
Beitrag von Schulen zu einem gesunden Trinkverhalten bei Jugendlichen
Autor:innen:
Juliana Bhardwaj, MSc1
Gözde Baydar, MEd1,2
Univ.-Prof. Dr. Jürgen König2
Mag. Sabine Dämon, MAS1
Univ.-Prof. Dr. Monika Lechleitner1
Prim. Univ.-Prof. Dr. Friedrich Hoppichler1,3
Mag. Dr. Manuel Schätzer1
1 Special Institute for Preventive Cardiology and Nutrition, SIPCAN, Salzburg
2 Departement für Ernährungswissenschaften, Universität Wien
3 Abteilung für Innere Medizin, Krankenhaus der Barmherzigen Brüder, Salzburg
E-Mail: office@sipcan.at
Ein adäquater Wasserkonsum ist für die Gesundheit sowie die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen essenziell. Im Gegensatz dazu kann ein erhöhter Konsum von mit Zucker gesüßten Getränken („sugar-sweetened beverages“; SSBs) zu einer erhöhten Energieaufnahme beitragen und die Entstehung von ernährungsbedingten Erkrankungen, darunter Adipositas, begünstigen. Die frühe Förderung eines gesunden Trinkverhaltens im Elternhaus und in Bildungseinrichtungen ist daher eine essenzielle Gegenmaßnahme – eine Erhebung zum Trinkverhalten von Wiener Schüler:innen soll unterschiedliche Maßnahmen preisgeben.
Keypoints
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Eine inadäquate Flüssigkeitsversorgung mit einem überhöhten Konsum zuckergesüßter Getränke steigert das Risiko für Übergewicht und seine Folgeerkrankungen.
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Eine entscheidende Rolle bei der Konsummenge spielt unter anderem auch die Portionsgröße.
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Einen besonders starken Einfluss auf das Trinkverhalten von Kindern und Jugendlichen haben ihre Eltern und die Peergroup bzw. Gleichaltrige.
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Idealerweise beginnt die Ernährungsbildung, zu der auch das Erlernen eines gesunden Trinkverhaltens zählt, im Elternhaus und wird in der Schule fortgesetzt.
Durch den Konsum von zuckerhaltigen Getränken können beträchtliche Kalorienmengen aufgenommen werden. Einen großen Einfluss hat dabei die Portionsgröße (insbesondere in Zeiten zunehmender Portions- bzw. Verpackungsgrößen). Im Gegensatz zur Kalorienaufnahme aus festen Nahrungsmitteln kommt es beim Getränkekonsum durch die schnellere Magenentleerung und geringere Hormonfreisetzung zu keiner Sättigung. Dadurch erfolgt die Mehraufnahme an Energie aus Getränken zusätzlich und wird nicht bei nachfolgenden Mahlzeiten kompensiert.1 Das Risiko, den täglichen Energiebedarf zu überschreiten, ist daher erhöht, was wiederum eine Gewichtszunahme sowie die Entstehung von Stoffwechsel- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigt.2–5
Krankheitsprävention durch gesundes Trinkverhalten
Um den schwerwiegenden gesundheitlichen Auswirkungen durch eine ungünstige Flüssigkeitsversorgung bzw. übermäßigen Süßgetränkekonsum entgegenzuwirken, ist es wichtig, Möglichkeiten zur Förderung eines gesunden Trinkverhaltens bei verschiedenen Zielgruppen zu identifizieren. Einer früheren Studie zufolge beeinflussen zum Beispiel physische, kognitive, soziale und emotionale Faktoren den Konsum von Süßgetränken.6 Im Rahmen der vorliegenden Studie wurden daher Motive bzw. Einflussfaktoren für den Konsum von Wasser und zuckergesüßten Getränken bei Schüler:innen zwischen 12 und 15 Jahren erhoben und mögliche schulische, aber auch familiäre Maßnahmen zur Etablierung gesünderer Trinkgewohnheiten analysiert.
Konsummotive bei 12- bis 15- jährigen Schüler:innen
Mittels eines Onlinefragebogens wurden 389 Schüler:innen im Alter von 12 bis 15 Jahren (48,6% männlich; 49,1% weiblich; 2,3% divers) an acht Wiener Mittelschulen und Gymnasien zu ihrem Getränkekonsum, insbesondere dem von Wasser und zuckergesüßten Getränken, befragt.7 Auch die Meinung zu möglichen Maßnahmen, die eine gesündere Flüssigkeitsaufnahme fördern könnten, wurde erhoben.
Die Ergebnisse der Untersuchung zeigten, dass der Konsum von zuckergesüßten Getränken bei Schüler:innen insbesondere durch Freunde, Geschwister und Eltern bzw. Erziehungsberechtigte beeinflusst wird, z.B. durch die Trinkgewohnheiten der Eltern (p<0,001), ihre Erziehungsmaßnahmen im Hinblick auf den Getränkekonsum (p=0,012), die Verfügbarkeit von zuckergesüßten Getränken zu Hause (p<0,001) sowie den Süßgetränkekonsum von Freunden (p=0,009) und Geschwistern (p<0,001).7
Jene Schüler:innen, in deren Umfeld häufig zuckergesüßte Getränke konsumiert wurden, griffen auch selbst häufiger zu solchen, wobei die Korrelation mit den elterlichen Gewohnheiten am stärksten war (Eltern: r=0,243; Geschwister: r=0,184; Freunde: r=0,132). Die Schlussfolgerung: Süße Getränke stehen Schüler:innen vermehrt in jenen Haushalten zur Verfügung, in denen die Eltern diese selbst häufiger konsumieren, und Eltern, die oft süße Getränke trinken, kommunizieren ihren Kindern weniger häufig, dass diese Getränke ungesund sind.7
Um in der Schule mehr Wasser zu trinken, wurden von den Schüler:innen das Mitführen einer Wasserflasche (56,3%), die Einführung von gemeinsamen Trinkpausen (49,0%) und eine Erinnerung an das Trinken durch die Lehrer:innen (39,5%) als effektivste Maßnahmen bewertet. Außerdem gaben 36,9% bzw. 35,6% der Schüler:innen an, dass ein Getränkeautomat mit einem größeren Angebot an Wasser bzw. ein Trinkbrunnen in der Schule sie dazu motivieren würde, mehr Wasser zu trinken (Abb. 1).7
Abb. 1: Aussagen zu schulischen und häuslichen Interventionsmöglichkeiten, die das Trinken von Wasser fördern können, in einer Analyse nach Geschlecht (Mädchen: n=191; Buben: n=189; modifiziert nach Baydar G 2024)7
Im Gegensatz dazu war ein Verbot von süßen Getränken in der Schule weder mit einem höheren Wasserkonsum noch mit einem niedrigeren Konsum zuckergesüßter Getränke assoziiert. Tatsächlich zeigte sich bei einem Verbot im schulischen Setting sogar ein Zusammenhang mit einem vermehrten Konsum von Energydrinks (r=0,131; p=0,010). Auch die Antworten zur Selbsteinschätzung zeigten, dass ein Verbot von Süßgetränken zwei Drittel der Schüler:innen (65,6%) nicht dazu animieren könnte, mehr Wasser zu trinken.7
Schüler:innen, die sich regelmäßig ihre Jause beim Buffet, Bäcker oder im Supermarkt kauften, tendierten dazu, mehr zuckergesüßte Getränke zu trinken als jene, die sich ihre Jause von zu Hause mitnahmen. Das Vorhandensein von Getränkeautomaten in der Schule hatte jedoch keinen negativen Einfluss auf das Trinkverhalten der Schüler:innen. Generell ergab die Befragung im Kontext mit Mahlzeiten, die außer Haus eingenommen wurden, und insbesondere im Kontext mit dem Verzehr von Fast Food einen Zusammenhang mit einem häufigeren Konsum von süßen Getränken.
Eine negative Korrelation zwischen dem täglichen Wasserkonsum und dem Konsum von zuckergesüßten Getränken (r=0,119; p=0,019) zeigt, dass Schüler:innen, die mehr Wasser trinken, auch weniger süße Getränke konsumieren. Durch ein positives Fördern des Wassertrinkens kann also gleichzeitig der Konsum anderer Getränke reduziert werden.7
Als Hauptargument für den Konsum von Wasser nannten die Schüler:innen seine erfrischende Eigenschaft, als wesentliches Argument für den Konsum von Süßgetränken wurde der Geschmack genannt. Bezüglich der Regelmäßigkeit des Trinkens gab mehr als die Hälfte der Schüler:innen (59,1%) an, regelmäßig über den Tag verteilt zu trinken. 30,3% tranken selten (aber dann in großen Mengen) und 10,5% gaben an, generell eher zu wenig zu trinken.7
Früh übt sich
Die möglichst frühe Förderung von gesundheitsförderlichen Trinkgewohnheiten ist von großer Bedeutung, da das erlernte Verhalten sich bereits in jungen Jahren gesundheitlich auswirken kann und darüber hinaus meist bis ins Erwachsenenalter beibehalten wird. Kinder und Jugendliche werden – auch was ihr Trinkverhalten angeht – stark von ihrem Umfeld geprägt. Neben dem Einfluss des häuslichen Settings, in dem Eltern eine wichtige Vorbildfunktion haben, stellen auch die Rahmenbedingungen in Schulen, in denen sie viel Zeit verbringen, eine zentrale Einflussgröße dar. Hier zeigte sich unter anderem die aktive Förderung des Wasserkonsums durch die Pädagog:innen als ein wichtiger Faktor. Im Gegensatz dazu scheinen Verbote eine wenig erfolgversprechende Maßnahme für ein gesünderes Trinkverhalten bei Schüler:innen zu sein.
Im schulischen Bereich sollte daher vielmehr mit Ernährungsbildung gearbeitet werden, welche sowohl formal im Rahmen des Unterrichts als auch informell in Pausen stattfinden kann. Auch die Pausen- und Mittagsverpflegung hat dabei einen Einfluss auf die Entwicklung von Ess- und Trinkgewohnheiten und kann zu einem gesundheitsförderlichen Umfeld beitragen, das gesundes Verhalten unterstützt. Beispielsweise können Getränkeautomaten mit einer gesundheitsförderlichen, optimierten Auswahl ausgestattet werden und Schulbuffets gesunde Speisen und Getränke anbieten. Sowohl zu Hause als auch in der Schule kann som.
Literatur:
1 Cassady BA et al.: Beverage consumption, appetite, and energy intake: what did you expect? Am J Clin Nutr 2012; 95(3): 587-93 2 Nguyen M et al.: Sugar-sweetened beverage consumption and weight gain in children and adults: a systematic review and meta-analysis of prospective cohort studies and randomized controlled trials. Am J Clin Nutr 2023; 117(1): 160-74 3 Calcaterra V et al.: Sugar-sweetened beverages and metabolic risk in children and adolescents with obesity: a narrative review. Nutrients 2023; 15(3): 702 4 Luger M et al.: Sugar-sweetened beverages and weight gain in children and adults: a systematic review from 2013 to 2015 and a comparison with previous studies. Obes Facts 2017; 10(6): 674-93 5 Malik VS, Hu FB: Sugar-sweetened beverages and cardiometabolic health: an update of the evidence. Nutrients 2019; 11(8): 1840 6 Sylvetsky AC et al.: Beyond taste and easy access: physical, cognitive, interpersonal, and emotional reasons for sugary drink consumption among children and adolescents. Appetite 2020; 155: 104826 7 Baydar G: Trinkgewohnheiten von Wiener Schulkindern im Alter von 12-15 Jahren und wie Schule dazu beitragen kann gesundes Trinkverhalten zu fördern. doi: 10.25365/thesis.75378
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