
Antihyperglykämische Therapie bei Diabetes mellitus Typ 2 – Update Jänner 2021
Vielen Dank für Ihr Interesse!
Einige Inhalte sind aufgrund rechtlicher Bestimmungen nur für registrierte Nutzer bzw. medizinisches Fachpersonal zugänglich.
Sie sind bereits registriert?
Loggen Sie sich mit Ihrem Universimed-Benutzerkonto ein:
Sie sind noch nicht registriert?
Registrieren Sie sich jetzt kostenlos auf universimed.com und erhalten Sie Zugang zu allen Artikeln, bewerten Sie Inhalte und speichern Sie interessante Beiträge in Ihrem persönlichen Bereich
zum späteren Lesen. Ihre Registrierung ist für alle Unversimed-Portale gültig. (inkl. allgemeineplus.at & med-Diplom.at)
Die Österreichische Diabetes Gesellschaft (ÖDG) hat sich auf Grundlage der neuen klinischen Daten aus den Jahren 2019 und 2020 entschlossen, ein Online-Update 2021 der Praxisleitlinien 2019 zum Kapitel „Antihyperglykämische Therapie bei Diabetes mellitus Typ 2“ herauszugeben.1 Der Ausschuss Leitlinien der ÖDG geht im vorliegenden Update auf relevante Daten ein, vor allem aus kardiovaskulären Endpunktstudien, die seit der Publikation der ÖDG-Leitlinien 2019 ausgewertet worden sind.
Keypoints
-
Bei etablierter kardiovaskulärer Erkrankung oder bei hohem Risiko für eine atherosklerotische kardiovaskuläre Erkrankung ist, unabhängig vom HbA1c, ergänzend zur Metformintherapie der rasche Beginn einer Therapie mit GLP-1-Rezeptoragonisten oder SGLT2-Hemmern mit nachgewiesenem kardiovaskulärem Benefit empfohlen.
-
Bei vorbestehender Herzinsuffizienz ist empfohlen, dass ein SGLT2-Hemmer mit Evidenz zur Reduktion von Herzinsuffizienz als Zweitlinientherapie eingesetzt wird.
-
Bei chronischer Niereninsuffizienz ist der Einsatz eines SGLT2-Hemmers mit Evidenz für die Reduktion der Progression der chronischen Niereninsuffizienz als Zweitlinientherapie empfohlen, wenn die eGFR nicht unter 45ml/min/1,73m2 liegt.
GLP-1-Rezeptoragonisten
REWIND-Studie (Dulaglutid)
Die „Researching Cardiovascular Events with a Weekly Incretin in Diabetes“-(REWIND)-Studie untersuchte den GLP-1-Rezeptoragonisten Dulaglutid.2
Diese Studie rekrutierte Patientinnen und Patienten über ein breites kardiovaskuläres Risikospektrum, beginnend mit Menschen mit Diabetes mellitus Typ 2 und kardiovaskulären Risikofaktoren bis hin zu Personen mit Diabetes mellitus Typ 2 und manifester kardiovaskulärer Erkrankung. Interessant ist auch das Faktum, dass in der REWIND-Studie mit 9,5% (<81mmol/mol) zwar eine obere HbA1c-Einschlussgrenze gesetzt wurde, jedoch keine untere. Das mediane HbA1c der Gesamtstudienpopulation lag bei Studienbeginn bei 7,2% (IQR 6,6–8,1%).
In der im Median 5,4 Jahre dauernden Nachbeobachtungszeit konnte der primäre Endpunkt, nämlich der kombinierte Endpunkt aus kardiovaskulärem Tod, nicht tödlichem Myokardinfarkt und nicht tödlichem Schlaganfall (3-Punkt-MACE), mittels Dulaglutid um relative 12% reduziert werden (HR: 0,88; 95% CI: 0,79–0,99). Es zeigte sich kein Unterschied in der Effektgröße zwischen jenen Patienten mit vorbestehender kardiovaskulärer Erkrankung und jenen ohne. Die Reduktion in der Gesamtmortalität erreichte keine statistische Signifikanz (HR: 0,90; CI: 95% 0,80–1,01). Die Reduktion des primären Endpunktes war unabhängig vom Ausgangs-HbA1c in der Studie.
PIONEER-6-Studie (Semaglutid, oral)
Die PIONEER-6-Studie zeigte die kardiovaskuläre Sicherheit von oralem Semaglutid bezüglich des primären Endpunktes von kardiovaskulärem Tod, nicht tödlichem Myokardinfarkt und nicht tödlichem Schlaganfall (3-Punkt-MACE) in einem kardiovaskulären Hochrisikokollektiv (85% der Studienteilnehmer hatten eine vorbestehende kardiovaskuläre Erkrankung oder chronische Nierenerkrankung). Eine statistisch signifikante Reduktion des 3-Punkt-MACE wurde aber verfehlt (HR: 0,79; 95% CI: 0,57–1,11).3
Empfehlung
Im Vergleich zur Version aus dem Jahr 2019 ist empfohlen, auf Grundlage der neuen Studiendaten in Anlehnung an den EASD/ADA-Konsensus neben der etablierten kardiovaskulären Erkrankung auch das hohe Risiko für eine atherosklerotische kardiovaskuläre Erkrankung als Indikation für eine Therapie mit GLP-1-Rezeptoragonisten oder SGLT2-Hemmern mit nachgewiesenem kardiovaskulärem Benefit anzusehen (Abb. 1, Tab. 1). Diese Therapie sollte rasch, unabhängig vom HbA1c, in Ergänzung zu einer Metformintherapie begonnen werden.4
a hypothesengenerierend; b DAPA-HF rekrutierte Patienten mit Herzinsuffizienz mit reduzierter Auswurffraktion (HFrEF), ca. 42% der Studienteilnehmer hatten einen bekannten Diabetes mellitus;c jeglicher diabetesbezogene klinische Endpunkt, diabetesbezogener Tod, Gesamtmortalität; d kombinierter Endpunkt aus Gesamtmortalität, nicht tödlichem Herzinfarkt (einschließlich stummer Infarkte), nicht tödlichem Schlaganfall, akutem Koronarsyndrom, endovaskulärer oder chirurgischer Intervention an Koronarien oder Beinarterien, Amputation über dem Knöchel; n.b.: nicht berichtet
Tab. 1: Evidenz zu kardiovaskulärer Sicherheit und Vorteil antidiabetischer Substanzen aus randomisierten, placebokontrollierten Studien
SGLT2-Hemmer: Kardioprotektion
Sowohl Empagliflozin, Canagliflozin als auch Dapagliflozin haben in den jeweiligen Endpunktstudien deutliche Reduktionen im sekundären Endpunkt Hospitalisierung aufgrund einer Herzinsuffizienz gezeigt. Für Ertugliflozin wurde lediglich die Nichtunterlegenheit im Vergleich zu Placebo (im 3-Punkt-MACE) gezeigt.
DAPA-HF-Studie (Dapagliflozin)
In der rezent publizierten DAPA-HF-Studie wurden Personen mit vorbestehender Herzinsuffizienz mit reduzierter Auswurffraktion eingeschlossen: Ejektionsfraktion <40% und Symptome entsprechend „New York Heart Association“- [NYHA]-Klasse II–IV und erhöhten Spiegeln von „N-terminal pro-B-type natriuretic peptide“ (NT-proBNP).5 Ein vorbestehender Diabetes mellitus Typ 2 war kein verpflichtendes Einschlusskriterium für die Studie. In der mit Dapagliflozin therapierten Gruppe zeigte sich eine signifikante Reduktion im primären Endpunkt „Verschlechterung der Herzinsuffizienz“ – dies war definiert als entweder eine Hospitalisierung oder eine dringliche Visite mit intravenöser Herzinsuffizienztherapie oder als kardiovaskulärer Tod (HR: 0,74; 95% CI: 0,65–0,85). Dieser Effekt war unabängig davon, ob ein Diabetes mellitus Typ 2 vorbestehend war.
EMPEROR-Studie (Empagliflozin)
Mittlerweile liegen neben den Resultaten der DAPA-HF-Studie auch die Resultate der EMPEROR-Studie vor, welche mit Empagliflozin durchgeführt wurde.6
Insgesamt wurden 3730 Patienten untersucht, die an einer manifesten Herzinsuffizienz NYHA II–IV erkrankt waren und eine linksventrikuläre Ejektionsfraktion ≤40% hatten. Im Rahmen dieser randomisiert kontrollierten Studie wurde Empagliflozin 10mg mit Placebo zusätzlich zur etablierten, leitliniengerechten Therapie untersucht. Die mediane Nachbeobachtungszeit lag bei 16 Monaten, die Prävalenz des Diabetes mellitus lag bei 49,8%.
Unabhängig vom Vorliegen eines Diabetes mellitus Typ 2 konnte der primäre Endpunkt (Hospitalisierungsrate aufgrund von Herzinsuffizienz oder kardiovaskulärer Tod) durch die Gabe von Empagliflozin signifikant gesenkt werden (HR: 0,75; 95% CI: 0,65–0,86; p<0,001). Entgegen den Resultaten von DAPA-HF konnte in der EMPEROR-Studie keine signifikante Reduktion des kardiovaskulären Todes alleine dokumentiert werden. Im direkten Vergleich lag die Ereignisrate für den primären Endpunkt in der EMPEROR-Studie höher als in DAPA-HF, was sich letztlich auch durch die Tatsache erklären lässt, dass die Patienten in der EMPEROR-Studie durchwegs fortgeschrittenere Stadien der Herzinsuffizienz aufwiesen.
VERTIS-CV-Studie (Ertugliflozin)
Im Rahmen der VERTIS-CV-Studie wurden kardiovaskuläre Effekte von Ertugliflozin bei 8246 Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 und atherosklerotischer kardiovaskulärer Vorerkrankung untersucht. Über einen Nachbeobachtungszeitraum von 3,5 Jahren konnte im primären Endpunkt (3-Punkt-MACE) die Nichtunterlegenheit im Vergleich zu Placebo signifikant dokumentiert werden (HR: 0,97; 95% CI: 0,85–1,11; p <0,001). Der fehlende Nachweis einer Überlegenheit im Vergleich zu Placebo, insbesondere im kombinierten Endpunkt kardiovaskulärer Tod oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz, ist doch recht überraschend, da man basierend auf den Daten der anderen SGLT2-Hemmer eigentlich von einem Klasseneffekt ausgegangen wäre.7
Empfehlung
Diese Daten ergänzen und verstärken die Empfehlung, dass bei vorbestehender Herzinsuffizienz ein SGLT2-Hemmer mit Evidenz zur Reduktion von Herzinsuffizienz (Abb. 1, Tab. 1, Tab. 2) als Zweitlinientherapie eingesetzt werden sollte.
a kombinierter Endpunkt aus >50%iger Reduktion der eGFR für zumindest 28 Tage, ESKD oder renalem Tod
bkombinierter Endpunkt aus anhaltender Reduktion der eGFR um 40%, anhaltender eGFR von <15ml/min/1,73m2 bei einer Baseline-eGFR ≥ 30ml/min/1,73m2 oder anhaltender eGFR <10ml/min/1,73m2 bei einer Baseline-eGFR <30ml/min/1,73m2,chronischer Dialyse oder renaler Transplantation
Tab. 2: Endpunktstudien bei Patienten mit Herzinsuffizienz mit reduzierter Auswurffraktion
SGLT2-Hemmer: renale Effekte
CREDENCE-Studie (Canagliflozin)
Die Studie „Canagliflozin and Renal Events in Diabetes with Established Nephropathy Clinical Evaluation (CREDENCE)“ war die erste renale Studie eines SGLT2-Hemmers, der den primären kombinierten Endpunkt von Dialysepflichtigkeit, eGFR <15ml/min/1,73m2, Verdopplung des Serumkreatinins, renalem oder kardiovaskulärem Tod untersuchte.7 Es wurden Personen mit Diabetes mellitus Typ 2 und chronischer Niereninsuffizienz auf maximal tolerierter Dosis eines ACE-Hemmers oder Angiotensin-Rezeptorblockers mit einer Harn-Albumin/Kreatinin-Ratio von 300–5000mg/g und einer eGFR von 30–90ml/min/1,73m2 untersucht.
Canagliflozin reduzierte im Vergleich zu Placebo den primären Endpunkt um 30% (HR: 0,70; 95% CI: 0,59–0,82).8
DAPA-CKD-Studie (Dapagliflozin)
In der mittlerweile ebenfalls publizierten DAPA-CKD-Studie wurden 4304 Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz (eGFR 25–75ml/min/1,73m2 und einer Albumin-Kreatinin-Ratio von 200–5000mg/g) untersucht. Die Prävalenz des Diabetes mellitus Typ 2 lag bei 67,5%. Die Studie wurde nach einer medianen Beobachtungszeit von 2,4 Jahren aufgrund der positiven Effekte von Dapagliflozin gestoppt.
Die Gabe von Dapagliflozin konnte den primären Endpunkt (Abnahme der eGFR um mindestens 50%, terminale Niereninsuffizienz oder Tod aufgrund einer kardiovaskulären oder renalen Ursache) signifikant reduzieren (HR: 0,61; 95% CI: 0,51–0,72; p<0,001). Das Vorliegen eines Diabetes mellitus hatte keinen signifikanten Einfluss auf die positiven Effekte von Dapagliflozin hinsichtlich der gewählten Endpunkte.9
Empfehlung
Diese Daten unterstützen die Empfehlung, dass bei chronischer Niereninsuffizienz SGLT2-Hemmer mit Evidenz für eine Reduktion der Progression der chronischen Niereninsuffizienz als Zweitlinientherapie eingesetzt werden sollen (Abb. 1, Tab. 1, Tab. 3). Zu beachten ist, dass die aktuellen Fachinformationen keine Verwendung eines SGLT2-Hemmers unter einer eGFR von 45ml/min/1,73m2 vorsehen.
aKombinierter Endpunkt aus Abfall der eGFR um zumindest 50%, ESKD, renalem oder kardiovaskulärem Tod
bKombinierter Endpunkt aus anhaltender Verdopplung des Serumkreatinins, ESKD, renalem oder kardiovaskulärem Tod
Tab. 3: Endpunktstudien bei Patienten mit chronischer Nierenerkrankung
Unveränderte Empfehlungen
Für den Fall, dass keine bekannte kardiovaskuläre Erkrankung, Herzinsuffizienz oder chronische Niereninsuffizienz vorliegt, erfolgten keine Änderungen der Empfehlungen durch den Leitlinienausschuss der ÖDG.
Quelle:
Der Ausschuss Leitlinien der ÖDG: Antihyperglykämische Therapie bei Diabetes mellitus Typ 2 – Update Jänner 2021. https://www.oedg.at/pdf/2021-01-Update-Antihyperglykaemische-Therapie-bei-Diabetes-mellitus-Typ-2.pdf . (Abgerufen am 11. 2. 2021)
Literatur:
1 Clodi M et al.: Antihyperglycemic treatment guidelines for diabetes mellitus type 2 (Update 2019). Wien Klin Wochenschr 2019; 131(Suppl 1): 27-38 2 Gerstein HC et al.: Dulaglutide and cardiovascular outcomes in type 2 diabetes (REWIND): a double-blind, randomised placebo-controlled trial. Lancet 2019; 394(10193): 121-30 3 Husain M et al.: Oral semaglutide and cardiovascular outcomes in patients with type 2 diabetes. N Engl J Med 2019; 381(9): 841-51 4 Buse JB et al.: 2019 Update to: Management of Hyperglycemia in type 2 diabetes 2018. A Consensus Report by the American Diabetes Association (ADA) and the European Association for the Study of Diabetes (EASD). Diabetes Care 2020; 43(2): 487-93 5 McMurray JJV et al.: Dapagliflozin in patients with heart failure and reduced ejection fraction. N Engl J Med 2019; 381(21): 1995-2008 6 Packer M et al.: Cardiovascular and Renal outcomes with empagliflozin in heart failure. N Engl J Med 2020; 383(15): 1413-24 7 Cannon CP et al.: Cardiovascular outcomes with ertugliflozin in type 2 diabetes. N Engl J Med 2020; 383(15): 1425-35 8 Perkovic V et al.: Canagliflozin and renal outcomes in type 2 diabetes and nephropathy. N Engl J Med 2019; 380(24): 2295-306 9 Heerspink HJL et al.: Dapagliflozin in patients with chronic kidney disease. N Engl J Med 2020; 383(15): 1436-46
Kommentar
Anpassung der Erstattungen an Leitlinien notwendig
Da jedes Jahr einige relevante klinische Endpunktstudien zu antihyperglykämischen Substanzen veröffentlicht werden, die neue Erkenntnisse zu diversen Substanzen oder in neuen Kollektiven liefern, ist es notwendig, Behandlungsleitlinien an die neue Evidenzlage anzupassen. Daher hat sich die ÖDG auch dieses Jahr entschieden, ein Online-Update der Leitlinien zur antihyperglykämischen Therapie herauszugeben.
Die meisten Studiendaten liegen für das Patientenkollektiv mit bekannter kardiovaskulärer Erkrankung, mit hohem Risiko für eine atherosklerotische kardiovaskuläre Erkrankung, einer bekannten Herzinsuffizienz oder einer chronischen Nierenerkrankung vor. Vor allem durch die rezenten Daten aus den Studien DAPA-HF, EMPEROR-Reduced, DAPA-CKD und CREDENCE war es an der Zeit, die Aufgliederung dieser „kardiovaskulären/renalen“ Patientengruppe etwas zu erweitern und für die einzelnen Bereiche klare Therapieempfehlungen abzugeben.
So gibt es nun für Patienten mit Herzinsuffizienz oder chronischer Nierenerkrankung mit Albuminurie eine Empfehlung für SGLT2-Hemmer mit nachgewiesenem Benefit in diesen Kollektiven (welche der entsprechenden Tabelle zu entnehmen sind).
Die nächsten notwendigen Schritte für den täglichen Alltag wären, dass die Fachinformationen an die Studiendaten angepasst werden müssen, da es derzeit Diskrepanzen zwischen den Therapieempfehlungen und der eGFR im Zulassungstext der einzelnen SGLT2-Hemmer gibt. Ein weiterer dringend notwendiger Schritt ist es, die Erstattungsrichtlinien in Österreich an die Leitlinien anzupassen, da aktuell eine leitliniengerechte Therapie nicht immer mit der kassenärztlichen Verschreibung vereinbar ist.
Univ.-Prof. PD Dr. Harald Sourij
Klinische Abteilung für Endokrinologie und Diabetologie
Medizinische Universität Graz
Kommentar
Priorisierung von SGLT2-I und GLP-1-RA
Im Jahr 2008 wurde von der US-amerikanischen Zulassungsbehörde für Arzneimittel (Food and Drug Administration, FDA) in einer Regulative festgeschrieben, dass alle zukünftig zuzulassenden antidiabetischen Medikationen (inkl. neuer Insuline) ihre kardiovaskuläre Sicherheit – zusätzlich zur antidiabetischen Wirksamkeit – nachzuweisen hätten. Das geschah in Form sogenannter „kardiovaskulärer Endpunktstudien“ („Cardiovascular Outcome Trials“; CVOTs) und führte zu einer dramatischen Verbreiterung der Evidenz zur antidiabetischen Therapie.
Nun erleben wir, dass sich insbesondere für die Substanzklasse der SGLT2-Hemmer hinsichtlich der Prävention einer Herzinsuffizienz bzw. einer chronischen Nierenerkrankung die Evidenz auch über die Gruppe jener Menschen, die an Diabetes erkrankt sind, hinaus verbreitert. Die so rasant fortschreitende Publikation großer Endpunktstudien hat binnen eines Jahres neuerlich ein Update der Leitlinien der Österreichischen Diabetesgesellschaft notwendig gemacht. In dieser Überarbeitung wied erstmals auch die Studienlage bezüglich der SGLT2-Hemmer zur Herzinsuffizienz sowie zur chronischen Nierenerkrankung mitberücksichtigt.
Auf den Punkt gebracht führt diese Änderung der Leitlinien, auf Basis der breiteren, neuen Evidenz, zu einer noch deutlich weitergehenden Priorisierung der SGLT2-Hemmer und der GLP-1-Rezeptoragonisten in der Behandlung des Typ-2Diabetes. Dies sowohl um das HbA1c-Ziel zu erreichen als auch – unabhängig vom HbA1c – mit dem Ziel der „kardiorenalen Protektion“.
Univ.-Prof. Dr. Thomas C. Wascher
Fachbereich Diabetes
1. Medizinische Abteilung
Hanusch-Krankenhaus, Wien
Das könnte Sie auch interessieren:
Diabetes erhöht das Sturzrisiko deutlich
Eine dänische Studie kommt zu dem Ergebnis, dass sowohl Patienten mit Typ-1- als auch Patienten mit Typ-2-Diabetes öfter stürzen und häufiger Frakturen erleiden als Menschen aus einer ...
Notfall Diabetische Ketoazidose: Leitliniengerechtes Handeln kann Leben retten
Akute Stoffwechselentgleisungen können lebensbedrohlich sein und erfordern eine rasche und leitliniengerechte Diagnostik und Therapie. Pathogenese, Klinik, typische Befunde und die ...
Wie oft wird Diabetes nicht oder spät erkannt?
Im Allgemeinen wird von einer hohen Dunkelziffer an Personen mit undiagnostiziertem Typ-2-Diabetes ausgegangen. Ein Teil davon sind von Ärzten „übersehene“ Fälle. Eine von der University ...