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Gesundheit und Forschung

Cholesterinsenker als Bremser von Metastasen?

Berlin - Viele Menschen müssen Statine einnehmen, um ihren Cholesterinspiegel zu senken. Doch Statine können möglicherweise noch mehr: Forscher um Ulrike Stein vom ECRC und Robert Preißner von der Charité berichten in „Clinical and Translational Medicine“, dass Statine ein Gen hemmen, das Krebszellen metastasieren lässt.

Die wenigsten Krebspatienten sterben an einem Primärtumor, sondern an dessen Metastasen – auch nach einer geglückten Tumoroperation. Denn Krebszellen können sich früh auf Wanderschaft im Körper begeben, wenn der Tumor noch sehr klein, vielleicht noch gar nicht entdeckt worden ist. Dafür müssen sie sich aus ihrem Zellverband lösen, in benachbarte Lymph- oder Blutgefäße ein- und von dort wieder auswandern, sich in neuem Gewebe niederlassen und sich vermehren.

Die molekularen Mechanismen der Metastasierung zu verstehen ist daher ein wichtiges Puzzlestück im Kampf gegen Krebs. Vor mittlerweile mehr als zehn Jahren ist es Professorin Ulrike Stein mit ihrer Arbeitsgruppe am Experimental and Clinical Research Center (ECRC) gelungen, im menschlichen Darmkrebs einen wichtigen Treiber dieses Prozesses ausfindig zu machen: das „Metastasis-associated in colon cancer 1“-Gen (MACC1). Das ECRC ist eine gemeinsame Einrichtung des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) und der Charité – Universitätsmedizin Berlin.

Medikamenten-Screening führte zu Statinen

Um sich zu vermehren und in anderes Gewebe einzudringen, exprimieren diese Krebszellen MACC1. „Viele Krebsarten streuen nur bei den Patientinnen und Patienten mit hoher MACC1-Expression“, erläutert Ulrike Stein. Diese Rolle von MACC1 als Schlüsselfaktor und Biomarker für Tumorwachstum und Metastasierung sei inzwischen in mehr als 300 Veröffentlichungen bestätigt – nicht nur bei Darmkrebs, sondern bei mehr als 20 soliden Tumoren. Die Forscherin hat zusammen mit Dr. Robert Preißner von der Charité entdeckt, was den Metastasenantrieb stören könnte: Dabei handelt es sich um Statine, die als Cholesterinsenker verschrieben werden und die die MACC1-Expression in Tumorzellen hemmen.

Im Zuge von Hochdurchsatz-Medikamentenscreenings stellte sich heraus, dass alle sieben getesteten Medikamente die MACC1-Expression in den Zellen verminderten, allerdings nicht alle gleich stark.

Robert Preißner und Wissenschaftler der Universität von Virginia wiederum analysierten die Daten von insgesamt 300.000 Patienten, denen Statine verschrieben worden waren. Dabei stießen sie auf eine Korrelation: „Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung war bei den Patienten, die Statine einnehmen, die Krebshäufigkeit um die Hälfte niedriger“, fasst Preißner zusammen.

„Wir stehen noch ganz am Anfang“, betont Steiner. „Zelllinien und Mäuse sind keine Menschen, wir können die Ergebnisse nicht ohne Weiteres übertragen.“ Nach den experimentellen Untersuchungen und der retrospektiven Datenanalyse sei nun eine klinische Studie geplant. Erst danach könne man mit Gewissheit Aussagen treffen. (red)

Weitere Infos: Originalpublikation

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