Klimaschutz in der Hausarztpraxis: neue S1-Leitlinie für Verordnung inhalativer Arzneimittel
Berlin - Das Gesundheitswesen ist in Deutschland für rund fünf Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich. In der hausärztlichen Versorgung verursachen inhalative Arzneimittel (vor allem bei Asthma bronchiale und chronisch obstruktiver Bronchitis [COPD]) die höchsten Emissionen, stellt die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) in einer Aussendung fest. Bei den inhalativen Arzneimitteln könnten die Wirkstoffe als Dosieraerosol oder als Pulverinhalator verordnet werden. Wobei Pulverinhalatoren das Klima deutlich weniger schädigen, so die Fachgesellschaft weiter. Sie informiert nun über eine entsprechende neue S1-Leitlinie für die ärztliche Praxis.
Im hausärztlichen Bereich verursacht die Verordnung von Medikamenten den größten CO2-Fußabdruck. Inhalative Arzneimittel (Dosieraerosole) sind aufgrund der verwendeten Treibmittel am schädlichsten für das Klima, formuliert die DEGAM. Es gebe aber etablierte Alternativen: Inhalatoren, die den Wirkstoff in Pulverform beinhalten. Alle Inhalativa werden vor allem bei Asthma bronchiale und chronisch obstruktiver Bronchitis (COPD) verordnet – also bei Krankheitsbildern, die durch den Klimawandel bzw. seine Ursachen (zum Beispiel Feinstaubbelastung) begünstigt werden. Ein Teufelskreis.
Vor diesem Hintergrund hat die DEGAM eine neue S1-Leitlinie veröffentlicht – die erste, die explizit die Bedeutung der Verschreibung einer Medikamentengruppe für den Klimawandel thematisiert: „Klimaschutz ist ein wichtiger Beitrag zur globalen Gesundheit. Als wissenschaftliche Fachgesellschaft sind wir uns unserer Verantwortung bewusst. Mit dieser neuen Leitlinie möchten wir den Hausärztinnen und Hausärzten valide Informationen zur Verfügung stellen, damit sie in der Praxis eine klimabewusste Entscheidung treffen können“, so Dr. Guido Schmiemann, federführender Autor der Leitlinie.
Keine klinisch relevanten Unterschiede
Bisher orientiert sich die Auswahl des inhalativen Arzneimittels vor allem an der Handhabung und Atemtechnik. Für die meisten Patienten sind auch Pulverinhalatoren gut zu nutzen, nur für Kinder unter fünf Jahren oder geriatrische Patienten werde man meistens auf Dosieraerosole setzen, da sie etwas leichter einzuatmen sind. Die Leitlinie soll hier konkrete Hilfestellungen für die ärztliche Praxis geben, u. a. wird die vorhandene Evidenz zur Entscheidung zwischen Pulverinhalatoren und Dosieraerosolen zusammengefasst. Zudem informiert sie über Studien, die zu dem Ergebnis gekommen sind, dass es keine klinisch relevanten Unterschiede zwischen den beiden Darreichungsformen gibt.
Neben den Ärzten will die DEGAM auch alle anderen Gesundheitsfachberufe (wie zum Beispiel Apotheker) ansprechen, die in der Beratung von Betroffenen tätig sind. (red)
Weitere Infos: Originalpublikation
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