© Getty Images/iStockphoto

Gemeinsame Jahrestagung der österreichischen und bayerischen Urologen

Übersichtlich und informativ

<p class="article-intro">Unter dem Motto „Urologie attraktiv gestalten“ fand die 42. Gemeinsame Tagung der Bayerischen Urologenvereinigung und der Österreichischen Gesellschaft für Urologie und Andrologie statt. Mit mehr als 800 Teilnehmern und rund 60 Ausstellern war es eine nicht zu große Veranstaltung, jedoch sehr informativ und mit einem komprimierten wissenschaftlichen Programm. Den Rahmen bildete die drittgrößte Stadt Bayerns: Augsburg, Geburtsort von Bertold Brecht und „Fuggerstadt“.</p> <hr /> <p class="article-content"><p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Urologik_Uro_1603_Weblinks_seite6.jpg" alt="" width="736" height="358" /></p> <p>Als erster Tagungspr&auml;sidentin der beiden Gesellschaften war es Prof. Dorothea Weckermann, Chef&auml;rztin an der Augsburger Klinik f&uuml;r Urologie, ein gro&szlig;es Anliegen, sich besonders dem urologischen Nachwuchs zu widmen. Dies nicht zuletzt wegen des zunehmenden Frauenanteils in der (urologischen) Medizin.<br /> Die zweieinhalbt&auml;gige Veranstaltung umfasste unter anderem Vortragssitzungen und Seminare &uuml;ber urologische Praxis und Klinik. Themen waren zum Beispiel uroonkologische Behandlungskonzepte, das Prostatakarzinom inklusive Vorsorgeuntersuchungen, Familienanamnese und Kinderurologie, Inkontinenz und (Wieder-)Herstellung Sexualfunktion, Urothelkarzinom und Zystoprostatektomie bis hin zu Plattenepithelkarzinomen und nephrologischen Erkrankungen. In verschiedenen Workshops erfuhren die Teilnehmer Neues &uuml;ber Schmerztherapie und unterschiedliche Bildgebungsverfahren. Pflegesymposien mit praktischen &Uuml;bungen sowie ein Sch&uuml;lerforum rundeten das Programm ab. Gro&szlig;es Interesse fand auch der Workshop, der die Gesundheitssysteme in &Ouml;sterreich, der Schweiz und Deutschland hinsichtlich der Ausbildung, der Urologendichte, des Spektrums in der Niederlassung/Klinik, des Verdienstes und der Work-Life-Balance verglich. Das wissenschaftliche Programm beinhaltete zus&auml;tzlich Teilgebiete der Urologie wie Andrologie, gyn&auml;kologische Urologie, Neurourologie, Onkologie und Palliativmedizin.</p> <h2>Exaktere Untersuchungs&shy;methode bei Verdacht auf Prostatatumoren</h2> <p>Prostatabiopsien gelten als zuverl&auml;ssigste Untersuchungsmethode bei Verdacht auf ein Prostatakarzinom, da PSA oder digitale rektale Untersuchungen nicht ausreichend aussagekr&auml;ftig sind. Beim Standardverfahren, der transrektalen ultraschallgesteuerten Biopsie (TRUS), besteht allerdings die Schwierigkeit, die gesamte Prostata sowie die exakte Lage der Biopsienadel zu visualisieren. Oft ergibt sich eine schlechte Bildaufl&ouml;sung, weshalb die Biopsienadel m&ouml;glicherweise nur tumorfreie Gebiete durchl&auml;uft und/oder den Tumor ganz verfehlt. Au&szlig;erdem kann sie zwischen L&auml;sionen und aggressiven Tumoren kaum unterscheiden.<br /> Anders mit der MRT/Ultraschall-Biopsie (UroNav): Die MRT-Abbildungen der Voruntersuchung werden mit den ultraschallgesteuerten Biopsieaufnahmen in Echtzeit fusioniert, das hei&szlig;t, diagnostische MRT-Bilder aus der Voruntersuchung werden mit Ultraschallbildern in Echtzeit verbunden. Ein roter Umriss zeigt den ausgew&auml;hlten Prostatabereich (MRT) an, blaue/rote &bdquo;Ziele&ldquo; die Lage der suspekten L&auml;sion. Das Fusions-Biopsie-System kann mit vielen g&auml;ngigen urologischen Ultraschallsystemen und MR-Scannern gekoppelt werden und erm&ouml;glicht eine effiziente Zusammenarbeit zwischen Radiologen und Urologen.</p> <h2>Kastrationsrefrakt&auml;res Prostatakarzinom</h2> <p>Der Urologe Univ.-Prof. Sharokh F. Shariat, Wien, erkl&auml;rte die Mechanismen der Entstehung eines kastrationsrefrakt&auml;ren Prostatakarzinoms. Er betonte nicht nur die steigende Inzidenz hinsichtlich Morbidit&auml;t und Mortalit&auml;t, sondern auch, dass diese Erkrankung als chronisch angesehen werden m&uuml;sse. Daher sei eine &auml;rztliche Begleitung von Anfang bis Ende dringend erforderlich. Er pl&auml;dierte daf&uuml;r, neue Biomarker speziell f&uuml;r diese Erkrankung zu entwickeln.<br /> Wie sieht das Management beim metas&shy;tasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinom (mCRPC) aus? Gem&auml;&szlig; der aktuellen EAU-Leitlinie kann eine Therapie mit dem Androgenrezeptor-Signalwegsinhibitor Enzalutamid nach Versagen der Androgendeprivationstherapie (ADT) beginnen, bei einem Serumtestosteronspiegel &lt;50ng/dL und biochemischer Progression (drei mindestens eine Woche auseinanderliegende Anstiege des PSA-Wertes auf 50 % &uuml;ber den Nadir, mit PSA &gt;2ng/ml) oder radiologischer Progression (Auftreten von zwei oder mehr Knochenl&auml;sionen oder Zunahme von Weichteilmetastasen gem&auml;&szlig; RECIST).<br /> Befindet sich der Testosteronserumspiegel auf Kastrationsniveau und tritt eine biochemische oder radiologische Progression auf, wird eine maximale Androgenblockade mit anschlie&szlig;endem Androgenentzug nicht mehr empfohlen. Diesen Patienten kann Enzalutamid auch vor einer Chemotherapie mit Docetaxel angeboten werden. Wie die PREVAIL-Studie gezeigt hatte, brachte der Wirkstoff gegen&uuml;ber Placebo einen signifikanten &Uuml;berlebensvorteil von vier Monaten bei Patienten, die vorher noch keine Chemotherapie erhalten hatten. Die Ergebnisse der TERRAIN-Studie zeigten unter Enzalutamid (160mg/Tag) ein verl&auml;ngertes progressionsfreies &Uuml;berleben (PFS) im Vergleich zu Bicalutamid (50mg/Tag), jeweils in Kombination mit einem LHRH-Analogon. Damit unterst&uuml;tzen sie den Trend zu einem fr&uuml;hen Einsatz von Enzalutamid ohne vorherige maximale Androgenblockade mit Bicalutamid.</p> <h2>Inkontinenz des prostatektomierten Patienten</h2> <p>Mehrere Sitzungen besch&auml;ftigten sich mit der Harninkontinenz des Mannes nach Prostatektomie &ndash; nach wie vor ein Tabuthema. Die meisten radikalen Prostatektomien f&uuml;hren zu einem guten onkologischen und zufriedenstellenden funktionellen Ergebnis. Dennoch kann die postoperative Lebensqualit&auml;t durch Harninkontinenz und erektile Dysfunktion (ED) erheblich beeintr&auml;chtigt sein &ndash; wobei die Inkontinenz f&uuml;r die Lebensqualit&auml;t weitaus belastender ist als eine ED. Bis zu 30 % der M&auml;nner &ndash; vermutlich mehr, da die Dunkelziffer hoch ist &ndash; leiden nach der Prostatektomie an einer persistierenden iatrogenen Belastungsinkontinenz (&bdquo;Stress&shy;inkontinenz&ldquo;). Diese kann auch nach TURP, Adenomenukleation und Urethrotomie (Harnr&ouml;hrenschlitzung) auftreten; seltener kommt sie aufgrund von neurogenen Ver&auml;nderungen und Beckentraumata vor.<br /> Zur Behandlung der Inkontinenz nach Prostatektomie steht ein breites Spektrum an konservativen und operativen Therapien zur Verf&uuml;gung: Zur Basisversorgung z&auml;hlen Kondomurinal, Vorlagen- oder Windelversorgung, gegebenenfalls ein suprapubischer Dauerkatheter. Prim&auml;re Therapie ist die Physiotherapie: Beckenbodentraining zur Sphinkterst&auml;rkung, Biofeedback zur Steigerung der Effizienz. Elektro- und Magnetfeldstimulation k&ouml;nnen zwar die Fr&uuml;hkontinenz verbessern, haben jedoch kaum Einfluss auf Langzeitergebnisse. Anticholinergika, so warnte die Urologin PD Dr. Ricarda Bauer, M&uuml;nchen, sind vor allem bei &Auml;lteren ein Problem, da sie leicht zu einer Gehirnatrophie f&uuml;hren k&ouml;nnen (&bdquo;anticholinergic burden&ldquo;). Die intravesikale Injektion von Botulinumtoxin A hilft eher bei Reizblase infolge von BPH oder TURP. Sie reduziert jedoch bei etwa 80 % der Betroffenen die Inkontinenz und gibt 46 % der Patienten eine Chance, &uuml;ber rund neun Monate kon&shy;tinent zu sein, 26 % sogar bis zu zw&ouml;lf Monate.<br /> &bdquo;Bulking agents&ldquo;, also Substanzen wie Kollagen, Silikon, Silikon-Mikroballons sowie Bioglas, die transurethral mithilfe spezieller Injektionsnadeln im Sphinkterbereich unter die Schleimhaut injiziert werden, bringen meist nur kurzfristig Besserung. Nach zw&ouml;lf Monaten sind nur noch etwa 11 % der Patienten kontinent, zudem kann es zur Granulombildung und zu allergischen Reaktionen kommen. Daher sollten sie nur in Ausnahmef&auml;llen eingesetzt werden. Gen&uuml;gt eine konservative Therapie nicht, wird eine Operation empfohlen. M&ouml;glich sind ein k&uuml;nstlicher Schlie&szlig;muskel, adjustierbare und funktionelle Schlingen- sowie Ballonsysteme. Goldstandard ist der artifizielle Sphinkter, bei dem die Kontinenzrate bei 60 bis 93 % liegt. Last, but not least: Eine Reduktion des Gewichts reduziert auch die Inkontinenz.</p> <h2>HPV-Impfung auch f&uuml;r Knaben</h2> <p>Neben einem zertifizierten Impfkurs f&uuml;r Urologen mit Kursen &uuml;ber &bdquo;impfpr&auml;ventable Erkrankungen&ldquo; und &bdquo;Impfmanagement in der Praxis&ldquo; wurde f&uuml;r die Impfung gegen humane Papillomaviren (HPV) f&uuml;r Knaben pl&auml;diert. Seit April 2016 steht ein Impfstoff zur Verf&uuml;gung, der gegen neun HPV-Subtypen sch&uuml;tzt. Neben Geb&auml;rmutterhalskrebs k&ouml;nnen HPV Tumoren des Anogenitale und des Oropharynx hervorrufen und sind Ausl&ouml;ser f&uuml;r Condylome. Derzeit wird von der St&auml;ndigen Impfkommission (STIKO) empfohlen, M&auml;dchen zwischen 9 und 14 Jahren zu impfen. Urologen pl&auml;dieren daf&uuml;r, auch Buben bzw. junge M&auml;nner gegen HPV zu impfen, da der Penis schlie&szlig;lich der &bdquo;Haupttransmitter&ldquo; f&uuml;r HPV ist.</p></p>
Back to top