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Gesundheit und Politik

E-Health in Deutschland: Es gibt viel zu tun

Karlsruhe - Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) hat im Auftrag der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) das Voranschreiten der Digitalisierung im deutschen Gesundheitssystem untersucht und daraus Handlungsempfehlungen für die Zukunft abgeleitet. Im Fokus standen dabei etwa die Umsetzung von Gesetzesinitiativen, Datenschutz- und Cybersicherheit sowie das Identifizieren von Innovationsmöglichkeiten. Für die umfassende Analyse wurden unter anderem Vergleiche mit Dänemark, Estland, Spanien und Österreich angestellt, die nach Einschätzung der Experten punkto Digitalisierung im Gesundheitssystem allesamt besser abschneiden als Deutschland.

Nach vielversprechenden Anfängen fiel Deutschland seit der Jahrtausendwende bei der Digitalisierung seines Gesundheitssystems immer weiter zurück und zählte laut internationalen Studien zuletzt eher zu den Schlusslichtern im europäischen Vergleich, skizziert das Institut die Ausgangssituation. Als Ursachen für die verzögerte Digitalisierung werden unter anderem Interessenkonflikte der vielen beteiligten Akteursgruppen insbesondere Bürokratie, hohe Technologiekosten, Sicherheitsbedenken und regulatorische Unsicherheiten angeführt. Die Corona-Pandemie habe in der Folge die Schwachstellen der digitalen Kommunikation im Gesundheitswesen offengelegt.

In der aktuellen Studie wurden nun Handlungsempfehlungen für die Zukunft erarbeitet. Methodisch basiert sie auf Literatur- und Internetrecherchen sowie auf Interviews mit 15 Vertretern der zentralen Stakeholder im Gesundheitssystem. Die Arbeit konzentriert sich dabei auf fünf zentrale digitale Anwendungen: die Telematikinfrastruktur und Telemedizin, die elektronische Patientenakte, digitale Gesundheitsanwendungen (sogenannte „Apps auf Rezept“) sowie das elektronische Rezept.

Agenda zur Digitalisierung des Gesundheitswesens

Wie die Analyse zur Umsetzung von Gesetzesinitiativen zeigt, befassen sich allein sechs Gesetze des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) in der 19. Legislaturperiode mit der Digitalisierung des Gesundheitswesens und schafften Rahmenbedingungen für die Nutzung von Telemedizin, E-Patientenakte, E-Rezept oder Apps. Die Studienautoren weisen darauf hin, dass mit dem Ausbau der Telematikinfrastruktur und weiteren Anwendungen – etwa Videosprechstunden, digitalen zahnärztlichen Bonusheften oder digitalen Impfpässen – auch die Datenverarbeitung und damit der Datenschutz an Bedeutung gewinnen. Allerdings wurden bisher kaum Möglichkeiten zur Vereinheitlichung und zu Konkretisierungen des Datenschutzes wahrgenommen. Zudem sind bei IT-Sicherheits- und Datenschutzfragen Verantwortlichkeiten teilweise unklar und wenig nachvollziehbar geregelt.

Um die Digitalisierung in Deutschland zu beschleunigen, bräuchte es nach Einschätzung von Tanja Bratan vom Fraunhofer ISI folgende Akzente: „Auf Basis unserer Studienergebnisse sehen wir unter anderem besonderen Handlungsbedarf beim Ausbau einer leistungsfähigen Breitbandinfrastruktur als Grundlage für die Digitalisierung, der Entwicklung einer E-Health-Strategie für Deutschland, einer besseren Vernetzung im gesamten Gesundheitssystem sowie einer deutlichen Verbesserung der IT-Sicherheit in Gesundheitseinrichtungen.“ Wichtig sei, diese Schritte durch ein stetiges Monitoring zu begleiten. Ganz oben auf der Agenda stünden außerdem die breite Information der Bevölkerung zu den digitalen Möglichkeiten und die Verbesserung der digitalen Kompetenzen bei Beschäftigten in den Gesundheitsberufen. (red)

Weitere Infos: Originalpublikation

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