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Gesundheit und Medizin

Deutsche Experten: exzellente neue Therapien für Typ-2-Diabetes

Baden-Baden - Die Therapie des Typ-2-Diabetes (ehemals „Altersdiabetes“) durchläuft derzeit einen grundlegenden Wandel. Statt allein den sprichwörtlichen „Zucker“ im Blut zu senken, gelingt es mit neuen Arzneimitteln erstmals, von Anfang an auch die Begleiterkrankungen zu behandeln, hieß es jüngst beim 65. Deutschen Kongress für Endokrinologie (online).

„Typ-2-Diabetes ist eine Volkskrankheit. Mittlerweile sind in Deutschland schon mehr als zehn Millionen Menschen betroffen. Wir haben aber in letzter Zeit auch exzellente Behandlungsmöglichkeiten bekommen“ sagte Jochen Seufert, Kongresspräsident und Diabetesspezialist an der Universität Freiburg. Dadurch werde ein Paradigmenwechsel ermöglicht. „Wir behandeln nicht mehr Surrogatparameter, wie den HbA1c-Wert (mittelfristiger Laborwert für die Qualität der Blutzuckereinstellung; Anm.) oder die Blutzuckerwerte, sondern gleichzeitig auch die Fettstoffwechselstörung, erhöhtes Körpergewicht und erhöhten Blutdruck“, so der Experte.

Die Stoffwechselerkrankung tritt oft im Rahmen eines sogenannten metabolischen Syndroms auf. Dann leiden die Patienten auch an Adipositas, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörung, Gerinnungsstörung und niederschwelliger Entzündung. „Das ist eine toxische Kombination, denn sie bildet die Grundlage für schwerwiegende Folgeerkrankungen“, skizzierte Seufert. Dazu gehörten etwa kardiovaskuläre und mikrovaskuläre Komplikationen, wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Durchblutungsstörungen, aber auch Niereninsuffizienz, Erblindung, Nervenschädigungen und das diabetische Fußsyndrom. Aufgrund dieser Komplikationen erhöht sich auch die Sterblichkeit der Betroffenen deutlich. Seufert: „Das therapeutische Ziel in der Behandlung muss deshalb auf die Verhinderung von Langzeitschäden dieses Syndroms ausgerichtet sein. Und das bedeutet Therapie ein ganzes Leben lang.“

Neue Therapiekonzepte

Während sich die Medizin ehemals vor allem auf die Senkung erhöhter Blutzuckerwerte konzentrierte, hat sich diese Situation mit der Zeit deutlich gewandelt. Für eine Langzeitprognose von Betroffenen erwiesen sich eine Senkung des Cholesterinspiegels sowie eine gute Einstellung des Blutdrucks als faktisch mindestens ebenso wichtig. Zum Teil neue Therapiekonzepte bei Typ-2-Diabetes haben Kombinationseffekte. Die Substanzklasse der SGLT2-Inhibitoren sind Antidiabetika zur oralen Einnahme. Über die Hemmung eines Natrium/Glukose-Cotransporters in der Niere führen sie zu einer vermehrten Ausscheidung von Glukose, jedoch ohne die Gefahr einer Unterzuckerung. Dadurch wird der Blutzuckerspiegel schonend gesenkt, die Adipositas geht zurück und der Blutdruck fällt. „Die Studienergebnisse haben darüber hinaus auch einen echten Schutz vor Langzeitschäden an Herz und Niere im Sinne eines Langzeit-Organschutzes gezeigt“, erklärte der Diabetologe.

Auch für die Medikamentengruppe der sogenannten GLP-1-Rezeptoragonisten seien in den vergangenen Jahren überzeugende Studiendaten zur Reduktion von Langzeitschäden bei Diabetes mellitus Typ 2 und des metabolischen Syndroms vorgelegt worden. Diese Medikamente führen zu einem ausgeprägten Rückgang von Übergewicht und Adipositas, bei gleichzeitiger positiver Wirkung auf Blutzucker und Blutdruck. Der deutsche Diabetologe: „Der Blutzucker-senkende Effekt ist dabei durchaus mit Insulin zu vergleichen. Entsprechend empfehlen die nationalen und internationalen Leitlinien, GLP-1-Rezeptoragonisten vor dem Einsatz von Insulin zu erwägen.“ (APA/red)

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