
©
Getty Images
Übergabe der Patientenkartei
DAM
Autor:
Rechtsanwalt Mag. Markus Lechner
E-Mail: lechnermarkus@aon.at<br> www.rechtsanwalt-lechner.at
30
Min. Lesezeit
22.03.2018
Weiterempfehlen
<p class="article-intro">Nach wie vor unklar ist die Bestimmung des § 51 Abs 4 Ärztegesetz, wonach die ärztliche Dokumentation grundsätzlich vom Nachfolger zu übernehmen ist. Im Folgenden soll der Inhalt der Bestimmung näher untersucht werden.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>§ 51 Abs 4 Ärztegesetz lautet: „Der Kassenplanstellennachfolger, sofern ein solcher nicht gegeben ist, der Ordinationsstättennachfolger, hat die Dokumentation von seinem Vorgänger zu übernehmen und für die der Aufbewahrungspflicht entsprechende Dauer aufzubewahren. Er darf sie nur mit Zustimmung des betroffenen Patienten zur Erbringung ärztlicher Leistungen verwenden. Bei Auflösung der Ordinationsstätte ohne ärztlichen Nachfolger ist die Dokumentation vom bisherigen Ordinationsstätteninhaber für die der Aufbewahrungspflicht entsprechende Dauer aufzubewahren …“</p> <h2>Hintergrund der Bestimmung</h2> <p>Aus der Bestimmung, dass der Ordinationsstättennachfolger die Kartei nur mit Zustimmung des Patienten verwenden darf, kann abgeleitet werden, dass die Bestimmung insgesamt dem Patientenwohl dient: Der Patient soll weiterhin auf „seine“ Daten Zugriff haben und diese dem nachbehandelnden Arzt zur Verfügung stellen können. Da die Daten darüber hinaus auch sensible persönliche Patientendaten sind, soll erreicht werden, dass die Daten von einer Person oder Einrichtung aufbewahrt werden, die den Schutz der sensiblen Daten gewährleisten kann. Dies erfolgt dann, wenn die Aufbewahrung weiterhin durch einen zur Verschwiegenheit verpflichteten Arzt erfolgt.<br /> Auch volkswirtschaftliche Überlegungen (Ermöglichung der Weiterbehandlung, Vermeidung von Doppeluntersuchungen etc.) machen die Weiterverwendung der Daten sinnvoll.</p> <h2>Inhalt der Bestimmung</h2> <p>Jedenfalls eindeutig ist die Bestimmung, dass im Falle der Auflösung der Ordinationsstätte ohne Nachfolge der bisherige Ordinationsstätteninhaber die Dokumentation für die Frist von 10 Jahren weiter aufzubewahren hat.<br /> Auch klar geregelt ist, dass sowohl der Kassenplanstellennachfolger als auch der Ordinationsstättennachfolger verpflichtet sind, die Dokumentation zu übernehmen und aufzubewahren, wenn sie ihnen denn übergeben wird.<br /> Strittig ist jedoch, ob der Ordinationsstätteninhaber überhaupt verpflichtet ist, die Dokumentation an den Ordinationsstättennachfolger zu übergeben. Es könnte zum Beispiel der Fall eintreten, dass ein Kassenvertragsarzt seine kurativen Kassenverträge zurücklegt (oder nur den der „großen“ Kasse) oder in Pension geht, seine bisherigen Patienten aber als Wahlarzt weiter behandeln will.<br /> Es wäre meines Erachtens grob unbillig, in diesem Fall den Ordinationsstätteninhaber zu verpflichten, die Dokumentation zu übergeben und quasi „von Null“ wieder anzufangen. Auch könnte der bisherige Ordinationsstätteninhaber selbst der Aufbewahrungspflicht für die Frist von 10 Jahren nachkommen wollen. Auch in diesem Fall ist nicht einzusehen, warum die Dokumentation herausgegeben werden sollte. In beiden Fällen ist nämlich gewährleistet, dass der Patient die Herausgabe seiner Krankengeschichte verlangen kann (welche ihm selbstverständlich stets auszuhändigen ist). Auch sieht das Gesetz selbst die Verpflichtung zur Aufbewahrung durch den ehemaligen Ordinationsstätteninhaber dann vor, wenn keine Nachfolge eintritt; es kann daher auch nicht problematisch sein, wenn der Kassenvertragsarzt weiterhin als Wahlarzt ärztlich tätig ist und die Dokumentation selbst aufbewahren möchte.<br /> Das Gesundheitsministerium vertritt jedoch – ohne weitere Begründung – eine andere Rechtsansicht: Es bestünde eine Übergabeverpflichtung an den Nachfolger; der Vorgänger habe keinerlei Wahlrecht, die Dokumentation selbst aufzubewahren oder dem Nachfolger zu übergeben (GZ 21.101/19-VI/C/14/02). Dieser Rechtsansicht werden die Ärztekammern wohl folgen und ihre Mitglieder entsprechend informieren. Oberstgerichtliche Entscheidungen zu dieser Problematik liegen soweit ersichtlich noch nicht vor.</p> <h2>Herausgabe der Krankengeschichte</h2> <p>Da der Patient das Recht auf freie Arztwahl hat, ist er freilich nicht verpflichtet, sich vom Ordinationsstättennachfolger weiter behandeln zu lassen. Diesfalls steht dem Patienten das Recht zu, vom aufbewahrenden Arzt Abschriften der Krankengeschichte zu verlangen, dies freilich nur gegen angemessenen Kostenersatz. Dieser Grundsatz muss meines Erachtens auch dann gelten, wenn der bisherige Ordinationsstätteninhaber die Dokumentation selbst aufbewahrt.</p> <h2>Entgelt für die Übergabe der Dokumentation?</h2> <p>Dem Gesetzeswortlaut ist nicht zu entnehmen, dass die Übergabe der Dokumentation entgeltlich zu erfolgen hätte. Versteht man die Bestimmung wie hier als Schutzbestimmung zugunsten der Patienten, nämlich dass diesen die Verfügungsmacht (Einsichtsrecht; Recht, Abschriften zu verlangen) über die Dokumentation weiter zusteht, ist nicht ersichtlich, auf welcher Grundlage ein Entgelt begehrt werden könnte.<br /> Wenngleich die Ansicht weiterhin verbreitet erscheint, der Vorgänger könne von seinem Nachfolger eine „Ablöse“ für die Kartei verlangen, werden Ablösen wohl nur für andere materielle und immaterielle Ordinationsgüter begehrt werden können, wenn die Ordination an einen Nachfolger übergeben wird.</p></p>
Das könnte Sie auch interessieren:
Aktuelle Entwicklungen und Erkenntnisse beim Urothelkarzinom
Auf dem diesjährigen Genitourinary Cancers Symposium der American Society of Clinical Oncology (ASCO-GU-Kongress) wurden bedeutende Fortschritte in der Diagnose und Behandlung des ...
Aktuelles aus der 7. Version der S3-Leitlinie: wesentliche Leitlinienänderungen
Im Mai 2024 wurde die Prostatakarzinom-S3-Leitlinie unter der Federführung der Deutschen Gesellschaft für Urologie e.V. (DGU) im Rahmen des Leitlinienprogramms Onkologie in ihrer 7. ...
Neues vom ASCO GU zum Prostatakarzinom
Im Rahmen des ASCO GU 2025 in San Francisco wurden eine Vielfalt von neuen praxisrelevanten Studien zum Prostatakarzinom präsentiert. Mit Spannung wurde unter andem auch auf die finalen ...