstellung einberechnet werden. Eine Einschränkung der Bewegung im Alltag ist nicht notwendig. Für intensivere Trainingseinheiten sollte aber Rücksprache mit Trainer:innen und behandelnden Ärzt:innen gehalten werden. Eine ausreichende Ballaststoffzufuhr sollte durch diverse Gemüsesorten gewährleistet werden und täglich sollten mindestens 50g Protein konsumiert werden, um Muskelschwund entgegenzuwirken. Kalorienfreie Getränke wie Wasser sollten frei im Laufe des Tages konsumiert werden. Dies kann der Entstehung von Kopfschmerzen entgegenwirken, die in den ersten Wochen durch die Ernährungsumstellung auftreten können. In diesem Zusammenhang sollten auch der Elektrolythaushalt sowie Eisen, Vitamin B12 und Vitamin D kontrolliert werden. Eine Anpassung der Blutdruck- und Cholesterinmedikamente kann im Laufe des intermittierenden Fastens notwendig werden. Weiters ist die persönliche Auseinandersetzung mit Hungergefühl, Sättigung und der Beziehung zu Essen in dieser Zeit sinnvoll, um eine dauerhafte Lebensstiländerung und Verbesserung der Lebensqualität zu erreichen. Nach Erreichen der primären Ziele sollte das Halten des Gewichts durch Steigerung der Bewegung, Erhöhung der Kalorienzahl an den Fastentagen und Ausweiten der Essenszeiten im Vordergrund stehen.1

Menschen mit Diabetes mellitus müssen beim intermittierenden Fasten ihre Blutzuckerwerte genau kontrollieren, um Hypoglykämien zu vermeiden. Idealerweise sollte der Kontakt zu den betreuenden Ärzt:innen in den ersten 3 Monaten wöchentlich erfolgen, damit eine Medikamentenanpassung bei Werten, die häufig <70mg/dL sowie über >180mg/dL liegen, durchgeführt werden kann. Bei Menschen mit Typ-1-Diabetes (T1D), die „alternate day fasting“ oder 5:2-Fasten in ihren Alltag integrieren möchten, sollten laut Varady et al. eine Reduktion des Basalinsulins um 50% an Fastentagen und um 10% an Essenstagen sowie eine wöchentliche Reevaluation der Insulindosis erfolgen. Bei Menschen mit Typ-2-Diabetes (T2D) kann der HbA1c als Richtwert herangezogen werden. Ein HbA1c unter 7% sollte zum Absetzen von Insulin und Sulfonylharnstoffen an Fasten- und Essenstagen führen. Bei einem HbA1c zwischen 7% und 10% wird das Absetzen von Insulin und Sulfonylharnstoffen an Fastentagen empfohlen und bei einem HbA1c über 10% (über 86mmol/mol) sollte das langwirksame Insulin an den Fastentagen um 10 Einheiten gesenkt werden. Bei einer Insulintherapie kann unter anderem durch Glukosesensormessungen eine individuelle Einstellung des Blutzuckers ermöglicht werden.1 Die INTERFAST-2-Studie konnte zeigen, dass auch für Personen, die schon lange an T2D leiden, eine Verbesserung von Gewicht und HbA1c erreicht werden kann.4,5

Rezente Studien

Im Artikel von Liu et al. im New England Journal of Medicine zeigten sich bei Patient:innen mit Adipositas nach 12 Monatenkeinerlei Unterschiede zwischen intermittierendem Fasten und täglicher Kalorienrestriktion in Hinblick auf Körpergewicht, Körperfett oder metabolische Risikofaktoren.6 Nun erschien im April 2023 eine Studie von Teong et al., in der intermittierendes Fasten mit der Nahrungsaufnahme am Anfang des Tages sowie mit reiner Kalorienrestriktion und der Standardversorgung bei Menschen mit Risiko für T2D verglichen wurden. Dabei konnte in der bisher größten Studie über dieses Thema (n=209 randomisierte Patient:innen) gezeigt werden, dass durch das Miteinbeziehen der Essenszeiten eine Verbesserung der postprandialen Glukosewerte nach 6 Monaten erzielt wurde. Diese offene, parallele, dreiarmige, randomisierte, kontrollierte Studie bot den Teilnehmer:innen 6 Monate lang Ernährungsunterstützung und eine zusätzliche 12-monatige Nachuntersuchung. Der primäre Endpunkt war dabei die Reaktion der Glukose auf eine Testmahlzeit, bestehend aus Eiweiß, Fett und Kohlenhydraten („mixed-meal tolerance test“). Nach 6 Monaten zeigte sich in der Gruppe, die intermittierendes Fasten mit Nahrungsaufnahme am Vormittag (08:00–12:00 Uhr) verband, eine deutlichere Reduktion der postprandialen Insulinwerte im Vergleich zur Kalorienrestriktionsgruppe bzw. Standardversorgungsgruppe.7 Diese Studie ergänzt Informationen, die darauf hindeuten, dass Ratschläge zum Zeitpunkt der Mahlzeiten und zum Fasten in der klinischen Praxis besonders für Menschen mit einem Risiko für T2D von Bedeutung sein könnten.7

Der Artikel basiert auf einem Vortrag der ÖKG-Jahrestagung, der eine Fortbildung für den Verband der Diaetologen Österreichs ist.

1 Varady KA et al.: Clinical application of intermittent fasting for weight loss: Progress and future directions. Nat Rev Endocrinol 2022; 18(5): 309-21 2 de Cabo R, Mattson MP: Effects of intermittent fasting on health, aging, and disease. N Engl J Med 2019; 381(26): 2541-51 3 Stekovic S et al.: Alternate day fasting improves physiological and molecular markers of aging in healthy, non-obese humans. Cell Metab 2019; 30(3): 462-76 4 Obermayer A et al.: INTERmittent FASTing in people with insulin-treated type 2 diabetes mellitus – the INTERFAST-2 study protocol. Diabet Med 2022; 39(6): e14813 5 Obermayer A et al.: Efficacy and safety of intermittent fasting in people with insulin-treated type 2 diabetes (INTERFAST-2)—A randomized controlled trial. Diabetes Care 2022; 46(2): 463-8 6 Liu D et al.: Calorie restriction with or without time-restricted eating in weight loss. N Engl J Med 2022; 386(16): 1495-1504 7 Teong XT et al.: Intermittent fasting plus early time-restricted eating versus calorie restriction and standard care in adults at risk of type 2 diabetes: A randomized controlled trial. Nat Med 2023; 29(4): 963-72

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