
Urologische Highlights vom ASCO 2020
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Das ASCO Meeting 2020 wurde aus gegebenem Anlass virtuell abgehalten. Dennoch waren die Präsentationen der richtungsweisenden uroonkologischen Studien von hoher fachlicher, aber auch hoher technischer Qualität.
Highlights zum Thema Blasenkarzinom
JAVELIN-Bladder-100-Studie
Der diesjährige urologische Beitrag zur Plenary Session war die JAVELIN-Bladder-100-Studie, eine Interimsanalyse einer randomisierten Phase-III-Studie, die einen Switch auf eine Erhaltungstherapie mit dem PD-L1-Inhibitor Avelumab gegen „Best Supportive Care“ (BSC) nach einer 4–6 Zyklen umfassenden platinbasierten First-Line-Therapie verglich. T. Powles konnte eine Steigerung des Gesamtüberlebens im metastasierten Stadium auf 21,4 Monate mit einer HR von 0,69 berichten. Hatte bereits am ESMO 2019 die Chemotherapiekombination mit Atezolizumab eine noch nicht signifikante Steigerung auf über 16 Monate ergeben, so ist das nun knapp 2 Jahre lange Überleben das längste, das wir beim fortgeschrittenen Blasenkarzinom bisher erreicht haben. Ein ähnliches Signal war schon in der randomisierten Phase-II-Studie HCRN-GU14-1822 von M. Galsky mit einem 22,4-monatigen OS gesehen worden, das als sekundärer Endpunkt und mit dem erlaubten Cross-over nicht signifikant war.Allerdings erreichte das PFS als primärer Endpunkt Signifikanz, ähnlich wie in der Maintenance-Studie mit Vinflunin.Der koprimäre Endpunkt von JAVELIN 100, das OS in der PD-L1-positiven Gruppe, war mit einer HR von 0,56 noch eindrucksvoller. Das PFS als sekundärer Endpunkt war ebenfalls in der Maintenance-Gruppe signifikant länger in der 700 Patienten umfassenden Studie JAVELIN Bladder 100, die ein Follow-up von 19 Monaten aufweist. Mittlerweile hat die FDA Avelumab in dieser Indikation zugelassen. Das Toxizitätsprofil ergab keine neuen Bedenken, 11,9% mussten die Studie nebenwirkungsbedingt abbrechen, die Hypothyreose als häufigster immunvermittelter „adverse event“(AE) wurde von 7% als Grad 3 erlebt. 2 Patienten starben, 9% benötigten eine hochdosierte Steroidgabe.
In der Diskussion anerkannte E. Plimack die Maintenance-Strategie mit Avelumab als neuen „Standard of Care“, wenn die Patienten nicht einen unmittelbaren Zugang zu einer Second-Line-Immuntherapie haben. 52% im unterlegenen Komparatorarm wurden nach der Progression unter BSC immuntherapiert.
Nicht immer garantiert die Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren einen Therapieerfolg, wie die Studie IMvigor 010 zeigte, die Atezolizumab als adjuvante Therapie nach Zystektomie oder Nephroureterektomie in einer nur 3 Jahre rekrutierenden Phase-IIIStudie testete. Die Signifikanz des krankheitsfreien Überlebens als primärer Endpunkt wurde mit 19,4 Monaten vs. 16,6 Monate nicht erreicht, selbst in der PD-L1-positiven Gruppe nicht. Die Überlebensdaten sind noch nicht reif genug. Nach 22 Monaten Follow-up gab es mehr als die unter Atezolizumab erwarteten AE von Grad 1/2, allerdings einen geringeren Gebrauch von hochdosierten Steroiden und eine erwartete Rate animmunvermitteltenNebenwirkungen vom Grad 3/4 in Höhe von 16%.
SWOG-1605-Studie
Nachdem Pembrolizumab seine Wirksamkeit in der Studie KN 057 beim „NMIBC unresponsive to BCG“ unter Beweis gestellt hat, versuchte P. Black Ähnliches mit Atezolizumab in der Studie SWOG 1605. Da allerdings in einer Interimsanalyse zu wenige Patienten mit einem CIS ein Ansprechen zeigten, musste laut FDA die Rekrutierung nach 73 von 135 Patienten vorzeitig geschlossen werden. Der primäre Endpunkt, eine CR nach 6 Monaten, lag bei 27%, der sekundäre, die CR nach 3 Monaten, bei 42%, also beide Komplettremissionsraten ähnlich denenunter Pembrolizumab (30% bzw 41%), wobei in der Studie KN 057 nichtwie in der SWOG eine Biopsie vorgesehen war.
Die Rate an Nebenwirkungen vom Grad 3–5 in Höhe von 12%, mit 1 therapieassoziierten Todesfall, erscheint allerdings für die systemische Alternative einer lokalen Instillationstherapie hoch, wenngleich die Mehrheit der Patienten mit einem „BCG unresponsive high risk“-Rezidiv zystektomiert werden. Derzeit scheint die Instillation mit Nadofaragen/Firadenovec nach dem INSTALIDRIN-Trial in dieser Indikation mit einer CR-Rate von 76% am effektivsten.
BLC2001-Finalanalyse
A. Siefker-Radtke konnte in der finalen Analyse nach knapp 2 Jahren die Ansprechraten der Interimsanalyse für Erdafitinib in der BLC2001 bestätigen. In dieser einarmigen Phase-II-Studie mit 101 Patienten lag das Ansprechen nach Chemo- (88%) und Immuntherapie (24%) noch immer bei 40% mit einer PFS von 5,5 Monaten und einem Gesamtüberleben von 11,3 Monaten. Lediglich 16% mussten die Therapie nebenwirkungsbedingt abbrechen, wobei als neue Nebenwirkung die seröse zentrale Retinopathieauffällig ist, diebei 27% auftrat, allerdings bei 85% davon lediglich mit Grad 1/2. Erdafitinib wird wohl nach Bekanntwerden der Phase-III-Daten zum neuen Therapiestandard beim metastasierten Urothelkarzinom nach Cisplatin-hältiger Chemotherapie für Patienten, die eine FGFR-Mutation aufweisen. Derzeit laufen Kombinationsstudien bei für eine Cisplatin-hältige Therapie ungeeigneten Patienten mit weiteren FGFR-Inhibitoren (Rogaratinib/Atezolizumab in der FORT-2 -Phase-Ib/II Studie, Infigratinib).
PEANUT-Studie
Für Patienten, die noch keinen Zugang zu Erdafitinib oder Enfortumab/Vedotin haben, könnte die Kombination Pembrolizumab/Nab-Paclitaxel eine Alternative darstellen, wie die finale Analyse von PEANUT zeigt, einer einarmigen Phase-II-Studie an 65 Patienten von der Gruppe um A. Necchi. Für die Gabe des Nanopartikel-Albumin-gebundenen Paclitaxel ist im Vergleich zum herkömmlichen Taxan keine Steroid-Komedikation vonnöten, die die Wirksamkeit des CPI Pembrolizumab kompromittieren könnte. Die Ansprechrate von 38% und die CR-Rate von 9% nach platinbasierter Vortherapie des metastasierten Urothelkarzinoms sind doch wesentlich höher als die Ansprechraten bei den jeweiligen Einzelsubstanzen (Taxan 22–25%, Pembrolizumab Second Line 22%). Auch das PFS mit 5 Monaten bestätigt dies. Die Verträglichkeit mit 30,7% Nebenwirkungen vom Grad 3–4 ist durchaus akzeptabel, wenngleich aufgrund des kurzen Follow-ups von nur 9 Monaten für die Immuntherapie noch wenig aussagekräftig.
NABUCCO-Studie
Interessante Ansätze gibt es auch im präoperativen neoadjuvanten Setting, seien es die Kombinationen Gemcitabin/Pembrolizumab für Cisplatintherapie-ungeeignete Patienten, Ipilimumab/Nivolumab im NABUCCO-Trial oder Durvalumab/Tremelimumab im DUTRENEO-Trial. Obwohl zuletzt die Checkpoint-Inhibitoren Atezolizumab und Pembrolizumab ihre Wirksamkeit als Monotherapie unter Beweis stellen konnten, haben wir trotz der PD-L1-Expression keine verlässlichen Biomarker, die ein Ansprechen im Sinne einer gesteigerten pCR-Rate vorhersagen können. Aber weder im NABUCCO- noch im DUTRENEO-Trial konnten Biomarker mit Tumorinflammation-assoziierten Genexpressionen ein Ansprechen verlässlich vorhersagen, wenngleich pCR-Raten für Ipi/Nivo in Höhe von beeindruckenden 46% und für Durvalumab/Tremelimumab in Höhe von 35% erreicht werden konnten, und dies mit einem besseren Safety-Profil als mit den herkömmlichen Chemotherapie-Kombinationen.
Phase-III-Studien mit Monosubstanzen (Pembro, Nivo) und Immun-Chemo-Kombinationen (mit Pembro, Nivo und Durvalumab) rekrutieren derzeit Patienten.
Patienten, die nicht einer Cisplatin-hältigen neoadjuvanten Chemotherapie zugeführt werden können, haben generell eine schlechtere Prognose. 37 sogenannte „cis-ineligible“ Patienten wurden in einer Phase-Ib/II-Studie vor der Zystektomie mit 5 Zyklen Pembrolizumab und 3 Zyklen Gemcitabinbehandelt. Immerhin hatten 57% ein klinisches Stadium T3–4. Knapp 6 Wochen nach Therapie konnten 92% der Patienten operiert werden und es gab keine nebenwirkungsbedingten Verzögerungen. Beachtliche 45% erreichten eine pCR, 52% ein pathologisches Downstaging, das unabhängig vom PD-L1-Status ausfiel. Nach einem Follow-up von 11 Monaten lag das krankkeitsspezifische Überleben bei 94%.
Highlights zum Thema Nierenzellkarzinom
KN-426-Studie
E. Plimack präsentierte die finale Analyse der KN 426, die Pembrolizumab/Axitinib in der Erstlinie mit Sunitinib verglich. Nach einem 23-monatigen Follow-up bestätigte sich der signifikante klinische Benefit der Kombination mit einer nunmehr auf knapp 9% angestiegenen Rate an kompletten Remissionen und einer Ansprechrate von 60% in der ITT-Population, wenngleich die HR für das Gesamtüberleben von 0,53 auf 0,68 angestiegen ist, median für Pembro/Axi noch nicht erreicht wurde und für Sunitinib bei 35,7 Monaten liegt. Das PFS ist mit 15,4 Monaten das bislang längste in einer Erstlinien-Zulassungsstudie. In der Gruppe mit geringem Risiko verlor die HR sowohl im OS als auch im PFS ihre Signifikanz, allerdings lag die CR-Rate bei 11% vs. 6% für Pembro/Axi. Die Studie war allerdings nicht für diese Subgruppe ausgelegt und das Follow-up für das OS noch zu kurz.
Die Gruppe mit intermediärer und schlechter Prognose profitierte nach wie vor signifikant von der Kombination hinsichtlich OS (HR: 0,63), PFS (HR: 0,69) und ORR (55,8%). Insgesamt hatten 94% der Patienten mit Pembro/Axi irgendeine Reduktion der Tumorlast, die ein längeres Gesamtüberleben mit sichbrachte, je stärker sie ausfiel. Es traten keine neuen Nebenwirkungen auf, die Rate therapieassoziierter Todesfälle war mit 0,9% vs 1,4% ebenfalls geringerunter derCPI/TKI-Kombination. Pembro/Axi bestätigte sich damit als Standardtherapie beim metastasierten Nierenzellkarzinom in der Erstlinie.
KN-427-Update
D.F. McDermott gab ein 2-jähriges Update der Kohorte A der KN 427, die 110 Patienten mit metastasiertem klarzelligem Nierenzellkarzinom, die Pembrolizumab in der Erstlinie erhielten, inkludierte. Die Rate des Gesamtansprechens mit über 36% und das in der Gruppe mit intermediärem/hohem Risiko mit 39% sind vielversprechend. Das mediane OS ist noch nicht erreicht, das mediane PFS liegt bei 7,1 Monaten. Immerhin konnten 38% ihr Ansprechen 6 Monate nach Therapieende erhalten. Auch ging eine stärkere Reduktion der Tumorlast mit einem längeren Gesamtüberleben einher, wiederum unabhängig vom PD-L1-Status. Die Ergebnisse der Kohorte B dieser Phase-II-Studie, die 165 Patienten mit einem nichtklarzelligen Karzinom beeinhaltete, wurde von J.L. Lee vorgestellt. Die Rate des Gesamtansprechens mit knapp 27% und mit 29% für die papilläre Subgruppe ist eine der höchsten in dieser Entität. Vielversprechend sind die klinische Disease-Control-Rate (DCR) von 43%, die CR-Rate von 7% und das verlängerte Gesamtüberleben, das median bei 28 Monaten liegt und umso länger war, je höher die Reduktion der Tumorlast ausfiel.
IMMUNOSUN-Studie
Im Zweitlinien-Salvage-Setting wurden von der spanischen SOGUG-Gruppe erstmals prospektiv erhobene Phase-II-Daten von Sunitinib nach immunbasierter Erstlinientherapie vorgestellt. In der kleinen IMMUNOSUN-Studie war das PFS mit knapp 7 Monaten erwartungsgemäß kürzer als in der Erstlinie. 65% der 20 Patienten hatten einen klinischen Benefit, allerdings ohne eine Komplettremisson zu erreichen. Die Nebenwirkungsrate unter der Dosierung „4 weeks on/2 weeks off“ war konsistent mit bekannten früheren Daten.
HCRN-GU-16-260-Studie
Einen besonderen Raum nahm die Salvage-Strategie nach Progression der Erstlinien-Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren ein. M. Atkins präsentierte HCRN-GU 16-260, eine randomisierte Phase-II-Studie mit 120 Patienten, in der nach 48 Wochen Nivolumab Monotherapie in der Erstlinie im Falle einer PD/SD die Salvage-Kombination Ipilimumab (4 Dosen)/Nivolumab untersucht wurde. Lag eine PR/CR vor, wurde Nivolumab weitere 48 Wochen fortgesetzt. Somit sollte die Toxizität für die Responder reduziert werden. Die 1L-Therapie mit Nivolumab hatte eine ORR von 32% und ein PFS von 8,3 Monaten, wobei die Gruppe mit geringem Risiko mit einer ORR von 50% und einem PFS von 19 Monaten noch bessereErgebnisse hatte. Die Response der Salvage-Kombination lag allerdings nur bei 13% und 48% der Patienten konnten keine Salvage Therapie erhalten. Komplettremissionen wurden keine erreicht. Choueiri und Albiges als Diskutanten konnten dem Konzept wenig abgewinnen, außer dass nun erstmals First-Line-Daten für Nivolumab vorliegen.
Studie aus dem FRACTION-Programm
In einer 2. Salvage-Studie aus dem FRACTION-Programm, das zur schnellen Evaluierung von Immunonkologischen(IO)-Kombinationen geschaffen wurde, zeigte Choueiri bei 46 Patienten nach IO-Therapie, dass die Salvage-Strategie mit 4 Dosen Ipi und eine für 2 Jahre anberaumte Maintenance-Therapie mit Nivolumab auch nur eine ORR von 15,2% erreichten. Die DCR war mit 52,2% bemerkenswert, allerdings gab es keine Komplettremissionen, die in der Erstlinientherapie mit dieser Kombination charakteristisch waren. Die Patienten waren zu 100% immuntherapeutisch vorbehandelt, 80% hatten zusätzlich auch noch einenTKI erhalten. Die Rate der therapieinduzierten Grad-3/4-Nebenwirkungen lag bei 28%, die Notwendigkeit einer höher dosierten Steroidgabe lediglich bei 13% und die Abbruchrate fiel mit nur 7% gering aus. In der Diskussion merkte L. Albiges an, dass die Ansprechraten unabhängig von der Therapielinie und der Vorbehandlung (nach CPI oder CPI plus TKI) waren.
Komination Pembrolizumab/Lenvantinib
Eine 3. Salvage-Studie nach IO-Progression, die die Kombination Pembrolizumab/Lenvantinib in der Phase II testete, wurde von Gruppen des MSKCC und MDACC vorgestellt. In einer Interimsanalyse der Phase Ib/II dieser multizentrischen Studie lag die ORR bei 70% bei 30 behandlungsnaiven Patienten mit einem mccRCC und die PFS bei 20 Monaten. In der Phase-II-Expansions-Kohorte wurden 104 Patienten nach IO-Progression mit Lenvatinib 20mg/Pembrolizumab 200mg für 2 Jahre behandelt. Alle Patienten erhielten PD-L1/PD-L-Therapien, 65% davon PD-L1/PD-L-Kombinationen mit einem TKI, 37% Immuntherapiekombinationen mit Ipi/Nivo. Insgesamt hatten zwei Drittel der Patienten 2 oder mehr Vorbehandlungen. Der primäre Endpunkt, die ORR nach 24 Wochen, lag bei außerordentlichen 51%, das ORR bei 52%, und das PFS bei 11,3 Monaten (sekundäre Endpunkte). Die DCR war 90%, allerdings wieder ohne Komplettremissionen. Die Abbruchrate ist mit 15% akzeptabel, die häufigsten Nebenwirkungen umfassten Fatigue, Diarrhö, Proteinuria und Hypertonie.
SAVOIR-Studie
In der Phase-III-Studie SAVOIR wurde das MET-getriggerte papilläre mRCC mit dem TKI Savolitinib gegen Sunitinib getestet. MET-getriggert bedeutete Zugewinn von Chromosom 7 (90%), MET- oder HGF-Amplifikation oder Mutation in der MET-Kinase-Domäne. Da während des Accruals eine Phase-Ib-Studie mit Sunitinib erschien, wurde die Studie nach 60 von notwendigen 180 randomisierten Patienten abgebrochen. Das Accrual lag bei 4 Patienten/Monat, eine für diese seltene Entität eigentlich ausreichende Anzahl, wenn man die Albiges-Studie mit Sunitinib mit 3,6 Patienten/Monat zum Vergleich heranzieht. Das PFS war mit 7,0 vs. 5,6 Monate ähnlich dem unter Sunitinib und nicht signifikant, das OS war noch nicht erreicht vs. 13,2 Monate und war mit einer HR von 0,51 nicht signifikant. Die ORR mit 27% vs. 7% lag weit über den Phase-II-Daten. Die Verträglichkeit von Savolitinib war mit einer G3/4-AE-Rate von 42% vs. 81% doch deutlich besser, es gab keine Todesfälle im experimentellen Arm und lediglich 7% Abbrüche.
In der Diskussion merkte Tannir an, dass dies die besten prospektiven Daten bislang unter den weiteren 3 Trials beim nichtklarzelligen Nierenzellkarzinom (ESPN, ASPEN, RECORD 3) seien, die Sunitinib-Daten würden das vorzeitige Schließen von SAVOIR nicht rechtfertigen, da in der erwähnten Albiges-Studie 3,6 Patienten, in der SAVOIR-Studie 4 Patienten pro Monat eingeschlossen wurden. Lediglich Cabozantinib hatte bessereDaten, wenn auch retrospektiv erhoben.
Highlights zum Thema Prostatakarzinom
PSMA-PET-Diagnostik
M. Morris stellte ein eigens von Dr. M.Pomper von Johns Hopkins neu generiertes Small Molecule namens 18-F DCF PyL vor, das an der extrazellulären Domain des PSMA-Proteins bindet. 2019 wurde in der OSPREY-Studie die Performance dieses neuen PSMA-gerichteten Tracers im lokalisierten Hochrisiko- und radiografischprogredienten Stadium positiv getestet. In der multizentrischen prospektiven Phase-III-StudieCONDOR untersuchte man nun die Performance für die Detektion des biochemischen Rezidivs nach RPE oder Radiotherapie. Der primäre Endpunkt, die von der FDA vorgeschlagene „correct location rate“(CLR), entsprechend dem PPV mit einem erforderlichen anatomischen Abgleich, sollte über 20% liegen. Die positive Bestätigung erfolgte entweder durch die Histologie, eine weiterführende bildgebende Diagnostik oder eine erfolgreiche Radiotherapie ohne ADT und war von 2 von 3 Befundern zu erbringen. Diese CLR lag bei beeindruckenden 85% und war für alle PSA-Level, 0,2–0,5 und 0,5–1,0 gegeben. Dies führte in 64% zu klinisch relevanten Therapieänderungen.
Theranostik mit 177Lutetium PSMA-617
Als Theranostikum ist der an PSMA gekoppelte Betastrahler 177Lutetium im kastrationsresistenten Setting schon lange eine vielversprechende Option, ohne allerdings die nötige Evidenz für eine Standardtherapie durch randomisierte Studien aufweisen zu können. Dieses Manko minimierte M. Hofman mit der randomisierten multizentrischen Phase-II-Studie TheraPder ANZUP-Gruppe, indem er 6 Zyklen 177Lu-PSMA-617 mit einer Dosis von 8,5 GBq q6wk gegen die etablierte Zweitlinien-Chemotherapie Cabazitaxel 20mg/m2 bis zu 10 Zyklen q3wk verglich. Die 200 Patienten mussten mit Docetaxel vortherapiert sein, erhielten zu 90% zuvor Abirateron oder Enzalutamid und hatten in knapp 80% mehr als 20 metastatische Lokalisationen.72% der mit einem 18F-FDG und 68Ga-PSMA-PET selektierten Patienten exprimierten PSMA. Der primäre Endpunktdieser Interimsanalyse, die PSA-Reduktion um 50%(PSA50), wurde von 66% in der Lutetium-Gruppe und von den aus in der CARD-Studie bekannten 37% in der Cabazitaxel-Gruppe erreicht. Mit 35% vs. 54% Grad-3-Nebenwirkungen war das Toxizitätsprofil für 177Lu-PSMA ebenfalls günstiger. Trotz des 29%igen absoluten Unterschiedes in der ITT-Population gegenüber einer etablierten Therapie ändert diese erste randomisierte Studie mit 177Lutetium-PSMA-617 den Standard noch nicht, da die PSA-Response nicht als Surrogat für das Gesamtüberleben oder das rPFS akzeptiert ist. Dafür gilt es die Phase-III-Studie VISION abzuwarten.
RESIST-PC-Studie
Parallel dazu präsentierte J. Calais in einer Post-hoc-Analyse der prospektiven Phase-II-Studie RESIST-PC aus der UCLA-Kohorte mit 43 Patienten nach 2 Zyklen 177Lutetium-PSMA-617 mit 6 GBq ein medianes Gesamtüberleben von 14,8 Monaten(#5549). Diese bizentrische Studie untersuchte zwei geringere Dosen im mCRPC-Stadium:6 vs. 7,4 GBq q8wk. Die Patienten durften chemonaiv (74%) sein und mussten zumindest eine Androgenrezeptor-gerichtete Substanz erhalten haben. Der primäre Endpunkt war allerdings ebenfalls die PSA50-Response, allerdings nach 2 Zyklen, diese wurde nur in 28% erreicht. Die beste PSA50-Response lag bei 37%,das rPFS bei 3,6 Monaten. Der Bias der Ergebnisse liegt allerdings in den Selbstkosten für die Studienteilnahme und nicht zuletzt im Beginn der Phase-III-Studie VISION. Das Recruitment wurde nach 71 der geplanten 200 Patienten beendet.
Metastasiertes hormonsensitives Stadium (mHSPC)
Die duale Androgendeprivation (ADT)beim mHSPC ist gegenwärtig der Therapiestandard. Dafür stehen uns mit Docetaxel, Abirateron, Enzalutamid und Apalutamid vier Substanzen mit ähnlicher Effektivität zur Verfügung, ohne dass eine evidenzbasierte Präferenz existiert. Es gibt aber auch nach wie vor Nischenindikationen für die alleinige Therapie mit einem GnRH-Analogon. Die Autoren der TITAN-Studie um Kim Chi versuchten nun in einer explorativen Analyse mit 222 Patienten molekulare Determinanten zu identifizieren, die besonders stark von der Addition von Apalutamid profitierten.
Stratifiziert wurde nach dem 22-Marker-mRNA-basierten „DecipherR Genomic Classifier Score“, der validiert ist, um ein erhöhtes Metastasierungsrisiko bei einem GC-Wert >0,6 vorherzusagen, der Bestimmung der basalen/luminalen molekularen Subtypen sowie der hohen/niedrigen AR-Aktivität, die mit Prognose und Ansprechen auf eine ADT assoziiert sind. Das PFS wurde in dieser aggressiven Hochrisikopopulation mit hohem GC-Score >0,6 und den basalen Subtypen mit niedriger AR-Aktivität, bei denen die alleinige ADT kaum wirksam ist, signifikant verbessert. Insgesamt hatten 75% der Patienten ein hohes Progressionsrisiko mit einem GC >0,6, 50% einen basalen Subtyp und 43% eine niedrige AR-Aktivität. Somit konnte mit dieser Stratifizierung eine Subgruppe bestimmt werden, die von einer Therapieintensivierung mit Apalutamid profitierte. Klinisch relevanter ist der Nachweis der Autoren der TITAN und SPARTAN-Studien, dassdas rPFS (TITAN) und das MFS (SPARTAN) desto längerwaren, je größer die PSA-Response unter Apalutamid ausfiel.
Nicht metastasiertes kastrationsresistentes Prostatakarzinom (nmCRPC)
Sehnlichst erwartet wurden die Gesamtüberlebensdaten der 3 Phase-III-Studien SPARTAN, PROSPER und ARAMIS. Apalutamid (Apa), Enzalutamid (Enza) und Darolutamid (Daro),jeweils mitADT, hatten bisher das metastasenfreie Überleben gegenüber der alleinigen ADT beim nmCRPC um 24, 22 und 22 Monate verlängert. E. Small berichtete über ein 14 Monate längeres Gesamtüberleben (73,9 Monate vs. 59,9 Monate) für Apa nach dem längsten Follow-up von 52 Monaten mit einer Hazard-Ratio (HR) von 0,78. Ein Cross-over von 19% und eine Rate an nachfolgender Therapievon 84%in der Placebogruppe lassen diese Daten als sehr robust erscheinen und den Therapieeffekt bei den in der Regel asymptomatischen Patienten auf die frühzeitige Behandlung mit Apa zurückführen.
Das mediane Überleben in ARAMIS konnte K. Fizazi nach lediglich 29 Monaten noch nicht angeben, allerdings war die HR für das Gesamtüberleben mit 0,69 und einem p-Value von 0,003 hoch positiv. Die Cross-over-Rate von 12% und die nachfolgenden Therapien in 56% der Placebogruppe bestätigen den Therapieeffekt auch für Daro. Schließlich lebten auch die Patienten mit Enza um knapp 11 Monate länger, wie C. Sternberg nach einem Follow-up von 48 Monaten und einer HR von 0,73 in der bereits im NEJM publizierten PROSPER-Studie nachweisen konnte. Knapp zwei Drittel der Patienten in der Placebo-Gruppe wurden auch hier suffizient folgetherapiert. Sämtliche sekundären Endpunkte wurden in den 3 Studien erreicht.
Zusammengefasst wiegt vielleicht die Effizienz von Apa wegen des längeren Follow-ups und der nominellen Überlebensdauer etwas mehr, allerdings sind die Verträglichkeit nach zwar noch bescheidenen 28 Monaten Nachbeobachtung und die geringere Abbruchrate unter Daro gegenüber den beiden anderen Präparaten ein Schlüsselargument. Die Raten an therapiebedingten Abbrüchen lagen für Apabei 15%, für Enza bei 17% und für Daro bei knapp 9%. Das Safety-Profil war für alle 3 Präparate konsistent zu den bekannten Voranalysen. Die AE Grad≥3 lagen bei 55,9% vs. 36,4% für Apa, 48% vs 27% für Enza und 26,3% vs 21,7% für Daro gegenüber der ADT.
N. Shore präsentierte einen indirekten Safety-Vergleich mittels MAIC („match-adjusted indirect comparison“) von Daro mit den beiden anderen Substanzen aus den oben genannten Phase-III-Studien, indem er Patienten mit ausgeglichenen selektierten Ausgangscharakteristika hinsichtlich der Nebenwirkungen untersuchte.
Die allgemeinen Safety-Outcomes wie AE, „serious“AE und AE, die zum Therapieabbruch oder Tod führen, waren zwischen den Substanzen nicht signifikant unterschiedlich, aber bei den individuellen Safety-Outcomes hatte Daro ein statistisch signifikant geringeres absolutes Risiko für Stürze (6%), Frakturen (16%) und Rash (6%) gegenüber Apa,und Daro hat auch ein statistisch signifikant geringeres absolutes Risiko von Stürzen, Verwirrtheit, geistig-kognitiver Beeinträchtigung und schwerer Fatigue gegenüber Enza von 2–13%.
Neuer oraler GnRH-Antagonist im fortgeschrittenen Stadium
Die Phase-III-Studie HERO ist als „practice changing“ einzustufen, da sie nicht nur die Noninferiority, sondern auch die Superiority des oralen GnRH-Antagonisten Relugolix gegenüber dem parenteralen GnRH-Agonisten Leuprolid beim fortgeschrittenem Prostatakarzinom nachwies. N. Shore stellte die bereits im NEJM publizierte, 930 Patienten umfassende international randomisierte Open-label-Phase-III-Studie vor. Die einmalige orale Dosis betrug 360mg am Tag 1 und wurde mit 120 mg täglich fortgesetzt, Leuprolid wurde in der dreimonatigen Gabe gegenübergestellt. Primärer Endpunkt war der anhaltende Kastrationslevel des Testosterons von <50ng/dl nach 48 Wochen. Dieser lag bei 96,7% mit Relugolix vs. 88,8% mit Leuprolid. Neben der Inferiority wurden auch alle weiteren sekundären Endpunkte erreicht: die Kastration am Tag 4 (56% vs. 0%) und Tag 15 (98,7% vs. 12%), die Testosteronsuppression auf unter 20ng/dl am Tag 15 (78,4% vs. 1%), das bestätigte PSA-Ansprechen am Tag 15 (79,4% vs. 19,8%) und die Suppression von FSH in Woche 24 auf 1,72IU/L vs. 5,95 IU/L. In einer mitlaufenden „Testosteron Recovery Substudy“ mit 184 Probanden hatten bereits 90 Tage nach Behandlungsende 54% der Patienten in der Relugolix-Gruppe wieder normale Testosteronwerte von zumindest 280ng/dl, aber nur 3% in der Leuprolid-Gruppe. Die Gesamtinzidenz der Nebenwirkungen war in den beiden Gruppen vergleichbar, allerdings starben in der Leuprolid-Gruppe 2,9% gegenüber 1,1% an Nebenwirkungen. Übelkeit, Durchfall oder Verstopfung waren häufiger in der Gruppe mit oral verabreichtem Relugolix. „Major adverse cardiovascular events“ (MACE), die durch einen nichtfatalen Myokardinfarkt oder Insult und Tod jedweder Ursache definiert waren, wurden mit und ohne Anamnese in einer vorgeplanten Analyse untersucht: In der Leuprolid-Gruppe lag die Gesamtinzidenz bei 6,2% vs. 2,9%, also um 54% höher. Nur3,6% der Patienten mit einer MACE-positiven Anamnese erlitten mit Relugolix ein neuerliches Ereignis vs. 17,8%und hatten somit ein 4,8-fach geringeres Risiko.
Somit müssen der rascher erreichte Kastrations- und damit auch PSA-Level, die fehlenden Testosteron-Flares, das schnellere Testosteron-Recovery und das deutlich reduzierte kardiovaskuläre Risiko dem zu erwartenden Compliance-Problem, der „drug interaction“ und der Malabsorption mit reduzierten Wirkspiegeln gegenübergestellt werden. Eine häufigere Testosteronbestimmung wird unverzichtbar sein.
Therapieselektion durch präoperative molekulare Tumorcharakterisierung
Die neoadjuvante Blockade des Androgenrezeptor-gerichteten Signalweges mit einem GnRH-Analogon und einer Androgen-Synthese-Blockade zeigt einen variablen Therapieeffekt mit nicht nachweisbaren PSA-Werten, allerdings residuellen Karzinomen mit hohem Progressionsrisiko. Auch die Zugabe eines Androgenrezeptorblockers (Enzalutamid zu Abirateron) konnte die Zytoreduktion im Sinne der pT0-Rate nicht wesentlich über die bekannten 10–15% erhöhen. Molekulare Marker in den Prostatektomiepräparaten wie PTEN-Verlust, Erhöhung des Glukokortikoidrezeptors, Nachweis von AR-V7 sowie ein hoher Proliferationsindex Ki 67 sagen die Resistenz und damit das Progressionsrisiko des residuellen Tumors voraus. Könnte man nun diese Androgenrezeptor-gerichteten assoziierten Marker im Biopsiematerial nachweisen, wäre eine präoperative markeradaptierte Therapieselektion möglich. Dazu verglich E. Efstathiou zwei neoadjuvante Androgenrezeptor-gerichtete Regimes (Leuprolid+Apalutamid vs. Leuprolid+Apalutamid+Abirateron/Prednisolon), die 6 Monate lang vor roboterassistierter radikaler Prostatektomie mit den bekannten Toxizitätsprofilen gegeben wurden.Die Biopsien von insgesamt 50 Patienten mit residuellem Tumor in den Operationspräparaten aus beiden Gruppen konnten hinsichtlich der Veränderung der molekularen Marker verglichen werden. 65 Patienten mit lokalisierten, nicht metastasierten High-Risk-Prostatakarzinomen wurden inkludiert, 63 operiert. Rund 50% hatten ein organbegrenztes Karzinom und 10–15% ein pT0-Stadium. Gemeinsam mit dem klinischen Stadium sind der PTEN-Verlust, Präsenz von AR-V7, hohe Glukokortikoidexpression und hoher Proliferationsindex eindeutig mit der Persistenz und somit der Resistenz des Tumors vergesellschaftet, obwohl das PSA undetektierbar bleibt. In den posttherapierten pT0 und organbegrenzten Tumorstadien waren diese Marker, vor allem der PTEN Verlust, nicht nachweisbar, sodass eine präoperative molekulare Charakterisierung aus der diagnostischen Biopsie eine Therapieselektion möglich machen kann.
Autor:
Dr. Franz Stoiber
Salzkammergut Klinikum
Vöcklabruck
E-Mail: Franz.Stoiber@ooeg.at
Literatur:
beim Verfasser
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