
Kreuzfahrtmedizin in der Karibik
Autorin:
Dr. Bettina Vahlbruch
Fachärztin für Allgemeinmedizin, Reise- und Maritime Medizin
Medical Consultant of Sea Cloud Cruises, Hamburg
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Wer sich auf eine Kreuzfahrt in die Karibik begibt, sollte (vorab) mögliche gesundheitliche Risiken bedenken: Infektiöse Tropenkrankheiten lauern vor allem bei Landgängen, an Bord ist die Seekrankheit das häufigste Übel. Zudem können schwere Erkrankungen und Verletzungen im Bordhospital nur begrenzt versorgt werden.
Infektiöse Reiserisiken bei Landgängen in der Karibik
Bei mangelhaften hygienischen Verhältnissen an Land droht insbesondere Reisediarrhö durch E. coli, aber auch Hepatitis A, Salmonellosen und andere fäkal-orale Infektionen. Die wichtigsten Präventivmaßnahmen dagegen: nichts Rohes essen, kein Leitungs- und kein Flusswasser trinken, Eiswürfel meiden, kein Fingerfood und vor dem Essen Hände waschen. Weiters ist die Impfung gegen Hepatitis A zu empfehlen.
Infektionen durch Mückenstiche sind möglichst zu vermeiden, denn v.a. das Denguefieber kann gefährlich werden und einen tödlichen Verlauf nehmen. In den letzten Jahren hat sich die Zahl der Denguefälle explosionsartig erhöht. In der gesamten Karibik ist die tagaktive Tigermücke Aedes aegypti verbreitet, die als Vektor für die Tropenkrankheiten Denguefieber, Zika-Virus-Infektionen, Chikungunyafieber und Gelbfieber dient.
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Denguefieber: Die Symptome reichen von Fieber bis zu schweren hämorrhagischen Komplikationen. Tödliche Verläufe sind möglich.
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Zika-Virus-Infektion: Sie ist besonders relevant für Schwangere, da das Virus schwere Fehlbildungen beim Fötus verursachen kann.
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Chikungunyafieber: Typisch bei diesem virusbedingten grippalen Infekt sind Gelenkschmerzen, die bei 20% der Infizierten Wochen bis Monate anhalten können.
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Gelbfieber (GF): Endemiegebiete bestehen nur auf dem Festland in Panama, Kolumbien und Venezuela. Südlich des Panamakanals sind das karibische Festland und alle Inseln gelbfieberfrei.
Da es keine spezielle Therapie für die genannten Infektionskrankheiten gibt, ist die Prävention umso wichtiger. Weitere mögliche Infektionen durch Mücken sind:
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Malaria durch Stiche der Anopheles-Mücken: Endemiegebiete sind das karibische Festland und nur die Insel Haiti/die Dominikanische Republik. Sonst gelten alle Karibikinseln als malariafrei. Die Chemoprophylaxe gegen Malaria wird für Kreuzfahrtpassagiere, die in der Dominikanischen Republik an Land gehen, nicht empfohlen, da das Risiko sehr gering ist.
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Mukokutane Leishmaniose: Endemiegebiet neben dem Festland der Karibik sind nur die Insel Haiti/die Dominikanische Republik, auch wenn die Sandmücken, die potenziell Leishmaniose übertragen können, in der gesamten Karibik verbreitet sind. Ihre Stiche sind häufig und jucken ganz erheblich, sind aber in der Regel harmlos.
Prävention von Mückenstichen und Impfprophylaxe
Zur Prophylaxe von Mückenstichen werden die Nutzung von Repellentien (DEET, Icaridin) und lange, helle, körperbedeckende Kleidung bei Landgängen empfohlen.
Gegebenenfalls sind Impfungen indiziert:
Der Denguelebendimpfstoff Qdenga wird in Deutschland von der Ständigen Impfkommission (STIKO) und in Österreich vom Nationalen Impfgremium nur nach durchgemachter 1. Infektion als Schutz vor der potenziell gefährlichen 2. Infektion mit Dengue empfohlen.
Weiters gibt es den Chikungunyalebendimpfstoff Ixchiq und den GF-Impfstoff Stamaril. Ein Impfstoff gegen Zika-Virus-Infektionen ist in Entwicklung (Valneva).
Tierbisse
Tollwutgefahr besteht bei Fledermäusen, vereinzelt gibt es Landtollwut auf dem Festland und den Großen Antillen (Kuba, Haiti/Dominikanische Republik, Jamaika). Die Kleinen Antillen sind hingegen tollwutfrei.
Larva migrans cutanea
Larva migrans cutanea ist das häufigste Reisemitbringsel vom Karibikstrand. Diese stark juckenden, sich bewegenden Girlanden werden auch „creeping disease“ genannt. Hakenwurmlarven, die durch Hunde- und Katzenkot den Strand kontaminieren, bohren sich durch die Haut und können bis zu 3 Monate Beschwerden verursachen. Als Therapie ist Ivermectin als Einmalgabe zu empfehlen. Beste Prävention ist, nicht barfuß am Strand zu gehen.
Schiffsbedingte Gesundheitsrisiken
Schwankungsbedingte Risiken: Seekrankheit und Unfälle
Die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten der Seekrankheit hängt von der Größe des Schiffes (je größer, desto geringer), von der Reisegeschwindigkeit (je schneller, desto geringer) und dem Vorhandensein von Stabilisatoren ab. Diese werden unter der Wasseroberfläche wie Flügel ausgebreitet und halten das Kreuzfahrtschiff bis hin zu den höchsten Etagen im Prinzip schwankungsfrei.
Auslöser und Ursachen der Seekrankheit sind die sich widersprechenden Sinneseindrücke, das sogenannte „sensory dismatch“. Es kommt zur massiven Ausschüttung von Histamin mit den Symptomen Schwindel, Kopfschmerzen, Blässe, Muskelzittern, Schwäche, Müdigkeit mit Gähnen, Schwitzen, massiver Speichelfluss, Übelkeit und Erbrechen. Histamin ist somit der Auslöser der Seekrankheitssymptome, aber gleichzeitig auch der Schlüssel zur Behandlung und Prophylaxe der Seekrankheit. Am besten und am meisten an der Ursache ansetzend helfen nämlich Antihistamine! Die H1-Rezeptor-Antagonisten der 1. Generation Dimenhydrinat und Meclozin haben die stärkste antiemetische Wirkung unter allen Antihistaminika und sind unter verschiedenen Produktnamen rezeptfrei zu bekommen. Andere oft verschreibungspflichtige Antiemetika sind bei Kinetosen kaum wirksam.
In der Karibik stehen nur auf den Französischen/Niederländischen Antillen Rettungshubschrauber zur Verfügung
Weiters lauern an Bord Risiken für Unfälle, Stürze sowie Umknicken und der Worst Case „person overboard“ mit Gefahr des Ertrinkens und von Unterkühlung. Abberge-Manöver schwerkranker oder verletzter Patienten von Bord sind risikoreich. In der Karibik stehen zudem keine Rettungshubschrauber zur Verfügung, Ausnahmen sind die Französischen/Niederländischen Antillen. In der Karibik muss das Kreuzfahrtschiff daher den Notfallpatienten in den nächsten Hafen bringen, was eine immense Zeitverzögerung bedingt.
Eingeschränkte diagnostische und therapeutische Möglichkeiten im Bordhospital
Auch auf großen Kreuzfahrtschiffen sind nur Basisdiagnostik und Basistherapie möglich: Im Notfall muss der Patient in einem Krankenhaus mit Maximalversorgung einer speziellen Diagnostik (wie CT, MRT etc.) bzw. einer speziellen Therapie (wie Stent, OP etc.) zugeführt werden. Die Schwierigkeit in der Karibik ist neben dem Fehlen von Rettungshubschraubern oder Seenot-Rettungskreuzern, dass Krankenhäuser mit Maximalversorgung nicht überall vorhanden sind und oft hunderte Kilometer entfernt sind. Die maximale Geschwindigkeit großer Kreuzfahrtschiffe liegt bei 25Knoten, das entspricht 46km/h.
Infektiöse Risiken an Bord
An Bord von Kreuzfahrtschiffen gibt es wie in allen großen Gemeinschaftsunterkünften viel besuchte Restaurants – meist mit Buffet. Die dadurch bedingten häufigsten Erkrankungen sind:
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gastrointestinale Infektionen (GI): Infektionen mit dem Norovirus sind auf Kreuzfahrtschiffen besonders problematisch. Dieses hochansteckende Virus verursacht Erbrechen und Durchfall und verbreitet sich rasch durch engen Kontakt.
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„Influenza-like illnesses“ (ILI): Influenza, Covid, respiratorisches Synzytial-Virus (RSV), Pneumokokken etc.
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Legionellose: Die Infektion ist deutlich rückläufig und nur noch extrem selten dank verbesserter technischer Wartung.
Zu den wichtigsten Präventionsmaßnahmen zählen:
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strikte Hygienemaßnahmen an Bord wie regelmäßiges Waschen und Desinfektion der Hände
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ggf. Impfungen: Influenza-, Covid-, Pneumokokken-, RSV-Impfung
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regelmäßige Reinigung und Desinfektion der Kabinen und Gemeinschaftsräume, der Stockwerktasten der Aufzüge und der Treppengeländer etc.
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Luftfilterung an Bord
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regelmäßige Wartung der Wasserleitungen und Testung des Wassers an Bord
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Isolationsprotokolle bei GI- oder ILI-Fällen
Schlusswort
Trotz der angesprochenen Risiken ist eine Kreuzfahrt in der Karibik sicherer als Urlaub an Land, da es auf Kreuzfahrtschiffen eine extrem niedrige Kriminalitätsrate gibt, weniger Unfälle passieren als mit allen anderen Transportmitteln, ein hoher Hygienestandard nachgewiesen werden muss und eine medizinische Basisversorgung durch den Schiffsarzt meist schneller zu erhalten ist.
Literatur:
bei der Verfasserin
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