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Gesundheit und Forschung

Deutsche Studie: Vergesslichkeit im mittleren Alter ist ein Demenz-Risiko

Heidelberg/Saarbrücken - Probleme mit dem Kurzzeitgedächtnis im mittleren Alter können ein Hinweis auf eine später auftretende Demenzerkrankung sein. Was für höhere Altersgruppen bereits bewiesen ist, haben deutsche Wissenschaftler*innen jetzt auch für Jüngere – die Altersgruppe von 50 bis 75 Jahren – belegt. Innerhalb von neun Jahren nach ersten Gedächtnisschwierigkeiten liegt das Risiko etwa beim Doppelten.

Hermann Brenner und seine Co-Autoren vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ/Heidelberg) haben Daten aus der deutschen „ESTHER“-Epidemiologiestudie analysiert. Mithilfe statistischer Verfahren untersuchten sie in der Altersgruppe der über 50-Jährigen den Zusammenhang zwischen subjektiv wahrgenommenem kognitivem Leistungsabbau („subjective cognitive decline“ – SCD) und dem Risiko, innerhalb von 17 Jahren eine Demenz (jeglicher Ursache, durch Erkrankungen der Gehirngefäße oder Morbus Alzheimer) zu entwickeln.

Für ihre Analysen nutzten sie Daten von insgesamt 6190 Teilnehmern, die zwischen 2000 und 2002 im Alter von 50 bis 75 Jahren in die Untersuchung im deutschen Bundesland Saarland (Krebsregister) aufgenommen worden waren. Dabei hatten die Teilnehmer mithilfe eines Fragebogens Angaben zu den subjektiv wahrgenommenen Fähigkeiten des Kurz- und des Langzeitgedächtnisses gemacht.

Akzente zur Vermeidung von Gefäßerkrankungen

Für ältere Menschen gilt als belegt, dass das subjektiv wahrgenommene Nachlassen des Kurz- und Langzeitgedächtnisses einen Risikofaktor für Demenzerkrankungen darstellt. Bei jüngeren Personen war das bisher nicht dokumentiert. „Bei 492 Probanden wurde innerhalb von 17 Jahren eine Demenzerkrankung diagnostiziert. Teilnehmer mit Problemen mit dem Kurzzeitgedächtnis hatten ein höheres Risiko für Demenzerkrankungen jeglicher Ursache und vaskulärer (durch Atherosklerose bedingter; Anm.) Demenz“, schreiben die Wissenschaftler jetzt in der Fachzeitschrift „Age and Ageing“.

Für Demenz insgesamt (alle Ursachen) erhöhte sich demnach das Risiko um 80 Prozent, für gefäßbedingte Demenz um hundert Prozent für den Zeitraum von neun Jahren ab Auftreten der Probleme, für den Zeitraum von bis zu 17 Jahren um die Hälfte (alle Ursachen) bzw. um 78 Prozent (vaskuläre Demenz). Ein statistisch signifikant höheres Risiko für Alzheimer-Demenz zeigte sich bei Personen mit Kurzzeitgedächtnis-Schwierigkeiten nur innerhalb eines Zeitraumes von sechs Jahren ab den ersten subjektiv wahrgenommenen Problemen mit dem Erinnerungsvermögen.

Depression erhöht Demenz-Risiko

„Subjektiv wahrgenommene Probleme mit dem Kurzzeitgedächtnis können schon bei Menschen ab einem Alter von 50 Jahren auf ein erhöhtes Risiko für eine Demenz hinweisen – und das bereits viele Jahre vor der Diagnosestellung“, fasst Brenner die Ergebnisse zusammen. „Unsere Beobachtungen unterstreichen die Bedeutung frühzeitiger präventiver Maßnahmen zur Vermeidung von Gefäßerkrankungen, die zumindest für einen Teil der Demenzerkrankungen mit verantwortlich sind.“ Das würde beispielsweise die Kontrolle des Blutdrucks und die Behandlung von Fettstoffwechselstörungen (Cholesterin) umfassen.

Bei Probanden, bei denen zusätzlich zu den Kurzzeitgedächtnisstörungen bereits eine Depression aufgetreten war, lag das Risiko für eine Demenzdiagnose im höheren Alter noch höher. „Depression und SCD sind unabhängig voneinander mit Demenz assoziiert. Treten beide Faktoren zusammen auf, erhöht sich das Risiko der Betroffenen, später an einer Demenz zu erkranken, noch einmal deutlich“, so Brenner. (APA/red)

Weitere Infos: Originalpublikation

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