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Gesundheit und Forschung

Frauen mit Gefäßerkrankungen in Deutschland mangelhaft versorgt

Berlin - Die Versorgung von Patienten mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit ist in Deutschland nach wie vor mangelhaft: Vor allem Frauen werden häufig nicht nach den aktuellen Empfehlungen der wissenschaftlichen Leitlinien behandelt, besagt eine Studie des Universitätsklinikums Münster.

Das Projekt GenderVasc an der Klinik für Kardiologie I des Universitätsklinikums, ein vom Gemeinsamen Bundesausschuss gefördertes Projekt, untersuchte die Versorgungsrealität der Patienten mit Herz- und Gefäßerkrankungen in Deutschland mit dem Schwerpunkt von geschlechtsspezifischen Unterschieden. Als Datenquelle dienten Routinedaten einer der größten Krankenkassen in Deutschland (AOK) und des Statistischen Bundesamtes (DESTATIS) der Jahre 2010 bis 2018. Die Ergebnisse der Arbeit wurden kürzlich im European Heart Journal veröffentlicht.

Vor allem Frauen nicht leitliniengerecht behandelt

Eine der zentralen Aussagen fasst Dr. Lena Makowski, Erstautorin der Studie, wie folgt zusammen: „Unsere Analysen zeigen, dass Patienten mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK) generell und häufig nicht den Leitlinienempfehlungen entsprechend behandelt werden. Diese mangelhafte Versorgung ist bei Frauen sogar noch deutlicher als bei Männern.“

Die bisherigen Ergebnisse seien beunruhigend, es bedürfe einer dringenden Verbesserung in der Diagnostik und Therapie von pAVK-Patienten. Die Autoren haben für die Analyse Daten aller stationär behandelten Personen mit pAVK im Stadium der kritischen Ischämie (n = ca. 200.000) der AOK aus den Jahren 2010 bis 2017 einbezogen. Die Resultate ihrer Studien würden belegen, dass im jüngeren Alter (50–80 Jahre) bei der pAVK-Prävalenz das männliche Geschlecht, im höheren Alter (> 80 Jahre) jedoch das weibliche Geschlecht dominiert. Zum Zeitpunkt der Hospitalisierung sind Frauen im Durchschnitt 7,6 Jahre älter als Männer, weisen häufiger Endorganschäden wie Herz- und Niereninsuffizienz sowie Vorhofflimmern als Komorbiditäten auf, während Männer häufiger Zigaretten rauchen, Diabetes mellitus, Hyperlipidämie oder eine koronare Herzerkrankung haben.

Empfohlene Substanzen werden zu selten verschrieben

Die Einstellung der kardiovaskulären Risikofaktoren (Diabetes mellitus, Rauchen, Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörung), eine gesunde Lebensführung sowie ein regelmäßiges Gehtraining stellen die therapeutischen Basismaßnahmen bei allen PatientInnen mit pAVK dar, heißt es weiter. Bei Patienten mit einer kritischen Extremitätenischämie ist die Revaskularisation die Standardtherapie und die entscheidende Maßnahme zur Verhinderung einer Amputation.

Neben diesen Maßnahmen kommen Plättchenhemmer und Lipidsenker (vorwiegend Statine) zum Einsatz, die nachweislich die Rate an schwerwiegenden kardiovaskulären Ereignissen wie Herzinfarkten und Schlaganfällen, aber auch die Bein-Ereignisrate wie erneute Revaskularisation und Amputation senken. Für beide Substanzen gebe es eine überwältigende Evidenz und sie seien daher mit dem höchsten Empfehlungsgrad in den nationalen und internationalen Leitlinien versehen, betonen die Forschenden. Dennoch sei die Rate der Verschreibungen dieser Substanzen bei Patienten mit pAVK selbst nach der Diagnosestellung weiterhin unzureichend – und zudem bei Frauen niedriger als bei Männern (50,8 % vs. 61,8 % für Statine und 67,7 % vs. 73,5 % für Plättchenhemmer/orale Antikoagulantien).

Fazit: Man könne davon ausgehen, dass sich die Prognose der pAVK-Patienten, insbesondere bei Frauen, deutlich verbessert, wenn die evidenzbasierten Empfehlungen konsequent umsetzt würden, folgert Makowski. (red)

Weitere Infos: Originalpublikation

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